Aufgeschobene Bankenverluste
Ein Risikokartell, das die Zinsspanne groß hält
Wir berichteten gestern turz von der bevorstehenden Gründung einer Deutschen Finanzierungsinstitut A.-G. und einer Tilgungsfasse für gemerbliche Kredite durch die Banken. Wenn die Banken die in ihrem Besiz befindlichen Aktien zu den unter dem Gesichtspunkt der Bilanzwahrheit gebotenen Kursen und ihre festge frorenen Kredite unter Berücksichtigung der daraus möglichen Berluste in ihren Jahresbilanzen bewerten würden, dann wären wohl bei jämtlichen privaten Kreditbanken troß der großen Sanierung vom Anfang dieses Jahres neue recht ungünstige Abschlüsse zu erwarten. Die Banten sind übereingekommen, und zwar im Einverständnis mit Reichsbank und Reichsregierung und in der Erwartung besserer Wirtschaftsverhältnisse, ihre Bilanzen so aufzustellen, daß ein großer Teil dieser neuen Verluste nicht in Erscheinung zu treten braucht. Das ist der Sinn dieser beiden Gründungen. Der Staat wird weiterhin seine Hilfe dadurch leihen, daß er die einem solchen Borgehen entgegenstehenden Bilanzvorschriften ändert.
Die Deutsche Finanzierungs- Institut AG.
soll 30 Millionen Kapital haben, von denen rund 10 Millionen Borzugsattien( 5 Proz. Borzugsdividende) bei Einzahlung von 25 Proz. 311 gleichen Teilen der Golddistontbant, der Afzeptbank und der Bank für Indu strieobligationen gehören sollen, rund 20 Millionen Stammattien aber von den Privatbanken voll eingezahlt werden sollen. Jede der an den 20 Millionen Stammattien beteiligten Banken ist dann berechtigt ,, den zehnfachen Betrag des von ihr gezeichneten Kapitals( insgesamt 200 Millionen) in Aktien von bereits sanierten Unternehmungen bei dem Institut zu hinterlegen. Die Banfen brauchen dann ihre Buchwerte für diese Aktien nicht abzuschreiben, erhalten als Gegenwert von der Akzeptbank mit zu unterschreibende Wechsel des Instituts, die ihrerseits bei der Reichsbank zu 75 Proz. des Wertes lombardiert werden fönnen.
Für das Institut entsteht damit ein Risito in Höhe von 75 Proz. von 200 Millionen Mark oder 150 Millionen abzüglich der Kapitaleinlage der Banken von 20 Millionen Mart. Die Reichsbant wird im Höchstfalle mit 150 Millionen Lombardkrediten mehr in Anspruch genom men. Die von den Banken eingebrachten Werte werden bei der Atteptbank von einem Kreditausschuß begutachtet und bewertet. In Personal union mit diesem Institut steht
die Tilgungskaffe für gewerbliche Kredite. Sie enthält einen Garantiefonds in Höhe von 30 Millionen Marf für eintretende Verluste, und darauf wird ein Höchstrisiko von 150 Millionen Mark aufgebaut, womit wohl zunächst auch die Höchstgrenze der einzubringenden Forderungen bezeichnet ist. Später will man das Höchstrisiko auf 300 Millionen erhöhen. Die Banken bringen in diese Tilgungstaffe ein gefrorene Kredite von zu fanierenden Industrieunternehmungen ein, die in der Regel mit denen identisch sein werden, von denen die Banken auch Aktien haben. Um ein Beispiel zu nennen, fann es sich um Aktien der bereits sanierten Hapag- Lloyd handeln, die in das Institut eingebracht werden, und um eingefrorene Forderungen der Banken etwa an den Karstadt - Konzern oder die Vereinigten Stahlmerte, die in die Tilgungskasse kommen.
Die in die Tilgungskasse eingebrachten Forderungen sollen von den Banken spätestens in 25 Jahren getilgt werden. Dazu wird ein Tilgungsfonds gebildet, in den in den ersten vier Jahren je 1½ Proz. der eingebrachten Forderungen eingezahlt werden; die Tilgung er folgt aus dem Reingewinn der Banken, und zwar zunächst mit 1 Proz. des Reingewinnes; später erhöht sich das Verhältnis bis auf 6 Proz. Was die Banken an solchen Forderungen einbringen dürfen, bemißt sich nach der Höhe des Eigenfapitals und der Reserven der Banken. Da eine Tilgung vorgesehen ist, ist das flar zutage liegende Ziel bei dieser Transaktion, Abschreibungen in der Bilanzaufstellung zum 31. Dezember d. J. zu vermeiden.
Volkswirtschaftliche Bedenken
Das mindeste, was zu diesen schon so weit gediehenen Plänen zu sagen ist, ist die Betonung der taufmännischen Außergewöhn lichfeit des Verfahrens. Der Grundfah der Bilanz wahrheit verlangte bisher, daß fein Bermögen und feine Forderung in einer Bilanz zu einem anderen Werte stehen darf, als er tatsächlich am Bilanztermin gegeben ist. Jezzt belastet man zukünftige Industrieer träge und zukünftige Bantgewinne mit der Tilgung von Buch- oder Betriebsver lusten, die heute schon effektiv sind und eigentlich auch heute zu tragen bzw. abzuschreiben wären. Es wird sowohl für die privaten Aftienbefizer von sanierungsbedürftigen Industrieunternehmun gen als auch für das Effektenportefeuille der Banken die Chance geschaffen, sich auf Kosten der Zukunft in der Gegenwart reich 3 u zu= rechnen.
Wenn im Wirtschaftsleben etwas auf Roft en der Zukunft geschieht, dann muß immer
irgendwer die Laften in der Zukunft tragen. Wenn die Banken das Hineinmachsen von Kurssubstanz jetzt schon vorwegnehmen, dann können bei ihnen die aus einer Wirtschaftsbesserung zu erwartenden Kursgewinne nicht mehr als stille Reserven zutage treten. Wenn die Banken ihre eingefrorenen Forderungen heute im Werte hoch halten, statt in der gebotenen Weise abzuschreiben, dann müssen sie, da sie ja zur Tilgung verpflichtet sind, ihre Reingewinne möglichst hoch= zuhalten trachten. Beides führt aber zwangsläufig dazu, daß die Banken um eine möglichst große 3insspanne zwischen dem Zinssch, den sie gewähren, und dem Zinssatz, den sie verlangen, bemüht sein müssen.
G
Soweit die Dinge zu dem Ergebnis führen, daß die Aktienkurse künstlich hohge= halten und die Sanierungen möglichst milde durchgeführt werden, ist bei den in der Hauptsache betroffenen fartellierten Monopolindustrien die Gefahr gegeben, daß von diesen nicht nur auf Jahrzehnte hinaus die Kartell- und Monopolpreise möglichst hochgehalten werden, sondern daß auch ein dauernder Lohn= druck von dieser Risikoverteilung ausstrahlt.
Rein begrifflich hinkt wohl das Beispiel, wenn man von einem hier zu gründenden Risikofartell zur Hochhaltung der Zins spanne spricht; in der Sache tommt es aber darauf hinaus. Wir sind der Ueberzeugung. Diß der Volkswirtschaft mit diesen Gründungen und den bei ihnen verfolgten Zielen ein zweifelhafter Dienst geleistet wird.
Kartellsprengung?
Der Konflikt in der Zementindustrie
Die Spannung in der Zementindustrie hat sich in den letzten Tagen so verschärft, daß man mit einer Sprengung der drei monopolistischen Kartelle in Nord, West- und Süddeutschland rechnen muß.
Den Ausgangspunkt des Konflikts bildete die ständig wachsende Konkurrenz der außerhalb des Kartells stehenden freien Werke in Westdeutschland. Hatte die verschärfte Konkurrenz der Außenseiter schon innerhalb der Mitglieder des westdeutschen Zementfartells große Unruhe her
vorgerufen, so ist durch das Uebergreifen der Außenseiterkonkurrenz in das Revier des füddeutschen Kartells der angehäufte Zündstoff zur Entladung gefomme n.
Das süddeutsche Syndikat, das selbstverständlich jetzt auch mehr denn je unter Absatzschwierigkeiten leidet, hat die preispolitischen Störungsmanöver der westdeutschen Außenseiter übel vermerft. Es hat daher zum Jahresende den Kartellvertrag mit dem westdeutschen Syndikat gekündigt, um in seiner Preispolitik wieder Ellbogenfreiheit zu gewinnen. Die Folgen dieser Kündigung sind vorläufig noch gar nicht abzusehen, sie fönnen aber äußerstenfalls zu einer Sprengung der drei deutschen Zementfartelle führen.
Daten zur Konjunktur
Die deutsche Rohstahlerzeugung ist im November weiter gestiegen und hat die Höch st= 3iffer für 1932 erreicht. An 24 Arbeitstagen wurden 546 000 Tonnen Rohstahl erzeugt, fajt genau soviel wie im November vorigen Jahres Die arbeitstägliche Erzeugung betrug 22 745 Tonnen gegen 20 096 Tonnen im Oktober.
Die Roheisengewinnung ist ebenfalls erhöht. Sie betrug im November 370 500 Tonnen gegen 332 400 Tonnen im Oktober. Arbeitstäglich liegt eine Steigerung von 10 724 auf 12 351 Tonnen vor gegen 14 212 Tonnen im November vorigen Jahres. Bei der Roheisenerzeugung ist also der Stand des Vorjahres noch nicht erreicht. Die erhebliche Vermehrung der Eisenerzeugung in den letzten Monaten hat besondere Gründe. Vor allem find es die Reichsbahnaufträge, die jetzt sehr start belebend wirken; dazu kam die Abarbeitung früherer Russenaufträge und endlich die zunehmende Auffüllung der Läger im Eisenhandel. Nur das letzte Moment kann man eigentlich als fonjunkturelles Befferungsmoment bezeichnen. Der deutsche Eisenverbrauch selbst liegt gegenwärtig noch außerordentlich tief. Nach den Feststellungen des Konjunkturinstituts liegt er immer noch um 80 Pro3. tiefer als der des besten bisherigen Eisenjahres 1927.
Der Zementabsatz im November. Der Zementabsag ist im November auf 178 000 gegen 246 000 Tonnen im Oktober gesunken. Die Abnahme entspricht rund 28 gegen 32 Proz. in der gleichen Zeit des Vorjahres.
SUD SO
BVG.- Aktion vorm Arbeitsgericht
Ein unhaltbares Urteil- Unstimmigkeiten
Aus der endlosen Reihe der Kläger aus Anlaß des Berkehrsstreiks, die jetzt Tag für Tag vor dem Arbeitsgericht verhan delt werden, verdient ein Fall hervorgehoben zu werden.
Es handelt sich hier um Arbeiter der Be triebswerkstatt in der Müllerstraße. Sie hatten sich am 4. November, wo nach der Bekanntmachung der BVG. die Arbeit bis 2 Uhr aufgenommen werden sollte, in ihrem Verkehrslofal versammelt, die Aufnahme der Arbeit beschlossen, ihre Namen 119 an der Zahl. in eine Liste eingetragen, und da es ihnen wegen des Terrors auf der Straße nicht möglich schien, die Betriebsstätte ohne Gefahr zu erreichen, ihren gewerkschaftlichen Vertrauensmann Kramer mit der Liste zum Betriebsleiter, dem Ingenieur Darmstädter, geschickt.
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Als Kramer vor dem Tor des Betriebs erschien, wurde er aus der dort versammelien Menge heraus als Streifbrecher und Lump be= schimpft. Die Menge nahm eine drohende Haltung gegen Kramer an, ein Polizeibeamter ging gegen die Leute vor, die stoben auseinander und in diesem Augenblid gelang es Kramer, in den Betrieb und zum Ingenieur Darmstädter zu gelangen.
Darmstädter nahm die Liste entgegen und bedeutete Kramer, sich am folgenden Tage Bescheid zu holen. Da die Werkstatt am folgenden Tage, einem Sonnabend, stets ge= schlossen ist, so glaubte Kramer, seine Kollegen würden am Montag wieder arbeiten können. Aber am Sonnabend bekam er den Bescheid, daß sie entlassen find.
So hat es Kramer, der einen durchaus glaubwürdigen Eindrud macht, als Zeuge befundet und Ingenieur Darmstädter hat diese Darstellung in den wesentlichsten Punkten bestätigt. An der Arbeitsbereitschaft der 119 Unterzeichner der Liste fann hiernach gar nicht gezweifelt werden.
Uebrigens foll auch nach der Aussage des Bolizeihauptmanns v. Knobelsdorf keine Gefahr für die Arbeitswilligen bestanden haben, denn es habe ,, nur ein lebhafter Fußgängerverkehr", verursacht durch Stillliegen der Straßenbahn, in der Müllerstraße stattgefunden Doch, mas der Polizeihauptmann nur für einen lebhaften Fußgängerverkehr ansah, das ist nach der Angabe des Zeugen Kramer bie terroristische Menge, die vor dem Bahnhof ständig hin und herging.
Das Gericht unter Vorsiz des Assessors Dr. E ue erfannte auf Abweisung der Klage( es handelt sich um einen von den 119 Unterzeichnern der
Liste) mit der Begründung, die Liste sei als Verzeichnis der Arbeitsbereiten anzusehen. Aber der Kläger hätte sich persönlich zur Arbeit melden müssen, falls er nicht daran gehindert worden wäre. Dies sei aber nicht der Fall, denn der Kläger sei nicht persönlich bedroht worden, sondern er habe sich auf die allgemeine Lage berufen. Das genüge aber nicht, um eine persönliche Gefahr für ihn zu beweisen.
Dieses Urteil widerspricht dem einfachsten Rechtsempfinden. Wir erwarten seine Aufhebung durch die Berufungsinstanz. Zu der Aussage des Polizeihauptmanns von Knobelsdorf sei darauf verwiesen, daß die Sondergerichte die harmlosen Fußgänger des Polizeihauptmanns mit Zuchthausstrafen belegt haben. Hier stimmt etwas nicht.
Buchdrucker- Jubiläum
Neuwahl des Gauvorstandes
Die Generalversammlung der Berliner Buchdruder am Donnerstag stand im Zeichen des Vereins 70jährigen Jubiläums des
der Berliner Buchdrucker und Schriftgießer. Der große Saal des Gewerkschaftshauses war reich geschmüdt. Genosse Schleffler hielt die Festansprache. Er dankte den den infolge Alters von ihren Posten scheidenden Gauvorsitzenden Braun und Albrecht für ihre langjährige, unermüdliche Arbeit. Für die übrigen Gaue des Buchdruckerverbandes überbrachte der -Bauvorsitzende König- Halle Glückwünsche zum fiebzigjährigen Jubiläum des Berliner Gaues. Der Festteil wurde durch Gesangsvorträge der ,, Typographia" umrahmt.
Den Geschäftsbericht gab der Gauvorfizende Braun. Bei einem Organi sationsverhältnis von 92,3 Proz. freigemertschaftlicher Buchdruder ist es möglich gewesen, auch über die schwierigsten Situationen hinwegzukommen. Aus der Gautasse sind im Laufe des Jahres für Unterstügungen 647332 Mart ausgezahlt worden. Die Organisation zählte am Schluß des Quartafs 15087 Mitglieder und 1496 Lehrlinge. Ar= beitslos maren am 18. November 6032 Mitglieder. Die Zahl der Invaliden ist auf 1153 gestiegen. Ein erfreuliches Zeichen gewerkschaft
licher Solidarität ist das Ergebnis der Weihnachtssammlung. Trotz verschlechterter Arbeits- und Lohnverhältnisse sind für diesen Zweck 35000 Marf eingekommen. Diese Summe wird durch Zuschüsse aus der Gaukasse noch erhöht. Auf einstimmigen Beschluß der Verfammlung wird die Ertraunterstüßung in Beträgen von 3, 5 und 8 Mart ausgezahlt.
Schleffler berichtete über die Gauvor= Die ftehertonferenz. Lohnabbau= notverordnung der Regierung Papen ist im ganzen Reich nur in 15 Betrieben durchgeführt worden. Aus finanziellen Gründen mußten Kürzungen in verschiedenen Unterstützungszweigen eintreten. Ebenfalls gekürzt wurden die Gehälter der Verbandsangestellten. Endgültig soll die Unterstützungsfrage vom nächsten Ber bandstag geregelt werden, der Mitte September nächsten Jahres in Berlin stattfindet.
Zum ersten Gauvorsitzenden wurde sodann Gerosse Pietsch gegen etwa 12 Stimmen bei über 700 anwesenden Delegierten gewählt. Zum zweiten Vorsitzenden wurden Vierath und Leder, als Sekretär Tilgner, Kruse und Wendland vorgeschlagen. Vom 19. bis 24. Dezember findet Ur mah1 statt. Die einzelnen Kommissionen wurden wiedergewählt. Nicht bestätigt wurde der kommunistische Vertreter der Maschinensezer für den Bauvorstand Krusemart. Dem Bildungsverband wurden 1500 Mart bewilligt.
Erfolg im Gesamtverband Nazi- kommunistische Aufklärung
Die im Oktober d. J. eingeleitete Werbeaktion des Gesamtverbandes meist in allen Bezirken erhebliche Erfolge auf. Nach den Berichten aus etwa 450 Ortsverwaltungen von insgesamt 920 find als Ergebnis der bisherigen Werbetätigkeit rund 6000 Neuaufnahmen zu verzeichnen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, ist die Versammlungstätigkeit eine überaus rege. Durch Hausagitation ist es gelungen, Tausende von Mitgliedern, die in ihrer Beitragsleistung fäumig geworden waren, zur Aufrechterhaltung ihrer Mitgliedschaft zu bewegen.
Besonders erfreulich sind die Ergebnisse aus Berlin , wo trotz aller Aktionen und Versuche der RGD. und der Nazis, den Gesamtverband zu schädigen, die Werbetätigkeit auf besonders fruchtbaren Boden gefallen ist. In der Ortsverwaltung Berlin sind bis zum 1. Dezember 1932 rund 2000 Neuaufnahmen zu verzeichnen, wobei besonders erfreulich ist, daß der Versammlungsbesuch in den Betriebsversammlungen der BVG. ein ausgezeichneter genannt merden kann und in diesem Betriebe die Neu aufnahmen für die Organisation besonders zahlreich find.
Mit dieser Feststellung ist das Geschrei erledigt, die ablehnende Haltung des Gesamtverbandes gegenüber der nazikommunistischen Wahlattion in der BVG., habe irgendwie die Anziehungskraft des Verbandes geschwächt. Die schwere Niederlage, die die politischen Drahtzieher den gutgläubigen Nachläufern bereiteten, hat auf. flärend gewirkt.
Einzelhandelstarif
Urlaub der Handelsarbeiter gesichert
Beim letzten Neuabschluß des Manteltarifs für die Handelsarbeiter im Berliner Einzelhandel war vereinbart worden, daß der Vertrag unverändert ein Jahr weiter läuft, wenn er nicht zum 31. Dezember d. J. gekündigt wird. Der Arbeitgeberverband im Berliner Einzelhandel hatte den Bertrag zwar nicht gekündigt, aber seine Kündigung in Aussicht gestellt, falls sich der Gesamtverband nicht mit einer Verkürzung der Laufzeit des Vertrages bis Ende März einverstanden erklären würde. Da aber das Dritte Reich, in dem der Wunsch der Unternehmer einem Befehl an die Gewerkschaften gleichfäme, in sehr weiter Ferne liegt, mußten sich die Berliner Einzelhändler wohl oder übel zu Verhandlungen mit dem Gesamtverband bequemen, bei denen es schließlich gelang, die Vertragsdauer bis zum 28. April zu befristen. Mit dieser Aenderung des Ablaufstermins ist erreicht worden, daß allen Handelsarbeitern des Einzelhandels der Urlaub für das Jahr 1933 ge= sichert ist, da der Urlaubsanspruch laut Tarifvertrag am 1. April beginnt.
Um die Bergarbeiterlöhne
Eigener Bericht des ,, Vormärts"
London , 16. Dezember. Zwischen den Gewerkschaften der Bergarbeiter und den Zechenbesizern fand eine ernste Besprechung über die Neuregelung der Löhne statt. Die eigentlichen Verhandlungen beginnen Ende Januar. Die Unternehmer zeigen sich widerspenstig. Dazu bemerkt der„ Daily Herald" heute, daß die Haltung der Unternehmer feinen glücklichen Anfang für die Lösung eines so brennenden Problems bedeute. Das Blatt weist darauf hin, daß die Eisenbahnen mit den Gewerkschaften seit Wochen vor dem staatlichen Schlichtungsausschuß über das Lohnproblem verhandeln, und fragt, warum nun ausgerechnet die Grubenunternehmer dies nicht tun wollen.