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SCHICKSAL MASCHINE

27]

ROMAN VON STEFAN POLLATSCHEK

( Copyright Saturn- Verlag.)

,, Vielleicht ist es mehr als leichtfertig, Crusius, vielleicht ist es sogar unmoralisch und verwerflich, weil ich dich um Geld und Gut bringe, indem ich mich weigere, diese Knoten zu entwirren und auszuharren, bis du eine neue Leitung bestimmt hast. Aber begreifst du denn nicht, daß mich der bloße Gedanke an die Fabrik um den letzten Rest meines Verstandes bringt, daß ich mich lieber töten würde, als noch einmal diese Räume zu betreten, so begreif mich doch, versuch doch mich zu verstehen, und wenn du mich für einen Narren hältst tu's doch immer­hin! aber ich fann nicht anders!"

Weltlin schrie wie im Parorysmus, und Crusius hatte alle Mühe, seinen Freund zu beruhigen: Nun gut, nun gut, Wilhelm! Lassen wir es also ein für allemal. Du hast recht, es tann sich ja nur um Geld handeln."

Wie tief muß die Wandlung dieses Menschen gewesen sein, grübelte er, als er die Stiegen wieder hinabschritt, wie schnell fann der Mensch aus seiner Ordnung, aus feiner Lebensbahn geraten? Wie unsicher ist es doch, dieses wandelnde und mit Berstand begabte Wesen?... Crusius ließ wieder den Wagen vorfahren und ging, die Hände über den Rücken verkreuzt, durch die engen Gaffen. War es denn wirklich verwerflich, mas er tat, wenn er darauf sann, den Menschen Erleichterungen zu schaffen? War fein Tun wirklich so verdammenswert? War es richtig, daß er die Menschen auf Aeußeres lentte, statt sie zu sich selbst zurückzuführen? Aber mas heißt denn das? Kann man denn überhaupt etwas zurückführen, gibt es benn ein Zurüd? Die Maschine ist doch nun einmal hier und ich bin bloß ihr Diener. Bergehe ich mich denn gegen die Natur, wenn ich helfen will, ihre Kraft den Menschen nuz­bar zu machen? Und wenn auch, hat die Natur nicht dem Menschen zu dienen, ist sie nicht für ihn da? Ewiger Widerstreit, ewiger Widerstreit zwischen Menschen meiner Art und solchen, deren einer Weltlin nun ge= worden ist. Aber wer bürgt mir, daß ich nicht morgen selbst aus meiner Bahn ge= worfen, ein Weltlin werde?... Dennoch, solange ich noch ich bin, solange noch mein Verstand mir gehört, tann ich nur denken, mie ich eben denke. Wir können uns der Entwicklung nicht entgegenstemmen, und wenn es auch mein Schicksal ist, an all dem, was ich ersinne, zugrunde zu gehen, ich fann mich nicht dagegen wehren, solange ich noch ich bin... Energisch schritt Crusius voran. Schon weilten seine Gedanken bei der Ar­beit im Laboratorium, er winfte dem Wagen und fuhr, von den kleinen, bloßfüßigen Gaffenbuben begafft, von dannen.

Oben in seinem Zimmer saß Weltlin und ordnete Zeitungsausschnitte in eine große, grüne Aftenmappe.

Die Verbrechen der Zeit. Die grüne, did angeschwollene Aftenmappe unter dem Arm betrat Weltlin das Podium. Der Saal war dichtgefüllt. Ein Blick in den Raum hinab bot ein ungewohntes Bild: Er fah nur Köpfe und Hüte, sonst konnte er nichts wahrnehmen. Seine Stimme tam ihm ganz fremd vor, er lauschte, während er die gut vorbereiteten Säge sprach dieser eigenen und dennoch fremden Stimme, ver­haspelte sich im Sprechen, mußte einen eben angefangenen Saz wiederholen und wäre am liebsten davongelaufen. Sein ganzes Borhaben tam ihm, während er mechanisch weitersprach, lächerlich und unsinnig vor. Warum erzählte er all dies den fremden Menschen? War es ihm wirklich so wichtig, daß all diese Menschen da unten seine Ge danken kennenlernen mußten? War das überhaupt notwendig? Und er wußte mit einem Male, daß das gar nicht seine Absicht war. Was war sie denn? Selbstgefälligkeit? Wirken- wollen? Eitelkeit?... Und er sprach wie eine Maschine weiter.

Abermals wagte er einen Blick hinab; sah er da nicht Crusius? Und war dies nicht Erna, einträchtig neben Sufi fizend? Und dort ja, das war Albert, neben ihm das

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Fräulein Vera Wagner und der Mähnige. Etwas zu nahe saß dieser Geselle neben der jungen Dame; ob man nicht gelegentlich Albert hiervon Mitteilung machen sollte? Ja, und da waren auch einige von den Parteibonzen, die sich zuerst gegen Vortrag und Vortragenden gewehrt hatten, bis Weltlin seinen Willen schließlich doch durch gesezt hatte. Dann aber sah sein Blick die dichtgedrängte Schar der Männer und Frauen, die ihn unablässig ansahen, und er hatte das Gefühl, als verfolgten diese Men­schen dort unten den Flug der Worte aus dem Mund in den Raum. Da spürte er wieder dieses weiche Gefühl in sich für diese rührend stumpfen, abgebrauchten, abge­

quälten Menschen, und er sprach hinfort nur zu ihnen. Er sah nicht mehr Freund, Tochter, Geliebte, Sohn zu dieser Menge sprach er, und seine Stimme scholl an, sie wurde wärmer, beseelter, leidenschaftlicher.

,, Wenn ich also in meinem Gedankengang fortfahre, möchte ich sagen, daß diese Art von Verbrechen nur in unseren Tagen beobachtet werden, daß sie also Verbrechen sind, die aus unserer Zeit erwachsen, durch unsere Ber­hältnisse bedingt sind. Was all diesen Ver­brechen gemeinsam ist, ist der Umstand, daß eine materielle Absicht meist nicht vorhanden ist, daß Zweck und Anlaß nicht flar ersichtlich erscheinen und daß ihre Grausamkeit über alle bisher erlebten Gewalttätigkeiten weit hinausgeht. Ich möchte aus meiner Samm­lung, die Berichte über hundertvierzehn solcher Verbrechen der Zeit enthält, nur einige der markantesten vor Ihnen aus= breiten: Ein zweiundzwanzigjähriger Hilfs arbeiter stiehlt in belebter Straße einer Dame ein Handtäschchen, bis hierher ein alltäglicher Fall. Der Dieb verfolgt die Dame, und als diese ein Haustor betritt, überfällt er fie, prügelt sie, wobei ein Auge der Ueberfalle­nen schwer verlegt wird. Bei der Verhand­lung gibt sich der Richter alle Mühe, die Motive der Tat aufzuhellen, es gelingt nicht.

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Er fragt, ob der Täter einen weiteren Dieb­stahl geplant habe, der Mann verneint; ob etwa ein Sittlichkeitsattentat beabsichtigt ges wesen sei wieder verneint der Täter; end­lich erklärt er, daß er die Tasche wohl aus Not gestohlen habe, den Ueberfall aber habe er nur begangen, weil er auf alle besser an­gezogenen Menschen eine Wut" hätte...

In der Stadt A., einer Industriestadt, die etwa 50 000 Einwohner zählt, ereignete sich das Folgende: Ein Mann verläßt das Bank­gebäude, in der Hand trägt er eine Aften­tasche. Er wird an einer Straßenkreuzung von drei Leuten angehalten, in ein Auto ge= zerrt. Vor der Stadt wird er von den Leuten an einen Baum gebunden und an ihm ein bestialisches Verbrechen begangen, das aus­zusprechen ich mich scheue. Die Behörde fahndet vergebens nach den Unmenschen, die es nicht beim Raub bewenden ließen, sondern diesem geradezu milden Unterfangen jene tierische Grausamkeit folgen ließen. Nähere Nachforschungen ergaben, daß das be­jammernswerte Opfer ein Rechtsanwalt einer benachbarten Ortschaft war, der mit seiner Umgebung in Friede und Eintracht lebte, irgendein persönlicher Racheakt war mit diesem Verbrechen nicht verquickt. ( Fortsetzung folgt.)

Der Mann, dem kein Schloß widersteht

Reportage über einen Schloffer/ Von Arthur Strawn

Bor drei Monaten gelang es den Bergemann­schaften, die im Wrack der an der bretonischen Küste im Jahre 1922 gesunkenen Egypt " arbeiteten, endlich eine gewaltige Stahlplatte des Oberdecks aufzuschneiden und sich in den ehemaligen Schiffskaffenraum Eingang zu bahnen.

Hier, 120 Meter unterhalb des Meeresspiegels des Golfs von Biscaya, harrten ihrer 5 000 000 Dollar in Gold und Silber und 28 000 000 Dollar in indischen Banknoten, die die ,, Egypt " von Eng­land nach Indien bringen sollte, als das Unheil sie im dichten Nebel in die Tiefe sandte. Ein Teil des Schazzes wurde sogleich geborgen. Aber meitaus das Meiste blieb hinter den dicken Stahltüren von vier Safes zurück, die in die Wände des Kassen raums eingebaut waren und nicht an die Ober­fläche gebracht werden konnten. Die Taucher versuchten, eines der Safes mit Azetylenfackeln und Explosivstoffen zu öffnen. Sie hatten Erfolg. mußten aber entdecken, daß die Gewalt der Sprengmittel vier Fünftel des kostbaren Inhalts zerstört hatten. Es war offenbar, daß eine ge­eignetere Methode gefunden werden mußte, um die übrigen drei Safes zu öffnen.

Vertreter des Bergesyndikates eilten nach Berlin und berichteten ihre Schwierigkeiten dem ältesten technischen Sachverständigen für Taucherarbeiten, Benjamin Walters.

,, Es gibt nur einen einzigen Mann auf der ganzen Welt, der die Safes öffnen kann", erklärte Walters.

Und dieser einzige Mann auf der ganzen Welt war Charles Courtney, Präsident der ameri­tanischen Kunstschlosservereinigung, Besizer der größten Kunstschlosserei der Welt, in New York , mit dessen Geschicklichkeit und Geschwindigkeit in Deffnen eines Schlosses oder eines. Safes es fein anderer Mensch, sei es innerhalb, sei es außerhalb eines Gefängnisses, aufnehmen fann.

3weimal mußte Courtney Schlösser so rasch als möglich, ohne daß geeignete Instrumente zur Hand gewesen wären, öffnen. Im Jahre 1918 besuchte er einmal den Besizer einer Brooklyner Schiffs­werft, als ein Feuer ausbrach und bedrohliche Ausmaße annahm. Man erinnerte sich, daß in einer aus Stahl gebauten Hütte große Mengen Sie war zu Explosivstoffe aufbewahrt waren. gesperrt und der Aufseher, der den Schlüssel auf= bewahrte, war ausgegangen. Courtney löste das Problem mit einem Stück Draht. Er öffnete das Schloß rascher, als man die Türe hätte aufbrechen fönnen.

Ein anderes Mal bemerkte er auf seinem Wege zur Werkstätte aus einem der oberen Stockwerke eines Miethauses Feuer dringen. Er machte einen Polizisten aufmerksam, der sofort die Feuer­wehr alarmierte, während Courtney sich zu der Wohnung begab und flingelte. Aber es tam feine Antwort. Der König der Schlosser" stürmte in ein Kaffeehaus, ergriff eine Gabel und einen Löffel und eilte zurüd. In ein paar Sekunden hatte er sich geeignete Werkzeuge hergestellt, indem er den Stiel des Löffels abbrach und die Zinken der Gabel frümmte; und mit diesen öffnete er

das Schloß. Mit Hilfe der Nachbarn trug er eine halberstickte Familie aus der raucherfüllten Woh­nung ins Freie gerade als die Löschtrains der Feuerwehr heranrasten.

Vor meniger als einem Jahr rettete er einen hervorragenden Finanzmann vor dem Ruin. Ein Vorfall, der einer gewissen Komik nicht entbehrt. Die Börse hatte gerade einen besonders flquen Tag, und die Aktienkurse purzelten geradezu in die Tiefe. Der in Florida zur Erholung weilende Finanzmann rief sein New- Yorker Büro an und beauftragte seine Sekretärin, mehrere tausend Aktien, die in seinem Safe aufbewahrt waren, diesem sofort zu entnehmen und noch vor Börsen­schluß zu verkaufen. Dann läutete er ab. Es mar 12 Uhr mittags und die Börse schloß um 3 Uhr. Plötzlich erinnerte sich die Sekretärin, daß der einzige Mensch, der außer dem Finanzmann das Schlüsselwort wußte, nicht in New York war. Sofort ließ fie sich wieder mit Florida verbinden; aber ihr Chef war unauffindbar. In der allge­meinen Aufregung nannte jemand den Namen Courtneys. Er fam in aller Haft und hörte sich die Geschichte an.

Sowohl das Aufbohren des Safes mie auch andere Manipulationen hätten Stunden in An­spruch genommen. Dann wäre es zu spät ge= worden. Aber Courtneys langjährige Erfahrung bei der Lösung ähnlicher Probleme kam ihm zu Hilfe. Zeigen Sie mir den Schreibtisch des Kom­pagnons Ihres Chefs," sagte er. Er war ver­sperrt. Courtney öffnete sofort das Schloß. Und tatsächlich fand man unter den Privatpapieren des Kompagnons das Schlüsselwort. Die Aktien kamen noch rechtzeitig auf die Börse.

Auch das Deffnen eines Safes durch Anwen­dung von Gemalt erfordert größere Geschicklichkeit, als man annehmen würde. Man muß genau missen, wie man bohren muß; wenn man sich auch nur um den Bruchteil eines Zentimeters irrt, kann eine unbehebbare Aussperrung die Folge sein. Manche Safes haben nämlich soge= nannte Dynamit Drüder"; menn gemisse Teile des Safes anbohrt, werden Ver= schlüsse losgelöst, die die Riegel und Schließhalen noch straffer festhalten. Dann gibt es Safes, in deren Wände ,, Gastammern" eingebaut sind. Man braucht sie nur anzubohren und das Gift­gas strömt ins Zimmer.

man

Courtney hatte mancherlei unliebsame Begeg­nungen mit solchen Safes. Aber am knappsten tam er vor einigen Jahren mit dem Leben davon, als er berufen wurde, um ein Safe zu öffnen, das in der vergangenen Nacht ohne Erfolg von Ein­brechern bearbeitet worden war. Sie hatten das

Ein Mühlstein und ein Menschenherz Wird stets herumgetrieben; Wo beides nichts zu reiben hat, Wird beides felbst zerrieben,

Friedr. v. Logau ( 1630).

Safe an mehreren Stellen angebohrt, waren aber offenbar verscheucht worden, bevor sie ihr Ziel erreicht hatten. Courtney wollte gerade dort mit dem Bohrer fortsetzen, wo die Einbrecher auf­gehört hatten, als er ein Blatt Papier auf dem Fußboden liegen sah. Es war eine von den Ein­brechern zurückgelassene Warnung, daß die Bohr­löcher mit Nitroglyzerin gefüllt seien!

Andere Angehörige der Unterwelt, mit denen Courtney in Berührung kam, waren nicht so rücksichtsvoll. Am 31. Dezember 1931 betraten zwei junge Leute in Abendkleidung seine Werk­stätte. Draußen stand ihr Automobil. Zufälliger­weise mar Courtney allein. Ohne Umschweife machten sie ihm einen Vorschlag. Er sollte sie be­gleiten, um ein Safe zu öffnen und mehrere tausend Dollar Belohnung erhalten, menn er Erfolg hätte. Er weigerte sich. Sie versuchten, ihn zu ihrem Auto zu schleppen. Courtney leistete Widerstand. Dann schlugen sie ihn, bis er bewußtlos wurde, und rasten davon. Er mußte fünf Tage das Bett hüten, um sich von seinen Verlegungen zu erholen.

Aber nicht alle Verbrecher wenden so rohe Methoden an.

An Bord des Aeroplans, mit dem Courtney anläßlich seines letzten Aufenthaltes von Berlin nach London flog, machte er die Bekanntschaft eines freundlichen älteren Herrn. Sie tamen ins Gespräch, und der freundliche Herr teilte ihm mit, daß er ein katholischer Priester sei, moran zu zweifeln Courtney feinen Anlaß hatte. Auch Courtney erzählte ihm, welchen Beruf er habe. Da erklärte der Priester, daß er ein Safe befizze, dessel Schlüsselwort nur er wisse, und er wollte mit Courtney um 100 Pfund Sterling wetten, daß dieser nicht imstande sein würde, es zu öffnen. Der König der Schlosser nahm die Wette an.

Als sie in London angekommen waren, begab sich Courtney für ein paar Minuten in sein Hotel und folgte dann dem Fremden, der ihn zu einer Kirche führte. Der Priester suchte in seinen Taschen umher. Nein, so etwas! Jetzt habe ich den Schlüssel vergessen!" rief er aus. Dann wollte er mit Courtney um weitere 25 Pfunde wetten, daß dieser nicht imstande sei, das Schloß zu öffnen.

,, Wie schade!" erwiderte Courtney ,,, aber auch ich habe einige meiner Werkzeuge vergessen. Bitte warten Sie. Ich eile nur in mein Hotel, um sie zu holen."

Aber anstatt in sein Hotel zu eilen, fuhr Court­ney nach Scotland Yard. Als er nach einigen Minuten in Begleitung eines Polizei­inspettors zurückkehrte, war sein geistlicher" Freund verschwunden.

Ich wäre auf diesen Burschen wirklich hinein­gefallen," sagte Courtney, wenn er nicht diese zweite Wette vorgeschlagen hätte. Aber für einen Diener der Kirche schien er mir da doch ein wenig zu wettluftig zu sein!"

alls

Einzig autorisierte Uebersetzung dem Amerikanischen von Leo Rotten.

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