Krise und Krankenversicherung
Die gefeßlichen Krankenkassen( Orts-, Land-, Betriebs-, Innungs- und knappschaftliche Krankenkassen) haben die Krise bis jetzt besser überstanden als die anderen Versicherungsträger, insbesondere die der Rentenversicherung. Die Ursachen liegen in der verhältnismäßig geschmeidigen Verwaltungsform der Krankenkassen, die schnelle Umstellungen erlaubt, ferner in der Tatsache, daß durch die Notgefeßgebung die Leistungen der Krankenversicherung eher eingeschränkt wurden als bei den anderen Versicherungsträgern, und schließlich darin, daß der Krankenstand bei den Krankenkassen so niedrig ist wie noch nie seit dem Krieg, das Inflationsjahr 1923 ausgenommen. Trotzdem darf nicht übersehen werden, daß auch die Krankenversicherung im ganzen gefährdet erscheint; einzelne Kassen sind schon seit längerer Zeit notleidend.
Das Jahr 1929 zeigte den stärksten Auftrieb der Versicherung. Ein Vergleich mit diesem Jahr veranschaulicht deshalb am besten den jetzigen Abfall.
Sehr stark vermindert hat sich die Zahl der
Kaffen.
Von den 7465 Kassen im Jahre 1929 waren nach den Ausweisen der Reichsanstalt am 30. September 1932 nur noch 6855 vorhanden. Der Rückgang dürfte tatsächlich noch größer sein; denn die Reichsanstalt zählt auch die selbständig berichtenden Unterstellen der Kassen( Sektionen) als Volkskassen. Er dürfte etwa 700 ausmachen. Betroffen wurden von ihm vor allem die Betriebs= trantenfaffen( über 400 weniger) und die ( rund 170 weniger); die Orts- und Landkrankenkassen haben sich dem Krisenstoß gegenüber als weniger empfindlich erwiesen.
Innungsfrankenkassen
Stärker noch als die kassen - sind die Berfichertenzahlen zurückgegangen.
Zählten die gefeßlichen Kassen 1929 rund 20 965 000 Versicherte, so waren es am 30. September 1932 nur noch 16 647 000. Von dem Rückgang sind auch hier verhältnismäßig am stärksten betroffen die Betriebs- und Innungskrankenkassen. Zu berücksichtigen ist dabei, daß die unter stützten Arbeitslosen ohne Rücksicht darauf, welcher Kasse sie vorher angehörten, regelmäßig bei den Orts- und Landkrankenkassen ver= sichert werden. Erst wenn der Arbeitslose der öffentlichen Fürsorge anheimfällt, scheidet er überhaupt aus der Krankenversicherung aus, es
Einnahmen um die Hälfte gesunken
sei denn, er versichert sich auf eigene Kosten weiter. Das geschieht immer noch in größerem Maße, als man angesichts der notorischen Notlage der Erwerbslosen erwarten dürfte. Ob dabei jedoch die Erwerbslosen die Versicherung aus eigenen oder aus Fürsorgemitteln bestreiten, ist eine offene Frage. Jedenfalls ist( jeweils auf den 30. Sep= tember berechnet)
die Zahl der freiwilligen Mitglieder von 2 717 000 in 1929 gestiegen auf 3 372 000 in 1932.
die
Versicherungstechnisch bedeutet übrigens Steigerung der Zahl der freiwilligen Mitglieder feinen Vorteil der Krankenkassen; denn diese Versicherten gehören erfahrungsgemäß ganz überwiegend den unter st en Lohnstufen an, zahlen also nur sehr geringe Beiträge. Trotzdem begrüßen die Kassen die Weiterversicherung als Beweis des Vertrauens, das sie unter den Versicherten genießen, ferner aus dem rein praktischen Grund, daß sie den Weiterversicherten in Obhut behalten und damit schwerere Schäden verhüten können, die von den Kassen wieder ausgeglichen werden müßten, wenn die Erwerbslosen wieder in den Produktionsprozeß eingegliedert werden.
Die Kassen nahmen je Mitglied im Jahre 1929 an Beiträgen 100,39 M. ein. Das entsprach einer Gesamteinnahme für die gesetzlichen Krankenkassen von 2058 507 000 m. Nach der vorläufigen Statistik für 1931 ist die Beitragseinnahme je Mitglied auf 79,75 m. zurüdgegangen. Für 1932 fönnen wir sie an Hand repräsentativer Statistiken auf 65,84 M. schäzen. Voraussichtlich werden also die gesetzlichen Krankenkassen im Jahre 1932 insgesamt 1098 Millionen Mark an Beiträgen einnehmen, d. h.
eine Milliarde weniger als im Jahre 1929. Damit ist die Krankenversicherung zurüdgeworfen auf den Stand von 1924, wo sie 1027 Millionen Mark Beiträge einnahm. Diese Senkung der Beitragseinnahmen um die Hälfte stellt plastisch die Senkung des Einkommens der Lohn- und Gehaltsempfänger, der Kaufkraftschrumpfung dar.
Hierzu kommen noch Einnahmen aus Kapitalanlagen usw. Sie betrugen im Jahre 1929 rund 32,2 Millionen Mart, fallen also gegenüber den Beitragseinnahmen nicht ins Gewicht. Eine Schäzung für 1932 ist nicht möglich; sicher ist nur, daß die Zinserträgnisse schon deshalb zurückgehen
müssen, weil die Kassen im Jahre 1931 zum ersten Male seit der Einführung der gefeßlichen Krankenversicherung mit einem Defizit gearbeitet haben. Einer Gesamteinnahme von 85,22 m. je Versicherten stand eine Gesamtausgabe von 86,10 M. gegenüber. Das Defizit ist durch Rück- griff auf die Reserven gedeckt worden.
Leider wird sich das Mißverhältnis auch im Jahre 1932 nicht ändern. Voraussichtlich wird sich die Gesamtausgabe der Kassen im laufenden Jahre auf 1167 Millionen stellen,
wird also aus den Beitragseinnahmen allein nicht gedeckt werden können.
Neuer Tarifabschluß
Für Graveure und Ziseleure
In äußerst schwierigen Verhandlungen ist es dem Metallarbeiterverband gelungen, den Reichstarifvertrag für das Gra veur- und Ziseleurgewerbe, der vom Deutschen Graveur- und Ziseleurbund vom 30. November gekündigt worden war, wieder a b= zuschließen. Der Reichstarif regelt die allgemeinen Arbeitsbedingungen und in einem Anhang die Entlohnung sämtlicher in diesem Gewerbe beschäftigten Arbeiter.
Die Unternehmer hatten den Neuabschluß des Vertrages von wesentlichen Verschlechterungen abhängig gemacht. Sie forderten vor allem neben einer Kürzung der Urlaubsdauer den Abbau der Urlaubsbezahlung um glatt die Hälfte und die Verschlechterung der Eingruppierungsbestimmungen durch Einführung von zwei neuen Lohngruppen. Außerdem sollten die Tariflöhne um etwa 10 Proz gesenkt werden, was zusammen mit der Verschlechterung der Eingruppierungsbestimmungen für alle Gruppen eine Lohnkürzung um rund 15 Proz. bedeutet hätte. Ueber= stunden sollten in Zukunft nur noch mit einem Zuschlag von 10 Broz. anstatt wie bisher 25 Pro3. bezahlt werden und etwa notwendig werdende Sonn- und Feiertagsarbeit nicht mehr mit 50 Proz., sondern bloß noch mit 20 Proz. Aufschlag.
Der zentralen Tarifkommission der Graveure und Ziseleure war es möglich, die Unternehmer mit ihren Abbauforderungen weit zurückzudrängen. Die von ihr abgeschlossene Vereinbarung
Eine Mehrbelastung der Versicherten durch Beitragserhöhungen oder Leistungsverschlechterungen scheint unerträglich. Unter diesen Umständen wird der Ausgleich zu suchen sein in einer Verringerung der Kosten der Krankenhilfe, die nur durch Preisnach= lässe der Heilberufe und Lieferanten wird erzielt werden können.
Zunächst können sich allerdings die Kassen noch auf ihre Reserven stügen. Das Vermögen der Kassen betrug 1930 rund 925,8 Millionen Mark. Davon waren 435,3 Millionen Mark Rücklagen, von denen jedoch nur 194,4 Millionen Mark Bankguthaben waren. Im übrigen bestanden die Rücklagen in Wertpapieren, Hypotheken, Darlehen und Grundbesiz, sind also nur schwer und unter der Gefahr von Kursverlusten flüssig zu machen. Eine Uebersicht darüber, wieweit die Kassen in die Rücklagen eingegriffen haben, besteht für 1931 und 1932 noch nicht, daß aber erhebliche Eingriffe stattgefunden haben, fann nicht zweifelhaft sein.
sieht vor, daß die Urlaubsbezahlung nicht um die Hälfte gekürzt wird, sondern unverändert bestehen bleibt und nur bei der Urlaubsdauer in allen Gruppen ein Abstrich um einen Urlaubstag erfolgt. Die Eingruppierungsbestimmungen bleiben gleichfalls unver ändert, so daß auch der damit beabsichtigte Lohnabbau wegfällt. Der 25prozentige Ueber= stundenzuschlag wird auch nicht gefürzt, sondern lediglich der Zuschlag für Sonn- und Feiertagsarbeit von 50 auf 40 Proz. ermäßigt. Die bisherigen Tariflöhne bleiben underändert bis zum Jahresschluß bestehen; ab 2. Januor tritt eine Senfung um 6 Proz. ein. Das neue Lohnabkommen ist bis zum 30. April 1933. befristet, der Reichsmanteltarif bis zum 30. November 1933.
Die im Metallarbeiterverband organisierten Berliner Graveure und Ziseleure haben in einer stark besuchten Versammlung die Schwierigkeit, die ihre zentrale Tariffommission zu überwinden hatte, vollauf anerkannt und den Tarifabschluß gebilligt.
In Essen fanden dieser Tage Lohnver handlungen für das Baugewerbe von Rheinland- Westfalen statt, nachdem der Lohntarif von den Unternehmern zum 30. November gefündigt war. Die Unternehmer stellen unerhörte Abbauforderungen, im allgemeinen um 10 Pf. Nur die Elendslöhne der Tiefbauarbeiter von 61 Pf. wollen sie bestehen lassen. Die Gemertschaften haben diese empörenden Vorschläge der Unternehmer scharf zurückgewiesen.
Hierzu 2 Beilagen
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