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BEILAGE

Vorwärts

DIENSTAG, 22. NOV. 1932

Dr. J. Moses  / Wir warten auf Antwort, Herr Präsident! öffentlichen Debatte bedürftige Argumente zu ſein!

Dr.Dornedden empfiehlt..

Die Reichsregierung hat bekanntlich unter dem Drud der sie beherrschenden agrarischen Inter­essenkreise Pläne, die die Volks ernährung und damit die Volksgesundheit auf das schwerste bedrohen; durch die Kontingentierung der Einfuhr billiger Lebensmittel aus dem Aus­lande soll der Preis der Produkte unserer land­wirtschaftlichen Großproduzenten geschützt" mer­den, das heißt, es wird einer jeden Preisreduzie­rung von Lebensmitteln von Reichs wegen ent­gegengetreten! Schon heute geht bei Millionen von Proletariern in Deutschland   das Gespenst des Hungers um: sie hoben kaum die Mög­lichkeit, fich auch nur die allernotwendigsten Nah­rungsmittel zu beschaffen und nicht nur unter den Erwerbslosen, insbesondere in den sogenannten Elendsgebieten Deutschlands  , sondern auch unter den in Arbeit Stehenden ist der Hunger ein täg­licher Gast, nicht zuletzt infolge der Lohnkürzungen, die sie in den letzten Jahren über sich ergehen laffen mußten. Von ärztlicher Seite liegen fortgesetzt dauernde Warnungen vor: wenn dieser Zustand nur noch kurze Zeit andauere, dann sei für die Volksgesundheit das ergste zu befürchten! Die Berichte der Krankenkassen, Fürsorgestellen, der Schullehrer, der Gesellschaft zur Bekämpfung der Tuberkulose und andere mehr malen den Stand der Volksgesundheit infolge der Unterernährung der arbeitenden und arbeitslosen Massen in schwärzesten Farben!

Wir haben ein Reichsgesundheits­amt. Das wäre die berufenste Instanz, um die Reichsregierung aufmerksam zu machen, welche Verheerungen in der Bolksgesundheit sie mit ihrer Lebensmittelpolitik anzurichten im Begriffe ift. Auf die Gefahrenmomente infolge der mangel­haften Volfsernährung hat 3. B. zuletzt der Nach­richtendienst für öffentliche und private Fürsorge" u. a. m. hingewiesen und es wäre Pflicht dieses Ge­fundheitsamtes, alle diese mahnenden und warnen­den Stimmen der Reichsregierung vorzulegen. Der Geist des Reichsgesundheitsamtes ist aber ein an­derer. Er sprach aus jenem jungen Angestellten dieses Amtes, dem Regierungsrat Dr. Dorn­edden, der öffentlich in Anwesenheit seines Präsidenten hamel erklärte: Die schlechte wirtschaftliche Lage habe bisher auf den Gesund­heitszustand der Bevölkerung feine ungünstige Ein wirkung gehabt... und er spricht wieder aus dem Dr. Dornedden( wer hat ihn dazu autorisiert??), der Journalisten gegenüber eine Anzahl von Forderungen Des Reichsgesund= heitsamtes" formuliert hat. Sie besagen u. a.:

.... Wir haben heute die Pflicht, erstens billiger zu leben( also noch mehr zu hungern!!) und zweitens der deutschen Ware gerecht zu werden... Die Geschmacks­richtung ist nicht unbeträchtlich von dem Wege ab­gewichen, dessen Verfolgung dem eigenen Körper und dem Wirtschaftskörper dient.. Immer noch ist die Einfuhr an Genußmitteln, wie Kaffee, Tee, Katao usw. außerordentlich hoch und beträgt im Jahre weit mehr als eine halbe Milliarde Mark. Dagegen aber verbrauchen wir weit weniger Zucker als die anderen Länder... Würden wir mehr Zuder als Nahrungs- und Genußmittel verbrauchen, so fönnten wir auf einen großen Teil der ausländischen Genußmittel verzichten. Außerdem würden wir der deutschen Pro­duktion, die Zuder im Ueberfluß erzeugt, außerordentlich nüßen. Auch in den schlechtesten Zeiten sollen die Menschen ein Genußmittel nicht entbehren. Aber sie sollen darauf achten, daß es zunächst ein deutsches Erzeugnis und außerdem billiges Nahrungs- und Genußmittel ist wie der Zucker... Unter dem gleichen Gesichts­punkt, dem eigenen Körper und der deutschen Wirtschaft zu dienen. empfehle ich der deutschen Hausfrau das Roggenbrot... Damit die deutsche  Hausfrau eine Kämpferin im deutschen Binnenmarkt ist, wird es vor allem not­wendig, daß sie es lernt, den Geschmad wieder im Sinne einfacher deutscher Art umzu­bilden..." und so fort!!

Herr Dr. Dornedden sieht also das Reichsge­sundheitsamt als Instanz an, die die Kontingentie­rungspolitik der Barone zu unterstüßen hat. Die Ar­beiter und Arbeitslosen haben kein Geld, um sich Butter, Fett, Fleisch, Obst, Gemüse kaufen zu fönnen! Aus Berichten von Sozialärzten geht her­vor, daß der größte Teil des Proletariats heute nur noch von Brot und Kartoffeln lebt. Herr Dornedden aber empfiehlt den Genuß von Zucker, schon um der deutschen Produktion" zu nügen, von Roggenbrot, das angeblich so billig ist, und von deutschem Fisch und Kartoffeln und Hülsenfrüchten! Gemüse, Obst, Fleisch, Butter und Fett, das für Millionen unerschwinglich ist, gehört auch nicht im fleinsten Ausmaß auf seinen Speise­zettel! Die Arbeiterfrau, die nicht weiß, wie fie die hungrigen Mäuler ihrer Kinder stopfen kann, foll zu einer Kämpferin im deutschen Binnens markt" merden...

Wir glauben, daß die Institution des Reichs­gesundheitsamtes zu wichtig ist, als daß einzelne Beamte sie zu derartig unsinnigem Gewäsch miß­brauchen dürfen! Welcher Unfinn, dem hungrigen Proletariat den Genuß von Zucker anzuempfehlen,

mo ihm die wichtigsten Nahrungsmittel fehlen! Welche Frivolität, den Genuß von Brot, Kartoffeln und Hülsenfrüchten anzupreisen, wo doch der größte Teil des Proletariats von diesen primitiven Lebensmitteln schon jetzt sein Dasein fristet und notgedrungen auf die Hauptnahrungsmittel ver­zichtet! Welch enger Horizont, der die Volks­ernährung vom Standpunkt der Produzenten be= urteilt! Der Geschmack des Proletariats ist infolge seiner Not schon einfach" bis zum Minimum. Doch Herr Dornedden empfiehlt den Geschmac umzubilden ,, im Sinne einfacher deutscher

Art! Dieses nationalsozialistische Phrasengeklimper eines Reichsgesundheitsbeamten muß auf das hungernde Proletariat geradezu aufreizend wirken! Herr Präsident Hamel, der sich seinerzeit die Erklärungen des ihm untergeordneten Beamten Dr. Dornedden im Deutschen Verein für öffent­liche Gesundheitspflege" ruhig anhörte, sei gefragt: Was sind das eigentlich für Forderungen, die das Reichsgesundheitsamt nach den Presse­mitteilungen seines Beamten der Wilhelmstraße" vorgelegt hat? Nach den Kostproben" des Herrn Dr. Dornedden scheinen es sehr gefährliche und der

Eine Zeitung deutet an, diese Argumente, insbe= sondere das des Zuckers ,,, hätten in der Wil= helmstraße start gewirkt und über= zeugt". Hat sich das Reichsgesundheitsamt end­gültig entschlossen, Propagandazentrale für Kontingentmaßnahmen zu werden? Das würde die Personen und Vereinigungen, die im Gesundheitswesen tätig sind, zwingen, ihre Haltung gegenüber dem Reichsgesundheitsamt einer gründlichen Revision zu unterziehen! Jeden­falls hat die Deffentlichkeit und namentlich das von der Gesundheits- und Ernährungskrise be= troffene Volk das Recht, die Forderungen und Argumente fennen zu lernen, mit denen das Reichsgesundheitsamt an die Reichsregierung her­angetreten sein soll! Hier gibt es teine Geheim­diplomatie. Wir warten auf Antwort, Herr Präsident Hamel!

Erziehung zum Frieden?

Grenzen und Möglichkeiten Von Nelly Wolffheim  

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Können, sollen wir das Kleinkind bereits im Sinne der Friedensliebe beeinflussen? Vor allem sei der Standpunkt vertreten, daß keinerlei politische Tendenzen uns veranlassen dürfen, das Spiel des Kindes zu beherrschen. Ein modern eingestellter Erzieher, dessen Streben es ist, die Kinder werden zu lassen und sie mög­lichst wenig durch pädagogische Einmischung zu stören, sollte auch in Hinblick auf das Soldaten­spiel das der Friedensfreund von sich aus ablehnt und niemals anregen wird- von diesem Prinzip nicht abgehen. Kinder be= dürfen der Symbolgestalten, an die sie ihre Wünsche heften fönnen, und wo es gilt, die Kraft und Wildheit im Spiel zu verherrlichen, sind Kampfspiele das gegebene Mittel. Kinder haben auch den Trieb in sich, feindliche Impulse auszu­leben, den man ihnen nicht beschneiden darf, ohne sie zu gefährden. Wo nicht im Spiel Gelegenheit gegeben ist, Gefühle der Abneigung, gelegentlich aufsteigende Wut, Selbsterhaltungstendenzen, Eigenwilligkeit und Herrschsucht spielend zu

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erleben, fann es leicht in der Wirklichkeit zu unerwünschten Reizbarkeiten kommen, oder was sicher schlimmer ist im seelischen Haushalt des Kindes Unruhe bringen Spiel hat immer feelische Grundlage, niemals darf es von uns als etwas Aeußerliches aufgefaßt werden. Also in diesem Sinne müssen wir, ob wir wollen oder nicht, jedes Kampfspiel, soweit es die Kinder nicht gefährdet, gelten lassen. Da­bei sei jedoch festgestellt, daß die heutigen Kinder, wenigstens so weit meine Erfahrungen reichen, wo sie nicht von außen her dazu angeregt werden, verhältnismäßig selten im Spiel als Soldaten auftreten. Wie sie sich aber auch nennen, welchen Namen sie auch ihren Kampfspielen geben, ob sie sich als wilde Tiere, als Indianer oder als Schupos gebärden, die Grundidee des Spiels: ſt die gleiche: Es stellt ein Ringen und Kämpfen, ein Ueberlisten, Erschrecken und Wehetun dar. Kinder sind eben von Natur durchaus nicht fried­fertig, und wenn wie sie nehmen, wie sie sind, können wir von dieser Seite her nicht an die

Mutter und Kind

Der Wechsel der Generationen

Es ist durchaus in der Hand der Muter gelegen, mie groß oder wie klein der Anteil am Leben ihres erwachsenen Kindes sein wird. Je mehr 3wang, je mehr Beschränkung dem Heranwachsen­den auferlegt wird, desto troziger wird er sich von dieser Bindung zu befreien trachten. Lassen wir aber der Entfaltung seiner gerade in dieser Zeit so stürmisch sich regenden seelischen Kräfte möglichst freien Spielraum, beweisen wir ihm damit unser wirkliches Verhältnis für das, was er braucht, und leiten wir es nur dort, wo er selbst das von uns erwartet, dann wird auch das erwachsene Kind diese verständnisvolle Führung immer und immer wieder suchen und die gesunde seelische Verbunden­heit zwischen Kind und Mutter wird niemals reißen.

Gilt dies schon für erwachsene Kinder, die noch im Hause der Eltern leben, um wieviel mehr noch für Töchter und Söhne, die bereits einen eige= nen Hausstand gegründet haben. Hier müssen sich die Mütter noch viel sorgfältiger davor hüten, eigene Enttäuschungen in das Leben ihrer Kinder hineinzutragen. Zu groß ist sonst die Gefahr, daß die eigenen Fehler, die schließlich jeder macht, in der neuen Ehe sich wiederholen. Lassen wir hin­gegen die Jugend ihre eigenen Erfahrun gen, die wir ihnen doch nie ersparen können, unter eigener Verantwortung machen, beraten wir sie nur, wenn sie selbst es wünschen, dann werden sie viel daran lernen und wir mit ihnen.

Langjährige Erfahrungen einer Erziehungs­beratung hat uns darüber belehrt, daß nur die Mütter so schwer unter dieser Pflicht leiden, die über der Sorge für ihre Kinder die Entwic lung der eigenen Persönlichkeit gänz­lich vernachlässigt und sich gar kein Bereich eigener Interessen bewahrt haben. Das ist ein schwerer Fehler, der sich doppelt rächt, denn erstens ver­lieren sie mit der doch so unbedingt nötigen Los­lösung des erwachsenen Kindes wirklich alles, und nichts bleibt als öde Leere, und zweitens sind sie durch die gewaltsame Absperrung von der allgemeinen geistigen und seelischen Weiterentwick­lung gar nicht fähig, die Entwicklung des Kindes, feine Ziele und Pläne wirklich innerlich mit­zuerleben.

Haben sich hingegen die Frauen ein eigenes Leistungs- und Interessengebiet geschaffen, ganz gleich, ob manueller, tünstlerischer oder geistiger. Art, dann schützt diese Bereicherung ihrer Per­

sönlichkeit sie vor der Leere, welche die doch natur­notwendige Loslösung der Kinder sonst hervorruft. Und zugleich ermöglicht sie den Müttern ihre Ver­bundenheit mit der allgemeinen Entwicklung, die sie dann befähigt, ihren Kindern jene seelische Stütze zu geben, die sie zur Zeit ihrer eigenen Entwicklung so dringend brauchen. Denn auch für den Heranwachsenden ist dieses Loslösen von der Kindheit eine schwere Zeit, und wer das nicht versteht, schmebt in größter Gefahr, sein Kind seelisch zu verlieren.

Darum dürfen Mütter ihr Kind nicht als Schmuck und Trost ihres Lebensabends be= trachten. Wohl haben sie Liebe, Sorgfalt und Mühe an ihre Kinder gewendet, manchmal in der bewußten, meistens in der uneingestandenen Hoffnung auf Rückzahlung im Alter, sie über­sehen aber dabei, daß menschliche Beziehungen keine Rückversicherungen vertragen. Wenngleich es wahr ist, daß alles Geleistete lohnt, für den, der es vollbracht hat, so ist doch fast niemals derjenige der Rückerstatter, für den es geleistet wurde; solches erwarten, hieße unerfüll­bare Forderungen an das Leben stellen. Was wir für unsere Kinder getan, sie werden es wiederum an die ihren weitergeben und unser schönster Lohn wird immer das Bewußtsein bleiben, daß wir sie nach besten Kräften dafür ausgerüstet haben. Und so wollen wir uns an das schöne Wort des deut­schen Balladendichters Börries von Münch= hausen über das Verhältnis von Eltern zu er= wachsenen Kindern halten, der sagt:

,, Den goldenen Ball gibt jeder lächelnd weiter, Doch keiner gibt den goldenen Ball zurück."

Den goldenen Ball der Lebenserfahrung mit weichen und geschickten Händen ihren Kindern zu reichen, dann aber ohne eigene Forderungen, ohne Bitterfeit, mit gütiger Teilnahme mitzuerleben, wie diese ihn weitergeben, ist das große unverlier­bare Vorrecht der Mütter. Gelingt es ihnen, sich selbst zu dieser Fähigkeit emporzuentwickeln, dann. werden sie, in deren Händen die Zukunft liegt, auf solche Art den bisher gewohnten erbitterten Kampf der Generationen seiner Härte berauben. Sie werden ihn zu einem unvermeidlichen, aber har­monischen Wechsel der Generationen umge= stalten, der ihnen ermöglicht, im Aufblühen ihrer Kinder die eigene Jugend nochmals zu erleben. Sofie Lazarsfeld  .

Erziehung zur Friedensliebe herangehen. Troß­dem aber sollten wir den Friedensgedanken in der Kinderstube anbahnen; wir werden dies am besten tun, indem wir bereits das kleine Kind zur Einordnung in die Gemeinschaft hinleiten. Die Familie wird den Ausgangspunkt bilden. Vielleicht muß, wo nur ein Kind mit den Erwachsenen lebt, mehr bewußter Wille hierzu wirksam werden, als dort, wo mehrere Kinder sich gegenseitig abschleifen. Das vier- und fünfjährige Kind fann man bereits in eine erweiterte Gemein­schaft, den Kindergarten, bringen, um ihm die von uns ins Auge gefaßte Gelegenheit zur Ein­ordnung zu bieten. Hier wird das Kind zu einer Respektierung der Wünsche und Bedürfnisse anderer kommen, ganz von selbst, aus dem Zusammenleben heraus. Freilich kann ein frei­williges Sicheinordnen nur dort möglich werden, wo teine Drillerziehung von Anjang an die Freiwilligkeit der Anpassung aushcbt und statt ihrer Auffässigkeit erzeugt. Selbstverständlich wird jedes einzelne Kind je nach seiner Eigenart und der Art seiner bisherigen Erlebnisse und seiner Einstellung zu Eltern und Geschwistern auch zu der neuen Umgebung in Fühlung tom­men. In einem gut geführten Kindergarten aber wird das durchschnitliche Kind wohl immer eine gewisse Anpassung gewinnen. Diese Fähigkeite der Einordnung ohne Aufgabe seiner selbst ist die Grundlage aller Lebensgemeinschaften und fann somit als die Grundlage auch der Friedensidee angesehen werden.

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Daß die Eltern im Kinde feinerlei Gegner­schaften gegen andere Gruppen von Kindern oder Erwachsenen entwickeln dürften, sei im Hinblick auf die heutigen Zeitströmungen besonders betont. Wo solche Vorurteile und Verhebungen groß ge­zogen werden, kann von einer Hinleitung zum Friedensgedanken naturgemäß nicht die Rede sein. Wir müssen, nicht etwa nur in Worten, sondern in unserer Gesamthaltung, die Achtung vor allen Menschen zum Ausdruck bringen, und wo unser Einfluß durch die vorhandene seelische Bindung stark genug ist, wird dies immerhin wenigstens bei jüngeren Kindern- ein Gegenmittel gegen unliebsame Massen­suggestion sein. Seien wir uns aber darüber flar, daß, wo ein Kind dem Einfluß Anders­gerichteter unterlegen ist, durch ein Aufreden unserer Ansicht und durch moralische Vorhaltungen taum etwas erreicht werden kann. Wir wollen auch keinesfalls ein Kind zu unserer, ihm viel­leicht nicht entsprechenden Ansicht zwingen, sollten es auch nicht herbeiführen, daß das Kind sich anders stellt als es ist und denkt. Solch Kind würde im Geheimen weiter hassen, weiter ab­lehnen, selbst wenn es seine Abneigung vor uns, oder noch schlimmer unbewußt auch vor sich selbst verbirgt. Geheimer Haß ist sicherlich schlimmer als offener Haß, und statt der von uns gestrebten Menschen- und Friedensliebe wird sich eines Tages höchste Gegnerschaft gegen engere oder weitere Umwelt zeigen.

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Daß die Art der Familienbeziehung des ein­zelnen bei seiner Stellungnahme zum Krieg und zur sozialen Gemeinschaft mitspricht, sei noch kurz erwähnt. Wo durch seelische Belastungen eine überstarke Angriffsluft und ein Sich- zur- Wehr­jezzen- Wollen herangebildet werden, da wird leicht friegsfreundliche Stimmung im Kinde entstehen; denn Auflehnung gegen das Nächste wird hier auf das Weitere übertragen. Es ist anzunehmen, daß, wo allgemein menschliche und soziale Be= ziehungen sich günstig gestalten, die Kriegsbereit­schaft des Einzelnen durch den Verlauf harmoni­scherer Kindheitsjahre geringer wird. Auch die in der modernen Erziehung zum Ausdruck kommende Hinleitung zur Selbständigkeit kann in diesem Sinne wirken. Selbständigkeit stärkt das Selbst­bewußtsein. Wer die Größe des Anderen nicht zu fürchten braucht, der hat es nicht nötig, ihn zu schmähen und herabzusetzen. Und so werden wir bei der Erziehung zur Friedens liebe die Heranbildung aufrechter Menschen als wesentlich erachten.