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ERSTE BEILAGE

Vorwärts

Die Gräber hinter den Mauern

Stiller Weg durch die Berliner   Ruhestätten

,, Tag und Nacht werden die Strahlen von Sonne, Mond und Sternen als ein Gruß aus dem Weltall an die Toten hier Zutritt haben und mit ihrem Glanze den goldenen Lorbeer­franz, der symbolisch das Massengrab aller Gefallenen schmückt, verklären. Die Lebenden aber, die hier eintreten oder vorübergehen, soll dieses Gedächtnismal ermahnen, den Tofen nach­zueifern an Opferfinn für das Ganze, das zu tun, was die Würde und die Größe des Menschen ausmacht: dem Bolke, dem Vater­lande, dem Staate zu dienen."

Der preußische Ministerpräsident Otto Braun  sprach diese Worte am 2. Juni 1931 bei der Ein­weihung des Ehrenmals für die Ge= fallenen des Weltkrieges in der Neuen Wache Unter den Linden. Sie sind geeignetes Vorwort und Mahnwort für die Gedanken, die uns in dieser Woche bewegen. Am Totensonntag gedenken die republikanischen Kriegsteilnehmer im Plenarsaal des deutschen   Reichstages ihrer ge= fallenen Kameraden und aller Opfer des großen Krieges. Schon heute aber, an dem gesetzlichen Feiertage, der Bußtag genannt wird, wallfahrten unzählige Berliner   zu den Friedhöfen und Ge= dächtnisstätten, deren Zahl in der Reichshaupt­stadt nicht weniger als rund 130 beträgt. Unsere Gedanken sind in diesen Tagen auch auf dem Friedhof der Märzgefallenen, wo die 183 Opfer der Revolution von 1848 neben den 33 Opfern des Jahres 1918 ruhen Aber sie weilen auch am Grab in Oberschöneweide  , in dem der für die Republik gemeuchelte Reichsaußenminister Walter Rathenau   ruht, ebenso wie an der gemeinsamen Grabstätte in Erfner, wo die Leiber unserer am 26 Juni 1927 durch Hakenkreuzmord gefallenen jungen Reichsbannerkameraden Tieg und Wollant beigesetzt sind. Sie sind im Urnenhain, in dem das Gedächtnis an Willi Schneider   machgehalten wird, der in der Neujahrsnacht 1931 für die Freiheit fiel. Unver­geffen ist uns Erich Schulz der, am Tag vor der Reichspräsidentenwahl, am 25. April 1925, von Rechtsradikalen umgebracht, auf dem Friedhof in der Hasenheide die ewige Ruhe fand.

Besondere Wallfahrtsstätte ist für uns Sozia­listen der Zentralfriedhof in Friedrichsfelde  , der uns historischen Namen an historischen Namen

Ende der Sechs- Tage

Oskar Tietz   schwer gestürzt!

Am geftrigen letzten Abend des Sechs­fagerennens ging Oskar Tieh seines ficheren Sieges verlustig; er stürzte während des Nachmittagsspurts in der Einlauffurve so un­glücklich, daß er bewußtlos von der Bahn getragen werden mußte. An seine weitere Teil­nahme am Rennen war nicht zu denken, er schied aus, sein Partner Schön wurde mit Funda zufammengetan, nachdem Maidorn ziemlich un­motiviert aufgegeben hatte. Um 10 Uhr abends lagen die Franzosen   Broccardo- Guim­bretière an der Spitze, ihnen folgten eine Runde zurüd Schön- Funda und Rieger- Ehmer.

reiht: Ignaz Auer  , Friedrich Bartels, Richard Fischer, Hugo Haase  , Adolph Hoffmann  , Karl Legien  , Wilhelm Lieb. fnecht, Karl Liebknecht  , Rosa Lugem burg, Hermann Moltenbuhr, Hermann Müller  , Adolf Ritter  , Paul Singer  , das sind uns Luise Ziez. Frizz Zubeil

GA

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KONIGIN VON SABA

GES

GESCHUTZ

Immer gleich gut!

mehr als bloße Namen, nein, jeder Grabstein ist uns Appell zum Kampf für Freiheit und Zukunft der Arbeiterklasse.

Das Buch der Toten

Auf den Berliner   Friedhöfen ruhen viele Große an Geist, viele Große an Seele, viele Große an Macht und Einfluß Es ist ein ver= dienstvolles Werk, das ein schlichter Angestellter der AEG., Willy Wohlberedt, durchführte. Nach jahrelanger, mühevoller Forschungsarbeit gab er eine Schrift heraus, die sich Verzeichnis der Grabstätten bekannter und berühmter Persön= lichkeiten in Groß- Berlin und Potsdam   mit Um­

Das Denkmal Ludreig Devrients auf dem Französischen Friedhof in der Chauffeestraße

gebung" nennt und im Selbstverlag des Ver­faffers, Berlin   SD. 36, Eisenbahnstr. 8, erschienen ist. Sie ist eine Fundgrube für jeden, der Liebe zur Geschichte mit Liebe zur Heimat verbindet. Das menschlich Ergreifende sei vorausgeschickt. Da findet sich unter der Rubrik städtischer Friedhof von Rahnsdorf  " die kurze Notiz: Fischer­meister August Herrmann, gestorben 1915, rettete im Laufe seines Lebens 150 Menschen vom Tode des Ertrinkens." Auf der Seite da­neben lesen wir unter Neuer Garnisonfriedhof in der Hasenheide": Gemeinsames Grab der am 17. Oktober 1913 mit dem Marineluft­schiff L 2 in Johannisthal   bei Berlin   ver= unglüdten Besagung( Kapitänleutnant E. D. Freyer und 28 Offiziere und Mannschaften). Am ,, Kleinen Wannsee" liegt einsam das Grab des Dichters Heinrich v. Kleist und seiner Freundin Henriette Vogel  . In wenigen Tagen, am 21. November, jährt sich der Tag, an dem 1811 der große Dramatiker, der in seiner Her= mannschlacht" den Freiheitskampf gegen Frank­ reich   proklamiert hatte, von seinem mit Napoleon  verbündeten König aber schroff zurückgestoßen wurde, mit Henriette Vogel   in Verzweiflung aus diesem Leben flüchtete. Noch im Tode ächtete man die Selbstmörder. Die Gedächtnisstätte auf dem Koppenplatz hat ihre besondere Geschichte: Der Ratsverwandte und Stadthauptmann" Christian Koppe   widmete den Platz und seine Umgebung im Jahre 1705 als Ruhestätte den armen Waisen und ruht mit seinen Ange­hörigen nach seinem Wunsche in ihrer Mitte.

Wohl der größte Friedhof im Innern Berlins  ist der in der Bergmannstraße, der freilich verwaltungstechnisch nicht weniger als vier Fried­höfe umfaßt. Man darf sagen, der ganzen Welt bekannt ist aus dieser Begräbnisstätte das von Hugo Lederer   geschaffene Grabmal von Gustav Stresemann  . Man sah es in den illustrierten Zeitschriften wohl aller Länder abgebildet, als der Franzose Aristide Briand   mit einem Blumen­gruß am Grabe des deutschen   Staatsmannes stand. Hier ruhen weiter Adolf von Menzel  und Theodor Mommsen  , und um zwei Poli­tifer zu nennen, der Freisinnige Eugen Richter  und der Vorläufer Hitlers  , der Antisemit Hof­prediger Adolf Stöcker  . Nicht allzuweit von ihm liegt die große Künstlerin Marie Seebach  , deren Gedächtnis durch ihre Stiftung für not­leidende Künstler besonders lebendig ist. Der Friedhof am Blücherplag beherbergt die Gräber des Dichters Adalbert von Chamisso  , des französischen   Emigranten aus der Revolutions= zeit, und E. T. 2. Hoffmanns, des Phan­tastischsten unter den Romantikern. Sucht man seine Kumpane aus der historischen Tafelrunde von Lutter und Wegner, so findet man, daß Friedrich Baron de la Motte Fouqué  , der Dichter der Undine, auf dem Garnisonfriedhof von 1722 in der Linienstraße und daß der gefeierte Schauspieler Ludwig Devrient   auf dem französischen Friedhof in der Chausseestraße be= graben liegt. Ein gußeisernes Denkmal aus der staatlichen Eisengießerei ziert sein Grab. Unter lauter Soldaten ist auf dem Invalidenfriedhof  

MITTWOCH, 16. NOV. 1932

in der Scharnhorststraße ein immer wieder ge= nannter Zivilist begraben, die graue Eminenz" unter Bismarck  , Caprivi, Hohenlohe und Bülow, der Vortragende Rat im Auswärtigen Amt  , Friedrich von Holstein  .

liegt in der Großgörschenstraße. Hier findet man ganz berühmte Namen: Die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm, die großen Sprachforscher, die königlich Hannoversche Reaktion von ihren Göttinger Lehrsigen verjagte, den Philologen Ernst Curtius  , der Friedrich III.   besser erzog als Hinzpeter Wilhelm II., den Mathematiker Paul du Bois- Reymond  , der, über die Ewigkeit befragt, sagte: Wir wissen es nicht und wir werden es nicht wissen. Daneben den großen Arzt und freisinnigen Politiker Rudolf Virchow  und den Kronhistoriker des reaktionärsten Preußentums Heinrich von Treitschke  . Auf dem gleichen Friedhof aber stößt man, im Augen­blick erschreckend, auf einen Grabstein, der den Namen Paul von Beneckendorf und von Hinden­burg trägt. Es handelt sich um einen Verwandten des Reichspräsidenten  , der am 16. August 1870 bei Mars la Tour als Rittmeister gefallen ist.

Auf dem Grabstein der Charlotte von Kalb  , der geistvollen Frau aus der großen Zeit Weimars, stehen die Worte: Ich war auch ein Mensch, sagt der Staub! Ich bin auch ein Geist, sagt das All! Auf einem schlichten Grabstein in Stahnsdorf  lefen wir:

Nicht alle sind tot, deren Hügel sich hebt, Wir lieben, und was wir geliebt, das lebt, Es lebt, bis auch unser Leben zerrinnt. Nicht alle sind tot, die begraben sind. Gräber an Gräber liegen jenseits der Fried­hofsmauern, die sie trennen vom brausenden Leben der Weltstadt Berlin  . Jedes Grab zeigt die Mauer, die sich hebt zwischen Leben und Tod. Aber Tod und Leben fügen und knüpfen sich aneinander.

Die Stimme der Bezirke

Was die Bezirksversammlungen zum Reformwerk sagen

Die Durcharbeitung des Magistratsplanes über die Neugestaltung der Berliner   Ber­waltung ist jetzt so weit gediehen, daß die Vollversammlung der Stadtverordneten ihre Ent­scheidung treffen kann. Das einschneidende Reform. werk steht schon in den beiden Stadtverordneten­fitzungen am Donnerstag und Freitag zur Be­ratung. In den letzten Wochen haben sich natur­gemäß auch die Bezirksversammlungen der zwanzig Bezirke mit dem einschneidenden Plan beschäftigt.

Nach einer Verwirklichung des Magistratsplanes würde es die Bezirksversammlung in ihrer heutigen Gestalt nicht mehr geben. Die noch bestehenbleibenden neun Bezirke sollen vielmehr nur noch von dem Bezirksamt geleitet werden, das aus dem Bürgermeister und den gewählten Bezirksräten als Verwaltungsorgan gebildet wird. Die Beschlüsse der Bezirksversammlungen sind durchaus nicht einheitlich. Ein Teil hat be­schlossen, den Magistratsplan rundweg abzulehnen, andere Versammlungen haben den Beschluß gefaßt, erst einmal die Entscheidung der Stadtverordneten­versammlung abzuwarten und wieder andere such­ten einen Mittelweg zwischen dem bestehenden Zustand und der geplanten Neuänderung.

Von der Vorlage überhaupt nichts wissen wollen die Mehrheiten der Bezirksversammlungen in den Bezirken Tiergarten  , Wedding  , Friedrichshain  , Spandau  , Zehlendorf  , Steglitz  , Tempelhof  , Neu­fölln, Bankom und Reinickendorf  . Allerdings zeigte die Abstimmung mehrfach, daß die Mehrheit, die diese Beschlüsse faßte, einer starken Minderheit gegenüberstand. In vielen Fällen nahmen die

man Qualität sucht,

Wo schätzt man, Saba

Der Berliner   verlangt

das Beste für sein Geld.

Darum ist ,, Saba ohne"

auch die meistgerauchte Cigarette Berlins  .

KÖNIGIN

VON

Sozialdemokraten eine andere Haltung als die Mehrheit ein. Den Beschluß der Stadt­abwarten verordnetenversammlung

wollen die Bezirke Mitte  , Prenzlauer Berg  , Kreuzberg  , Schöneberg   und Lichtenberg  . Für die Borlage, soweit sie die Neueinteilung der Bezirke betrifft, haben nur zwei Bezirke gestimmt: Char­ lottenburg   und Köpenick  .

,, Grunewald  "-Bezirk vorgeschlagen

In der Bezirksversammlung Tiergarten  hatte die sozialdemokratische Fraftion vorgeschlagen, den südlichen Teil des Bezirkes mit dem Tier­garten als Grenze zu Schöneberg   zu geben und den nördlichen Teil dem bisherigen Bezirk Wed­ding anzugliedern. Die Charlottenburger  wünschen sehr eine Vereinigung mit Spandau  , um so mehr sträuben sich die Spandauer   mit dem Hinweis auf die eigene Entwicklung ihrer Stadt gegen die Zusammenlegung. Wenn Span= dau selbständig bleiben sollte, beansprucht Char­ lottenburg   das Gelände Siemensstadt   östlich der Havel  , um so genügend Siedlungsmöglichkeit zu haben. Die Wilmersdorfer   Bezirksver­sammlung wünscht eine Vereinigung mit 3ehlen­dorf zum Grunewaldbezirt". Man will keine Vereinigung mit Charlottenburg   oder Schöneberg  . Schöneberg   soll nach der Meinung der Wilmersdorfer mit Steglig und Tempelhof Zehlendorf und zusammengelegt werden. Steglig wollen aber unter allen Umständen selbständig bleiben.

In der Tempelhofer   Bezirksversammlung

6 Stück

20 Pfg.

GARBA

KONIGIN VON SABA

GESC

Saba

mit

Flugzeugbilder Hoheitszeichen

ohne

8 11