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VIERTE BEILAGE

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Vorwärts

SCHICKSAL MASCHINE

28] ROMAN VON STEFAN POLLATSCHEK

Ein Pärchen wird im Walde von vier Männern angefallen. Der junge Mann wird mit Stricken an einen Baum gebunden, das Mädchen von allen vier Männern verge­waltigt. Bis zu diesem Punkt ein leider typisches Strolchverbrechen. Nun aber wird der junge Mann entfesselt, das bewußtlose Mädchen an den Baum gebunden. Der junge Mann wird buchstäblich gefreuzigt und die vier Männer versuchen sich im Werfen ihrer frisch gemezten Taschenmesser auf den Kör­per des Wehrlosen. Ein Förster überrascht die Szene. 3mei der Uebeltäter entkommen. Alle vier sind ebenso wie die Täter der früher geschilderten Verbrechen Arbeitslose.

Ueber eine belebte Straße wird ein Draht­feil gespannt, mit teuflischer Genauigkeit in einer solchen Höhe, daß der im Auto sizende Mensch getötet werden muß. Das Drahtseil trennt im Bruchteil einer Sekunde die Köpfe zweier Menschen von ihren Kör­pern

Werden Sie nicht undeguldig und hören

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Sie weiter zu: Großes Winterfest der Jugend in H. Der zugefrorene Teich ist der Mittel­punkt des Festes, an dem sich wohlge­merkt! auch die proletarische Jugend be= teiligt. Die gewissenhafte Stadtverwaltung läßt den Play etwa zwei Stunden vor dem Beginn des sportlichen Kampfes genau fon­trollieren, die Tragfähigkeit des Eises wird einwandfrei festgestellt. Während des Wett­laufens stürzen zwei Knaben und ein Mäd­chen in ein mit Gewalt aus dem festen Eis gebrochenes Loch, alle drei ertrinken, ehe Hilfe zur Stelle ist, vor den Augen einiger tausend Zuseher, Vätern und Müttern. Irr­tum der Sachverständigen? Ein Bubenstück unreifer Menschen? Die Tat eines Wahn­sinnigen? Oder am Ende gar nur ein böses Spiel der Natur? Leider nein, leider nein! Die Gendarmerie untersucht lange und gründlich, die Aufhellung des Verbrechens erscheint unmöglich, aber das Unmögliche ge­lingt dennoch: Zwei arbeitslose Menschen werden verhaftet und gestehen die Tat, die sie sich nicht erklären können. Die Zeitungen schreiben fünf Tage und dann herrscht großes Schweigen.

In P. ereignet sich etwa zur gleichen Zeit das Folgende: Ein promenierendes Paar wird von einem Mann um Feuer gebeten. In dem Augenblick, da er sich anschickt, dem Ersuchen Folge zu leisten, wird die Frau von zwei jungen Burschen zur Erde geworfen, ihres Schmuckes beraubt( es stellte sich aller­dings später heraus, daß es wertloser Tand mar), der zu Hilfe eilende Begleiter wird schwer mißhandelt.

Rann ein oberflächlicher Beurteiler bei diesem noch von einem Raubanfall aus Eigennuz sprechen, so ist dies bei dem Ver­brechen, deffen Schauplay die Stadt H. war, nicht mehr möglich. Hier schoß ein Mann auf der Straße zwei ihm gänzlich fremde Menschen nieder. Ach, wie gern hätte man an die Tat eines Geistestranten geglaubt! Aber der Täter war ein Arbeiter ohne Ar­beit, gut beleumundet und gefunden Geistes. Seine Motivierung war ganz simpel: Er wollte seiner Not, seinem Leben ein Ende sezzen und durch seine Tat die Aufmerksam­keit der Welt auf die Lage der notleidenden Menschen lenten. Dies gelang ihm, er hatte die Aufmerksamkeit für die Dauer zweier Morgen- und dreier Abendblätter

unter

Laffen Sie mich schweigen von den vielen Morden und Selbstmorden aus Not. Sie ge­hören nicht zu meinem Thema, obwohl auch hierüber viel zu sagen wäre und die unglück­liche Mutter, die den Kinderwagen mit ihren drei Kindern die einherjausende Straßenbahn schleuderte, sich nachstürzend, damit das alles, Hunger, Not und Elend ein Ende nehme, wird nicht sobald vergessen merden. Aber all dies gehört, wie gesagt, nicht zu den Berbrechen der Zeit, Verbrechen, die für unsere Zeit typisch sind. Nur auf eine Rette ziemlich gleichartiger Berbrechen will ich noch hinweisen, auf die noch immer gänzlich unaufgeklärten Eisenbahnverbrechen. Auch von diesen will ich nur eines hervor heben, das Berbrechen von T- B. wie viele es waren, weiß Menschen­man nicht legten unter schwierigsten Ber­hältnissen und unter Zuhilfenahme großer technischer Kenntnisse Sprengförper, die zum Teil in den Eisenbahnschienen, zum Teil an der Bahnböschung eingebaut waren.

Der

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Schnellzug rast heran, drei Waggons wer­den buchstäblich in der Luft zerrissen, zwei Waggons stürzen über die Brücke in den Strom. Dreiundzwanzig Menschen büßen ihr Leben ein, Männer, Frauen, Kinder, Greise. Ungezählte Menschen wimmern, schreien, weinen es dauert Stunden, bis ihnen Hilfe gebracht werden kann. Einen Mo­ment lang horcht die Welt auf, denn ganz ähnliche Verbrechen gab es furze Zeit vor­her in Skandinavien , Deutschland und Jugo­flamien. Man glaubt, daß nur eine Organi sation von Verbrechern für die Tat verant­wortlich ist, denft an eine radikale politische Organisation, verhaftet jede Stunde den einzig- richtigen Täter, um dann einzuge=

Alice

Ekert- Rothholz:

stehen, daß man den wirklichen nicht fassen fann. Nur einen Moment lang dauert das Aufhorchen der Welt an, im nächsten ist alles vergessen Wahlen, Sturz der Währun= gen, Ministerbesuche in fremden Ländern, interessante Fußballkämpfe( Rapid siegt gegen Sparta 4: 3), die Vorbereitung einer Operettenneuheit, die sechsundachtzigste end­gültige Erfindung gegen das Altern nehmen das Interesse für sich in Anspruch, aus den Toten wird ein Akt und die Polizei fahndet nach den Tätern, nicht mehr fieberhaft wie in den ersten Tagen, aber immerhin: sie fahndet.

Wäre diese Welt, in der wir leben, nicht so überaus forrumpiert, durch Geld und ma terielle Interessen, sie müßte aufhorchen und sich über diese Verbrechen Gedanken machen.

All den Untaten, über die ich Ihnen be= richtet habe, ist das eine Moment gemein­sam, daß sie fast feine materiellen Beweg­gründe aufweisen. Man greift sich an den Kopf und sucht vergeblich nach einer Erklä rung, was in den Köpfen dieser Täter vor= gehe. Nun, gar so schwer dürfte des Rätsels Lösung vielleicht doch nicht sein. Denken Sie, daß junge, kräftige gesunde Menschen durch Wochen, Monate, Jahre müßig gehen. Von

SONNTAG, 27. NOV. 1932

den Millionen arbeitslosen Menschen unseres Landes sind über hunderttausend, die seit zwei Jahren ohne Beschäftigung sind. Lassen Sie alle Bibel- und Fibelsprüchlein beiseite, denken Sie gar nicht daran, daß Müßiggang aller Lafter Anfang sei, sondern denten Sie, ob es möglich ist, daß all die Kraft dieser jungen, gesunden Menschen brach­liegen kann. Das geht nicht. Sie ist über­schüssig, sie sucht Ventile und muß sich ent­laden. Ja, gibt es denn wirklich noch Menschen, die glauben, daß eine solche Ent­ladung lang aufgespeicherter Kräfte ohne Ge­walt erfolgen fönnte? Solche Gedanken wären Leichtsinn, sie wären verbrecherischer Leichtsinn!

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Der Sturmzeichen gibt es viele in unseren Tagen fein Zweifel, die Welt unserer Väter, die Welt unserer Jugend, unserer Ge­neration geht in Trümmer. Wir leben und sehen nichts, und die Menschen, die helfen fönnten, verschließen ihre Ohren, Hirne und Herzen. Sie haben Augen und sehen nicht, Ohren und hören nicht, Hirne und denken nicht, Herzen und fühlen nicht. Wohlan, die Flut wird kommen und wird sie verschlin­gen, sie und uns, damit Plaz werde für.. wofür, wofür?" ( Fortsetzung folgt.)

Verkäuferin ermordet

Die Strumpfverkäuferin Schmidt schläft einen unruhigen Morgenschlaf. Der Schlaf gegen Mor= gen ist eine fomische Sache: der Schlafende ist schon halb im Geschäft. Er bemüht sich aber, sich jelber einen tiefen, durch nichts getrübten Schlaf vorzuschlafen... Der Schläfer weiß: um 6% Uhr schrillt der Wecker. Das bedeutet: irrsinnig schnelles Aufstehen, angedeutetes Frühstück, Laden­tisch, einen Berg von Strümpfen, drängende Kundinnen, Geschrei, ein bedrohlich lächelnder Abteilungsleiter... furz: das Erwerbsleben.

Fräulein Schmidt könnte jetzt hervorragend schlafen, wenn der Wecker nicht wäre. Der Wecker ift ihr Unglück. Ein Unglück aus Glas, Glas, etwas Der bligendem Rand, dummen Ziffern schrillen Stimme einer Vermietungshere am Ersten. So wenigstens erscheint der Wecker seiner Besizerin Schmidt. Die Hersteller sind anderer Meinung. Sie haben den Wecker Glückliche Morgenstunde mit vielen poetischen Inseraten auf den überfüllten Markt geworfen. Fräulein Schmidt war von der Poesie und dem geradezu geschenkten Preise gefesselt. Jezt steht die ,, Glück­liche Morgenstunde" auf der Kommode und ver= dirbt Fräulein Schmidt jede glückliche Morgen­stunde...

Rrrr... rrr... rrr...

Fräulein Schmidt fährt hoch und lächelt listig. Sie hat gestern abend ihren Quälgeist auf 6 Uhr statt auf 6% Uhr gestellt. Soll er sich jetzt ärgern! Sie Fräulein Schmidt wird be­

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den Wecker ,, Glückliche Morgenstunde"

haglich weiterschlafen, hihi! Einsame Menschen verfallen auf die sonderbarsten Bergnügungen. Seitdem Fräulein Schmidt mit ihrem wenig treuen Freunde ,, schuß" ist, macht es ihr Spaß, den Wecker zu ärgern. Dabei meiß sie: in einer halben Stunde hat der Wecker recht, und sie springt gehorsam aus dem Bett und ins Waren­haus.

Fräulein Schmidt ist sehr, sehr müde. Ihre Müdigkeit ist schwerer als das vertrackteste Kreuz­worträtsel für glückliche Nichtstuer. Sie schläft jofort wieder ein. Gestern war ein heißer Tag in ihrer Abteilung. Alle Frauen Berlins mußten plöglich die annoncierten billigen Strümpfe mit faum sichtbaren Fehlern" haben. Die Welt ver­gaß alle anderen Sensationen: Ministerwechsel, Selbstmorde, neue Filme, Geburtstagsfeiern, Hungerrekorde... Es gab nur: Strümpfe mit tleinen Fehlern."

Selbstverständlich durfte nicht der kleinste Fehler an den Strümpfen mit kleinen Fehlern sein! Dafür gab es ja in Berlin ein Fräulein Schmidt, um die fehlerlosen Paare hervorzulocken, wenn nicht gar hervorzuzaubern. Eine ekelhafte Be= schäftigung. Fräulein Schmidt schüttelt sich im Traum vor Widerwillen. Ist sie eine Varieté­nummer? Sie haßt Zauberkunststücke hinterm Ladentisch nachmittags vier Uhr! So etwas ge= hört auf die Bühne. Und am späten Abend, wohlgemerkt!

Mein Gott, was ist denn nun mit Fräulein

Grigory Ofcheroff: Die Eule

Es sind die heißesten Tage in Positano : der Strand bebt und dampft von den herabprasselnden Feuersalven, das Meer liegt meich und glatt und un­hörbar von Flam­mengarben durch­stoßen im flim­mernden Raum, der ganze Himmel­glüht, und das bißchen Kobalt, das noch übrig blieb Ichmilzt langsam ab. Ich liege und lausche in das stumme Brodeln um mich drehe mich langsam, unter der Last des heißen Lichts, auf den Rücken und schaue in die Höhe. Im weiten Kreis stehen die Berge, hohe Ufer mit übergeneigten Bäumen und ich dunke mich ein minziger Fisch, liegend auf dem Grunde eines tiefen Sees. Klar und durchsichtig ist deffen Wasser, ist kaum von seidigen Bogen durchzogen; und ich bin wunschlos, ich bin ja ein kleiner Fisch, ich blice neugierig zur Ober­fläche hinauf, ob dort sich etwas zeigen wird Stunden um Stunden, Ewigkeiten...

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Plötzlich schrille Schreie, Gequiet, Kinderlachen. Am Strande stehen Mädel und Buben um etwas Hüpfendes herum.

Ich gehe hin und sehe eine junge Eule mit aufgerissenem Schnabel, mit vom grellen Licht geblendeten Augen, mit herabhängenden Flügeln immer wieder in den kurzen Schatten der Kinder taumeln, um sich zu verstecken. Umsonst: mit Steinchen und Fußtritten immer wieder zurück, immer wieder hinein in den blendenden Kreis. Als ich den Kindern den gemarterten Vogel weg­nehmen will, paden sie ihn und laufen fort und rufen: Zwanzig Lire für den Vogel, Herr, nur zwanzig Lire."

Ich lege mich wieder in die Sonne, ich vergesse die Eule ganz und die Kinder kommen wieder

und verlangen einen Lire Ich zahle; nehme den halbtoten Bogel in meinen Hut; trage ihn auf mein Zimmer; bette ihn in eine dunkle Schublade. Die Eule liegt mit halbgeschlossenen Augen; sperrt von Zeit zu Zeit ihren großen Schnabel auf, meit und stumm. Etwas Bosser, das ich ihr mit einer Pipette einsprize, nimmt sie nicht auf. Phosphorn, haßvoll starrt ihr dunkles Auge mich an; ein Zittern zudt kurz durch ihren Körper. Sie bäumt sich knapp auf fällt; ihr harter Schnabel schlägt leise auf. Rach leztem orange­gelben Aufleuchten erlischt ihr Auge..

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Lange stehe ich über die Schublade gebeugt. Ich fühle das Licht von vorhin in mir erlöschen... Biel später trage ich die Eule in den Garten und begrabe sie.

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Tintenzwerg schreibt wie Blei aber mit Tinte

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Schmidt los? Sie wälzt sich ruhelos in ihrem friedlichen Bett hin und her. Nicht ohne Grund, werter Leser! Sämtliche Strümpfe haben plötz lich Riesenlöcher, und Fräulein Schmidts Verkauf ist ein Riesenfehler! Fräulein Schmidts Traum offenbart geradezu eine Lubitsch- Regie. Endlose Prozession reflamierender Sie Kundinnen. schwenken Löcher mit Strümpfen... Der Ab= teilungsleiter( ein Angsttraum für sich!) schnauzt: Fräulein Schmidt, menn Sie solche Strümpfe verkaufen, fliegen Sie in die Stempelstelle! Wo haben Sie Ihre Augen? Schlafen Sie??"

Fräulein Schmidt schläft und stöhnt. Warum weckt sie der Wecker nicht auf? Aus reiner Bos­heit wartet er bis 6% Uhr.

Jezt zeigt die Uhr auf 6%...

Fräulein Schmidt lächelt plöglich im Traum... Sie hat die Strumpfkatastrophe in Traumabgrund Nr. 198 verbannt und befindet sich nunmehr beim Sonnabendtanz vor vier Wochen. Mit ihrem wenig treuen Freunde. Sie tanzen nach der

Von Leiden

befreit

Jch litt seit 5 Jahren an rheumatischen Schmerzen in den Beinen und Armen. Durch den Gebrauch Ihres Knoblauchsaftes bin ich von meinem Leiden fast befreit. Schon nach der ersten Flasche verspürte ich Linde­rung. Früher konnte ich keine 10 Minuten gehen, während ich jest eine Stunde ohne Beschwerden laufen kann. Ich werde Ihren Knoblauchsaft weitergebrauchen und auch meinen Bekannten empfehlen. 55671

Jos. Kupczyk Bottrop/ Westf.

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