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BEILAGE

Vorwärtsisin

Berechtigungsschein für Arbeitslosigkeit

Wenn heute ein junger Mensch auf der Straße vor Hunger nicht mehr weiter kann und zusammen­bricht, dann regt sich eigentlich niemand mehr sonderlich auf. Als es sich vor einigen Tagen in so einem Falle herausstellte, daß es sich um einen jungen arbeitslosen Akademiker han­delte, schüttelten die Leute mit dem Kopfe. Aber das ist doch gar nicht möglich", sagten sie. Denn es ist heute noch so, daß sich viele Leute nicht vor­stellen können, daß auch Akademifer hungern. Es ist ihnen nicht bekannt, daß sich unter dem Mil­lionenheer der Arbeitslosen eine im Verhältnis zwar geringe, aber ständig steigende Zahl von Menschen befindet, die eine langjährige hochschul­mäßige Ausbildung hinter sich haben und nun trog allerhand ,, Berechtigungs­scheine" vor dem Nichts stehen. Es ist kennzeichnend für die Situation der jungen Stu­denten und Akademiker, daß viele von ihnen der Aussichtslosigkeit ihres Studiums zu entrinnen hoffen, indem sie sich dem Nationalsozialismus in die Arme werfen. Von ihm glauben sie, daß er ihnen die alte bevorrechtigte und gesicherte Stel­lung in der bürgerlichen Gesellschaft wiederherstelle.

Dabei ist der Andrang zu den Hoch­schulen und Universitäten trotz aller schlechten Berufsaussichten für Akademiker unvermin= dert start, ja, die Zahl der Abiturienten, die alljährlich zu den Hochschulen strömen, wächst von Jahr zu Jahr. Ostern nächsten Jahres werden wieder etwa 42 000 junge Leute die Ueberfülle an den Hochschulen vermehren helfen. Die meisten der jungen Menschen werden gar nicht einmal von unwiderstehlichem Drang zur Wissenschaft getrieben, sondern besuchen die Hochschule lediglich, weil alle anderen Berufe ebenfalls versperrt sind und weil sie durch ihr Studium der Untätigkeit und dem Herumhungern entgehen wollen. Auf diese Weise wird aber die Zahl der erwerbslosen Akademiker immer mehr gesteigert, so daß man in drei bis fünf Jahren mit einer Zahl von gut 120 000- wenn nicht mehr erwerbslosen Akademikern rechnen kann. Das würde bedeuten, daß so nahezu jeder dritte Akademiker erwerbslos ist. Es besteht eigentlich auch keine Aussicht, etwa bei einer beginnenden Konjunktur diese Zahl zu verringern, denn man rechnet in Deutschland   mit etwa 350 000 bis 400 000 akademischen Berufs= stellen, eine Zahl, die sich nicht ohne weiteres, er­höhen läßt.

Die Nervosität der jungen Akademiker ist aus diesem Grunde durchaus verständlich. Viele von ihnen haben zwar durch ihre Fam'iie einen Rück­halt, aber eine ganze Anzahl von ihnen hat heute schon die Not am eigenen Leibe kennengelernt.

In verschiedenen deutschen   Großstädten haben sich die jungen Akademiker aus dieser Notlage her= aus zu einer Selbsthilfe zusammengeschlossen. Auch in Berlin   besteht eine Akademische Selbsthilfe", die im ersten Jahre ihrer Tätig­teit bereits in einer ganzen Anzahl von dringen­den Fällen helfen konnte. Ueber tausend Hilfs= bedürftige haben die Fürsorgestelle dieser Organi­sation bereits aufgesucht, und mehrere hundert von ihnen werden fortlaufend betreut. Denn es ist leider nur möglich, in den wirklich dringendsten Fäilen zu helfen. Alle, die irgendwie noch durch ihre Familie unterstützt werden können, müssen zurückgewiesen werden.

Es bleiben genug Fälle übrig, in denen junge Akademiker tatsächlich vor dem Nichts stehen. Zehn, zwölf oder noch mehr Semester haben sie studiert, viele von ihnen schon unter den größten Schwierigkeiten, und nun sind sie am Ende ihrer Kräfte, hoffnungslos und grausam er­nüchtert verzweifeln sie am Leben, da sie oft nicht wissen, ob sie am anderen Tage noch etwas zu

Erhunde

1.

1.

GARBÁ

3.

KÖNIGIN VON SAB

GES GESCHU

Starkes Format

Ueberall: Studentenjugend in Not

essen haben werden. Man versucht ihnen zu helfen, indem man ihnen zuerst einmal einen freien Mittagstisch verschafft und, wenn es mög­lich ist, noch freie Wohnung dazu, damit sie wenigstens vor dem Verhungern geschützt sind und nicht auf der Straße verkommen. Anderen hilft man schon durch eine Beratung und den Hin­weis auf Arbeitsamt oder Wohlfahrtsamt, denn gerade den Weg zum Wohlfahrtsamt finden die jungen Menschen aus einem Gefühl der Scham heraus oft nur sehr schwer.

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Arbeit kann man ihnen natürlich nicht ver­schaffen. Man kann gelegentlich einmal nach= hilfestunden vermitteln oder beim Anknüpfen von Beziehungen helfen aber das ist alles. Manche sind durch die Untätigkeit so verzweifelt, daß sie um Arbeit direkt betteln und wenn sie ehrenamtlich ist, aber nur etwas zu tun haben wollen sie. Doch die Selbsthilfe" lehnt es prin­zipiell ab, auf diese Weise noch in Arbeit befindliche Akademiker brotlos zu machen. Aber bezeichnend ist dieser Wunsch für eine Zeit und eine Gesell­schaft, die Mühe und Kosten darauf verwendet, hochqualifizierte Funktionäre heranzubilden und sie auf der Straße fizzen läßt.

die Menschen, Alte und Junge, und man merkte es ihnen an, sie lechzten nach Entspannung vom trostlos- grauen Alltag.

"

Das Kammertrio des DMV. spielte zum Auftakt die Titus- Ouvertüre und eine Phantasie aus ,, Hoffmanns Erzählungen  ". Dann brachte das Sängerquartett des Deutschen   Freidenker- Ver­bandes Kampf- und Freiheitslieder zum Vortrag. Thiessens Weckruf",., Auf Brüder, auf" von Knöchel und das Aufgebot" mit Orchester des= selben Komponisten. Voll und kräftig flangen Männerstimmen und die Worte hallten wieder in Ohr und Herz der Zuhörer. Marta John rezitierte mit schönem, starken Empfinden Tollers ,, Kampf

mit dem lieben Gott, die Geſchichte jenes kleinen Jungen, der über der menschlichen Ohnmacht gegenüber gottgewollten Schicksalsfügungen zu sammenbricht. In Siegfried von Vegesacks Versen der Not ward ihre Stimme zur gellenden An­flägerin der toten und lebendigen Opfer. Genosse Mehlhose Dom Deutschen   Freidenker- Verband sprach schlichte, tiefempfundene Worte von der Not, die uns vereint zu einer großen, starken Gemeinschaft. Kampf heißt die Parole, denn es heißt, die Daseinsrechte zu erhalten und zu ver= bessern. Die ganze Welt jener Geknechteten, Berdrängten, Unterdrückten hat sich zusamme:= geschlossen und schließt das Band immer fester.

Feierstunde für Erwerbslose So soll auch diese Feierstunde das Bekenntnis

In der Schulaula Peterburger Straße 4 hatte die Arbeiterbildungs= schule, Bezirk Friedrichshain  , eine Feierstunde für Erwerbslose veranstaltet. Dichtgedrängt saßen

der Solidarität aller Gleichgesinnten in guten und in schweren Stunden aufs Neue besiegeln. Eine Reihe weiterer musikalischer, gejanglicher und rezitatorischer Darbietungen beschlossen die schöne, eindrucksstarke Stunde.

Bestechungsskandal aufgedeckt

Eine halbe Million Mark Schmiergelder

Bei der Staatsanwaltschaft schwebt gegenwärtig eine große Untersuchung, die von Staatsanwalt­schaftsrat Seidenfpinner geführt wird. Auf Ber­anlaffung der Staatsanwaltschaft wurden ein Matler Jennewein, der als selbständiger Agent u. a. auch für die Druckerei Preuß in der Dresdener Straße tätig war, und ein Angestellter der Agfa  ", die zum JG.- Konzern gehört, ein gewisser Dünnemann festgenommen. Der Matler 3. wird beschuldigt, an den Angestellten D. Schmiergelder   für Aufträge ge­zahlt zu haben. Die Zahlungen fanden in den Jahren 1925 bis 1931 statt und sind von dem An­gestellten D. auch an andere Personen weiterge­leitet worden. Bei einer Kontrolle durch die JG. wurden die großen Bestechungen jetzt aufgedeckt. Die beiden Beschuldigten wurden festgenommen und dem Untersuchungsrichter vorgeführt, der bereits Haftbefehl erlassen hat.

Der Makler J. pflegte derart seine Geschäfte zu tätigen, daß er großen Druckereien Aufträge überbrachte, für die er entsprechende Pro­visionen bezog, die höchstwahrscheinlich noch ge­teilt wurden. J. arbeitete als selbständiger Agent auch für die Druckerei Preuß, die bis zum Juni dieses Jahres für die Agfa   arbeitete. Von da an unterblieben weitere Geschäftsverbindungen. Es wird vermutet, daß die von dem Agenten J. an den Angestellten der Agfa   D. gezahlten Be­stechungsgelder für Aufträge bereits eine Höhe von einer halben Million Mark erreicht haben. Ob die Angabe dieser Summe zutrifft, muß erst noch die Untersuchung ergeben. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß der Makler J.

unerreichte Qualitäts

Röstliche Frische

zur Zeit in ein Steuerstrafverfahren verwickelt ist. Er dürfte ein Interesse aus diesem Grunde daran haben, die Summe der Bestechungsgelder zu erhöhen, um bei dem Steuerverfahren günstig wegzukommen. Inzwischen hat die Untersuchung ergeben, daß ein weiterer Angestellter der Agfa   feilweise Bestechungsgelder über den Angestellten D. erhalten hat. Dieser Mann ist vor etma Jahren gestorben und war bei der Einkaufsstelle der Agfa   tätig.

Die Firma Preuß aus der Dresdener Straße teilt dazu mit, daß sie mit dem Bestechungsskandal nicht in Verbindung steht. Der Makler J. war als selbständiger Kaufmann auch für diese Druckerei tätig und brachte ihr nur die einzelnen Aufträge, die er erhalten hatte. Wieweit die gegen die beiden Festgenommenen erhobenen Beschuldigungen zutreffen, muß erst noch die weitere Untersuchung ergeben.

3wei schwere Unfälle!

Wer sind die Toten?

In den gestrigen Abendstunden ereigneten sich mehrere tödliche Verkehrsunfälle. Vor dem Hause Berliner Str. 226 in Weißensee wurde eine etwa 60jährige Frau beim Ueberschreiten des Fahrdammes von einem Lieferauto über­fahren. Die Verunglückte wurde mit schweren inneren Verlegungen ins Weißenseer Krankenhaus

Wo man wählt man, Saba

anspruchsvoll ist.

Der Raucher stellt heute mit Recht

an eine 33 Pfg.- Cigarette

die höchsten Ansprüche.

Deshalb bevorzugt der Berliner   ,, Saba ohne".

" Saba ohne" enttäuscht niemals,

weil sie immer gleich gut

und ständig frisch ist.

KÖNIGIN VON

SONNABEND, 3. DEZ. 1932

gebracht, wo sie bald nach ihrer Aufnahme ge= storben ist.

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Der zweite tödliche Unfall trug sich in der Neuen Krug Allee in Brizz zu. Dort wurde ein etwa 28 bis 30 Jahre alter Radfahrer von einem Lastauto erfaßt. Die Räder des schweren Fahrzeuges gingen so unglüd­lich über den Mann hinweg, daß der Tod auf der Stelle eintrat. Die Leiche wurde ins Schau­haus gebracht. Die Kriminalpolizei ist in beiden Fällen bemüht, die Personalien der bisher un= bekannten Toten zu ermitteln.

Bei einem Zusammenstoß an der Ecke Fasanen- und Kantstraße zwischen einer Auto­droschke und einem Lieferauto wurden z mei Personen lebensgefährlich verletzt. Die Berlegten fanden im Achenbachfrankenhaus Auf­nahme.

Nationaler' Berleumder Beleidigung von Dr. Sahm und Wutzki

Vor dem Landgericht II stand gestern der Kaufmann Hermann Penner, einer von der Sorte der nationalen" Verleumder. Dem Gericht stellte er sich als hugenberg Jün

ger vor.

er

Von Hause aus Kaufmann, zeigte er schon von früher Kindheit an, wie er stolz von sich berichtet, eine besondere Vorliebe für's Bauen. In der Inflation erwarb er sich in Berlin   durch Häuser­und Villenverkäufe ein Vermögen von 50 000 Goldmark. Ob er im Jahre 1925, als er am Bahnhof Wigleben ein Grund­stück erwarb, tatsächlich 50 000 Mark besaß, soll erst die Verhandlung ergeben. Jedenfalls grün­dete eine ausgenossenschaft am Bahnhof Wigleben, arbeitete große Baupläne in Höhe von anderthalb Millionen Mark aus, nahm Hypotheken auf bei der Stadtschaft der Provinz Brandenburg   und bei der Stadtgemeinde Berlin  . Die fehlenden Summen sollten durch Mieter­darlehen aufgebracht werden. Die Baupläne wur­den genehmigt. Im Jahre 1926 war der Roh= bau fertig. Es entstanden finanzielle Schwierig­feiten. Penner wandte sich an die Wohnungs­Fürsorge Gesellschaft, deren Aufsichts­ratsvorsitzender Stadtrat Wuzki war, und bat um Mietezinssteuerzuschüsse Das Ersuchen wurde ab­gelehnt. Es kam zur Zwangsversteigerung. In diesem Augenblick beginnt der Kampf Penners gegen den Stadtrat Wuzki.

Oberbürgermeister Böß verwies ihn auf den Weg der Schadenerfaktlage; er wurde in jämt­lichen Instanzen abgewiesen. Im Jahre 1931 Stadtrat setzten die beleidigenden Briefe an Wuzki und Oberbürgermeister Dr. Sahm ein. Er ließ sich zu den tollsten, niederträchtigsten Be­schimpfungen hinreißen, nannte Wuzki einen schuftigen und marristischen Verbrecher, zieh ihn der gewaltsamen Zwangsenteignung mit boliche­mistischen Methoden, durch die er ihn ruiniert und seine Frau unter die Erde gebracht habe, drohte dem Oberbürgermeister Dr. Sahm mit Vergeltung und Rache, warf ihm vor, er decke den marristi­schen Verbrecher Wuzki: seine Verfassungsrede, in der er von der Not des deutschen Volkes ge= sprochen habe, sei eine einzige große Heuchelei gewesen, er würde sein Material der führen= den nationalen Opposition Hugen= berg und Hitler  " übermitteln. Dabei zitierte er die Rede Hugenbergs in Stettin  . Der Ober­präsident und Bürgermeister Dr. Sahm haben wegen der fortgesetzten Beleidigungen gegen den ,, nationalen" Kaufmann Penner die Strafanzeige wegen Amtsbeleidigung gestellt, Stadtrat Wuzki ist als Nebenkläger zugelassen.

Führung durch Spandau   von E. Trinkaus am Sonntag, 4. Dezember. Treffpunkt am Ein­gang zur Zitadelle, 10.15 Uhr, Straßenbahn 64.

6 Stück 20 Pfg.

KONIGIN VON SABA

GES

8.16

Saba

Flugzeugbilder mit Hoheitszeichen

ohne