fich ein vernünftiger Gedanfe: Zu verhindern, daß der Leserkreis einer Zeitung bewußt irreführend informiert wird. Die Handhabung der amtlichen Entgegnung aber ist schlechthin empörend. Die Ausübung des verwaltungsmäßigen Ermessens grenzt an Mißbrauch. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die amtliche Entgegnung in weitaus der größten Zahl von Fällen schikanös angewandt wird. Einer Bürokratie, der das Verständnis für Wesen und Bedeutung der Pressefreiheit so wenig aufgegangen ist wie der deutschen , die in der Presse vormiegend eine unangenehme, neugierige, ihr Selbstgefühl, ihre Eitelkeit und ihre Sicherheit störende Einrichtung erblickt, darf das amtliche Entgegnungsrecht, auch wenn in der Einrichtung ein vernünftiger Kern stecken sollte, unter keinen Umständen eingeräumt werden.
Mit dem Wesen der Pressefreiheit überhaupt nicht vereinbar aber ist die amtliche Rundgebung, deren Veröffentlichung die oberste Landesbehörde nur im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern verlangen kann, die inhaltlich aber schlechthin unbegrenzt ist; der Inhalt der amtlichen Rundgebung kann beliebig durch die oberste Landesbehörde im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern bestimmt werden. So kann die amtliche Kundgebung durchaus zu politischen Zwecken mißbraucht werden. Es kann die oberste Landesbehörde im Einvernehmen mit dem Reichsminister des Innern sich auch der gegnerischen Presse zur Propagierung ihrer eigenen politischen Ansicht bedienen und braucht nur dann etwas zu zahlen, wenn die amtliche Kundgebung 500 Worte übersteigt.
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Die amtliche Kundgebung stellt sich deshalb als eine schlechthin nicht zu rechtfertigende Verlegung der Pressefreiheit dar. Es ist sogar im höchsten Maße zweifelhaft, ob die amtliche Rundgebung überhaupt mit dem Art. 118 der Reichsverfassung vereinbar ist, oder ob nicht das amtliche Kundgebungsrecht, weil es sich gegen die Meinungsfreiheit richtet, weil es geradezu Sondergefeß gegen die Meinungsfreiheit ist, als verfassungswidrig anzusehen ist. Die legten 6 Monate haben erneut ge= zeigt, wenn wir es inzwischen vergessen haben sollten, wie ein hohes politisches Gut die Meinungsäußerungs- und damit die Pressefreiheit ist.
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Der Kampf für die Wiederherstellung der Freiheiten, die notwendige Grundlage für den politischen Befreiungstampf der Arbeiter klasse sind, darf nicht nur juristisch geführt werden, er muß politisch verbreitert werden.
Da das Breffegesez und die allgemeinen strafrechtlichen Normen genügend Handhaben für Eingriffe der Berwaltung und Justiz in die Pressefreiheit geben, kann das Ziel der Sozialdemokratie nur sein: Aufhebung des 2. Abschnittes der Verord nung vom 14. Juni 1932.
Die Bürgschaft Verbürgt nach Schiller
Ju Wilhelm, dem Ermonomarchen Schlich Fueder, den Dolch im Gewande. So'n Wüterich, so eine Schande! ,, Was wolltest du mit dem Dolche, sprich?" Fragt Wilhelm, und zwirbelt den Schnurrbart sich Steilauf mit nervösem Gezude.-
,, Jch? Gar nichts. Auch ich bin mesdhugge."
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Jonathan.
Der ungeladene Besucher von Haus Doorn , ein 30jähriger Heinrich Fuecker oder Feder aus Neuß ist als Geisteskranker der deutschen Grenzpolizet übergeben worden. Bor seiner Festnahme am Montag war er auch schon am Sonntag eingedrungen und soll da behauptet haben, eine Botschaft von Hitler zu überbringen. Fueder ist wegen Eisenbahndiebstählen mit 15 Jahren Zuchthaus vorbestraft wovon er über die Hälfte verbüßt hat; vor einigen Monaten wurde er bis 1935 mit Bewährungsfrist begnadigt 1½ Jahre war er in der Jrrenanstalt Dülfen zur Untersuchung.
Elfriede Ryned begeht heute ihren 60. Geburtstag. Eine geborene Sozialdemokratin schon ihre Mutter, Genoffin Stägemann, hatte unter dem Sozialistengefeß für die Partei gefämpft- hat sie von früher Jugend bis zum heutigen Tage unermüdlich für die Befreiung der Arbeiterklasse durch den Sozialismus gewirkt. Seit vielen Jahren Mitglied des Parteivorstandes und Landtagsabge ordnete, ist sie nicht nur agitatorisch, sondern auch besonders in der Arbeiterwohlfahrt organi fatorisch tätig. Die Partei, in der fie fich mie wenige einer unumstrittenen Wertschäzung und Beliebtheit erfreut. bringt ihr zum heutigen Tage die herzlichsten Glückwünsche.
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Brachts Nachfolger. Die Effener Stadtverordnetenversammlung wählte den tisherigen Bürger. meister Schäfer als Nachfolger Dr. Brachts zum Oberbürgermeister.
Haushaltsausschuß gegen Notverordnungen
Die Regierung will die Verordnung über Rentenkürzungen nicht aufheben
Der Haushaltsausschuß des Reichstags be schäftigte fich gestern zunächst mit der Notverord nung vom 5. September und mit Finanzfragen. ( Siehe 1. Seite.)
. Die Rentenkürzung vom 14. Juni
Dann begann die Beratung von 14 Anträ gen über ganze oder teilweise Aufhebung der Notverordnungen vom 14. Juni, 4. September und 5. Dezember 1932, die dem Haushaltsausschuß bom Plenum vor dessen Vertagung überwiesen worden sind. An der Spizze stehen die sozialdemokratischen Anträge, ganz klein und schüchtern steht meit hinten ein einziger nationalsozialistischer Antrag auf teilweise Aufhebung der Notverordnung vom 4. September.
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Der Arbeitsminister erklärt: Die Reichsregierung sei durchaus bereit, die Härten der sozialpolitischen Notverordnungen zu beseitigen, eine völlige Aufhebung könne gar nicht durchgeführt werden, weil damit das gesamte Gebäude der Sozialgesetzgebung zusammenbrechen würde.
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Abg. Karsten( S03.): Keine der vielen Notver. ordnungen der letzten Jahre hat eine solche Empörung hervorgerufen wie die Notverordnung vom 14. Juni 1932, durch welche alle Leistungen der Sozialversicherung start gekürzt wurden. Die Not der Sozialversicherung darf nicht dazu führen,
die sehr kleinen Renten weiter zu fürzen. Die Regierung hat sich die Sanierung sehr leicht ge macht, sie hat den Rentnern einfach zugemutet. den Hungerriemen enger zu schnallen. Auch Be= züge aus Bersicherungen sind gefürzt worden, die feine Finanzschwierigkeiten haben. Die Re gierung muß die Mittel für die Sanierung zur Verfügung stellen.
3m Reichstag wird sich, wenn die Nazis auf ihrem Standpunkt beharren. den sie im plenum eingenommen haben, eine 3weidriffelmehrheit gegen die Notverordnungen ergeben. Die Sozialdemokratie kann die Papen - Notverordnung unter feinen Umständen passieren lassen.
Der Abg. Liffe( Soz.) segte sich im besonderen mit den Deutschnationalen auseinander. Die sozialdemokratischen Anträge auf rechtzeitige Sanierung der Invalidenversicherung seien von den Deutschnationalen stets bekämpft worden.
Abg. Reinhardt( Njoz.) sprach in scharfen Worten gegen die Junt Notverord nung, dann erklärte er aber, daß seine Fraktion sich noch nicht entschieden habe, ob sie der Aufhebung dieser Notverordnung zustimmen merde oder ob sie einen eigenen Gesetzentwurf als Ersatz für jene Notverordnung einbringen wurde. Seine Entscheidung werde er bei Schluß der Sigung mitteilen.
Erfing( 3.) betonte, daß seine Bartei feine allgemeine Aufhebung der Notverordnung wolle, sondern ihre Aenderung und Berbesserung im Einvernehmen mit der Regierung.
Bor Beginn der Abstimmung über die Anträge
Vermittlungsvorschlag abgelehnt
Im Auftrag der britischen Regierung hatte ihr Botschafter in Tokio in freund schaftlichen Vorstellungen dringend ge beten, in die Einsetzung eines Ausschusses zur Beilegung des Mandschureikonfliktes einzuwilligen, wie er in Genf vorgeschlagen worden ist. Diese Vermittlung ist wie Tokio meldet bergeblich gewesen. Die Regierung hat ihre Delegation in Genf angewiesen, nicht an den Sitzun gen des Ausgleichsausschusses teilzu. nehmen.
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Die Vorbehalte Japans hinsichtlich einer Verweisung des Mandschure konfliktes an den Neunzehnerausschuß sollen sich auch auf die Kommission erstrecken, in der Vertreter der Vereinigten Staaten und der Sowjetunion sizen, da diese nur einen erweiterten Neunzehnerausschuß darstellen würde.
Im Gegensatz zu den aus englischer Quelle stammenden Nachrichten wird in Tokio versichert, daß die Meldung über die Wiederaufnahme der russisch- chinesischen Beziehungen in Japan nirgends besonderes Aufsehen erregt habe. Man sei überzeugt, daß Rußlands Haltung zur Mandschureifrage sich dadurch nicht ändern werde. Japan sei auf eine Wiederannäherung Sowjetrußlands und Chinas längst gefaßt gewesen und habe,
durch bittere Erfahrungen gewißigt, die notwendigen Vorbereitungen zur Erhaltung des Friedens(!!) im Fernen Often bereits getroffen. Japan habe nicht vergessen, daß der russischjapanische Krieg von 1905 eine Folge des russisch- chinesischen Geheimvertrages von 1896. gewesen sei.
Moskau , 13. Dezember. Die Wiederanknüpfung der diplomatischen Beziehungen zu China ist laut ,, Ismestija" ein Beweis, daß man auch im Fernen Osten die Bebeutung normaler Beziehungen zur Sowjet union besser zu ermessen beginne Die Verbindung zwischen der Sowjetregierung und China sei 1927 unter Einwirkung von Kräften abgebrochen wor den, die beiden Staaten feindlich gewesen seien. Das Regierungsblatt sagt wörtlich: Die Bertiefung der Krise und die Politik der Imperialisten hat die leitenden Kreiſe Chinas offenbar zu der Erkenntnis gebracht. daß der Ausfall normaler Beziehungen zur Sowjetunion ein Faktor ist, der die außenpolitische Lage Chinas nicht etwa befriedet, sondern im Gegenteil schwierig macht. Vom Abschluß der nichtangriffspakte mit den westlichen Nachbarn der Sowjet union und mit Frankreich zu normalen Beziehungen mit China : Das sind die Etappen somjetistischer Friedenspolitik in der legten Zeit
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Wie verlautet, beabsichtigt die chinesische Regierung, den ehemaligen Außenminister Tschen zum Gesandten in Moskau zu ernennen. Tschen hat in Mostau gute Beziehungen, da er dort mehrere Jahre lebte. Die Kinder Tschens sind in russischem Geiste erzogen.
Preußen für Amnestie!
Kein Einspruch im Reichsrat Wie das Nachrichtenbüro des BD3. erfährt, hat die preußische Staatsreglerung in ihrer heufigen Kabinettssitzung befchloffen, gegen das vom Reichstag angenommene Amnestiegeseh im Reichsrat feinen Einspruch einzulegen.
Betrug im Straßenhandel. In den Straßen Berlins wird wieder einmal ein Blättchen verfauft, das sich unter Mißbrauch des„ Borwärts"= Kopfes als Organ der oppofitionellen Sozialdemokraten" bezeichnet, in Wirklichkeit aber nichts anderes als ein kommunistisches Lügenprodukt ist. Für die kommunistische Propaganda ist es fennzeichnend. daß sie vor gemeinem Betrug nicht zu= rückschreckt, um ihre schmuzigen Produkte unter die Leute zu bringen.
zur Aufhebung der Juni- Notverordnung erffärfe der Vertreter des Reichsarbeitsministeriums, daß ein solcher Beschluß des Haushaltsausschusses nicht durchgeführt werden könne, weil damit die Garantie für eine geordnete Arbeitslosenhilfe dann nicht mehr gegeben sei.
Ausschuß beschließt Aufhebung
Infolge dieser Stellungnahme erklärte das Zentrum, daß es sich, obwohl es bei dem Beschluß des Haushaltsausschusses sich noch nicht um eine Stellungnahme des Reichstagsplenums handeln werde, an den Abstimmungen nicht beteilige.
Darauf wurde der sozialdemokratische Antrag, der verlangt, daß der Reichstag beschließen solle, die Juni- Notverordnung 1932 außer Kraft zu sehen, mit den Stimmen der Sozialdemokra ten, der kommunisten und der Nationalsozialisten angenom men. Die übrigen Parteien beteiligten sich an der Abstimmung nicht.
Die Beratungen wurden abgebrochen und damit die Anträge zu den Notverordnungen vom September und Dezember für die nächste Sigung zurückgestellt. Auf der Tagesordnung der heutigen Sigung des Haushaltsausschusses steht außerdem noch ein Antrag wegen des Unglücks in Premniz.
Letzte Nachrichten
Um 1 Uhr nachts liefen folgende ergänzende Meldungen zu verschiedenen Berichten ein, die an anderen Stellen des Blattes stehen:
Die Nachtsihung der französischen Kammer ift mit der Begründung der eingebrachten Anträge eingeleitet worden. Gegen 1 Uhr galt der Sturz der Regierung Herriot als unvermeidlich, da fie bis dahin faum 150 Abgeordnete für ihren Zahlungsbeschluß zählte. Die entscheidende ubstimmung wurde jedoch erst zwischen zwei und drei Uhr morgens erwartet.( S. 1. Seite).
Die Zahl der Toten bei dem Eisenbahnunglüd in Luzern hat sich durch das Ableben von drei Schwerverletzten auf neun erhöht, aber es werden noch vier Personen vermißt, so das man mit einer Gesamtzahl von dreizehn Todesopfern rechnet.( Siehe 1. Bellage.)
Der Führer der belgischen Liberalen ist an den fozialistischen Führer Vandervelde mit der Frage herangetreten, ob er mit der neu zu bildenden Regierung de Broqueville zusammenarbeiten wolle. An der Ablehnung dieses Angebots ist nicht zu zweifeln.( Siehe 1. Seite.)
Rote Fahne erscheint wieder Verbot um drei Tage abgekürzt
Das durch Verfügung des Polizeipräsidenten vom 25. November 1932 ausgesprochene Verbot der Roten Fahne" ist um drei Tage ab= getürzt worden. Die Zeitung Die Rote Fahne " darf mit dem heutigen Tage wieder erfcheinen.
New York , 13. Dezember. Zahlreiche Mitglieder des Kongresses geben ihrer leberraschung darüber Ausdrud, daß vielfach die Meinung vertreten wird, die Schuldenzahlungen vom 15. Dezember fönnten ernste wirtschaftliche Störungen nach sich ziehen. Sie beginnen unter dem Eindruck zu stehen, daß auch die Vereinigten Staaten unter diesen Störungen leiden werden. Mehr und mehr bricht sich daher die Ueberzeugung Bahn, daß die Schuldenzahlung vom 15. Dezember die legte sein wird.
Mac Fadden, der wilde Mann
Washington. 13. Dezember,
Im Repräsentantenhaus murde heute ein Antrag des republikanischen MacFadden, Präsi denten Hoover in Anflage zustand zu segen, mit 361 gegen 8 Stimmen abgelehnt.
Mac Fadden, der als eingeschworenes Gegner Hoovers bekannt ist, hatte seinen Antrag damit begründet, daß der Präsident die Bereinigten Staaten daran hindere, 3ahlungen in Empfang zu rehmen,(!) die ihnen ge Schuldet würden, und in der Kriegsschuldenfrage
schimpfliche Verhandlungen(!) mit den Vertretern der auswärtigen Mächte führe.
In den Augen Mac Fadden, der übrigens als ein nationalistischer Fanatiker berüchtigt ist, ist es also schon ein Verbrechen, daß Hooper sich auf einen Notenwechsel mit England und Frankreich überhaupt eingelaffen hat. Wie mürbe er sich erst gebärden, wenn Hoover wirkliche Zugeständnisse den Schuldnern Ameritas gemacht hätte!
Englische Hoffnungen
Im Laufe eines der üblichen Frage- und Antmortspiele im Unterhaus erflärte Schaßtanzler Reville Chamberlain u. a.:
1. daß England ernsthaft hoffe, daß eine neue Prüfung der Schuldenfrage im Zusammenhang mit der Erörterung der Weltwirtschaftslage eine Ratifizierung des Lausanner Ab. tommens ermöglichen werbe;
2. daß Frankreich sich bereit erflärt habe, 12 Millionen jährlich an England zu zahlen, unabhängig davon, ob Frankreich Don Deutschland Zahlungen erhalte;
3. daß bisher teine gemeinsame Front der Schuldner gegenüber Amerita bestehe und daß England eine separate Regelung mit der USA . erstrebe.