Nr. 212.
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Vorwärts
13. Jahrg.
Infertions Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Erpedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr abends, an Sonn- und Festtagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet. Fernsprecher: Amt I, nr. 1508. Telegramm Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
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Parteigenossen!
Donnerstag, den 10. September 1896. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3:
Laut Beschluß des vorjährigen Parteitages findet der diesjährige in Gotha statt.
Auf grund der Bestimmungen der§§ 7, 8 und 9 der ParteiDrganisation beruft die Parteileitung hiermit den diesjährigen Parteitag auf
Sonntag, den 11. Oktober nach Gotha - Siebleben in das Lokal
ein.
Zu den vier Jahreszeiten"
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Als provisorische Tagesordnung ist festgesetzt: Sonntag, den 11. Ottober, abends 7 Uhr, Vorversammlung. Festsetzung der Geschäfts- und Tagesordnung. Wahl einer Rommiffion zur Prüfung der Mandate.
Montag, den 12. Oktober und die folgenden Tage: 1. Geschäftsbericht des geschäftsführenden Ausschusses. Berichterstatter: W. Pfannku ch.
2. Bericht über stattgefundene Kontrolle.
Berichterstatter: H. Meister.
8. Berichterstattung über die parlamentarische Thätigkeit. Berichterstatter: M. Schippel.
4. Die Maifeier 1897.
Berichterstatter: A. Gerisch.
3. Berichterstattung vom internationalen Arbeiter und Ge
werkschaftstongreß in London .
Berichterstatter: A. Bebel
6. Das Proportionalwahlrecht.
Berichterstatter: Dr. Bütgenau.
7. Die Frauenagitation.
Berichterstatterin: Frau Klara Bettin.
8. Drganisation.
Berichterstatter: J. Auer.
9. Anträge zum Parteiprogramm und Organisation. 10. Sonstige Anträge.
11. Wahl der Parteileitung.
Parteigenossen! Wir fordern Euch nun auf, die erforder lichen Vorbereitungen zu treffen, insbesondere die Wahl der Delegirten und Einreichung der Anträge rechtzeitig zu bewirken. Die Anträge müssen bis spätestens den 22. September in Händen des geschäftsführenden Ausschusses, Adresse:
W. Pfannkuch,
Hamburg Eimsbüttel , Eichenstr. 4, I sein, wenn sie entsprechend den Bestimmungen des§ 8 Absatz 2 der Partei Drganisation im Vorwärts" veröffentlicht werden und in die gedruckte Vorlage für den Parteitag Aufnahme finden sollen.
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Rienzi.
Der letzte der römischen Volkstribunen.
Roman von Edward Lytton Bulwer .
„ D, Tribun," erwiderte der Handwerker, welcher jetzt vertraulicher mit Rienzi geworden, unbefangener als früher mit ihm sprach, indem er die Macht des Tribunen theilweise als seine eigene Schöpfung betrachtete, sie sind ganz außer sich vor Erstaunen über den Muth, mit dem Ihr es gewagt habt, den vornehmen Mann so zu bestrafen, wie es mit dem geringen geschehen sein würde."
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" So, dann bin ich belohnt! Aber hört, Cecco! das wird uns vielleicht viel zu thun geben. Jeder Baron wird Jeder Baron wird fürchten, daß einmal die Reihe an ihn kommen werde, und die Furcht wird sie kühn machen, wie die Ratten in der Verzweiflung. Wir werden für den guten Staat noch zu tämpfen haben."
Von Herzen gern, Tribun", antwortete Cecco. Ich wenigstens bin mit dabei."
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Dann erwecket denselben Geist in allen Euern Zus sammenkünften mit den Handwerkern. Ich kämpfe für das Bolt, ich denke, das Volk wird auch mit mir kämpfen." Gewiß", erwiderte Cecco, gewiß!"
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Die Adresse des Lokalkomitees iſt:
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Anträge von einzelnen Parteigen offen bedürfen der Gegen-[ scheinlichen Eintritt der Invalidität 2c. 2c., und man könnte zeichnung des Vertrauensmannes, sollen sie zur Veröffentlichung darauf wohl schon weiterbauen, zumal durch eine Zusammenund Berathung gelangen. legung der verschiedenen Versicherungszweige sich eine wesentliche Vereinfachung und Verbilligung des jetzigen theuren Organismus ergeben würde. Auch hätte sich vielleicht ein Weg finden laffen, das vielangefochtene Martensystem durch allgemeine amtsfeitige Einziehung der Beiträge aus der Welt zu Klagen der Unternehmer über das Martentleben" nur eine ver schaffen, trotzdem uns scheinen will, daß die beweglichen schämte Bemäntelung ihres Unwillens sind, daß sie überhaupt Beiträge bezahlen müssen.
Wilhelm Bock , Gotha , Friemarerst r. 17. Die Parteigenossen, die zum Parteitag kommen, werden ersucht, von ihrer Delegation dem geschäftsführenden Ausschuß in Hamburg und dem Lokalkomitee in Gotha rechtzeitig Mittheilung zu machen, damit dieses in bezug auf Quartier 2c. die nothwendigen Vorbereitungen treffen kann. 193
Mandatsformulare, mit deren Versendung Mitte September begonnen wird, sind durch das Bureau des geschäftsführenden Ausschusses, Hamburg- Eimsbüttel, Eichenstr. 4 I, zu beziehen.
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Die Genossen, welche Anträge einreichen, werden darauf aufmerksam gemacht, daß etwaige, den Anträgen beigegebene Motive weder im Vorwärts" noch in der dem Parteitag vorzulegenden gedruckten Vorlage Aufnahme finden können. Die Genossen haben das Recht, ihre Anträge auf dem Parteitage entweder persönlich zu vertreten, oder durch befreundete Genossen vertreten zu lassen; außerdem empfiehlt es sich, wichtige Anträge vor dem Zusammentritt des Parteitages in der Parteipresse zu erörtern. Die Motive aber in die Parteitagsvorlage auf zunehmen, verbietet sich aus räumlichen Rücksichten und um der damit verknüpften unvermeidlichen Wiederholungen willen. Hamburg , den 22. August 1896.
Mit sozialdemokratischem Gruß Der geschäftsführende Ausschuß.
Die„ Reform"
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Nachdem aber einmal beschlossen worden war, ob mit Recht oder Unrecht, dieser Generalreform vorläufig aus dem Wege zu gehen, hätte man wenigstens erwarten sollen, daß auch bei einer nur vorläufigen, interimistischen Reform die Wünsche der bes theiligten Arbeiterbevölkerung nicht so vollständig ignorirt worden wären, wie es in der That im vorliegenden Entwurf der Fall haben, den Arbeitern neben vielen Verschlechterungen nur einige ganz ift. Der Entwurf bringt, wie wir schon am Sonntag ausgeführt geringfügige Verbesserungen, kommt im wesentlichen den Wünschen der Unternehmer entgegen und als Haupta bänderung bringt er eine vollständige Umänderung der Vertheilung der Rentenlast auf die verschiedenen Versicherungsanstalten und zwar zu gunsten der vielgeliebten und heiß umworbenen-, Landwirthschaft".
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erst und
Es hat sich nämlich herausgestellt, daß die Versicherungss anstalten, die mehr städtische und industrielle Elemente einschließen, bedeutend besser wirthschaften, als die Versicherungsanstalten für die mehr landwirthschaftlichen Gegenden Deutschlands , naments lich der östlichen preußischen Provinzen. Die genannten Anstalten sammeln große Kapitalien bieten ihren Versicherten für die Zukunft vollkommene Sicher heit, während einzelne Anstalten der mehr landwirthschafttreibenden Provinzen fast vor dem Bankrott stehen, so daß sie entweder ihre Beiträge erhöhen müssen oder ihnen zur Deckung ihrer Verpflichtungen direkt Summen zu überweisen sind. Die Sache erklärt sich zum theil daraus, daß, wie die amtliche Motivirung des Gefeßentwurfs durchblicken läßt, in den land
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Invaliditäts- und Altersversicherungs- Gesetzes. wirthschaftlichen Versicherungsanstalten nicht sorgfältig genug gewirthschaftet worden ist und man namentlich nicht streng Der neue Entwurf dieses Gesetzes, über den wir schon in genug darauf gehalten hat, daß alle nach dem Gesetz geschuldeten ber Sonntagnummer berichtet haben, ist ein sogenanntes Noth- Beiträge auch wirklich eingeben( wie tönnte man auch die arme gefet". Auf allen Seiten, auch von der Regierung, wird an- Landwirthschaft so schlecht behandeln!). Besonders ist diese ver erkannt, daß die soziale Versicherungs Gesetzgebung gründlicher fchiedene finanzielle Gestaltung aber darauf zurückzuführen, daß Reformen und Umgestaltungen bedarf. Aber diese Fragen können, in den städtischen und Industriezentren mehr jüngere Arbeiter wie die Begründung des Entwurfes meint, zur Zeit noch nicht thätig sind, die eine geringere Invaliditätsgefahr bieten befriedigend gelöst werden. Die Vereinfachung oder Vereinigung und erst nach langen Beitragsjahren für die Altersrente", die wünschenswerth; aber es feien in dieser Beziehung noch feine wird, heraureifen, in den überwiegend meisten Fällen aber der Kranken-, Unfall und Invaliditätsversicherung sei zwar vielleicht bekanntlich erst mit Vollendung des 70. Lebensjahres gewährt Durchführbaren Vorschlage gemacht, wogegen einzelne Verände- vor deren Erreichung absterben. In den landwirthschaftlichen rungen an den Einzelgefeßen nicht länger hinauszuschieben seien. Gegenden dagegen bleiben vielfach gerade die älteren Arbeiter Man betritt also den Weg der Nothgefeßgebung". als Tagelöhner zurück, während die jüngeren in die Städte ziehen, und die mehr landwirthschaftlichen Anstalten haben des wegen früher Altersrente" zu zahlen und laufen auch bei ihren
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Es mag fraglich sein, ob es nicht doch schon jetzt möglich gewesen wäre, die Frage der Zusammenlegung anzuschneiden; an statistischem Material fehlt es doch nun wahrlich nicht mehr, älteren Jahrgängen eine größere Invaliditätsgefahr. nachdem die Krankenversicherung seit 1883, die Unfallversicherung Nach dem jetzt geltenden Gesetz müßte sich die Sache nun feit 1884 und die Invaliditäts- und Altersversicherung seit 1891 so abspielen, daß bei eintretender Zahlungsunfähigkeit jener funttioniren. Man hat nunmehr reichliche Erfahrungen über die Versicherungsanstalten entweder der Kommunalverband", d. h. Krankheitshäufigkeit, die Krankheitsdauer, die Unfallgefahr, die die betreffende Provinz, für die Verbindlichkeiten der Anstalten Absterbe- Ordnung der betheiligten Arbeiterschichten, den wahr einträte, oder die Austalten müßten nach Ablauf der ersten zehn Soldaten zu haben, und wenn die Soldaten bezahlt werden müssen, will dann das Volk nicht etwas beitragen für seine eigene Freiheit, für gerechte Gesetze und für die Sicherheit seines Lebens und Eigenthums?"
" Gut, aus den Archiven ersehe ich, daß nie ein Kaiser gefeßlich gekrönt wurde, außer durch die freie Stimme des Volkes. Wir wählten nie einen Böhmen oder Bayern ." Im Gegentheil, wenn diese Nordländer hierher kommen, um gekrönt zu werden, so suchen wir sie mit Steinwürfen und Flüchen zu vertreiben, denn wir sind ein Volt, Tribun, das seine Freiheiten liebt."
Gehe zurück zu Deinen Freunden, versammle sie und sage Ihnen, daß Euer Tribun diese Prätendenten um ihr Recht zum römischen Thron befragen will, und unterstützt mich, sobald es Zeit ist."
" Ich freue mich sehr darüber," sagte der riesige Schmid, denn unsere Freunde sind seit kurzem etwas unruhig geworden und sagen"
Was sagen fie?"
" Es sei wahr, daß Ihr die Banditen vertrieben habt und die Barone demüthigt und die Gerechtigkeit handhabt." Ist das nicht genug für die kurze Zeit von zwei bis drei Monaten?"
" Ja, sie sagen, es wäre mehr als genug für einen Patrizier gewesen, aber Ihr, der Ihr durch das Volk er hoben seid und solche Gaben und Talente habt, hättet mehr thun können. Es sind schon drei Wochen, daß sie über nichts Neues plaudern konnten, aber die Hinrichtung Orsini's wird sie wohl wieder aufmuntern."
"
Cecco, diefe Stadt steht unter der geistlichen Herrschaft des Bapstes; so sei es, dieses ist eine Ehre, feine Laft. Aber die irdische Herrschaft, mein Freund, sollte blos den" Gut, Cecco, gut," sagte der Tribun, indem er aufRömern zustehen. Ist es nicht eine Schande für das stand, ich werde ihnen bald wieder genug zu schwaben republikanische Rom , daß, während wir jetzt sprechen, geben. Ihr glaubt also, sie sind mir nicht mehr ganz so Barbaren, von denen wir nie etwas wußten, jenseits der zugethan, als etwa noch vor drei Wochen?" Alpen über die Verdienste zweier Herrscher entscheiden, die wir nie sahen? Dem müssen wir uns widersehen. Was hat eine italienische Stadt mit einem böhmischen Kaiser zu thun?"
Cecco.
Wenig genug, das weiß der heilige Paulus," sagte
Sollten wir das nicht verhindern können?" " Ich zweifle nicht daran."
" Ich sage das nicht," antwortete Cecco, aber wir Römer sind ein ungeduldiges Volk!"
"
Ach ja!"
" Uebrigens werden sie Euch immer noch sehr anhänglich bleiben, Tribun, wenn Ihr ihnen keine neuen Abgaben auferlegt." adidia
Ha! aber wenn, um frei zu sein, es nothwendig ist,
" Ich weiß nicht," erwiderte der Schmied, der etwas verlegen zu werden schien, aber ich weiß, daß arme Leute nicht gern viele Abgaben bezahlen. Sie sagen, daß sie unter Eurer Regierung sich besser befänden, als früher unter den Baronen, und deshalb lieben sie Euch. Aber arme Menschen mit starker Familie, Tribun, müssen an ihre nächsten Bedürfnisse denken. Nur ein Mann unter zehn erscheint vor Gericht, nur ein Mann unter zwanzig wird durch den Söldner eines Barons umgebracht, aber jeder Maun ißt, trinkt und fühlt die Last der Abgaben."
Das kann Deine Meinung nicht sein, Cecco!" sagte Rienzi in eruftem Tone.
"
Wie so, Tribun? Ich bin ein ehrlicher Mann, aber ich habe eine starte Familie zu ernähren."
Genug, genug!" unterbrach ihn schnell der Tribun und fügte darauf, mit sich selbst sprechend, aber in der Zerstreuung laut, hinzu:„ Ich glaube, wir sind zu wenig spars sam gewesen; diese Aufzüge und diese prächtigen Schauspiele vor dem Bolte müssen aufhören."
"
Was!" rief Cecco, was, Tribun, wollt Ihr den armen Leuten nicht einmal einen Festtag vergönnen? Sie arbeiten schwer genug und es ist ihr einziges Vergnügen, Eure schönen Aufzüge und Prozessionen zu sehen, und dann gehen sie zu Hause und sagen: Seht, unser Mann übertrifft doch alle die Barone! welchen Staat macht er!". Ah, also sie tadeln meine Pracht nicht?" „ Tadeln, nein. Ohne sie würden sie sich Eurer schämen und den Buono Stato für etwas fehr Gerings fügiges halten."
" Ihr sprecht gerade heraus, Cecco. Vielleicht habt Ihr recht. Aber vergeßt nicht, was ich Euch gesagt habe." " Nein, nein! Es ist eine Schande, daß man uns einen
zu kämpfen, wenn, um zu kämpfen, es nothwendig ist, Kaiser aufdr ingen will, gewiß. Guten Abend, Tribun!"