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sicherungSanstalt Berlin   für die Angehörigen der in der Heil- onstalt Gütergotz untergebrachten Versicherten gezahlt, was die Anstalt aber bei Inkrafttreten der neuen Bestimmung einstellen müßte.) So werden heute Arbeiterwünsche erfüllt. Ferner heben wir von wesentlichen Bestimmungen herauS: Der Begriff eines Beitraasjahres k 47 Beitragswochen fällt ganz fort. Die Wartezeit beträgt für die Invalidenrente 220 Beitragswochen(bisher fünfBcitragsjahre"), für die Altersrente 1200 Beitragswochen(bisher 30Beitragsjahre"). Die Wartezeit für Invalidenrente ist somit um IS, diejenige für Altersrente um 210 Beitragswochen ermäßigt. Bisher gab es zum Zweck der Bemessung der Beiträge vier Lohnklaffen, von jetzt ab fünf, und zwar ist die fünfte für Arbeiter mit mehr als HSV Mark. Jahresverdienst hinzu- gekommen. Die Klaffen sehen nun folgendermaßen aus: Klasse I JahreSverdienst bis 3S0 M. Wochenbeitrag 14 Pf. II.. 350-550... 20.. III IV V 650850 850-1150 mehr als 1150 24 30 36 Die Versicherung in einer höheren Lohn klaffe, als derjenigen, in die der Arbeiter seinem Verdienst nach wirklich gehören würde, ist zulässig, wenn Arbeitgeber und Versicherter darüber einverstanden find. Dabei darf zugleich vereinbart werden, daß der auf den Arbeitgeber entfallende Theil des Beitrages nicht nach der höheren, sondern nach der für den Ver- sicherten maßgebenden Lohnklasse bemessen wird. Selbst- verständlich muß der Unternehmer gegen etwaige ungebührliche Ansprüche des Arbeiters genügend geschützt werden. Daher der Name Arbeiterschntz! Die Quittungskarten der Versicherten mußten bisher von den Versicherungsanstalten gesammelt und aufbewahrt werden. Jetzt ist vorgesehen, daß der Inhalt der Karten in Konten übertragen wird, die Karte» selbst aber vernichtet werden können. Als eine Verbesserung ist anzuerkennen, daß die vierwöchent liche Frist zur Einlegung der Berufung bei den Schieds-. gerichlen und der SHeoisio» beim Reichs-Versicherungsamt auch dann alS gewahrt gilt, wenn die betreffenden Schriftstücke bei anderen Behörden eingegangen sind. Diese Koulauz wird wegen desgeringen Bildungsgrades vieler Versicherten" für nothwendig gehalten. Sehr angenehm wird namentlich den Unternehmern die Ein- führung von Marken für größere Zeiträume sei», sodaß sie seltener zukleben" brauchen. Auch kann den Unternehmern gestattet werden, die Marken zu anderen Terminen, als bei den Lohnzahlungen zu kleben. Ferner kann angeordnet werden, daß die Beiträge über- Haupt nicht von den Unternehmern geklebt, sondern von zu er- richtenden öffentlichen Hebestellen oder für die Ver- sicherten der OrtS-, Jnnungs-, Bau-:r. Krankenkassen durch deren Organe in Baar   eingezogen werde». Die Quittnngs- karten ruhen dann bei diesen Organen und von diese» werden die nöthigen Marken eingeklebt oder die Quittung handschriftlich bewirkt. Das alles wird den Unternehmern sehr viel Arbeit er- sparen und dazu beitragen, sie mit der Arbeiterversicherung aus- zusöhne». Und das ist ja die Hauptsache. Wie sür die Unternehmer gesorgt wird, zeigt sich auch tu folgendem. Die Verfasser deS Gesetzentwurfs glauben, daß die Unternehmer dadurch zu stark belästigt werden, wenn sie darauf achten müssen, daß der Versicherte mit einer Qnitlungskarte versehen ist. Es ist deshalb für die Arbeiter eine Straf- b e st i m m u n g geschassen worden, wonach die Arbeiter durch die Polizei mit Geldstrafe angehalten werden können, sich Qnittungskarten selbst zu verschaffen und zum.Einkleben der Marken vorzulegen. Nach dem bisherigen Gesetz sind die Arbeitgebenb e- r e ch t i g t", bei den Lohnzahlungen den Arbeitern die Hälfte der Beiträge abzuziehen. Die Sache ist jetzt schneidiger gefaßt, in- dem es nun heißt:Die Versicherten sind v e r p f l i ch l e t, bei den Lohnzahlungen die Hälfte der Beiträge sich ciubehalten zu lassen." In der Begründung heißt es hierzu, es sei vielfachvor- zugsweise bei ländlichen Arbeitern das unberechtigte Bestreben hervorgetreten, die vollen Beiträge auf den Arbeitgeber abzuwälzen". Die neue Fassung werde geeignet sein, in Zukunft einer unberechtigten Mehrbelastung der Arbeitgeber tn erheblichem Umfange vorzubeugen." Werden so die Pflichten der Arbeiter verschärst, so werden umgekehrt die Strasbestimmungen gegen die Unternehmer ab- gemildert. Bekanntlich war der Reichstag   einig darüber, daß die Quittungskarte nicht, zur Kennzeichnung und Vcrfehmung des Arbeiters mißbraucht werden solle und es heißt deswegen im bisherigen Gesetz: Wer in QuittungSkarten Eintragungen oder Vermerke macht, welche nach§ 108 unzulässig sind, wird mit Geldstrafe bis zu zweitausend Mark ober mit Gefängniß biS zu 6 Mo- naten bestraft. hatten, nehmen jetzt die Theilnahme für den Wolf in Anspruch! Ach, wenn Du noch lebtest, wie würden jene stolzen Häupter sich jetzt vor Dir beugen, wenn auch Deinem Tode keiner von ihnen damals eine Thräne weihete." Der Tribun machte das Fenster zu und begab sich nach den Zimmern Nina's. Als sie seine Schritte außerhalb hörte, hatte sie sich bereits von ihrem Sitz erhoben und warf sich, als er eintrat, mit funkelnden Augen und tief athmend an seine Brust und flüsterte: Ach wie lange sind wir getrennt gewesen!" Rienzi   erwiderte die Schmeicheleien seines Weibes mit gleicher Zärtlichkeit, und indem er sich über ihr schönes Antlitz beugte, genügte dieser Anblick, um von seiner Stirn den düstern Ausdruck zu vertreiben, der seit kurzem aus ihr vorherrschte. Du bist heute Morgen nicht ausgewesen, Nina?" Nein, die Hitze war zu stark. Aber trotzdem, Cola, fehlte es mir nicht an Gesellschaft, die Hälfte der Damen Roms hat den Palast erfüllt." Ah, das freut mich, aber jener Knabe?" fragte Rienzi  , indem er auf Angelo wies, der sich ängstlich im Kreise der Dienerinnen zu verbergen suchte,ich habe ihn noch nicht gesehen." O, Cola, sprich freundlich mit ihm, ich bitte. Seine Geschichte will ich Dir hernach erzählen. Komm, Angelo, Du siehst Deinen neuen Herrn, den Tribunen Roms." Angelo näherte sich mit ungewöhnlicher Schüchternheit, denn ein Ausdruck der Majestät war Rienzi   jederzeit eigen und natürlich seit seiner Macht noch ernster und strenger geworden, so daß alle, die sich ihm näherten, selbst die Gesandten von Fürsten  , mit einer gewissen unwillkür- lichen Ehrfurcht erfüllt wurden. Der Tribun lächelte, als er den Eindruck bemerkte, den er aus den Knaben hervor- gebracht hatte, und da er Kinder sehr liebte, und umgäng- lich und freundlich mit allen, außer mit den Großen und Mächtigen war, so beeilte er sich, ihm Muth einzuflößen. Er nahm den Knaben zärtlich in die Arme, küßte und be. willkommnete ihn. Möchten wir doch einen so schönen Sohn einst den unserigen nennen!" flüsterte er Nina zu, welche erröthete und sich abwendete. Dein Name, mein kleiner Freund?" Angelo Villani." (Fortsetzung folgt.) Jetzt heißt es dagegen: tz 151. Wer in Quittungskarten Eintragungen oder Ver- merke macht, welche nach Z 108 unzulässig sind, oder wer in Quittungskarten den Vordruck oder die zur Ausfüllung des Vordrucks eingetragenen Warle oder Zahlen verändert, kann von der unteren Verwaltungsbehörde mit Ordnungsstrafe bis zu zehn Mark belegt werden. Nur wenn die Eintragungen zc. in der Absicht gemacht worden sind, den Inhaber der Quittungskarte anderen Arbeit- gebern gegenüber zu kennzeichnen, tritt die obige Geld oder Gefängnißstrafe ein. Eine solche Absicht wird sich aber, zum Trost für die Herren Unternehmer sei es gesagt, nur sehr selten, wohl fast nie nachweisen lassen. Mit diesem Paragraphen wäre der ganze Schutz des Arbeiters gegen den berüchtigten Mißbrauch der Quittungskarte illusorisch gemacht. Der Paragraph ist einfach unannehmbar. Dies einige der wesentlichsten Aenderungen des Gesetzes, soweit sie direkt in die Verhältnisse des versicherten Arbeiters eingreifen. Die Beleuchtung verschiedener anderer Neuerungen des Gesetzentwurfs und einige allgemeine Ausführungen behalten wir uns vor. Wir können jedoch schon jetzt aussprechen, daß dieser Gesetzentwurf im Reichstag von unserer Seite die schärfste Opposition finde» wird. Die Herren Minister v.Bötticher und Bre- feld haben durch diesen Gesetzentwurf ihre Befähigung zu zeit- gemäßer sozialer Gesetzgebung nicht nachgewiesen. polikische Berliit, 5. September. Zur Tagesordnung unseres Parteitages in Gotha  werden Vorschläge auf Abänderungen in der Parteipresse diskutirt. Die Anregung dazu hat besonders ein Artikel gegeben, welchen Genosse iParvus in derSächsischen Arbeiter- Zeitung" verössentlicht hat und worin der Schreiber seine von uns bereits erwähnten Vorschläge auf Besprechung des Achtstundentages:c. wiederholt. So weit wir nun in der Sache unterrichtet sind, dürfte der geschäftsführende Ausschuß der Partei nicht in der Lage sein, den laut gewordenen Wünschen aus eigenem Entschlüsse nachzukommen. Tie bereits sehr reichlich besetzte Tagesordnung unseres nächsten Parteitages enthält entweder nur Punkte, welche auf jedem Parteitag geschäftsordnungsmäßig erledigt werden müssen, oder es sind Punkte, welche auf Grund eines früheren Beschlusses auf die Tagesordnung gesetzt werden mußten. Gerade gegen diese Punkte, Proportional- Wahlrecht und Frauenfrage, richtet sich nun der Widerspruch. Wir lassen die Frage dahingestellt, was wichtiger ist, ein gutes Referat über die Frauenfrage oder Resolutionen über das Koalitionsrecht und den Achtstundentag, Fragen, über die es in der Partei schwerlich differirende Meinungen geben dürfte, aber das wollen wir ooch be- tonen, daß unserer obersten Parteibehörde kein Recht zu- steht, frühere Parteitagsbeschlüsse zu ignoriren, weil mittler- weile der eine oder andere Genosse diesen oder jenen Punkt zu besprechen für wichtiger erachtet. Es sind deshalb Rede- Wendungen wie:Man ignorirt den industriellen Aufschwung, man ignorirt die Streiks tc." sehr wenig augebracht. Die Ge- nossen, welche eine Aenderung der Tagesordnung wünschen, haben die Möglichkeit, dies zu erreichen, indem sie entsprechende Anträge an den Parteitag stellen. Dieser wird ja dann zu entscheiden haben. Aber Vorwürfe gegen die berufenen Partei-Organe zu richten, weil diese nicht alle Wünsche im vorhinein erfüllen können, sondern sich an die ihnen ge- wordenen Aufträge halten, das scheint uns nicht angebracht zu fein. Das richterliche Ermessen. Unser hannoversches Bruderorgan schreibt: Von der Anklage, durch theilweise Wiedergabe eines Gerichts- erkenntnisses einer Majestätsbeleidigung sich schuldig gemacht zu haben, wurde Genosse T h i e l h o r n von der Strafkammer I des Landgerichts Hannover   kostenlos freigesprochen. Begründet wurde die Freisprechung damit, daß Thielhorn nicht die Absicht gehabt habe, zu beleidige», der inkriminirte Passus nurreserirend" gebracht sei. Der Staatsanwalt hatte drei Mo- nate Gefängniß beantragt. Dieser Mittheiluug gegenüber erinnern wir an die Thatsache, daß unser Genosse Dierl(Roland) wegen eines ganz gleichartig gelegenen Falles zu sechs Monaten ver- SonnkÄgsprÄUdevei. Alt-Ostpreußen, Land des steifnackigen BürgerthumS, viel- gerühmte Stätte, auf der in besseren Zeiten die tapfersten Fort- schrittsmannen emporwuchsen, wie muß die Erregung ob der Vorgänge imBörsengarten" in Dir nachhallen! Das war jetzt ein Spektakel innerhalb der Mauern von Königsberg  , jener gute» Stadt, in der jeder redegewandte Freisinnsmann und Bierbank- fiolitiker in gerader Linie von Emanuel Kant  , dem Philo- ophen, abzustammen wähnt. Ein Entrüstungstaumel hatte die brave Bürgerschaft gepackt. Man war rebellisch geworden, man horchte auf die donnernden Anklagen, die von der Rednertribüne herab mit wichtigem Palhos niederhagelten; und manch einen der Hörer mochte es wie eine Rückerinnerung an die Tage durchzuckt haben, in denen alles, was freiheitlich empfand in Deutschland  , nach dem fernen, alten Ostpreußen  blickte. Aber wie die Begeisterung, so ist auch die Entrüstung keine Waare, die sich einpökeln läßt, und ein flüchtiges Rückerinnern an alte, verblichene Kraft wird keine Wiedergeburt, kein Wiedererstarken bedeuten. Das gekränkte Bürgerthum von Königsberg   wird sicherlich keine Simfon- That vollbringen und das säulengestützle Dach nicht niederbreche», auf dem die höhnenden Feinde sitzen. Einer nachgeborenen Tapferkeit gleicht das Losschlagen der Königsberger   Kämpen von heute. Wie mußten sich die Herrschaften vom Börsengartenexklusiv" vor- gekomnien sein, als mitten unter ihnen, ganz als wären sie ihresgleichen, Assessoren, Staatsbeamte, wirkliche aktive Lieutenants und die Blülhe der stolzen akademischen Jugend verkehrten? Bei aller Werthschätzung des Geldes: Der Handelsmann mit dem ge- füllten Goldbeutel war doch ganz wundersam geehrt, wenn die höchste Kaste im Staate sich herablassend zu ihm bemühte. Dadurch erst war sie ja richtig exklusiv geworden, die Gesellschaft vom Börseugarten, streng gesondert vom gemeinen Mann, der die Herrlichkeiten der vornehmen Vereinigung in stiller Ehrfurcht von ferne betrachten durfte. Was wurde mit dem Wortevornehm", einem Lieblingsausdruck unterthäniger, nach oben schielender Bürgerschaft geprunkt! Die vornehmste, die allervornehmste Ge- sellschaft von Königsberg   war im Börsengarten vereinigt, so ging es andächtig von Mund zu Munde. Jahrelang pries man sich glücklich und jedem, der es hören wollte, rief man zu: Ja in Königsberg   ist der Bürgersmann noch was werth. Wie man es treibt, so geht es. In Königsberg   wird der Bürger noch nach seiner Würde geschätzt und auf öffentlicher Promenade darf er neben dem ausgezeichneten Mann in Uniform einhergehen. Und nun der plötzliche rauhe Umschlag wegen einer verweigerten Duellforderung. Welche grausame Ent- »äuschung! Man war bisher wie nachtwandlerisch herum- urtheilt wurde, obwohl auch in seinem Falle die Notiz nur rein reserirend gehalten war und jeder Anhalt dafür fehlte, daß die Absicht vorgelegen habe, die Beleidigung zu wiederholen. Ter ganze Unterschied ist nur der, daß hier in Berlin   die Richter zu einem anderenErmessen" kamen. Es ist also, wie die beiden Fälle zeigen, nicht immer der Thatbestand, sondern es kommt auch auf das richterliche Empfinden an, was nicht etwa über die Höhe des Straf- maßes, sondern über die Strafbarkeit selbst entscheidet. Ter Zar ist nun auf deutschem Boden. In Breslau  wurde er von Soldaten, Soldaten und nochmals Soldaten empfangen, den übrigen Raum in der Einzugsstraße füllten vornehmlich Kriegervereine, uniformirte und nichtuniformirte Polizisten, sowie die aufgebotenen Schulkinder aus. An obligatem Jubel, herzlichem Empfange und was sonst zu einem Fürstenbesuche gehört, fehlte es nicht. Es war dasselbe Schauspiel wie in der vorigen Woche in Wien   und wie es dem Zaren in den kommenden Wochen in Kopen- Hägen, Balmoral   und Paris   geboten werden wird. Diese völlige Gleichheit in den konventionellen Empfängen ist der beste Beweis für die völlige politische Bedeutungs- losigkeit des Zarenbesuchs in Breslau.   Der Bauer in der guten alten Zeit" bildet das Thema einer Reihe von Feuilletonartikeln in derKreuz- Zeitung  ". Der Verfasser, ein Oootor jung Paul Wagencr, erzählt uns, wie wunderbar gut es die Bauern in der guten alten Zeit gehabt haben.In Kleidung die Burschen wahre Stutzer, die Mädchen blühende Kränze", Essen   in Hülle und Fülle, das schönste Schlaraffenleben und das alles ver- dankte derBruder Bauer" natürlich dem Bruder Junker. Und wenn die Bauern heute den Junkern die gute alte Zeit zurückführen hülfen das ist die Moral der Ge- schichte, dann würde es demBruder Bauer" wieder eben so gut gehen, wie in derguten alten Zeit". Gefälscht hat unser vootor juris auch nicht. Er bringt wirkliche Auszüge aus Sebastian Brant's  Narrenschiff" und anderen Schriften des 14. und 15. Jahr- Hunderts. Der vootor juris vergißt blas, daß diese Herr- lichkeit blos da bestand und auch nur vereinzelt wo ein freier Bauernstand war, und daß der freie Bauern- stand von den Vorfahren derKreuz-Zeitungs"-Leute ver- n i ch t e t worden ist. Vielleicht erzählt unS der vootor juris ein andermal, wie im 16. Jahrhundert zur Zeit des großen Bauernkrieges und nach deniselben die Bauern zu Zehntausenden gepfählt, geköpft, geschunden, und in welche entsetzliche Knechtschaft die Ueberlebenden ge- bracht wurden, und zwar von demBruder Junker", der heute so zärtlich thut, weil er von demBruder Bauer" in Ermangelung der abgeschafften Feudalen, p o l i t i s ch e Hand- und Spanndienste verlangt. Hinten in der Türkei   geht es nach wie vor drunter und drüber. Die verschiedenen Nationalitäten, die Jahrhunderte lang friedlich neben einander gelebt halten und unter türkischer Herrschaft eine so vollständige Autonomie besaßen, wie keine Nationalität im zivilisirlen Europa  , sind seit Anfang dieses Jahrhunderts in Gährung gerathen. Die nationalen und religiösen Gegensätze, von denen früher nichts zu verspüren war, spitzen sich mehr und mehr zu. und die Griechen und Armenier, die im Laufe der Jahrhunderte in den Besitz fast allen Reichthums und fast aller Aemter ge» kommen waren, sind auf einmalunterdrückt", wilde Rassen- kämpfe brechen ans und das Blut fließt häufig in Strömen. Und das alles, seit die europäische   Diplomatie sich in die türkischen Angelegenheiten eingemischt hat und in der Türkei  ein Beuteobjekl und den Spielball politischer Jntriguen erblickt. Der Sultan hat wiederholt Reformen bewilligt, allein das Dipomatenspiel dauert fort und jede Reform ist nur die Saat netter Unzufriedenheit. Die Mächte, welche Stücke von der Türkei   losreißen wollen, erregen in den begehrten Landstrecken Aufstände. Wehre» die Türken sich ihrer Haut, so verursachen sieMetzeleien". In Armenien  , auf Kreta  , in Makedonien  hatte niemand etwas von Rebellionen gehört, ehe die europäische und christliche Diplomatie sich einmischte. Jetzt hören die giebellionen nicht auf. Und wie wäre es anders möglich? Der türkischen Regierung sind die Hände gebunden will sie von ihrer Macht Gebrauch machen, so zieht die Diplomatie den Strick an; und geht der Krawall dann lustig weiter, sozeigt die Türkei   ihre Unfähigkeit, geordnete Zustände herzustellen". Das ist die schablonenmäßige Zwickmühle. Betrachte man nur die gegangen. Eines Tages wird jemand au? der höheren Kaste verletzt und plötzlich schließt sich die ganze Kaste wie auf ein Kommandowort eng zusammen und die vornehme Bürgerschaft ist ans ihren Träumereien jäh geweckt. Verlorenes Würde- bewußtsein jedoch macht bitter, selbst wenn dieses Würde- bewußisein in der Einbildung blos bestanden hätte. Daher das Königsberger   Gallenfieber. Heute ist es im hitzig-akuten Stadium. Wer weiß, wie lange es noch dauern wird. Unsere Steifnackigen sind im Grunde so leicht zu versöhne». An eins der Privilegien der höchsten Kaste" wurde gerührt und, was sich mit Nothwendig- keit vollziehen mußte, hat sich vollzogen. Die Kaste hat den Versuch, wider ihre Privilegien sich aufzulehnen, damit gestraft, daß sie von den Leuten sich abwandte, denen sie bisher sich gnädig" bewiesen hatte. Hätten das die Galligen von Königs- berg als Nothwendigkeit eingesehen, sie hätten ihr Würde- bewußtsein nicht von vornherein preisgegeben und wären um die Vertreter der privilegirten Kaste nicht so emsig scharwenzelt. In- dessen stehen sie wiederum vor einer hartgefügte» Sländevereiniguug, als ob sie an den neulichen Prügeln nicht genug hätten, und jammern und ringen die Hände: Sorgt für Reformen, befreit Euch von Euren Vorurtheilen! Sie können lange winseln und schreien. Wenn aber wieder diemaßlose Entrüstung" von heute ver- stummt sein wirtz, und die Schmerzen wegen des verlorenen Würdebewußtseins sich gelegt haben werde», dann hat es die höhere Kaste wieder leicht, die Galligen zu besänftige». Ein gnadenreiches Lächeln und der Groll, der doch zumeist in ver- schmähter Liebe seinen Grund findet, ist erloschen. Die Er» sahrung wird die Herrschaften nicht gewitzt machen und beim nächsten Konflikt werden sie wieder greinen und fragen: Wer löst unS das Räthsel? Wie war das nur möglich nach soviel Nachgiebigkeit von unserer Seite? Und das ist das Tragische an der ganzen Angelegenheit. Eine weich. liche, bröcklig gewordene Gesellschaft verwundert sich, daß sie einer härteren unterthan wird und meint zum Schluß: das müsse nnt räthselhaften Dingen zugehen. Bei den kleineren wie bei den größeren Symptomen deS öffentlichen Lebens ist es ja ähnlich. Welche bange» Räthsel giebt den Entkräfteten die sogenannte Kamarilla jeden neuen Tag zu lösen? Unheimliche Gespenster sieht man hin und her huschen. Angstschlotternd beguckt man jedes junge Tagesereigniß und seufzt: Ach, ach. was hat das nur wiederum zu sagen? Wer löst die schweren Geheimnisse, wer die Räthsel der hohen Welt. Ein zweiter Diplomat, Fürst Lobanow  » ist einem Herzleiden erlegen! Ein einzelner und nicht einmal ein genialischer Mann ist gestorben und eine ganze tief-unter» thänige, an Kamarillen- Herrschaft gewöhnte Welt fragt be- klommen, als nahte der jüngste Tag für Europa  ; Was soll