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ERSTE BEILAGE

Der

Vorwärts

arbeits loſe Weihnachtsmann

Der Weg des Händlers

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Auch die Leute, die jetzt an allen Ecken mit Weihnachtsbäumen ihr Geschäft zu machen ver­suchen, sind nicht als Weihnachtsbaumhändler auf die Welt gekommen. Der eine hat einst an der Hobelbant, der andere am Schraubstock gestanden und der dritte womöglich am Badtrog, und fie fönnen sich alle etwas Besseres vorstellen, als in der Kälte auf der Straße stehen und kleine Bäum= chen feilhalten. Schöne Zeiten waren es zählt einer als ich noch meine gute Arbeit hatte. Ich fräste damals Bleiplatten und unter 60 M. gingen wir in der Woche nicht nach Hause. Wenn es nicht Blei gewesen wäre, mit dem man ständig umzugehen hatte, dann wäre es noch besser gewesen, zweimal war ich blei­frant. Aber. Geld wurde in der alten Giftküche verdient." Eines Tages war es dann mit dem Bleifräsen aus, die Firma löste ihr Berliner Werk auf und die Leute saßen auf der Straße. 1925 wurde zum ersten Male mit Blumen ge= handelt. Und 1925, das war jenes Jahr, in dem die Menschen vom Wedding bis nach Schöneberg wegen eines Weihnachtsbaumes rannten und obendrein noch bereit waren, einen Taler für einen alten Strunk anzulegen. Die Baumhändler hatten das große Los gezogen. Ich bin dann auch dabei geblieben, trotzdem wir ein Jahr wie 1925 nie wieder erlebt haben. In der übrigen Zeit handele ich mit Zigaretten. Ich habe einen fleinen Wagen, in dem ich size, aber 12 bis 16 Mark, mehr kommt in der Woche nicht heraus. Da braucht man alle zwei Tage für 30 Pfennige Kohlen, alle drei Tage einen Liter Petroleum, der will Standgeld und der will Steuern, und für die Ecke auf dem Hof, wohin man des Abends den Wagen schiebt, muß man auch noch 5 M. im Monat bezahlen."

Wer kauft Spielzeug?

Denn wie geht es zum Beispiel den Spiel zeughändlern. Einer, am Weddingplatz, der steht schon seit Jahr und Tag mit seinen Blech­autos, Klöterpuppen, Sechserknarren und Plüsch­affen da. In diesem Jahre sagt der Mann habe ich überhaupt nichts einkaufen brauchen. Noch im vorigen Jahr habe ich mit Sachen ge­

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ein

Der Weihnachtsmarkt von 1932 ist das große Stelldich­der Erwerbslosen : erwerbslose Händler, erwerbslose Käufer. Das Wirtschaftsleben scheint auf die Perspektive der Puppen­stube zusammengeschrumpft. Tischler, die einst ein Zimmer nach dem anderen für die Großen bauten, sitzen heute zu Hause am Küchentisch und fabrizieren Puppenschränke. Tapezierer, die sonst zu Weihnachten richtiggehende Chaiselongues anfertigten, haben in ihren unfreiwilligen Mußestunden ganze Tische voll winziger Puppencouches angefertigt; 50 Pfennige sollen sie Stück für Stück kosten. Hier ist das Geschäft genau auf den hundertsten Teil seines früheren Wertes gesunken. Und ein Dritter hat aus Draht einen ganzen Berg kleinster Metallbettstellen fabriziert: alles und immer für die Puppenstube. Diese Liliputfabri­kation hat einen schwachen Hoffnungsschimmer als Hintergrund: die Erwartung nämlich, daß auch dem Aermsten in diesen Tagen die Groschen etwas lockerer sitzen, und wenn es nur ein Stehaufmännchen ist, das gekauft wird. So ist in diesem Jahr eine ganze Armee von Weihnachtsmännern aufmarschiert: einen alten Ueberzieher haben sie von oben bis unten mit Wattetupfen benäht, von der Tochter oder der Schwester eine alte bunte Strickmütze über den Kopf gezogen, einen alten Rauschebart pors Gesicht gehangen, und wer keinen Ueberzieher hat, der hat Mutters roten Morgenrock genommen und sich weiße Bardhentmanschetten auf die Aermel genäht. Am Nettelbeckplatz vor der Feuermache steht einer dieser Weihnachtsmänner im Morgenrock.

handell, die ich einmal im Jahre 1929 eingekauft hatte. Und das bin ich nicht einmal im vorigen Winter losgeworden! Ich habe Angst, auch in diesem Jahre bleibe ich mit dem Kram sizen, nicht einen Groschen scheinen die Leute übrig zu haben." Dann erzählt der Mann weiter, daß er sich die große Bude nicht alleine aufbauen könne, er müsse sich dazu einen Helfer nehmen, der be­komme dafür einen Taler. Sonst war dieser Taler immer noch herauszumirtschaften, aber diesmal, meint der Mann, hätte es fast keinen Zweck, noch länger in der Kälte auf dem Markt zu stehen. Noch nicht den Taler Lohn für den Helfer hätte er herauswirtschaften können, er wird deshalb gar nicht bis nach Heiligabend warten, sondern schon vorher die Bude zumachen.

Dabei ist dieser jetzt zum Spielzeughändler um­gefattelte Erwerbslose einmal selber über den Weihnachtsmarkt marschiert, aber nicht als Händler, sondern als Käufer. Das war damals, als er noch Einrichter war und wie es das Schick­fal will: 1923 wurde sein Betrieb stillgelegt, drei­tausend Mann mußten damals ihre Brotstelle ver­lassen und seitdem ist es dem Mann nicht gelungen, noch einmal in Arbeit zu kommen. Wir haben hier einen Mann vor uns, der im nächsten Jahr seine zehnjährige Erwerbslosigkeit ,, feiern" tann. Er hat es auch aufgegeben, noch jemals in einen Betrieb zu kommen, einen Ein­richter, der bereits an die Sechziger heran ist, nimmt kein Unternehmer mehr.

Pechvögel des Lebens

Heute liegen ja bereits die Dreißigjährigen schon fünf Jahre auf dem Nachweis. Von diesen Männern zählen die Beispiele nach Tausenden. So haben sich ein paar Hundert von ihnen als Weihnachtsmann verkleidet, um mit allem mög­lichen alten Kram zu handeln. Jeder hat einen großen Sad vor sich stehen und wer einen Groschen bezahlt, darf sich etwas herausgreifen. Aber selbst die Fünfjährigen beginnen den Braten zu riechen, auf den Straßen des Berliner Nordens wimmelt es von diesen Weihnachtsmännern, mindestens an jeder Straßenecke steht einer. Aber das Schlimmste für die kleinen scheint zu sein, daß die Weihnachts­männer nichts verschenken, sondern ihre guten Gaben nur verkaufen, so daß man oft genug

Kindergruppen sehen kann, die sich um einen dieser verkleideten Notweihnachtsmänner scharen und im Chor rufen: ,, Doch, du bist ja keen richtja Weihnachtsmann. Da kiekt ja die Backe vor!" Und die armen Weihnachtsmänner wissen dann nie, wie sie die Bande wegjagen sollen. Einer erzählt, daß diese Verkleidung sein letter Berzweiflungs­versuch sei. Drei Monate hätte er schon Miet­schulden, noch einen Monat dazu, dann müsse er ihn ermittieren lassen, hat der Hauswirt gesagt. So bleibt ihm nach Neujahr nur der Weg ent­weder ins Asyl oder auf die Wohnlaube. Das letzte Mal in seinem jungen Leben hat der Mann bei General Motors in Borsigwalde als Blech­spanner gearbeitet, von daher datiert noch Heirat und Wohnung. Vielleicht gehört auch der ver­fleidete Weihnachtsmann zu den Pechvögeln des Lebens: seitdem hat er feine Arbeit mehr finden können. Eine Zeitlang versuchte sich der Mann als Aalmare, aber Aalmagen können auch nicht zaubern. Vor fünf Jahren, als die Wirtschaften

SONNTAG, 18. DEZ. 1932

noch voll saßen, trudelte man auch um Aale, heute denken die Leute zuerst an Brot und nicht an Aale. So hat sich der Aalmage Wattebäusche auf seinen Kittel genäht und eine Larve vors Gesicht ge= bunden, damit man seine große Traurigkeit nicht sieht.

Kleine Kaufleute

Auch die handelnden Kinder sind alle= samt wieder da. An manchen U- Bahnhöfen über­fallen ganze Rudel die Passanten. Bisweilen ge= raten sich die Jungen vor Eifer und Konkurrenz­neid in die Haare. Tritt jedoch ein Erwachsener hinzu, um den Grund des Streits zu erfahren, dann sind sofort die Jungen wieder ein Herz und eine Seele und dem neugierigen Mann wird ein Dutzend Sechserknarren unter die Nase gehalten. Mehr noch als Sechserknarren liegt aber der Lamettahandel in Händen der Kinder. Die Kon= furrenz ist riesig: wurden eben noch sechs Briefe Lametta für einen Groschen angeboten, dann an der nächsten Straßenede schon sieben Briefe für einen Groschen.

Schärfere Preiskontrolle

Wie erst jetzt bekannt wird, hat der Reichs= tommissar für Preisüberwachung in einem Rundschreiben, das das Datum vom 2. Dezember trägt, die obersten Landesbehörden angewiesen, streng auf die Befolgung der Vor­schriften über den Preisschilder zwang für gewisse Waren und handwerkliche Leistungen zu achten. Gegebenenfalls solle mit Geldstrafen gegen die Säumigen vorgegangen werden. Der Reichskommissar weist darauf hin, daß die Kauf­kraft der Bevölkerung in diesem Winter im Verhältnis zu früheren Jahren noch gerin= ger sei. Eine Steigerung der Preise müsse daher im allgemeinen Interesse vermieden werden, es sei denn, daß sie, so schließt der Reichskommissar, durch Erhöhung der Weltrohstoffpreise oder der inländischen Landwirtschaftspreise etwa be= dingt sei.

Warnung vor brüchigem Eis

Die einsetzende Frostzeit gibt dem Wasser­bauamt Köpenid als Eispolizeibehörde Veranlassung, die Deffentlichkeit vor dem Be­treten der Eisflächen auf den Gewässerstrecken wegen der damit verbundenen Lebensgefahr drin gendst zu warnen.

Schweres Flugunglück

Ein Pilot tot, einer schwer verletzt

Auf dem Flugplak in Johannisthal ereignete sich in den Nachmittagstunden des Sonn­abend ein folgenschweres Flugzeugunglüd, das ein Todesopfer und Schwerverletzten forderte.

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Bei dem Unglücksflugzeug handelt es sich um eine Maschine der Akademischen Flieger­schule Leipzig Mockau mit dem Erken­nungszeichen D 1985. Das Flugzeug war vor einiger Zeit nach Berlin- Johannisthal gebracht worden, wo es bei der Firma Basser repariert und überholt werden sollte. Nach Fertigstellung sollte es gestern nachmittag nach Leipzig gebracht werden. Kurz nach 16 Uhr startete der 25 Jahre alte Pilot Friz Schwarz aus der Buttmann= straße 7 in Berlin N. und der 31jährige Begleiter Karl Schapp aus Berlin - Hermsdorf , Gertrud­

straße 4, zum Flug nach Leipzig . Der Abflug vollzog sich glatt. Als sich die Maschine in etwa 30 Meter Höhe befand und Schwarz in eine Linkskurve steuerte, rutschte der Apparat ab und stürzte senkrecht in die Tiefe. Bei dem Aufprall auf das Flugfeld ging der Apparat völlig in Trümmer. Sanitätspersonal des Flugplatzes eilte sofort an die Unfallstelle und befreite die ab­gestürzten Flieger aus dem Gewirr der Drähte und Trümmer. Schapp starb bereits auf dem Transport ins Krankenhaus. Der Pilot Schwarz wurde in bewußtlosem Zustande ins Neuköllner Szankenhaus übergeführt. Sein Zustand ist sehr ernst.

Die Flugzeugtrümmer wurden beschlagnahmt, Die Ursache des Unglücks wird von der Flug polizei und Sachverständigen zur Zeit noch unter­sucht.

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