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Gefahr für die Jugend! Notverordnung über Fürsorgeerziehung

Altes Volkslied

v. Rapen- Die Regierung hält die Arme weit geöftnet...

Die längst angekündigte Notoei-ordnung zur Fürsorgeerziehung, gegen die die sozialdemokratische Reichstagssraktion und die Arbeiterwohlsahrt schon seit Monaten Stellung genommen haben, ist nun doch erschienen Sie enthält keine Bestimmungen über das Ar- b e i t s h a us, aber was sie enthält, ist schlimm genug. Bisher war geltendes Recht, daß Mündel und Kinder, deren Eltern das Personensorgerecht ent> zogen ist, der Fürsorgeerziehung überwiesen wer- den durften, wenn die Aufwendung besonderer Mittel für die Erziehung bei anderweitiger Unter- bringung notwendig war. Nach der Notverord- nung können diese Jugendlichen zur Verhütung der Verwahrlosung, wenn anderweitige Unter- bringung erforderlich ist, aber ohne Jnanspruch- nähme öffentlicher Mittel nicht erfolgen kann, der Fürsorgeerziehung überwiesen werden. Das gilt nicht für körperliche Verwahrlosung. Bisher war also für Minderjährige dieser Art das Jugendamt zuständig, das ton- fessionell neutral ist. Jetzt werden sie der ton- fessionellen Fürsorgeerziehung über- wiesen Das Jugendamt hatte für diese Kinder Kindergärtenhorte. Fürsorgeeinrichtungen aller Art. Die Fürsorgeerziehungsbehörde bringt sie in Anstalten oder in Familien unter, bei denen sie nur gelegentlich die Erziehung überwachen kann.

Achtung! icweiivdu dtoUtUwocdaud! Sitzung des erweiterten Bezirksvorstandes am Freitag, dem 11. November, pünktlich 19 Uhr, im Sitzungssal der Wohlfahrts­schule, Lindenstr. 3, II. Hof 3 Treppen. (Diesmal nicht im Sitzungssal des Bezirks­verbandes Berlin .) Wir bitten um bestimmtes und pünktliches Erscheinen. Der Bezirksvorstand.

Dabei wird die Fürsorgeerziehung in unüberseh- barer Weise ausgedehnt. Denn Städte und Land- kreise, die Träger der Jugendämter, sind in solcher Finanznot. daß sie in allen Fällen, in denen sie Auswendungen für diese Minderjährigen haben, Verwahrlosung ankündigen und Fürsorgeerziehung beantragen Das Ende der Fürsorgeerziehung tritt nicht mehr bei der Volljährigkett. sondern mit Vollendung des lg. Lebensjahres ein. Bisher war die Entlassung aus der Fürsorgeerziehung wegen Unäusführbarkeit aus Gründen, die in der Person des Minderjähri- gen liegen, nicht möglich, well ein Vewahrungs- gesetz nicht bestand. Jetzt kann nach Anhörung des Jugendamts entlasten werden wegen Unaus- führbarkeit der Fürsorgeerziehung aus Gründen. die in der Person des Minderjährigen liegen, wenn die Fürsorgeerziehung mindestens ein Jahr ge- dauert hat. außerdem, wenn der Minderjährige an erheblichen geistigen oder seelischen Regelwidrig- leiten leidet. Spormaßnahme? Jetzt, wo durch Fehlen von Arbeit die Verwahrungsgesahr für Jugendliche größer ist als je, wo den Jugendämtern das Geld fehlt, neue schwere Ausgaben zu übernehmen, Jugendliche mit 19 Jahren zu entlasten. Uner- ziehbare aus die Straße zu schicken, wird den Staat schließlich sehr viel mehr kosten, als hier je gespart werden kann! Was soll noch der kostspielige Apparat der Für- sorgeerziehung. wenn Leichterziehbare über- nommen. Schwererziehbare auf die Straße gesetzt werden? Wir sind damit einverstanden, daß die Jugendämter die Erziehungsarbeit übernehmen, aber dann für alle und nach Uebsrweisung von Geldmitteln an die Gemeinden. Was mit dieser Notverordnung gemacht wird, ist Schutz für die Fürsorgeerziehungs-Behörden und die Fürsorge- erziehungsanstalten und Gefahr für die Jugend.

Der Prozeß Bullerjahn Qlnstige Aussagen für Bullerjahn Bei der Fortsetzung der Zeugenvernehmung wurde das allgemeine Verhalten Bullerjahns und sein Verhalten während der Revision durch die Militärkommission erörtert. Dabei ergab sich, daß mehrere Zeugenaussagen in ganz anderer Form herauskamen als im

Künstlertheater Zilahy:Die Nacht zum 17. April" Das Künstlertheater, im Wellengang der Krise aus den Händen Dr. Roberts in die Hände der Rotter hinübergeschlagen, spielt einen amüsanten Kriminalreißer. Leopoldine Konstantin ist die Heldin, die eingesteht, den Mord aus Liebesoer zweiflung begangen zu haben, und sie hat doch nicht gemordet. Die Lösung des Geheimnisses ge- schah unter Tränen und das Publikum weinte mit. Ob das berechtigt ist, muß untersucht werden. M. H.

ersten Verfahren. Der Lanerverwalter Fi s ch e r hatte früher ausgesagt, daß Bullerjahn sich in auffallender Weise nach versteckten Sachen in den Ecken erkundigt habe. Heute sagte Fischer aus, daß Bullerjahn ja genau Bescheid gewußt habe, daß aber Herr von Gontard die Angewohn- heit hatte, genau in die Ecken zu sehen, und daß Bullerjahn deswegen habe für Ordnung sorgen wollen. Der Umstand, daß ein französischer Offizier einen Schrank mit bestimmter Nummer habe öffnen lassen, wird von Fischer wie von dem Oberstleutnant Dühring als üblich und harmlos zu erklären bezeichnet. Der Zeuge Fischer gab ferner zu, daß drohende Acußerungen Buller- jahns in der Form gefallen sein könnten, wie sie Bullerjahn heute selbst anstellte. Es wurde ferner festgestellt, daß außer Bullerjahn noch «ine ganze Reihe von Arbeitern und Angestellten Kenntnis von dem geheimzuhaltenden Material hatte.

Geständnis nach der Wahl Nazimißwirtschaft in Mecklenburg Der nationalsozialistische Ministerpräsi» dent Granzow von Mecklenburg-Echwerin, der Schwager von Goebbels , hat vor der Wahl den Mecklenburgischen Landtag schonend daraus vorbereitet, daß das Defizit etwa 3,6 Millio- n e n Mark betragen werde. Diese Mitteilung war eine Schönfärberei, denn die nationalsozia- listische Wirtschaft hat das Land Mecklenburg- Schwerin in eine schwere Finanzkrise gebracht. Drei Tage nach der Wahl hat nun der Nazi- fraktionsfllhrer Hildebrandt im Landtage mitgeteilt, daß das Defizit 6,6 Millionen Mark be- tragen werde, also fast noch einmal soviel, wie der Naziministerpräsident vor der Wahl zu- gegeben hatte. Außerdem wird jetzt zugegeben, daß die Naziregierung die S ch l a ch t st e u e r ein- zuführen gedenkt und dieBeamtengehälter kürzen will! Diese Pläne sind das Ein- geständnis der Mißwirtschaft. Sie sind wohlweis- lich bis nach der Wahl zurückgehalten worden. Wenn in Mecklenburg am nächsten Sonntag noch einmal gewählt werden würde, so würden den Nationalsozialisten noch einmal soviel Wähler davonlaufen, wie ihnen in Mecklenburg am ver- gangenen Sonntag davongelaufen sind!

Und sie lacht schon und spitzt's Mäulchen, Und sie ziert sich noch ein Weilchen Und dann küßt sie den Franz...

Ikon auch in Dänemark ! Am Hauser-Platz in Kopenhagen wurde bei einer Schlägerei zwischen Kommunisten und jungen Sozialdemokraten der 26jährige Sozialdemokrat Werner Nielsen von den Kommunisten erschlagen.

Kabinett und Parteien Um Fapens Rücktritt Meldung derTelegraphen-Union" Das Reichstabinett trat am Mittwoch zum ersten Male nach den Reichstagswahlen zur Besprechung der politischen Luge zusammen. Zu- nächst hielt in der Kabinettssitzung der Reichs- kommistar für die A r b e i t s d i e n st p f l i ch t Vortrag. Aus Grund seiner Ausführungen wurde beschlossen, die Arbeitsdienstlager auch den Winter hindurch offen zu halten. Sodann wurde«in- gehend die politische Lage besprochen. Es wurde allgemein der Ueberzeugung Ausdruck ge­geben. daß eine nakionale Konzentration wün- schenswert sei. Wie verlautet, dürste der Kanzler zu diesem Zwecke im Lause der nächsten Tage die Partei- führer empfangen, um sie über diese Ansicht zu informieren. Ein Rücktritt des Kabinetts oder von Teilen des Kabinetts kommt jedoch nicht in

Umfang des Noosevelt-Gieges Ltimmen Verhältnis 15:11/ Wahlmännerverhältnis 8:1

New Jork, 9. November. Nach deu neuesten Zählungen sind für R o o f e- v e l t 14 627 445 Stimmen und für hoooer 10 704 719 Stimmen abgegeben worden. Von den 5Z1 wahlmännerstimmen erhielten Roosevelt 472 und hoooer 59 Nicht wie ursprünglich bekannt- gegeben wurde 78. * Der Vergleich Zwischen den Wähler stimmen und den Wahlmänner stimmen, die die beiden Kandidaten erhalten haben, ist ein neuer klassischer Beweis für die Ungerechtigkeit jedes Wahlsystems ohne Proporz. Etwa 15 Millionen Wählerstimmen und 472 Wahlmänner für Roosevelt , fast 11 Mil- lionen Wählerstimmen, aber nur 59 Wahlmänner für Hoooer das Mißverhältnis ist offen- sichtlich. Allerdings würde in diesem Falle auch eine proportionale Zusammensetzung des Wahl- männerkollegiums an der absoluten Mehrheit für Roosevelt nichts ändern. Aber die Gegenüber- stellung von 42 Staaten die e>ne Mehrheit für die Demokraten erbracht haben, und der sechs Staaten, die Hoooer treu geblieben sind, ist insofern irre- führend, als sie nicht erkennen läßt, daß die Republikaner nach w'e vor eine sehr starke Partei sind und daß das wirtliche Kräfte ver- h ä l t n i s lautet 15: 11. Die späteren Meldungen heben auch den starken Zuwachs der sozialistischen Stimmen hervor. Vor vier Jahren noch nur etwa eine Viertelmillion, jetzt 1 H Mil­lionen, der Vormarsch ist beträchtlich-, beson- ders wenn man bedenkt, daß nur solche Wähler für Norman Thomas ihre Stimmen abgeben tonnten, die aus reiner lozialistischer Ueberzeugung und mit dem Bewußtsein handelten, daß sie damit aus einen direkten Einsluß aus die Entscheidung verzichteten. New-Porker Korrespondenten bürger- licher Blätter betonen dabei ausdrücklich, daß die Stimmenzahl iür Thomas noch viel großer ge- wesen wäre, wenn nicht die Erbitterung gegen

Frage. Nach den neueren Entwicklungen der Dinge ist es auch unwahrscheinlich, daß der Landwirtschaftsmimster Freiherr von Braun zurücktreten wird, da in der Kontingentssrage eine Lösung auf dem Wege ist, die voraussichtlich alle beteiligten Parteien zufriedenstellen dürfte. Die weitere Entwicklung der Dinge dürfte nun- mehr die sein, daß das Kabinett sein« weiteren Beschlüsse davon abhängig macht, ob es den Par- teien gelingt, ein Programm und ein Kabinett der nationalen Konzentration von sich aus zu bilden. Erst wenn dies gelungen ist, dürste die Frage eines Rücktritts überhaupt erörtert werden.

Hoooer unzählige Wähler veranlaßt hätte, nicht für Thomas, sondern für Roosevelt ihr« Stimme abzugeben, um ganz sicher zu sein, den bisherigen Präsidenten zu schlagen. Wie steht's mit dem Alkoholverbot? New Jork , 7. November. Die Gegner der Prohibition rechnen mit mehr als 300 Sitzen im Repräsentantenhause und 50 Sitzen im Senat. Damit wäre die für eine Aenderung des Prohibitionsgesetzes not- wendige Zweidrittelmehrheit im Unter- Hause zwar vorhanden, im Senat dagegen nicht. Stark beachtet wird das Anwachsen der sozia- listischen Stimmen. Die Sozialisten dürften auf eine Gesamt- stimmenzahl von l'A Millionen kommen. Wäh­rend sie im Jahre 1928 nur eine Viertelmillion Stimmen auf sich oereingten. Uebrigens hat sich am Wahltage doch auch ein ernsterer Zwischenfall ereignet Be' einem Zu- sammenstoß in Kentucky wurden drei Per- sonen getötet. (Verfassungsändernde Vorlagen sowie Staatsver- träge erhalten nur dann Gesetzeskraft, wenn sie auch im Senat eine Zweidrittelmehrheit erlangen Die Prohibition ist durch die sogenannte Volstead- Act in der Verfassung verankert worden. Red. d.VA) Nahezu Zweidrittelmehrheit im Senat New Jork, 9 November. Nach den letzten Berichten wurden bisher 25 Demokraten für den Senat neugewählt, so daß die Demokraten insgejamt 56 Sitze haben Die Republikaner erhielten bisher vier Sitze und konnten damit die Gesamtzahl ihrer Sitze out 34 bringen lDer Senat besteht au- 96 Mitgliedern, je zwei Senatoren für jeden Staat. Redl Im Kongreß erhielten die Demokraten bisher 241, die Republikaner 48 Sitze.

Arbeiter und Nation Oder: Zweierlei Maß Die kommunistische Presse ist in den letzten Wochen wiederholt wütend über L e i p a r t her- gefallen, well er sich in seiner Rede in Bernau zur Nation bekannt hat. Die kommu- nisfische Presse, die sich gerade jetzt in nationali- stischen Tiraden überschlägt und behauptet, sie allein kämpfe gegen Versailles , tut so, als ob dieses Bekenntnis für einen sozialdemokratischen Arbeiterführer etwas Neues und Ungewöhnliches wäre. Wir empfehlen den Kommunisten, in dem Buche von Archur Rosenberg:Geschichte des Bolschewismus", nachzulesen, wie Lenin sich über das Nationalgesühl der klassenbewußten Ar- beiterschaft geäußert hat:Ist uns, den groß­russischen, klassenbewußten Proletariern, das G e- fühl nationalen Stolzes fremd? Gewiß nicht. Wir lieben unsere Sprache und unsere Heimat... Wir sind von National- stolz erfüllt und... wollen durchaus ein freies und unabhängiges, selbständiges, demo- kratisches, republikanisches und stolzes Groß- rußland." So Lenin im Dezember 1914. (Rosenberg:Geschichte des Bolschewismus", S. 52.)

Republikanischer Reichsbund. Zu Borsitzenden des Deutschen Republikanischen Reichsbundes sind gewähU worden: Staatssekretär Ab egg. Polizei- oberkommandeur Heimannsberg und Reichstagsabgeordneter Kurt Hein'g Die Gattin Stalins, Nadeßda Sergejewna Alli- lujewa, ist gestern in Moskau g e st o r b« n. Sie war Stalins zweite Frau. Aus der ersten Ehe Stalins leben zwei erwachsene Kinder, aus der zweiten Ehe ist ein achtjähriger Sohn hervor- gegangen.

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