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DRITTE BEILAGE

Vorwärts

Neuer Bund: Schlotbaron und Junker?

Der Brückenbau von Bosch bis Knebel- Döberitz

Seit einem halben Jahrhundert bestand ein Bündnis zwischen Schwerindustrie und Groß agrarier. Entstanden war es Ende der siebziger Jahre unter Bismard, als die Getreide bauende Landwirtschaft Schutz vor dem Eindringen des überseeischen Getreides forderte, und die auf­strebende Eifenindustrie die Konkurrenz Englands fernzuhalten wünschte. So kam es mit Getreide­und Eisenzöllen zum Schuzzollfystem in Deutsch­ land  . Schlotbarone und Junker haben seitdem in engem Bündnis ihren Willen immer wieder durch­gefegt. Das ging auch nach dem Krieg bis zu dem Zeitpunkt, an dem die bisherige Agrarpolitik durch die Ueberspannung des Getreideschuzes sich totge= laufen hat: mit Zöllen allein war das bisherige Preisniveau bei guten Ernten nicht mehr zu halten, und als die Landwirtschaft für alle Ver­edelungserzeugnisse einen ebenso lückenlosen Zoll­schutz forderte, wie ihn der Getreidebau bereits hatte, was nur durch Kontingente für die Ein­fuhr möglich schien da plagte das Bündnis, und es plakte wegen des Gegensatzes zwischen Industrie und Landwirtschaft sogar die Regie­rung Papen  .

War die Wirkung bei der Abdrosselung der Ge­treideeinfuhr noch nicht so spürbar, weil die hier­von betroffenen Lander keine allzu großen Ab­nehmer unserer Industrieerzeugnisse sind, so hätte die Durchführung der Einfuhrtontingen tierung für Molkereierzeugnisse, Fleisch, Ge müse und Obst eine geradezu fatastrophale Wirkung auf unseren Industriexport ausgeübt, denn die Länder, aus denen diese Erzeugnisse ein­geführt werden, sind die wichtigsten ausländischen Abnehmer unserer Industrie. Da der Reichsland­bund und die anderen landwirtschaftlichen Organi­fationen auf der Kontingentierung beharrten, mar der Bruch zwischen Industrie und Landwirtschaft unvermeidlich.

Junker und Schlotbarone aber haben einen gemeinsamen Feind", das ist die Ar­beiterschaft, die nicht hochkommen soll und darf. Die Schlotbarone wollen auch ihre Monopol herrschaft schützen. So haben sich die beiden mächtigsten Gruppen, Chemie und Schwer. industrie, bereits wieder mit der einfluß­reichsten Gruppe in der Landwirtschaft, den oft­elbischen Großagrariern geeinigt.

Herr Karl Bosch   vom JG- Farbentrust und Herr Schlenker, der Syndikus des schwer industriellen Langnam- Bereins, die Ritterguts­befizer von Knebel- Döberih, von Flügge, von Flemming- Paahig und andere Jhenplize des Oftens liegen fich wieder zu gemeinsamer Ber­schwörung in den Armen.

Die Herren des Großfapitals legen der Land­wirtschaft jezt dringend ans Herz, sich die Er­fahrungen, die sie mit der Organisation des Marktes durch Kartelle und Monopole erworben haben, auch für die Landwirt­schaft nuzbar zu machen.

Hier drohen außerordentlich große Gefahren.

Ganz abgesehen davon, daß die Erfahrungen, die die Gesamtwirtschaft mit den Syndikaten und Kartellen der Industrie gemacht hat, etwas anders aussehen als die Erfahrungen der Kartellherren selber, sind solche Organisationsformen aber nur bei einem kleinen Teil der landwirtschaftlichen Produktion anwendbar. Nur dort, wo die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse an verhältnismäßig wenig Stellen vorgenommen wird, ist eine Kontrolle möglich. Deshalb gelang es verhältnismäßig leicht, die 3udererzeu= gung in den Fabriken zu kartellieren. Dagegen

stößt die monopolmäßige Beherrschung des Marktes bei solchen Erzeugnissen auf die größten Schwierigkeiten, die der Landwirt direkt an den Händler oder Verbraucher liefern kann. Den Bauern wäre durch Kartelle also gar nicht zu helfen.

Das Hauptinteresse der pommerschen Junker liegt freilich beim Getreidebau, und hier ist es in der Tat möglich, eine Beherrschung des Marktes durch Kartelle durchzuführen. Denn Ge­treide muß immer erst durch die Mühlen laufen, ehe es verbraucht werden kann Das wollen sich die Großagrarier zunuze machen, und sie sind nur zu gern bereit, nach den Ratschlägen der Herren Bosch und Schlenker zunächst für sich selbst zu jorgen. Die übrige Landwirtschaft kann dann ruhig der Ausbeutung durch in­dustrielle Monopole und fünftig auch durch ein Getreidemonopol überlassen bleiben. So kann dann das Bündnis zwischen Großagrariern und Schwerindustriellen, das wegen der Kontingente flöten zu gehen drohte, wieder geschlossen werden. Die maßgebenden Organisationen der Landwirt­schaft haben zu diesem Kuhhandel ihr Amen noch nicht gesagt, weil sie auf die Gesamtheit ihrer Mit­glieder, die nicht nur auf ostelbischen Rittergütern, sondern auch auf Bauernhöfen ansässig sind, Rüd­sicht nehmen müssen. Es ist auch fraglich, ob mit der Kartellierung der Getreidewirtschaft Ernst ge­macht wird, denn manche Bauernorganisationen haben nach den bösen Erfahrungen mit der Zucker­fontingentierung erkannt, daß sich Schwerindustrie und Großagrarier

auf dem Rücken der Bauern und Berbraucher einigen wollen.

Ein Getreidefartell würde in der Tat wie die Industriekartelle zu einer Ausbeutung von Ver­brauchern und Bauern führen. Denn es handelt sich hier nicht um eine Erzeugerorganisation wie bei den Absatzgenossenschaften, die nur eine bessere

- Die Agrarkartelle

Belieferung des Marktes und einen höheren Anteil am Enderlös erstreben, sondern um einen Zu­sammenschluß, der den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage durch Einschränkung der Pro­duktion unter Hochhaltung der Preise er­strebt. Mißbrauch muß aber von Zusammen­schlüssen erwartet werden, wo mie hier der Ein­fluß des Weltmarktes durch Zölle oder andere Maßnahmen ausgeschaltet ist und andererseits das Kartell nur unter der Leitung von Privatinter­essenten steht. Die Getreideverbraucher, und zwar sowohl die Brotgetreide- wie die Futtergetreide verbraucher, werden in noch viel stärkerem Maße als bisher zugunsten der Produzenten belastet, und außerdem werden, wie die Zuckerfontingentierung gelehrt hat, bei der Verteilung der einzelnen An­teile an der zugelassenen Produktion die Bauern von den Großagrariern übervorteilt.

Enteignung des Großgrundbesitzes.

Die organifierie Arbeiterschaft hat gemiß nichts gegen grundsägliche planmirtschaftliche Maß­nahmen einzuwenden. Die bisherige mono­polistische Planwirtschaft des industriellen Privat­fapitals hat aber nur zur Ausbeutung der in­ländischen Verarbeiter und Verbraucher geführt, weshalb die Verstaatlichung der Mono.= polindustrien zu einer Notwendigkeit ge= worden ist. Eine Getreideplanwirtschaft der Junker würde gegenüber den Bauern und Ver­brauchern alle Nachteile der industriellen Privat­monopole nur vervielfachen. Soll jemals plan­mäßige Getreidewirtschaft einen Sinn haben, und das geht nur im Rahmen gesamtwirtschaftlicher Zielfezung und unter Kontrolle des Staates, dann muß vorher die Enteignung aller jener Großgrundbesizer erfolgen, die heute nicht mehr zu halten sind und die durch monopolistische Einrichtungen nur neue Wege öffnen wollen, sich auf ihrem Besitz auf Kosten der ländlichen und städtischen Massen zu halten.

Lohnschande in Mitteldeutschland

Arbeitsverdienste und Krise im Braunkohlenbergbau

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Das Statistische Reichsamt veröffentlicht über die Entwicklung der Löhne, verfahrenen Schichten und Produktion im Braunkohlenbergbau sehr be achtenswerte Angaben. Die Zahl der Ar beiter ist von 79 040 im Jahre 1929 auf 67 357 in 1930, 57.975 in 1931 zurüdgegangen und betrug im Juni dieses Jahres nur noch 55 113 Mann. Während im Jahre 1929 der angelegte Arbeiter noch 24,4 Schichten im Monat verfahren hat, waren es im ersten Halbjahr 1932 nur noch 21,1. In vielen Betrieben und Revieren ist der Ausfall von Schichten infolge Einlegung von Feierschichten bedeutend höher als aus vorstehen­den Zahlen hervorgeht. Die Förderung ging Don 9,89 Millionen Tonnen im Monatsdurchschnitt 1929 auf 6,96 Millionen Tonnen im Juni 1932 zurüď.

Betrug die Barverdienstsumme im Monats­durchschnitt 1929 noch 14,42 Millionen Mart, so war sie im Juni 1932 auf 7,30 Millionen Mark, der Schichtlohn pro Arbeiter von 7,49 m. auf 5,77 m. gefallen. Im Vergleich zum ersten Vierteljahr 1929 ist die Förderung im ersten Vierteljahr 1932 um 34.7 Proz., die Gesamtlohnfumme während dieser Zeit aber um 47 Proz. zurüdgegangen.

Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, daß die Unter­nehmer versuchen, die Krisenfasten fast ausschließlich den Arbeitern aufzu erlegen. Die bisher veröffentlichten Geschäfts­berichte der großen Braunkohlengesellschaften lafsen erkennen, daß der Braunfohlenbergbau sich

SONNTAG, 20. NOV. 1932

fels, Niederlaufizer Kohlenmerke usm. haben einen riesigen Raubzug auf die Taschen ihrer Arbeiter ausgeführt, indem sie den letzteren nicht weniger als 25 Proz. Lohnausfall auferlegten. Dieselben Unternehmer, die fich jahrelang gegen die Forderung der Gewerkschaften auf Berkürzung der Arbeitszeit sträubten, gehen jetzt zu einer weitgehenden Herabsetzung der Arbeitszeit über. Das tun sie nicht, um den Arbeitslosen zu helfen, sondern weil ihnen durch die Notver= ordnungen die Möglichkeit, gewaltige Ge minne zu erzielen, gegeben ist. Die Folge der Maßnahmen der Werke ist, daß

die Arbeiter mit Wochenlöhnen von 14 bis 16 M. in sechs Schichten nach Hause gehen müffen,

ohne daß die erforderliche Anzahl Arbeitslose infolge der verkürzten Arbeitszeit auch wirklich eingestellt wird. Es ist unmöglich, daß die Bergarbeiter bei ihrer schweren und gefahrvollen Tätigkeit derartige Lohnkürzungen tragen können. In geschlossener gewerk­schaftlicher und politischer Abwehr muß die Arbeiterschaft endlich die Bestrebungen der Unter­nehmer vereiteln.

Berlin  - Paris  

Handelspolitische Verhandlungen

Am Montag beginnen in Berlin   deutsch­französische Verhandlungen über die Abänderung des Handelsvertrages. Die deutsche Berhand­lungsdelegation führt Ministerialdirektor Dr. Posse, der 1927 den Vertrag mit Frankreich  abgeschlossen hatte.

Das Prinzip der Meist begünstigung, das in dem bisherigen Vertrag verankert ist, soll auch in dem neuen Abkommen erhalten bleiben. Die Franzosen fordern aber die Erhöhung zahlreicher Zollpofitionen, und zwar in einem Umfange, daß die Spanne zwischen den hohen französischen und den deutschen   Produktionskosten ausgeglichen wird. Die Verhandlungen werden sich, wie diese Forderung schon andeutet, keine s- falls reibungslos gestalten.

Die Grundlage für die neuen   französischen Zoll­forderungen bildet die Enttäuschung über die ,, Erfolge" der Kontingentspolitik, die   Frankreich als einer der ersten   europäischen Staaten für die agrarifchen wie industriellen Importe eingeführt hatte. Die Ergebnisse dieser Kontingentspolitik sind, wie wir bereits des öfteren erwähnten, ein fadernichtend. Das hinderte die ver­flossene Baronsregierung von Bapen aber nicht, die gleichen gefährlichen Experimente zu planen.

trotz der langwährenden Wirtschaftskrise als be Verlorene Filmmillionen

sonders krisenfest ermiesen hat. Es ist den Braunkohlenunternehmungen möglich gewesen, auch in diesem Jahr noch annehmbare Divi­denden zu verteilen, während ein großer Teil der Aktiengesellschaften der übrigen Industrie­zweige mit Verlust arbeitete.

Infolge der dauernden Lohnverluste ist die Not der Bergarbeiter und ihrer Familien gewaltig gestiegen.

Die fortschreitende Verelendung der Bergarbeiter hindert die Unternehmer nicht, immer wieder mit Lohnabbauforderungen hervorzutreten. Heute geschieht das im Braunkohlenbergbau auf die Weise, daß man nicht den Tariflohn fürzt, sondern den Papenschen Ankurbelungsplan zur Erreichung seiner 3mede ausnutzt.

Große Braunkohlengesellschaften wie Riebed Montan, Bubiag, Michelwerke, Werschen- Weißen­

Tobis schreibt 7,5 Millionen ab

Die Tobis Tonbild Syndikat A.-G.,  Berlin, ist von der Krise in der Filmindustrie im allgemeinen und des holländischen Küchen­meister Konzerns( des Großaktionärs) im besonderen schwer mitgenommen worden. Für das Geschäftsjahr 1931/32 wurden Sonder abschreibungen von 7,5 mill. M. vor­genommen. Nach Einzug von 1,2 mill. M. eigener Aktien wird das Restkapital von 10,8 auf 5,4 Mill. M., auf die Hälfte, zusammen= gelegt.

Die Geschäfte" mit den holländischen Gesell­schaften endeten mit einem Gesamtverlust von 2,6 Mill. Mart. Weitere Millionen­verluste resultierten aus den Zusammenbrüchen  deutscher Filmunternehmen( Emelka, Deutsches  

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