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3ur billigen Gänsequelle

Das seltsamste Versteigerungslokal Berlins

Kein Berliner kann sich augenblicklich über ein mangelndes Angebot an leckerem Federvieh, ins­besondere an Gänsen, beklagen. Nur ist es eine tostspielige Sache, einen von diesen Bratenvögeln zu erstehen, denn für eine gute Gans gehen immer noch bis zu drei Talern drauf. Aber wer durch­aus auf Gänse oder Hasen erpicht ist und zudem recht preiswert dazu kommen will, dem kann ge= holfen werden. Und zwar sorgt ausgerechnet die Deutsche Reichspost dafür, daß allabendlich um 7 Uhr auf dem Paketpost amt in Berlin , Oranienburger Straße 70, folche Dinge versteigert werden.

Es gibt in Deutschland , vornehmlich in den landwirtschaftlichen Produktionszentren, überall Lebensmittelversandgeschäfte, die Butter, Käse, Eier, Gänse, Hühner, Enten, Aepfel, Birnen und mer weiß was sonst alles verschicken. Dazu kommen dann noch von der Wasserkante die Fisch­versandgeschäfte und die Kolonialmarenhändler ( hauptsächlich Kaffee) aus den Hansestädten, jeden­falls find täglich in Deutschland genügend Lebens­mittel unterwegs. Nun ist es aber heute nicht so einfach, mit oft genug völlig unbekannten Kunden Versandgeschäfte zu betreiben. Meist sichern sich die Absender in der Form, daß sie die Ware per Nachnahme schicken. Was wird aber mit der Butter, wenn der Empfänger das Paket plötzlich nicht einlöst? Erst mal ist die Butter bereits einige Tage unterwegs, der Empfänger könnte jetzt die sieben Tage Lagerfrist verlangen und wenn

er dann auch noch nicht die Butter einlöst, dann müßte sie den weiten Weg zurückgehen und die Molkerei könnte sie sich schließlich an den Hut stecken. Denn soviel leuchtet ja immerhin ein: besser ist die Butter von ihrer zweiwöchigen Reise durch halb Deutschland nicht geworden. Deshalb machen diese Lebensmittelversender auf die Paket­farte meist gleich einen Vermerk: ,, Falls Annahme verweigert, sofort zur Versteigerung!" Daher also die Gänse und die Hasen, die man bei der Deut­ schen Reichspost ersteigern fann.

Nun hat diese ganze Versteigerungs­Szenerie in jenem altersschwachen Saal des Paketpost amts etwas Gemütliches. Sonst haben Auktionen immer etwas Peinliches: da stehen diese ungeschlachten Männer, die für wenige Groschen schockweise zerbrochene Existenzen auf­taufen, um sie weiter zu verschachern; hier aber, in der Oranienburger Straße , wünscht ja der Besitzer selbst die Versteigerung. Und eben fommt ein alter Mann mit einem Korb Mohr­rüben aus dem Saal. ,, Was haben Sie dafür gegeben, Herr Nachbar?" ,, Einen Sechser!" Billiger kann man wahrhaftig einen Korb Mohr­rüben nicht bekommen. Eine Frau hat einen Hasen beim Schopfe. Ein feister Bursche, um den sich ein erbitterter Kampf entspann, bald gab der und bald jener einen Groschen zu, bis der Preis glücklich ber 3,80 M. angelangt war. Das Gefecht war etwas zu hizig gewesen, jeder wollte den Hasen gern haben. Gänse sind für etwa

Reichsbanner verurteilt ath wegen Begünstigung zu fünf Jahren

Nazizeugen ,, absolut glaubwürdig!"

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den

Die Straffammer beim Landgericht III verur­teilte wegen des am 28. Juli d. 3. in Nauen von den Nationalsozialisten provozierten Zusam­menstoßes mit den Reichsbannerleuten Reichsbanermånn Besch zu 1 Jahr 6 Mo­naten Gefängnis, die Reichsbannerleute Neumann und Borchardt zu 6 bzw. 4 Monaten Gefängnis, den kommunisten Klopp zu 9 Monaten Gefängnis. Dem Angeklagten Borchardt wurde Bewährungsfrist in Aussicht gestellt.

Das Gericht hat, wie die Urteilsbegründung be­sagte, feinen Anlaß gesehen, an den Aussagen der Nationalsozialisten zu zweifeln; es hat insbeson dere den berüchtigten Zeugen aus dem Boernice­Prozeß, dem SA.- Mann Müller, Glauben ge schenkt, daß die Reichsbannerleute den Zusammen­stoß in Nauen verursacht hätten. Die Urteilsbe gründung hat die Aussagen der unpar teiischen Zeugen, die das direkte Gegen­teil bekundeten, mit einer leichten Handbewegung beiseite geschoben, indem es von ihnen annahm, sie hätten den Beginn des Zusammenstoßes nicht mit angesehen. Die SA- Zeugen haben wieder mal einen Sieg davongetragen und sich auf diese Weise für die Niederlage, die sie bei dem von ihnen provozierten Zusammenstoß erlitten haben, in ihrer Weise gerächt. Das Gericht ist allerdings wesentlich hinter den Strafanträgen des Staats­anwalts zurückgeblieben.

Milde! Milde!

Aber nur für Mörder vom Nazistamm

Das Landgericht I verurteilte gestern in der zweiten Berhandlung gegen die Mörder aus der Hufelandstraße, den SA.- Mann Becker, der in der Silvesternacht 1931 den Reichsbannermann Willi Schneider in der Woh­nung seiner Eltern erschossen hat, zu fünf

Jahren Zuchthaus, den SA.- Mann Po­rath wegen Begünstigung zu fünf Jahren Gefängnis, und sprach den SA.- Mann Hauschke von der Anklage des Totschlags an Graf frei. Der Staatsanwalt hatte entsprechend dem ersten Urteil gegen Becker und Hauschke je 7 Jahre Zuchthaus beantragt.

Das Urteil wird in der Oeffentlichkeit kein Verständnis finden. Die neue Verhandlung

5 Mark zu haben, wobei Festpreise natur­gemäß schwer zu sagen sind: ist nur eine Frau da, die für eine Gans ein Gebot abgibt, bleibt der Preis niedrig, sind jedoch zehn Frauen da, die alle die eine Gans haben wollen, kann sich der Gänsemäster im Oder- oder Netzebruch freuen, wenn er den Versteigerungserlös bekommt.

Neben Lebensmitteln wird allabendlich noch sonstiges Strandgut der Reichspost versteigert. ,, Drei Meter zwanzig Anzugstoff, Gebot bitte!" ruft der Postbeamte, der hinter dem riesigen blech­beschlagenen Ladentisch steht, und: Fünf Mark!" echot es aus dem Raum zurück. Inzwischen kann jeder den Stoff anfassen, er ist nicht gut, er iſt nicht schlecht, und es dauert gar nicht lange, da hört man: Elf Mark zum ersten, zum zweiten, zum.. dritten!" Bums, macht der Mann mit dem Holzhammer und weg ist der Stoff für 11 Mark. ,, Unter Vorbehalt", fügt allerdings der Beamte hinzu; er will erst noch einmal bei dem Absender anfragen, denn 1 Mark für 3,20 Meter Anzugstoff sind ein wenig niedrig. Dann kommen Radioartikel. Strickwolle, Schreibpapier und son­stiger Kleinkram an die Reihe. Selten nur wer­den Marksummen genannt, meist bescheidene Pfennige für 65 Pfennig beispielsweise geht die Wolle weg und schließlich haut der Hammer zum letztenmal auf den Tisch, der Beamte sagt: Schluß der Vorstellung!" und die eben noch kauf­lustigen Männlein und Weiblein trollen sich wieder in den naẞkalten Novemberabend.

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hat gegen den Angeklagten Hauschke keine neuen Entlastungsmomente gebracht. Die Gründe, die das erste Gericht zu seiner Verurteilung geführt hat, wurden auch ausdrücklich vom zweiten Gericht als zu recht bestehend anerkannt. Der Vorsitzende hat sie in seiner Urteilsbegründung aufgezählt! Hauschke stand im Augenblick der Erschießung des Graf auf der Stelle, von wo aus der Schuß abge­feuert wurde; er hat in der Hauptverhandlung

Notruf aus dem Spielzeugland

Weihnachtsausstellung im Gewerkschaftshaus

Im Gewerkschaftshaus, Engelufer, haben Sozial­demokraten aus dem sächsischen Erzgebirge eine reichhaltige bunte Schau allerliebster Holz­spielsachen veranstaltet.

Da ist die Menagerie der winzig kleinen, bunt­lackierten Haustierchen, die auf stecknadeldünnen

Beinchen marschieren, uns Beinchen marschieren, uns aus staubkörnchen­großen Augen anblicken, und deren ganzes Körper­maß nach wenigen Zentimetern rechnet. So puzig sie anzusehen sind, so tieftraurig ist ihr Werde­gang. Eine 60 Kopf starke Liliputherde bringt dem Arbeiter ganze 60 Pf., die er etwa nicht als Verdienst rechnen kann. Von diesem Geld muß er nämlich das ganze Arbeitsmaterial liefern, Farbe, Lack und Leim, davoy muß er den Dreherlohn bezahlen die Tiere werden mit dem sogenannten Reifendreher hergestellt und der Nettoverdienst beträgt dann summa summarum einen einzigen Groschen für das Schock.

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Da sitzt die 76jährige Großmutter und neben ihr der 6jährige Enkel, die tupfen von morgens bis abends und noch bis spät in die Nacht hinein mit dem Fleckt", das ist ein Holz­stückchen, in den Farbtopf und setzen schwarze Pünktchen als Augen, rote als Mund. Da gibt es dann noch den slowakischen Händler, der sein ganzes Hab und Gut, den Holzklog und die Blech­schüssel, über dem Arm trägt. In seinen Ein­

geweiden ist Raum für Räucherterzchen, und wenn man die ansteckt, dann qualmt er den Rauch zu seiner langen Pfeife heraus. Dann gibt es Bergleute und Engel, kunstvoll gedrehte Weih­nachtsbäume, ein ganzes Feuerwehrdepot, Nadel­tiffen und Kerzenständer, Kücheneinrichtungen und das alleinseligmachende Jo Jo, dessen Sieges­lauf aber den armen Erzgebirglern nicht zur Glückssträhne ward. Ihr Wald ist schon allzusehr ausgelaugt, sie konnten die notwendigen Riesen­quanten dieses Modekreisels nicht zur Ausführung bringen, ganz abgesehen davon, daß ihnen das notwendige Betriebskapital zum Holzkauf gefehlt hatte.

Einmal im Jahr ist Spielzeugmarkt, einmal im ganzen Jahr erfährt man von der riesenhaften Not jener Menschen, die hoch droben in den Gebirgsneſtern ſizen, wo fast ein halbes Jahr Winter ist und kaum das Notwendigste ge= deiht. 90 Proz. der Erzgebirgler leben von Unter­stützungen, es gibt keine Arbeit, es gibt kein Brot, und das Wenige, das sie mit ihrer müh­samen Holzbastelei verdienen, auch das ist bald zu Ende. Die Maschine stanzt und feilt und dreht am laufenden Band, die Welt von heute: rasch, billig, Stapelware. Und die 300jährige Tradition der armen Holzschniger wird von ihrer grausamen Melodie totgedröhnt. Helft, gebt, fauft, und wenn es auch nur für ein paar Groschen ist.

über seinen Verbleib unrichtige Angaben gemacht; er hat sich gegenüber seinen Kameraden der Er­Schießung Grafs gerühmt; er war aus Berlin ge­flohen und hat aus Kufstein ein Kasfiber geschickt, das ihn schwer belastete. Das alles, sagte die frei­sprechende Urteilsbegründung, stellen schwere Ver­dachtsmomente vor, reiche aber nicht aus zur vol­len Ueberzeugung von Hauschkes Schuld. Von den Gegengründen ließ der Vorsitzende nichts der= lauten.

Ebenso wenig verständlich ist die Herabſegung der Zuchthausstrafe für Becker. Das Gericht hat selbst erklärt, daß ihm mildernde Umstände nicht zuerkannt werden könnten und daß seine Tat die schärfste Verurteilung verdiene.

Man vergleiche nur:

Der Reichsbannermann Rothe wird für schuldig erachtet, während eines Zusammenstoßes mit Na­tionalsozialisten geschossen, also einen versuch­ten Totschlag verübt zu haben, wohlgemerkt, in der Hitze des Gefechts, er wird zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Der SA.- Mann Becker dringt in die fremde Wohnung und erschießt grund­los, taltblütig vor den Augen der Mutter, einen politischen Gegner. Er bekommt dafür gleichfalls fünf Jahre Zuchthaus.

Sturz aus dem Flugzeug

Selbstmord eines Wiener Kaufmanns

Wien , 26. November.

In der Nähe von Wien hat sich ein sensationeller Selbstmord abgespielt, der in seiner Art auffallend an den Freitod des belgischen Seidenkönigs Loewenstein erinnert. Der erst zwanzigjährige Kurt Schweinebach stürzte sich während des Fluges Wien - Warschau aus dem Flugzeug und blieb tot liegen. Erst bei der Zwischenlandung in Brünn wurde das Fehlen des Passagiers festgestellt.

Als die Maschine sich erst wenige Minuten in Ber Luft befand, verspürte der Pilot plötzlich einen starken Druck im Flugzeug. Da er glaubte, in ein Luftloch geraten zu sein, fing er die Maschine wieder ab und setzte den Flug weiter fort, ohne sich nach seinem Fluggast umzusehen, der der einzige Passagier in der Kabine war. Erst als die Maschine in Brünn eintraf und der Pilot durch Zeichen aufmerksam gemacht wurde, daß die Ka­binentür des Flugzeuges offen stand, übersah er die Kabine und stellte zu seinem Entsetzen fest, daß der Fluggast verschwunden war.

Nach der Landung fand man in der Kabine einen fleinen Handkoffer und einen Mantel. Auf dem Siz lag ein Zettel, aus dem hervorging, daß Schweinebach furz nach dem Aufsteigen der Ma­schine aus einer Höhe von 500 Metern abspringen wollte, um sich das Leben zu nehmen. Die ver­stümmelte Leiche des Unglücklichen wurde auf einem Felde in der Nähe von Groß- Enzersdorf gefunden.

Die Grubenopfer

Drei Verschüttete antworten nicht mehr Hindenburg , 26. November.

Die Aufräumungsarbeiten auf den Delbrück­Schächten nehmen guten Fortgang. Die Bergung des Füllers Woittowiti steht bevor. Er ist noch mit einem Bein eingeklemmt, fann aber schon Nahrung entgegennehmen und sich mit

den Rettungsmannschaften unterhalten. Schwere Verlegungen hat er nicht erlitten. Die Befreiung seines Fußes wird mit größter Borsicht betrieben, damit das Nachrutschen der Schacht­maffen und eine neue Verschüttung verhütet wird. Bon den übrigen drei Eingeschloffe­nen werden keine Lebenszeichen mehr

vernommen.

Den 75. Geburtstag feierte Genosse Theodor Köppe. Seit 1883 gehört er der Partei an. Trotzdem der alte Kämpfer seit einigen Jahren durch einen Unglüdsfall fußleidend ist, fehlt Theodor Köppe bei keiner Parteiveranstaltung.

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