Einzelbild herunterladen
 

Nazis wollten im Juli putschen Der Sieg der ,, Nassen"

Neue Enthüllungen im Altonaer Prozeß

Hamburg, 11. november.

In dem Projeß gegen die 40 S S.. Ceute aus Schleswig- Holstein   vor dem Altonaer  Sondergericht werden durch die Zeugenausfagen die Vorgänge in der Nacht zum 1. August 1932, in der auf Anordnung des Standartenführers und Reichstagsabgeordneten Moder an zehn Orien der Provinz Handgranatenanschläge verübt wurden, immer klarer. Aber auch die politischen Motive der Taten erfahren eine gründliche klärung. So wurde am Freitag von ver­schiedenen Zeugen beftätigt, daß ben SS.  - Ceuten sowohl von dem Standartenfühter Moder als auch von den einzelnen Unterführern bei ver­schiedenen Besprechungen versichert wurde, daß durch die Ausführung der Attentate, die in ganz Deutschland   vorbereitet wurden, politische Un­ruben hervorgerufen werden fouten. Bei diesen Unruhen follte dann die Reichswehr   jusammen mit bet SS.   und$ 2. eingefeht werden. Auf diefem Wege wollte die NSDAP  . jur Macht gelangen. In allen Besprechungen wurden die SS.  - Ceute aber auch darauf hingewiesen, daß General Schleicher für diesen Plan gewonnen sei und das Vorhaben bestimmt flappen würde.

Von allergrößtem Onteresse war die Ver­nehmung des Schiffsreebers obje aus Rends­ burg  , der bis zum 15. August 1932 der Führer des SS.- Sturmbannes II/ 4 war. Lohse soll bei den Vorbesprechungen über die Attentate und auch seine S.- Leute vor jeber ungefeglichkeit gewarnt haben. Tatsächlich tamen in seinem Be­zirke keine Handgranatenanschläge zur Aus­führung. Lohse wurde seines Amtes enthoben. Bei den beschlagnahmten Akten befand sich ein Sonderbefehl der IV. SS.- Standarte Dom

15. August 1932. ber von dem Führer und Reichstagsabgeordneten Moder unterzeichnet ist. Darin wird mitgeteilt, daß Lohse seiner Dienst­stellung enthoben und gleichzeitig aus der Lifte der SS. gestrichen sei. In dem Befehl wird weiter angeordnet, daß bem ehemaligen 65. Sturmführer Lohse teine Mitteilungen mehr au

selbst einmal: die Handarbeiter sind nicht fähig zum Führen. Sie müssen nur gehorchen." Die GG. und die SA.- Leute mußten immer die Kastanien aus dem Feuer holen und sich tie Knochen kaputtschlagen lassen, während die Führer sich im Hintergrunde wüßten.( An dieser Stelle unterbricht der nationalsozialistische Verteidiger den Zeugen und macht das Gericht darauf auf­merksam, daß diese Dinge nicht zur Verhandlung standen.) Das Gericht bittet den Zeugen uber, fortzufahren.

Er welft dann weiter darauf hin, daß in der ganzen nationalsozialistischen Bewegung eine Bonzenwirtschaft allerschlimmster Art herrsche, die nicht mehr zu beleltigen fel. Er selbst habe mit zahlreichen Beschwerden über Mißstände gar nichts erreicht. Uus diesem Grunde habe er sich entschloffen, restlos die Wahrheit zu sagen. Inzwischen sei er auch aus der SS. ausgeschlossen worden. Einer anderen politischen Partel gehöre er nicht an. Er wolle von der Politik nichts mehr wissen.

In seinen fachlichen Angaben berichtet der Zeuge über die Borbesprechung für das Atten tat auf ein tommunistisches Bartel­Total in Altona   und über das nicht zur Ausführung gekommene Attentat auf bas Altonaer  Gewerkschaftshaus. Er nennt die Täter, die ihm selbst nach der Tat von dem Verlaufe des Hand­granatenanschlags erzählt hätten, und berichtet weiter. daß ihm der SS.  - Mann Clausen erzählt habe, daß er von dem Standartenführer Moder den Auftrag bekommen habe, einen KPD.- und einen SPD.  - Führer zu erschießen.

Nach diesen Befundungen, die im Gerichtssaal mit allergrößter Aufmerksamkeit aufgenommen wurben, schloß die Freitagverhandlung ab. Am Sonnabend wird mit der Bernehmung der von der Staatsanwaltschaft geladenen weiteren Jeugen fortgefahren.

machen find und daß darüber hinaus jeber private Der Bullerjahn- Prozeß

Verkehr mit ihm abzubrechen sei. Die Stürme des Sturmbannes II/ 4 wurden der Standarte direkt unterstellt.

In der Bernehmung, die zunächst unbeeldigt erfolgt, weigert sich Lohse, die Gründe für feine Dienftenthebung anzugeben, wie er auch be­ftreitet, an den Führerbesprechungen teil. genommen zu haben. Der Angeflagle Moder gibt dem Gericht die Erklärung ab, daß die Maßnahmen gegen Cohle nur aus harmlofen organisatorischen Gründen" erfolgt jeien.

Der als Zeuge eernommene Chauffeur des Standartenführers Wader weigert sich, trgenb­melche Austunft auf bie Fragen bes Borsigenben 3H geben. Der Ariminaljerretär Christiansen­Renbsburg fagt aus, bag er auf Grund ber Angaben des angeflagten 6. Mannes Seelen einige Tage nach ben Handgranatenanschlagen in dem Garten des 66.- Lotals Schüzenhof in Rendsburg   noch weitere neun Stielhandgranaten, drei Pistolen 0,8. Walther- und lauserpistolen und einen größeren Vorrat von Munition ge­funden habe, bie dort vergraben waren

Anschließend wird der Jeuge Thomsen ver­nommen, der sich der Staatsanwaltschaft zur Ber­fügung gestellt hat, um als ehemaliges Mitglied der Altonaer 66., der et bis vor wenigen Wochen angehörte, Aussagen über die Hand­granatenattentate zu machen.

Che dieser Zeuge in Saal erfchien, machte der Borsigende die Angeklagten darauf aufmerksam, daß bei den geringften Störungen während der Vernehmung von Thomsen fofort polize: liche Maßnahmen ergriffen würden. Weiter ordnete er an, daß während der Bernehmung zu beiden Seiten des Zeugenfisches fich Polizeibeamte poffietten, um eventuelle Ausschreitungen der angeflaglen SS.  - Ceute gegen ihren früheren Aameraden zu verhindern.

Diefe Maßnahme wird aber wieder rückgängig gemacht, als der Naziverteidiger Freisler und der Standartenführer Moder für eine reibungslose Durchführung der Berhandlung die Garantie übernehmen. Der Zeuge Thomsen bittet junächst das Gericht, etwas über die Motive seiner Aus­fagen, bie er aus genauefter Kenntnis der Dinge madhe, fagen zu dürfen. Er führte aus: Bon 1921 bis 1926 gehörte ich zum Freikorps Roß­bach und kam dann zur NSDAP  . und zur SS. Hier erlebte ich aber gleich zu Anfang Ent­täuschungen über Enttäuschungen. Die Arbeiter wurden immer nur als Stimmvieh behandelt, unb Standartenführer Mober erklärte

,, Idomeneo  "

Erstaufführung in der Lindenoper

Mozarts Jugendwerk ist leider auch durch Wallersteins dramatische Straffung und testliche Neufassung, ist auch durch Richard Straußens musikalische Bearbeitung nicht zu retten. Eine Bearbeitung übrigens, die den Organismus der opera seria   zerstört, ohne etwas einleuchtend Neues an seine Stelle zu sehen. Fragwürdige Inszenierung durch Hörth, matte musikalische Interpretation( hler ist Blech ausgenommen) durch die Lindenoper, Bon der wesentlich mehr erwartet werden durfte. A. W.

Zeugenvernehmungen in Leipzig  

Im Bullerjahn- Prozeß wird in der Nach­mittagssigung die 3eugenvernehmung fortgefegt. Sie ging wie bisher in die fleinsten Einzelheiten hinein, ohne daß daraus ersichtlich wird, warum Bullerjahn verdächtigt und ver= urteilt worden ift. wurde zunächst

Wie die deutsche Alkoholindustrie eine Ankurbelung erhofft.

worden sei, daß Leutnant Joft Spionage trieb, verneint der Zeuge und bekundet dann weiter: Die Beobachtungen wurden fortgesezt. Als dann Spallek Bullerjahn am 7. Januar am Horstweg beobachtet hatte, verfaßte ich am 15. Januar auf Grund meiner eigenen Beobachtungen und der mir von den übrigen Ueberwachungsleuten mit­geteilten Beobachtungen einen Bericht an die Abteilung I A des Polizeipräsidiums, in dem der Verdacht gegen Buller­jahn als genügend begründet be= zeichnet wurde.

Bor: Weshalb wurde der Bericht erst am 15. Januar verfaßt?

3euge: Weil die Beobachtungen auch nach dem 7. Januar noch fortgesetzt wurden. Es wurde allerdings nichts mehr fest­gestellt.

Später war der Beuge in diefer Gache nicht mehr tätig. Auf Befragen erklärt er, davon, daß Bullerjahn fich am 23. Dezember angeblich der Berratssold von Leutnant Jost geholt habe, nichts zu wissen. Darauf hingewiesen, daß nach dem Bericht vom 15. Januar dies von einer un= bekannten Bertrauensperson tunbet worben fet, erklärt der Zeuge: Wenn ich das damals geschrieben habe, dann stimmt es auch. Heute tann ich mich nicht mehr er

babon erzählt.

be=

Direktor Gebauer vernommen. Es ergaben sich dabei Unstimmigkeiten gegen­über seinen 1925, por dem Reichsgericht abgegebeinnern. Wahrscheinlich hat mir Pagenstecher nen Aussagen. Gebauer tann sich an vieles nicht mehr erinnern, obgleich ihm Buller: john barhält, baß auf Gebauers hardnung im Gammer 1994 einige taufenb Gemehrläufe um arbeiter Stufchmincer, geräumt wurden. Ein anderer 3euge, ber Bager. bestätigt, daß beim Transport von Gewehrmaterial. Der sich mehrere Monate hingog, feber, der am bem offenen Karren vorbei tam, die Gewehrteile sehen konnte.

Anschließend wird der Kriminal assistent Bitteltom vernommen, der am 23. Dezember 1924 die Beobachtung des franzöfifchen Leutnants Jest übernahm, um festzustellen, ob er sich mit Angestellten der Berlin  - Karlsruher Industriewerte traf. Der Zeuge hatte den Ueberwachungs beamten Schmidt mitgenommen, der die Leute des Wertes tannte. Die Beobachtungen verliefen aber ergebnislos. Leutnant Joft traf sich nach den Fest ftelungen bes zeugen in einem Café am Pots: damer Play jumeist mit weiblichen Personen, oft vier bis fünf am Lage. Nur einmal traf er fich mit einem Reuner, der von ihm, dem Zeugen, auch festgestellt werben fonnte.

Gine Frage des Borsigenden, ob ermittelt

Spargelder für Nazis Sparkassengelder

für ,, Völkischen Beobachter"

Wir erhalten folgende Berichtigung:

,, Unter dieser lleberschrift hat der Borwärts" am 30. Ditober 1992 einen Artikel über die Städt. Spartaffe Coburg   veröffentlicht, der unwahre Be hauptungen enthält:

Wahr ift, bas im Jahre 1930 bas Münchener Buchgewerbehaus Müller u. Sohn von der Städt. Spartaffe Coburg   ein Darlehn erhalten hat. Zu der damaligen Zeit ftand an der Spiße der Stadt Coburg   Herr 1. Bürgermeister unverfähr, wäh­rend der heutige Herr 1. Bürgermeister Schwede damals nicht einmal dem Berwaltungsausschuß der Stäbt. Spartaffe Coburg   angehörte und daher auch nicht ben geringften Einfluß auf die Geschäfts­führung der Städt. Spartaffe ausüben fonnte.

Es ist nicht wahr, daß dieses hypothefarische

Darlehn im Vergleich zu den Mitteln und bem Einlagenstand der Städt. Sparkaffe Coburg   außer­ordentlich hoch gewesen sei. Wahr ist vielmehr, daß die Beleihung in vollständig einwandfreier, den Sagungen der Sparkasse entsprechenden Form, in einer Zeit erfolgt ist, in der die Sparkasse über Millionenbeträge flüssiger Mittel verfügt hat. Die Größe des Darlehns stand daher durchaus im Ver­hältnis all den Mitteln und bent Einlagenstand ber Städt. Sparkasse Coburg.

Es ist unwahr, daß die Städt. Sparkasse Co­burg andererseits Coburger   Firmen Kredite ver­jagt hätte, so daß diese schließen und ihre Ar beiter hätten entlassen müssen.

Städt. Spartaffe Coburg  : ges. Eibl, Schmidt. Soweit die Berichtigung, auf die wir zurück­tommen werden.

Staaten zahlen nicht

Ausfälle in Washington  

Am 15. Dezember find erhebliche Raten­zahlungen auf Darlehen fällig, die USA  . im Kriege an feine Alliierten, nach dem Kriege auch an befiegte Staaten gegeben hat. Die größte diefer Raten ist die britische. Aber es ver­lautet, daß die gestern in Washington   überreichte Note aus Bondon nur die Bestätigung des Bereits Dereinbarten 3 ahlungsauffubs Diefer Maté enthält

Denn sogar England nicht mehr jahit, mirb fich faum jemand munbern, baß der Ghagletrétor in Washington   das Ausbleiben der fälligen griechischen Zahlung von 444 920 Dollar be fanntgibt. Griechenland   fcheint nicht einmal eine Benachrichtigung für nötig erachtet zu haben, denn Schaßsekretär Ogden Mills   teilt gleichzeitig mit, dies sei der erste Fall, daß ein Land mit der Rückzahlung der Kriegsschulden in Berzug gerate.

Ungarn   hat nach Washington   wenigftens mit­geteilt, baß megen Devisenmangel die am 15. Des zember fälligen 40 725 Dollar nicht tommen werden.

Paul Cobe in Wien  , auf dem am Sonntag beginnenden Parteitag der österreichi schen Sozialdemokratie wird die Sozial­demokratische Partet Deutschlands   durch den frühe­ren Reichstagspräsidenten Paul Böbe ber­treten sein.

Beglaubigte Rundfunkreaktion

Die Richtlinien der Regierung von Papen für die Gestaltung der Rundfuntprogramme werben jetzt bekannt. Sie sind das Dokument einer hundertprozentigen Sulturreaktion. ,, Das deutsche Bolf", heißt es barin, ist ein christliches Bolt. Der deutsche Rundfunt wahrt deshalb christliche Gesinnung und Gesittung... Er hat... das staatliche Den fen und wollen der Hörer au formen und zu stärken. Die berehrungswürdigen aus der Ge= chichte des deutschen Boltes und des Deutschen Reiches überlieferten Güter sind in ber Arbeit des deutschen   Rundfunks zu achten und zu mehren. Seine Leiter und Mitarbeiter bejahen dieses geschichtliche Erbe. Wer die verant wortungsvollen Binbungen an Bolk und Staat nicht anerkennt, hat feinen Platz im deutschen  Rundfunt."

In einem weiteren Teil heißt es: Die verant wortliche Teilnahme an der Politik als der Sorge für das Gesamtwohl des Volkes setzt das Wissen um unsere große und besondere Ge= schichte voraus. Darum soll der Rundfunk die hörer über das Werden des deutschen   Bottes und des Deutschen Reiches unterrichten und das

Die neuen Programmrichtlinien

Gefühl für beutsche Art stärken... Die er regenden Fragen der Belt werben so behandelt, daß das wohl des Ganzen gewahrt bleibt... Was in der Familie als anstößig empfun den wird, ist zu vermeiden. Was das Christen­tum entwürdigt und die Sitte und Kultur des deutschen   Boltes auflöft, ist vom Rundfunk aus­geschlossen."

Go weit bie Richtlinien. Ohre   reaktionäre gegen freiheitliche, demokratische und sozialistische Dentart gerichtete Tendens liegt auf der Hand. Aus ihnen spricht der Geist eines bewußten, un sulfamen, hyperkonservativen Nationalismus mit monarchistisch- feudalen Traditionen. Sie legen noch einmal schriftlich fest, was unter dem Reichs­rundfunkfommiffar Scholz im Rundfunk üblich ge­worden ist.

Es bleibt die Frage, wie sich diese Rundfunk richtlinien nach der neuen Kompetenzver teilung zwischen dem Reichsfommissar und den Staatstommiffaren der einzelnen Bänder auswirken werden. Die Berhandlungen zwischen Reich und Ländern, die vor dem Abschluß zu stehen scheinen, haben zwar von den bittato­

rischen Machtansprüchen des Reichstommiffars Scholz manchen Abstrich getan, so daß unter üm­ständen je nach der Kräfteverteilung in ben ein­zelnen Ländern eine gewisse vernünftige Aus­legung der Richtlinien statthaben tönnte, als Ganzes genommen sind sie jedoch unbefriedigend. Nach den neuen Vereinbarungen wird das Reich nicht mehr das Recht zur Ernennung der Staats­fommissare haben, sondern die Länder ernennen die Kommissare im Einvernehmen mit dem Reich. Die Ernennung der leitenben Persönlichkeiten bei den einzelnen Sendern geschieht durch die Gesell schafterversammlung nach vorheriger Stellung­nahme des Reichskommissars, wobei zu beachten bleibt, daß die Reichsrundfunkgesellschaft bei jedem Sender mit 51 Proz beteiligt ist. In den fünft­lerischen und politischen Programmangelegenheiten haben Reich und Länder ein wechselseitiges Beto recht. In Zweifelsfällen muß die umstrittene Dar­bietung unterbleiben.

Kein Zweifel, daß diese Neuordnung, wenn fie wie aufgezeichnet Tatsache werden sollte, zu ben heftigsten Reibungen führen muß. Die Regierung der Freiherren   will es offenbar auf Machttämpfe ankommen lassen.