Rundfunk der Woche
Gayls verhinderte Rundfunkpraxis
Vor einigen Tagen fand im Berliner Haus des Rundfunks eine Konferenz aller deutschen Rundfuntintendanten und direktoren statt. Sie war anscheinend auf Wunsch des Freiherrn von Gayl einberufen worden, der mit dem neuen Reichsrundfunkkommissar Dr. Conrad auch an dieser Tagung teilnahm. Inzwischen ist der Reichsinnenminister von Gay! seiner rechten Hand in Rundfunkfragen in die Versenkung nachgefolgt. Seine Erklärungen auf der Konferenz erhellten noch einmal schlaglichtartig die Katastrophe der letzten Rundfunkmonate.
Die Tagung war nicht öffentlich. Aber für die Worte des Herrn von Gayl und Dr. Conrads fand sich ein Weg ins Freie. Der Protest der Intendanten und Direktoren gegen die ohne die Mitarbeit von Fachleuten aufgestellten Richtlinien sei ihm, so erklärte Herr von Gayl, erst zur Kenntnis gekommen, als die Richtlinien bereits endgültig beschlossen waren. Er habe selbstverständlich angenommen, daß sie vorher mit Fachleuten beraten worden seien. Er hob dann hervor, daß diese Richtlinien keinesfalls wörtlich ausgelegt werden sollten, sondern daß es lediglich darauf ankomme, sie den Absichten der Reichsregierung gemäß zu erfüllen. Ja, Herr von Gayl versicherte sogar, daß diese Richtlinien nicht unabänderlich seien, wenn die Pragis die Notwendigkeit von Aenderungen und Milderungen erweise.
Der Rundfunk Schwanengefang des Reichsinnen ministers fündigte dann auch noch den neuen ,, Reichssender " an, der allmählich in Tätigfeit tritt. Er stellt vorläufig nur ein Provisorium dar, da man sich für seinen Ausbau, wie Herr von Ganl sagte, erst von der Pragis belehren lassen wolle. Vorläufig also bleibt Professor Schubog, der Leiter der Deutschen Welle, als Leiter des Reichssenders. Die Abenddarbietungen dieses Senders sollen vorerst an einigen Abenden der Woche probeweise durch= geführt werden, und zwar im Einvernehmen mit der Berliner Funkstunde und den übrigen Sendern. Für die übrigen Abendveranstaltungen, die von anderen Sendern herangeholt werden, bleibt wie bisher der Intendant Christean verantwortlich.
Soweit der Inhalt von Herrn Gayls Ausfüh= rungen. Sie zeigen, wie restlos sich die Perspektiven des Rundfunkreformators Erich Scholz und seines Herrn deckten. Deutlicher hätte Herr von Gayl es gar nicht darlegen können, daß ihm jede Berechtigung fehlte, irgendwie in die Gestaltung des Rundfunks einzugreifen und eingreifen zu laffen. Seit neun Jahren hat der deutsche Unterhaltungsrundfunk sich stetig entwickelt; seit neun Jahren haben sich hier Fachleute herangebildet, die ihre Erfahrungen sammelten und fie zum Nutzen des Rundfunks verwerteten und bereit hielten. Jezt fiel aus freiherrlichen Höhen ein neugeborener Minister herab, der den Rundfunk als Regierungsgrammophon und geistiges Futter für den Plebs endedte. Forsch befahl er einem gesinnungstüch tigen Untergebenen, den richtigen Zug in die Sache zu bringen. Nun stehen Kartenhäuser, mo einst ein solides Fundament des weiteren Ausbaus harrte; es wurde von den tüchtigen Reformatoren bis auf die Grundmauern eingerissen. Die„ Ver= einheitlichung" des deutschen Rundfunks hat damit geendet, daß Bayern noch unabhängiger als bisher
jeinen Gender regiert. Mit diesem Zugeständnis wurde Bayerns Protest gegen die Scholz- Aktionen abgedrosselt, der anfangs sehr fräftig laut wurde.
Die Richtlinien", auf die Freiherr von Gayl in seiner Ansprache hinwies, sind nur die programmtechnischen. Sie können allerdings nicht ,, befolgt" oder„ ,, eingehalten", sondern wirklich nur ,, ausgelegt" werden, auftragsgemäß", um mit Herrn Beumelburg zu sprechen. Sie sind eine Art Kautschukmasse, die sich formen läßt entsprechend den„ Absichten der Reichsregierung" und ihrer jeweiligen Stügen. Da diese Richtlinien feine eigene Struktur haben, können sie
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merte und entwicklungsfähige Programmgestal=
tung. Damals war der Deutschlandfender wirklid Rundfunk am Abend
Reichssender ; sein Wochenprogramm war ein Querschnitt aus den Leistungen aller deutschen Sender. Er hatte so auch eine wichtige repräsentative Bedeutung. Heute allerdings hat der deutsche Rundfunk nichts mehr zu repräsentieren; wie einst wegen seiner Hochwertigkeit ist er heute megen seiner Ungenießbarkeit im Ausland be= rühmt. Auf jeden Fall aber wird mit einem eigenen Abendprogramm der Reichssender" das nicht sein, was sein Name ausdrückt, sondern eben ein Sender mehr unter vielen. Hoffentlich entwickelt er als solcher wenigstens einigen Ehrgeiz, der dem heutigen Programmstumpffinn etwas zu Leibe geht.
Tes.
auch nicht wesentlich geändert, sondern höchstens Umbau der Wirklichkeit
durch sinnvollere ersetzt werden.
Der kurzfristige Minister, der, wie aus seiner Rede hervorgeht, seine Rundfunkpragis in der Zukunft zu finden gedachte, ist von der Bühne abgetreten; der Freiherren- Rundfunk lebt vorläufig weiter. Es hat auch vorläufig nicht den Anschein, als ob sich hier in nächster Zeit eine merklich geistige Wandlung vollziehen werde. Die meisten Intendanten haben sich den hohen Herren übereifrig untergeordnet und ihnen zu Gefallen bereitmillig jahrelange Programmaufbauarbeit vernichtet. Das peinliche Schauspiel hat wohl bei den meisten Hörern einen nachhaltigeren Eindruck ausgelöst, als es den Sendeleitern auf die Dauer lieb sein dürfte, die heute ihr Programm statt für die Hörer für ihre Vorgesetzten zu fammenstellen.
Nun soll am 1. Januar offiziell der Reichssender starten. Nach der Entwicklung, die in den legten Monaten die Deutsche Welle durchgemacht hat, haben mir feinen Grund, ihm irgendwelche Erwartungen entgegenzubringen. Er wird, wie die Deutsche Welle das jetzt schon restlos tut, die ,, Absichten der Reichsregierung" erfüllen. Das Bildungsprogramm" der Deutschen Welle soll erhalten bleiben, das heißt, die eigentlich charakteristischen Darbietungen, aus denen dieser Sender seine Eristenzberechtigung schöpft; allerdings ist hier auf politischem und kulturpolitischem Gebiet auch bereits ungehemmter Einbruch der Reaktion zu verzeichnen. Daneben soll jetzt ein eigenes gehobenes Unterhaltungsprogramm aufgezogen werden.
Wir haben bereits Abendprogramme von neuen Sendern in Deutschland , die zum größeren Teil nichts oder nicht viel taugen. Der Austausch von Sendungen sorgt dafür, daß an den schlechten Darbietungen möglichst viele Hörer teilnehmen. Die Millionen, die von den Hörern aufgebracht merden, gehen für die Freiherren - Beamten drauf. Wenn jezt dem neuen Reichssender ein jährlicher Etat von einer Million zugebilligt wird, so ist an sich gegen diese wirklich Brogrammzwecken dienende Ausgabe nichts zu sagen. Aber man muß sich doch verdugt fragen, weshalb der neuernannte„ Reichssender " ein eigenes Unterhaltungsprogramm entwickeln soll. Es wäre doch wohl zweckmäßiger gewesen, für Hebung der übrigen Senderprogramme Sorge zu tragen und dann die jeweils wirkungsvollsten und geeignetsten Darbietungen über den Reichssender" zu leiten. Nach diesem Prinzip wurde bisher der Deutschlandsender verwaltet, und er hatte in der vor- freiherrlichen Zeit eine, wenn auch nicht voll befriedigende, so doch beachtens
Ein schmerzensreiches Leiden hat den Lebensatem meines geliebten Mannes, unseres guten Vaters, Schwiegervaters, Großpapas und Onkels, des
Polizeipräsidenten i. R.
Paul Früngel
im 60. Lebensjahr erlöschen lassen.
Dies zeigen in tiefer Trauer an Anna Früngel, geb. Leßmann. und Angehörige.
den 4. Dezember 1932.
Einäscherung: Mittwoch, den 7. Dezember, 12 Uhr, in Berlin , im Krematorium Baumschulenweg , Kiefholzstraße.
Theater, Lichtspiele usw.
Staats
MA
Theater
Montag, den 5. Dezember
Staatsoper Unter den Linden
20 Uhr
Städt. Oper Schiller
Charlottenburg Fraunhofer 0231 Montag, 5. Dez.
20 Uhr
Volksvorstellung Verk. 4. Rg.
Bismarckstr.( Knie) Steinpl.( C1) 6715 84 Zum 54. Male Robert und Bertram
Sizilianische Vesper Rigoletto Sonntag 11. Dez
Staatliches Schauspielhaus
19 Uhr
Faust I. Teil
Berger, Cavara, Reinmar, Zador, Baumann. Gonszar, Dirigent: Landeker
Kurfürstend.- T. Theater
Kurfürstendamm 209 Tel Bism. 1400
VOLKSBUHNE Tag Uhr Glückliche Reise Täglich 8 Uhr von Bertuch und Schwabach
Theater am Bülowplatz Norden 6536.
Das neue Paradies
mit seinen Jazz- Symphonikern Vorverkauf ununterbrochen Musikanten
Töglich Winter 8uhr15 Garten
Die Codonas Die Könige der Luft Die
6 von der Staatsoper
in neuen Tänzen und Kostümen usw.
Flora 3434. Rauchen erl.
Das führende Varieté
5 Uhr CASINO- THEATER 8, Uhr
Lothringer Straße 37.
Sonntags auch nachmittags 4 Uhr Schlager- Posse
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Drei Bücher drei Städte und ein Thema: Der Umbau der Wirklichkeit, hervorgerufen durch den Einbruch zersprengender Gewalten. Ueber die Stadt Anatol( Bernhard Kellermann „ Die Stadt Anatol", bei S. Fischer) kommt die Technik wie ein gefährliches Unwetter, als eines Tages ein Ingenieur Delquellen entdeckt. Die Bohrtürme der großen Deltrusts reißen die kleine Landstadt aus ihrem schläfrigen Dasein. Spekulationssucht und Geldgier. geweckt durch die Aussicht auf mühelosen Gewinn, zerstören die alten Verhältnisse und vernichten die Menschen, die an sie gebunden waren. Ueber Nacht wächst ein neues Anatol mit Hochhäusern, Kinos und Bars. Aber Kellermann skizziert nur die wirtschaftlichen Vorgänge und verletzt das Hauptgewicht auf die Darstellung privaten Schicksals, das Menschen der Stadt als einzelne erleiden.
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Anders der Russe Alexander Peregu dom. In seiner Porzellanstadt" ( Büchergilde Gutenberg), sind die Hauptpersonen die Träger eines allgemeinverbindlichen, follettiven Schicksals. In einfachen Vorgängen schildert Peregudow den Wiederaufbau eines Industriemerkes, das von seinem Besizer beim Ausbruch der Revolution zerstört wurde. Es gelingt ihm, den russischen Menschen, seine Leidensfähigkeit, sein naives Vertrauen zu sich selber, seinen Heroismus zu zeigen. Hier erscheint die Technik nicht mehr als die Hybris der Zerstörung, des Unterganges und der Verwirrung; sie wird vielmehr zur Helferin des Menschen. Der Schauplatz des dritten Buches, Rudolf Daumanns Streif"( ebenfalls bei der Büchergilde Gutenberg erschienen), ist das Waldenburger Elendsland. An einer geschichtlichen Episode aus den sechziger Jahren demonstriert Daumann nicht nur die Veränderung der Wirklichkeit durch den einbrechenden Hochkapitalismus, sondern auch die damit verbundene WandTung im Bewußtsein des Bergarbeiters, die von den ehemals föniglichen Bergmännern immer mehr auf die Stufe des Grubentumpels absinken. Antreibersystem, Willfür der Unternehmer, hinter dem schützend die Polizeigewalt des States steht, treiben sie zur Abwehr, zum Streit, weden in ihnen Klassengefühl und Solidarität. Daumann zeichnet, erinnernd an Zolas Germinal", in eindrucksstarken Szenen, ohne jedoch immer die Gefahren der Schwarzweißtechnik zu vermeiden, die Menschen um Waldenburg. Er macht einen interessanten Abschnitt aus der frühesten prole= tarischen Bewegung sichtbar: den Einbruch der sozialistischen Ideen in die Vorstellungswelt des Arbeiters.
in
Pygmalion
Theater des Westens
Steinpl. 5121 Täglich 8 Uhr
Der Sensationserfolg
Katharina
Theater im
Deutsches Theater Weidend. 5201 Täglich 8 Uhr
Harmonie
Max Reinhardt Max Pallenberg , Karlweis, Etlinger.
Vallentin,
Kaliban.
Montag, den 5. Dezember 1932
Berlin : 16.15 Wir machen eine Treibjagd mit( E. v. Kapherr). 16.30 Orchesterkonzert. 17.30 Gegenwartsfragen der Sozialpolitik( W. Pohl). 17.45 Mit 30 000 gegen Wien ( W. Kohlmey). 18.05 Balladen für Klavier. 18.30 Das neue Buch. 18.40 Dürfen wir Ihnen raten? 18.55 Die Funkstunde teilt mit. 19.00 Stimme zum Tag. 19.10 Unterhaltungsmusik. 19.55 Aus der Philharmonie: Jubiläumskonzert. 21.35 Wir erinnern an: Ferdinand Lassalle ( F. Schinkel). 21.50 Wir vor der Rampe. 22.20 Wetter-, Tages- und Sportnachrichten. Tanzmusik. 24.00 Wiederholung: Waldfrieden( Lustspiel von L. Thoma .) Königswusterhausen : 16.00 Pädagogischer Funk. 17.30 Die Geschichte und der deutsche Mensch der Gegenwart ( Dr. M. Krammer). 18.00 Musizieren mit unsichtbaren Partnern( Dr. H. Just). 18.30 Der Volksgedanke im Wilhelm Tell " 19.00 ( Dr. Freyhan). 18.55 Wetterbericht. Stunde des Landwirts. 19.25 Viertelstunde Funktechnik( Ober- Ing. Nairz). 19.40 Zur
175. Wiederkehr der Schlacht bei Leuthen. 20.00 Unterhaltungskonzert. 20.55 Einakter. 21.35 Tages- und Sportnachrichten. 22.45 SeeWetterbericht. Wetter-, Tages- und Sportnachrichten. Aus Wien : Abendkonzert. Sonst: Berliner Programm.
Vollständiges Europaprogramm im ,, Volksfunk", monatl. 96 Pf., durch alle Vorwärts"- Boten oder die Postanstalten.
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16. Abt. Genosse Paul Fukas, Voltastr. 12, ist im 57. Lebensjahre verstorben. Ehre seinem Andenken! Einäscherung Dienstag, 6. Dezember, 11 Uhr, im Krematorium Gerichtstraße. Abt. 139a Freie Scholle. Unser Genosse Adolf Schreiber, Egidystr. 43, ist im Alter von 62 Jahren, am 2. Dezember verstorben. Ehre feinem Andenken. Einäscherung am Dienstag, dem 6. Dezember, nachmittags 3.15 Uhr, auf dem Tegeler Friedhof. Wir bitten um recht rege Beteiligung. Die Abteilungsleitung.
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Wetter für Berlin : Wolkig bis heiter, nachts stellenweise Nebel, Nachtfrost, schwache Winde. Für Deutschland : Im Westen, Süden und Südoften heiter und trocken mit Nachtfrost. In Mittelund Nordostdeutschland noch vielfach wolkig oder nebelig. Nachts ebenfalls Frost.
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