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Verleumder verurteilt Scheidemann -Beleidigung sechs Monate Gefängnis

Nazi-Gefängnis von Hasselfelde

Iner. 29. November Das Schöffengericht verurteilte am Dienstag den Kaufmann und Nazimann Anton Lamberti? aus Gerolstein wegen B e l e i d i» gung des Reichstogsabgeordneten PH. Scheidt mann zu sechs Monaten Gefängnis. In einer sozialdemokratischen Bersanmrlung hatte Lamberty behauptet. Scheidemann sei am 16. und 17. Mai 1917 in Holland gewesen und habe im Beisein des französischen Botschafters mit dem französischen Spion Leutnant Desgranges ver- handelt, damit kein« Lebensmittel und kein Kupfer mehr nach Deutschland eingeführt würden, um dadurch zum Ende des Krieges und zur Revolution zu kommen. Der Verteidiger des Angeklagten beantragte im Verlauf der Beweis- aufnähme den Oberpräsidenten N o s k e, Reichs- tagsabgeordneten Landsberg und Reichstags- abgeordneten D i t t m a n n als Jeugen zu laden. Sie sollten bekunden, daß die Sozialdemokratie im Kriege mit dem Spionagebüro Desgranges in Holland in Verbindung gestanden habe, und daß dieser Spion, der unter dem Namen Große der Sozialdemokratie angehört habe, mit Scheidemann auch beim Munitionsarbeiter st reit mitgewirkt habe. Das Gericht entsprach diesem Antrag«. Am Dienstag waren die Zeugen und Scheidemann als Nebenkläger erschienen. Scheidemann erklärte bei seiner Ver- nehmung, daß er im Kriege mehrfach Aus- landsreisen unternommen habe, aber immer im Einverständnis mit der damaligen Reichsregie- rung. Reichskanzler Bethmann-Hollweg habe ihn verschiedentlich gebeten, im Sinne des Friedens zu wirken. Desgranges habe er in seinem Leben nie gesehen. Am. Mai 1917 habe er im Reichstag gesprochen und am IS. Mai verschiedene Verhandlungen gehabt. Jedes Work der Behauptungen, er habe gegen die Interessen Deutschlands georbeiket, sei unwahr. Auch eine Propaganda im Sinne der Revolution müsse er entschieden oerneinen. Reichstagsabge-

Mandfchukuo Völkerbundstagung am 6. Dezember Eigener Bericht desVorwärts" Genf , 29. November. Der Völkerbundsrat bat am Montag die Aussprache über den Mandschurei - Bericht der Lytton-Kommission beendet und die Streit- frage zur Beschlußfassung an die außer- ordentliche Vollversammlung des Völkerbundes überwiesen. Japan enthielt sich der Stimm«, well es das gesamte Verfahren auf Grund des Artikels 15 des Völkerbundspaktes für unzulässig erklärt. Außenminister H y m a n»- Belgien hat die außerordentliche Vollversammlung des Völkerbundes, die sich u. a. mit der Lösung des Mandschurei -Konflikts befassen soll, zum 6. Dezember einberufen.

Dollfusi-Reaktion Deutschösterreichs Blend Die Arbeitslosenversicherung und-fürsorge in Deutschösterreich ist bereits so oft durch neue Ge- setze ergänzt worden fast immer von den So- zialdemokraten zur Verlängerung befristeter Hilfsaktionen für Ausgesteuerte durchgesetzt. daß jetzt die 28. Novelle gilt. Auch in ihr haben die Sozialdemokraten nicht verhindern können, daß zu den vielen Tausenden Ausgesteuerter immer neue Elendskandidaten gestoßen werden. Die Rechtsbürgerblockregierung aber hat soeben im Nationalrat erklärt, der Staat habe kein Geld, zu Helsen . Furchtbares Elend, das die Körper ausmergelt und den Geist zermürbt, lastet aus ungezählten Arbeitern und Angestelltena. D.". Was noch an Exportmöglichkeit bestanden hat, ist durch die egoistisch-agrarische Zoll- und Ein- fuhr sperre Politik der Regierung zerstökt worden, noch dazu in einem Lande, dessen land - wirtschaftliche Produktion aus zwingenden Grün- den nicht imstande ist, das Volt zu ernähren. In S t e y r allein, der weltbekannten Industriestadt, hungern 8999 Arbeitslose mit ihren Familien! Die Währung Deutschösllrreichs hat infolge dieserautarkischen" Verhältnisse im Ausland mächtig an Wert verloren, was auch nicht ohne Einfluß auf ihre innere Kaufkraft geblieben ist Teuerung ist die unabweisbare Folge. Zu all der materiellen Not kommt die Erregung der Massen über offene Reaktion und dunkle Pläne einer Regierung, die den monarchistischen Heimwehrführer Fey gleich nach den von Hakenkreuzlern verschuldeten blutigen Er- eign'ssen in Wien -Simmering zum Staatssekretär

ordneter Landsberg bezeugte, er halte für völlig ausgeschlossen, was in der Behauptung des Angeklagten aufgestellt werde. Das Buch Des- granges müsse er als ein Sammelsurium von Lügen bezeichnen. Desgranges habe aber in seinem Buch selbst gar nicht behauptet, was von dem Angeklagten vorgebracht worden sei. Ober- Präsident Roste erklärte, es sei ganz ausge- schloffen, daß Scheidemann im Kriege Reisen zwecks Schaffung von Verbindunoen mit dem feindlichen Ausland gemacht habe. Reichstags- abgeordneter D i t t m a n n bezeugte, daß Anfang 1918 kein Munitionsarbeiterstreik gewesen sei, sondern ein Proteststreik gegen die kaiserliche Regierung und gegen den Gewaltfrieden mit Rußland . Dieser Streik sei nicht von der USP. oder den Mehrheitssozialisten inszeniert worden. Er bestritt, daß es innerhalb der Mehrheitsfozialistijchcn Partei wie der USP. während des Krieges eine Gruppe gegeben habe, die mit dem feindlichen Ausland in Verbindung gestanden hat. Der Staatsanwalt betonte in seiner Anklage- rede, daß der angetretene Wahrheitsbeweis kläglich gescheitert sei. Die von dem Angeklagten aufgestellten Be- hauptungen seien objektiv unwahr. Der Vorwurf eines Landesverrats gegenüber einem Mann, der, wie Scheidemann , in Deutschlands schwerster Stunde auf verantwortlichem Posten ge- standen habe, müsse als unerhört bezeichnet werden. Er beantragte gegen Lamberty 9 Monate Gefängnis und Publikations- befugnis des Urteils in einigen Trierer und Gerolsteiner Zeitungen. In der Urteilsbegründung wird ausgeführt, daß der Wahrheitsbeweis völlig mißlungen sei, daß es dem Angeklagten nur darauf ange- kommen sei, die Gegenpartei verächllich zu machen. Der Angeklagte habe ohne ernsthafte Prüfungen seine Behauptungen aufgestellt.

für Sicherheit gemacht hat. Ganz überraschend fuhr Bundeskanzler Dollfuß mit noch zwei Ministern eines schönen Sonntags nach Buda- pest angeblich zu rein wirtschaftlichen Der- Handlungen. Da jedoch der ungarische Minister- Präsident Gömbös eben erst eine Pilgerfahrt nach Rom, , dem Mekka aller Faschisten, hinter sich hat. wollen die Vermutungen nicht verstummen, daß über eine engere Gemeinschaft Italien- Oesterreich-Ungarn verhandelt wird. Das Volk aber, das seine Zukunft nur in der Verbindung mit der großen deutschen Republik sieht, will in eine derartige Sondergruppierung ebensowenig verstrickt werden wie in jene m o n a r ch i st i- s ch e n Gewebe, die in Ungarn offen von Staats wegen, in Bayern und Deutschösterreich zwar etwas verborgener, aber nicht weniger eifrig, ge- spönnen werden. Einen schäbigen Beweis ihrer Gesinnung haben die Dollsuß-Fey soeben geliefert, indem sie dem bekannten Schriftsteller Egon Erwin Kisch die Grenze nicht überschrellen ließen, als er einen längst angekündigten Reportervortrag in Wien halten sollte. Die Ausweisung des Reichs- bannerkameraden Prinz Löwen st ein wegen «Iniger antifaschistischer Worte ist noch nicht ver- gessen. Aber Hitlers Abgesandte können, ungehindert durch ihre Ausländereigenschaft, gegen die verfassungsmäßige und volksgewollte Demo- kratie hetzen und rüsten! Deutschösterreich zahlt Dollars aus! Wien , 29. November. Die Oesterreichische Nationalbank teilt mit, daß sie die am 1. Dezember fälligen Z i n s s ch e i n e und am 26. Oktober verlosten Schuldverschreibungen der Völkerbunds- anleih e ab 1. Dezember in Dollarnoten einlösen wird. Auch früher fällig gewesene Zinsscheine und verloste Schuldoerschreibungen dieser Anleihe, soweit sie noch nicht zur Ein- lösung gebracht wurden, werden in e f f e k- tioen Dollarnoten ausgezahlt werden.

LiGA.- Vorschlag für Genf Geringe Erfolgsauss'cht Eigener Bericht desVormärls" Paris , 29. November. Wie Pertinax imEcho de Paris" berichtet, Halen Herriot und Norman Davis- Amerika über folgenden Vorschlag zur Behandlung der Gleichberechtigungs- und Abrüstungsfroge beraten: 1. D.-utfchland joll die G l e i ch b e r e ch t i g u n g gewährt werden. 2. Diese Gleichberechtigung soll aber erst nach einer gewissen Zeit in

Ose nstionalsorisIistivLbs /imtgriciitsr I�nicKsveurcis susoendiort, weil er mit dem UntersuciuingsgefangenenFreiherr von Rabeneck'(in Wahrheit: Meizger) Auto­fahrten und Gelage veranstaltete.

Küß mir den Nazibub."(Postkartengruß Metzgers)

Widerstand gegen AGA. Nationalistischer Vorstoß in der französischen Kammer

Eigener Bericht desVorwärts" Paris , 29. November. In der Kammer kam es am Dienstagvormittag anläßlich der Beratung eines Gesetzentwurfs über die Genehmigung von Nachtragskrediten für das Budget 1931/32 zu einer bewegten Debatte über die Schuldenfrage. Der nationalistische Abgeordnete Marin wandte sich gegen die Beratung des Gesetzentwurfs, weil die von der Regierung angegebenen Gründe für die geforderten Kredite unzureichend seien. Der Gesetzentwurf entHalle u. a. eine Forderung von 1� Milliarden zur Ausgleichung der infolge des Hoooer-Moratoriums nicht eingegangenen deutschen Reparationszahlungen. An- gesichts des Fälligkeitstermins für die Schulden- zahlung an Amerika , meinte Marin, dürfe die Kammer diesen Kredit nicht bewilligen, ohne zu dem Schuldenproblem Stellung genommen zu haben Der Redner wies darauf hin, daß seiner- zeit bei der Ratifizierung des Schuldenabkommens mit Amerika «ine Entschließung angenommen worden war, die besagt, daß Frankreich an Amerika nicht mehr zahlen dürfe, als es von Deutschland erhalte. Auf Grund dieser Cnt- schließung müßte die Kammer jetzt klar zum Aus- druck bringen, daß Frankreich infolge des Fort- falls der deutschen Zahlungen nichts an Amerika zu zahlen habe. Der Vorsitzende der Finanzkommission, At a l o y, der Budgetminister Palmade und Unterstaatssekretär Paganon in Vertretung Her- riots baten Marin, auf den Antrag zu verzichten, da eine Debatte über die Schuldenfrage während einer Kreditberatung nichtamPlatze sei. Im übrigen wiesen sie darauf hin, daß Herriot ver- sprachen habe, die Kammer nicht vor eine voll- endete Tatsache zu stellen, sondern ihr noch vor dem 15. Dezember Gelegenhell zu einer Aus- spräche über die Schuldenfrag« zu geben.

Marin bestand aber zunächst auf seinen An- trag und wurde darin von Franklin-Bouil- l o n unterstützt, der sich in seinem gewohnten Hetzton gegen den Poung-Plan und die Lausanner Abkommen aussprach. Auf Grund des Poung- Plans, so erklärte er, habe Frankreich Mainz geräumt und auf Grund dieser Räumung steuere man jetzt einem neuen Krieg entgegen.(Ledhafte Proteste links und in der Mitte.) Wenn die Kammer vor der Lausanner Konferenz dem Mi- Nisterpräsidenten mehr Macht in die Hände gegeben hätte, hätte er dort nicht auf die Reparationen gegen vage Versprechungen Englands und Amerikas verzichtet. Eine Debatte über die Schuldenfrage fei notwendig, bevor die Re- gierung einen Beschluß gefaßt habe. Schließlich machte Malvy dem Abgeordneten Marin den Vorschlag, seinen Antrag auf Ver- Weigerung der Zahlungen an Amerika in Form einer Entschließung einzubringen, über die die Finanzkommission in zwei Tagen Bericht erstallen werde, so daß eine Debatte im Plenum in kurzer Zeit stattfinden könne. Marin erklärt« sich damll einverslanden, worauf der Nachtrags- kredll in Höhe von 2,7 Milliarden Franken ge- nehmigt wurde. Di« Debatte über die Ent- schließung Marin wird wahrscheinlich am Freitag stattfinden. Sondersitzung des englischen Kabinetts London , 29. November. Die Sitzung des britischen Kabinetts, die den Text der Note an die Vereinigten Staaten vor ihrer Absendung erwägen wird, begann am Dienstagabend 9 Uhr. Man nimmt an, daß der Besuch des Premierministers beim König dazu diente, die Lage in der Schuldenfrage darzulegen.

die Tat umgesetzt werden. Inzwischen sollen ge- wisse Sicherheitsgarantien ausgearbeitet und wenn möglich in Kraft gesetzt werden. Aus dem sranzösischen Abrüstungsplan soll vor allem der Vorschlag, die Reichswehr durch ein Volksheer mit kurzfristiger Dienstzeit zu ersehen. durchgeführt werden. Die anderen Kapllel des französischen Planes (Bildung einer internationalen Streit- macht usw.) werden als mehr oder weniger ideologisch betrachtet. 3. Das am 23. Juli von dem Hauptausschuß der Konserenz an- genommene Programm für die qualitative Abrüstung soll sofort durchgeführt werden. 4. Die amerikanische Delegation ist der Meinung, daß eine Verständigung über die vorher erwähnten Punkte zwischen Frankreich . England, den Ver- einigten Staaten und Italien Zustandekommen kann. Auf diese Weise würde Deutschland gezwungen werden, dem Abkommen zuzu- stimmen und Frankreich würde nicht mehr isoliert sein. 5. Ferner ist der Abschluß eines fran- zösisch-italienischen Flottenabkom- mens vorgesehen, das besagt, daß Frankreich nicht alle ihn, zugestandenen Ersatzbauten für die veralteten Schiffe" ausführt, wie das bereits jetzt der Fall ist. Auf dies« Weise wird die Ueber- legenheit der französischen Flotte gegenüber der italienischen etwas geringer. Pertinax fügt hinzu, er zweifle daran, daß Herriot auf diesen Plan eingehen könne. Denn sein Glaube an den Werl der amerikanischen Sicher. heitsgaranlien sei seit dem Tage erschüttert, an dem hoover trotz seines Versprechens vom Jahre 1931 die Unabhängigkeit der Schulden von den Reparationen forderte. Ferner schließe der Plan eine Verringerung

der militärischen Macht Frankreichs gegenüber Deutschlands in sich und sei auch durch das französifch-italienische Flottenab- kommen für Frankreich ungünstig.

Sinowjew lebt Die IVidesnachricht dementiert Die Berliner Vertretung der Telegraphen- agentur der Sowjetunion teilt mit: Die heule ver­breitete Meldung über den Tod Sinowjews erweist sich nach offiziellen Informationen aus Moskau als den Talsachen nicht entsprechend. * Die falsche Todesmeldung stammt vom WTB., das in vertraglicher Verbindung mit der rusiifchen Telegraphenagentur steht und von dem man daher annehmen durfte, daß es nicht leichtfertig russische Nachrichten aus anderen Quellen verbreitet. Infolgedessen haben alle Berliner Abendblätter diese Meldung übernommen und kommentiert.

Der französisch-russische Angrisfspakt wurde am Dienstagnachmillag im Quai d'Orfay von Herriot und dem russischen Botschafter Dow- galewfki unterzeichnet. H«rriot und Dow- galewski hielten kurze Ansprachen, in denen sie der Hoffnung Ausdruck gaben, daß der Pakt zur Herstellung vertrauensvoller Beziehungen zwi- scheu Frankreich und Rußland und zur Befesti- gung des Friedens beitragen werde. Das historische Ereignis wurde getan filmt.