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angesichts der schlechten Finanzlage Frankreichs bezweifelt. Aber selbst diese prinzipielle Bejahung wird ihm viele Feinde machen.

In der Außenpolitik hat sich Paul Boncour bemüht, sowohl gegenüber Deutschland wie gegen. über den Vereinigten Staaten jedes Wort zu ver meiden, was zur Vertiefung der bestehenden Gegen fäße beitragen fönnte. Alles in allem: Frankreich wird unter Paul Boncour entschieden lints regiert werden. Erst die Entwicklung wird be= weisen müssen, ob das vielgepriesene demokratische Bürgertum Frankreichs einen solchen prononzierten Linkskurs lange verträgt. Wir in Deutschland fönnen nur mit einem Gefühl des Neides dieses Experiment aus der Ferne verfolgen, das bei uns schon deshalb nicht möglich ist, weil es hier fein demokratisches Bürgertum mehr gibt.

Falltür unterm Teppich

Geheimnis eines Verstecks

Bon Beamten der Inspektion II, die gemeinsam mit Mitgliedern der Eisenbahnüberwachung an der Aufklärung eines großen Einbruchs in einen Güterfchuppen in Oderberg in der Mart arbeiteten, wurde in seiner Wohnung in der Bornholmer Straße im Norden Berlins ein Händler Sch. festgenommen.

Am Donnerstag früh war in Oderberg der Einbruch in den Güterschuppen der Eisenbahn entdeckt worden, bei dem die Täter zahlreiche Lebensmittel wie Weine, Konserven usw. erbeutet hatten. Die fofort eingefeßten Ermitt lungen der Eisenbahnüberwachung ergaben eine Spur, die nach Berlin führte. Die Berliner Kriminalpolizei wurde verständigt und stöberte den Aufenthaltsort des Verdächtigen auf. Es war der Händler Sch. Als die Beamten die Zimmer durchschritten und alles absuchten, konnten sie nichts Verdächtiges finden. Erst als man in einem der Zimmer einen Teppich aufrollte, entdeckte man darunter eine Klappe, die in den Keller führte. Die Beamten stiegen jetzt hin­unter und fanden das Diebesversted. Der größte Teil der Beute konnte noch vorgefunden werden. Es befanden sich darunter 6 Kisten Wein, zahl= reiche Säcke mit Mehl, Zucker usw. Sch. mußte jetzt den Einbruch in Oderberg zugeben.

Berschmähte Liebe

Schüsse auf der Straße

In der Bernburger Straße spielte fich heute früh um 47 Uhr ein aufregender Borfall ab. Eine Frau feuerte auf einen Eisenbahnbeamten vier Schüsse ab und flüchtete. Der Täterin gelang es, im Menschengewühl unterzutauchen und zu entkommen. Der Mann, dem das Revolver­attentat galt, ist ein Eisenbahnbetriebsassistent T. Er ist durch zwei Streifschüsse nur unerheblich verletzt worden.

Nach den bisherigen polizeilichen Feststellungen ist die Revolverattentäterin eine Frau Charlotte L. aus Neukölln. Zwischen T. und der Frau scheinen früher einmal Beziehungen bestanden zu haben. Als der Eisenbahner von der Frau nichts mehr wissen wollte, verfolgte sie ihn auf Schritt und Tritt. Auch heute früh stellte sie sich ihm entgegen und gab die vier Schüsse ab und lief davon. Nach der Täterin wird von der Kriminalpolizei ge= fahndet.

Lärm um Leipart

Kaum ist der Lärm über das Ercelfior". Interview durch Leiparts Erklärungen einiger­maßen zum Schweigen gebracht, so ist die partei­eifrig dabei, sich eine neue Leipart- ,, Sensation" und gewerkschaftsfeindliche Presse schon wieder zurechtzumachen. Es handelt sich diesmal um einen Aufsatz, den der Vorsitzende des ADGB. in der republikanischen Zeitschrift ,, Alarm" veröffentlicht hat und in dem er folgendes ausführt:

Die Gewerkschaften müssen verlangen, daß die Regierung Schleicher es ernst nimmt mit ihrem Vorsatz, Arbeit zu schaffen und alle ihre Regierungsmaßnahmen nicht nur mehr oder weniger", sondern ganz in den Dienst der Arbeitsbeschaffung stellt. Da sie entschlossen zu sein scheint, aus den schweren politischen und psychologischen Fehlern der letzten Monate zu lernen, und nicht, wie die Regierung Papen , mit hochmütigen Wert­urteilen über unser tapfer um seine Eristenz ringendes Volk um sich wirft, da sie anscheinend ein Gefühl dafür hat, daß der Kampf, den gerade die deutsche Arbeiterschaft in den letzten Jahren gegen die tägliche Not geführt hat, die tiefste Bewunderung verdient,

so werden die deutschen Gewerkschaften zu­nächst abwarten, ob die Taten der Regie­rung ihren Worten entsprechen werden. Worauf es jetzt einzig und allein ankommt, ist

Aber nur blinder ,, Alarm"

produttive Politik, das heißt, die Bewältigung der Aufgabe, die Lage der deutschen Arbeiter= schaft durch entschlossenes Handeln zu verbessern. Diese Ausführungen des Genossen Leipart werden in der gegnerischen Presse verschieden tommentiert. Die einen schlußfolgern, da die Partei in Opposition stehe, die Gewerkschaften aber abwarten" wollten, bestehe ein Gegen= sag zwischen Partei und Gewerk­schaften. Die andern das sind natürlich die Kommunisten erklären, nun sei die Ver= räterrolle der SPD. gründlich entlarot, ihre Opposition sei nur ein Schein manöver, und ihre wirkliche Haltung sei von Leipart richtig aufgezeigt.

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Das alles find oberflächliche Urteile und absicht­fiche Berdrehungen. Das Wort abwarten" hat im Munde eines Gewerkschaftsführers eine ganz andere Bedeutung als im Munde eines Par­teiführers. Wenn ein Parteiführer einer Regie­rung gegenüber von ,, Abwarten" spricht, so fann man daraus schließen, daß er sich bis auf weiteres aller oppositionellen Handlungen enthalten und die Regierung ,, tolerieren" wolle.

Die Gewerkschaften aber sind keine Regierungs­partei, teine Tolerierungspartei und feine Oppo­sitionspartei, denn sie sind überhaupt feine Partei. Die Führung des Kampfes gegen die Regierung ist Sache der Sozialdemokratischen Partei, und die Gewerkschaften können dabei die

Eine braune Blamage

Nazi- Pleite: Kein Geld für Weihnachtsgaben!

Im Preußischen Landtag hatte sich in der Nach­friegszeit die Uebung herausgebildet, den gering besoldeten Lohnempfängern im Landtagsbetriebe eine fleine Weihnachtsbeihilfe zu gewähren. Die Fraktionen trugen alle dazu bei. Die praktische Vorbereitung und Durchführung hatte bis dahin die sozialdemokratische Fraktion als stärkste Partei. Durch die Wahl vom 24. April d. J. wurde die Sozialdemokratie in die zweite Stelle zurückge drängt; die Nationalsozialisten wurden die stärkste Fraktion. Der Geschäftsführer der Nationalsozia listen, der Abgeordnete Hinkler, war daher ge= zwungen, die Borbereitungsarbeiten für die Durchführung der Weihnachtsbeihilfe für die Lohnempfänger im Landtag in die Hand zu

Der Großagrarier

dieses Sazes 4,35 M. pro Kopf des Abgeordneten aufzubringen.

Am 14. Dezember teilte der Abg. Hinkler den übrigen Frattionen mit, daß fie auf Grund der Geschäftsführerbesprechung 12 M. Weihnachtsbei­hilfe für jeden Lohnempfänger, d. h. 4,35 m. pro Abgeordneten, zu zahlen hätten. Jede Fraktion erhielt dann noch die Gesamtberechnung der zu zahlenden Summe mitgeteilt.

Am 19. Dezember richtete der national­sozialistische Abgeordnete Kube an die Fraktionen des Preußischen Landtags folgendes Schreiben:

,, Die nationalsozialistische Landtagsfraktion hat davon abgesehen, in diesem Jahre eine Weihnachtsgabe den Lohnempfängern des Preu­Bischen Landtags zur Verfügung zu stellen.

Diese Maßnahme hat sich erst nach der Zu­sammenkunft der Geschäftsführer der einzelnen Frattionen am 14. Dezember 1932 als not­wendig erwiesen.

Wir bedauern deshalb, uns an die Ab. machung unseres Fraktions= geschäftsführers in der fraglichen Sigung nicht halten zu tönnen.

gez. Rube, Fraktionsführer."

Zusammengefaßt sei folgendes festgestellt: Die Nationalsozialisten laden durch ihren Geschäfts­führer, Abg. Hinkler, zu einer Besprechung über die Weihnachtsbeihilfe ein. Die Nationalsozialisten machen in der Geschäftsführerbesprechung der Fraktionen durch ihren Vertreter, den Abg. Hintler, den Vorschlag, 12 M. für jeden Lohnempfänger aufzubringen. Die Natio­

Partei beraten und mit ihren Forderungen her­vortreten, aber auf dem Felde der Politik können fie als Gewerkschaften überhaupt nichts anderes tun als abwarten", es sei denn, sie wollten mit einem Generalstreit dazwischenfahren.

In diesem Sinne hat ja auch Genosse Leipart selbst in seinen Bemerkungen zum Erzelsior- Inter­viem zur Frage der sogenannten Waffenruhe" mit Schleicher erklärt.

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,, daß über eine solche Waffenruhe nicht die Gewerkschaften, sondern die politischen Parteien im Reichstag zu entscheiden hatten."

Leiparts Aufsatz im ,, Alarm" beweist also weder, daß ein Gegensatz zwischen Partei und Gewerk­schaften besteht, noch daß die Opposition der Partei nicht ernst gemeint ist.

Wir stellen fest, daß der Bundesvorstand des ADSB. in feiner Weise auf die Partei eingewirft hat, um die Linie der Oppositionspolitik zu ver­wischen oder zu verbiegen. Wir stellen weiter fest, daß die Reichstagsfraktion, in der bekanntlich der Bundesvorstand und die sonstigen Gewerkschafts­spigen start vertreten sind, einstimmig den Mißtrauensantrag gegen die Schleicher- Regierung beschlossen hat.

Diesen feststehenden Tatsachen gegenüber bleiben mißverständliche oder falsch ausgelegte Aeußerun­gen eines einzelnen Parteigenossen belanglos.

nalsozialisten fordern die Frattionen auf, diesen Betrag umgelegt auf die Mitglieder der Fraktionen zu zahlen. Alle Fraktionen, einschließlich der Deutschnationalen, die nicht an der Besprechung teilgenommen haben, haben gezahlt. Nachdem alles in Ordnung war, ziehen sich die National­sozialisten, die zunächst die Sache einleiteten, zu­rüd. Das Ergebnis ist, daß die Lohnempfänger statt 12 M. jezt nur 7 M. Weihnachtsbeihilfe bekommen. Die Nazifrattion hat zwar für Scherben im Landtag gesorgt, aber für die kleine. Weihnachtsgabe an die Hilfskräfte im geringsten Lohnverhältnis haben die braunen ,, Diätare" nichts übrig! Denn das muß noch hinzugefügt werden, sie brauchen ihr Geld für einen Bierabend, den sie als einzige der Fraktionen veranstalten mußte.

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Großfeuer in Berlin N

Polsterwattefabrik in Flammen

Ein Großfeuer beschäftigte in der letzten Nacht vier Züge der Feuerwehr in der Waldersee­straße 21 in Reinickendorf - Oft. Ein zwei­stödiges Fabrikgebäude brannte völlig nieder.

Auf dem Gelände in der Walderfeestraße 21 hat eine Polstermattefabrit ihre Fabri­tationsräume. Kurz nach Mitternacht bemerkte ein Wächter im Innern des Fabrikgebäudes starten Feuerschein. Als die Feuerwehr auf Großfeueralarm mit vier Löschzügen an­rückte, glich die brennende Fabrit einer riesigen weithinlodernden Fackel. Rohre größten Kalibers mußten in Tätigkeit gesetzt werden, um die Macht des Feuers zu brechen und die angrenzenden Schuppen, in denen große Lumpenvorräte lagerten, vor der Bernichtung zu retten.

Tränengasbanditen

Im Wiener Postscheckamt Eigener Bericht des ,, Vorwärts"

Wien , 23. Dezember. Am Freitagvormittag um 11 Uhr haben Hakenkreuzler einen Angriff mit Tränengas­bomben auf das Zentralgebäude der Defter­reichischen Poftsparkasse( Postscheckamt), des größ­ten staatlichen Geldinstituts, unternommen. Die Hakenkreuzler haben den ganzen Kaffenfaal, in dem zahllose Menschen fich aufhielten, um Geld abzuheben oder einzuzahlen, unter Tränengas gefeßt. Es entstand eine Panif. Polizei wurde herbeigerufen. Die Feuerwehr arbeitet zur Zeit im Haus, um die Gefahr zu bannen und die ein­gefchloffenen Menschen zu reffen. Es besteht die Annahme, daß die Hakenkreuzbanditen mit diesem Angriff, der durch nichts motiviert werden kann, nur die Absicht hatten, die Möglichkeit für Raub und Plünderung zu schaffen.

Tribünen- Rauferei

Im Salzburger Landtag

Salzburg, 23. Dezember. Im Landtag kam es zwischen dem sozialdemo fratischen Bizepräsidenten Neumayr und dem Nazi- Bundesrat Scharizer zu einem Wort­gepläntel, das schwere tätliche Zusammenstöße zwischen den teils sozialdemokratisch, teils national­sozialistisch eingestellten Zuhörern auf der Galerie zur Folge hatte. Der Nazi- Abgeordnete Reich! trug eine Verlegung am Kopf davon. Polizei räumte die Galerie. Die Nazi- Abgeordneten verließen darauf den Saal und beteiligten sich nicht weiter an den Beratungen des Landtags.

Seit undenkbaren Zeiten stehe ich am Rande des Abgrundes, aber immer weiß

ich mich auszubalancieren!"

nehmen. Er erließ an die Geschäftsführer der Fraktionen des Landtags folgendes Rundschreiben:

Berlin , den 10. Dezember 1932. Als Geschäftsführer der stärksten Fraktion des Preußischen Landtags lade ich ergebenst ein zu einer Besprechung über die Weih­nachtsgabe der Fraktionen für die Lohn­empfänger beim Preußischen Landtag zu Mitt­woch, den 14. Dezember 1932, um 14.30 Uhr, Ministersaal, Saalgeschoß Verbindungsbau. gez. Hinkler,

Mitglied des Preuß. Landtags." Die Geschäftsführer der Fraktionen des Land­tags folgten dieser Einladung, mit Ausnahme der Deutschnationalen. Nach Eröffnung der Sigung schlug Abg. Hinkler( Natsoz.) vor, den Lohn­empfängern wieder, wie im Vorjahre auch, eine Weihnachtsbeihilfe von 12 M. pro Kopf zu ge­währen. Die Frattionen hätten bei Annahme

Profeffor Caro freigesprochen

Petscheck trägt die Kosten

Am 97. Verhandlungstage ift endlich im Caro­Petiched- Prozeß bei dichigedrängtem Zuhörerraum und unter starker Beteiligung der Preise das Urteil verkündet worden. Das Urteil, das Pro­feffor Caro stehend anhörte, lautete: Der Ange­flagte Caro wird freigesprochen. Der Neben­tläger Petsched trägt die kosten des Berfahrens wie auch die dem Angeklagten entstandenen notwendigen Berteidigerkosten.

Die Urteils begründung war verhält nismäßig furz. Landgerichtsdirektor Dhne­forge verwies auf die schriftliche Ausführung der Urteilsbegründung und sagte dann: Dem An­geflagten ist Prozeßbetrug zur Last gelegt worden. Es wurde von ihm behauptet, er habe auf dem Wege der Ziviltlage von dem Nebenkläger Petscheck die Rückzahlung einer Mitgift in Höhe von 400 000 Mart verlangt, die er nie gegeben habe, und als Beweis der Richtigkeit seiner Forderung die Existenz einer Quittung für bestehend erklärt, die in Wirklichkeit von ihm gefälscht worden sei. Das Gericht hatte zu ent scheiden, ob die 400 000 Mart vom Angeklagten wirklich gezahlt worden waren und ob die Quittung tatsächlich existiert hat. Burden diese beiden Fragen bejaht, so entsprach auch seine Versicherung an Eidesstatt den Tatsachen. Das Gericht hat sich eingehend mit fämtlichen Ber dachtsmomenten auseinandergesetzt, die gegen den Angeklagten vom Nebenfläger vorgebracht worden sind. Es ist aber zum Ergebnis gelangt, daß alle

diese Verdachtsmomente nicht ausreichten, um die beiden entscheidenden Fragen zu verneinen. Das merkwürdige Verhalten des Angeklagten in der ganzen Angelegenheit findet eine ausreichende Erklärung sowohl in der Art seiner Persönlichkeit als auch in feinem Berhältnis zu Petsched.

Mit dem Urteil des Landgerichts III hat einer der unerfreulichsten Prozesse sein Ende gefunden. Das eigentlich Gute an ihm ist, daß dieser Monftreprozeß dem Staate feinen Pfennig ge­kostet hat. Er wird aber den 500fachen Millionär Petsched noch um einige hunderttausend Mark erleichtern, eine Bagatelle angesichts der vielen Monstreprozeß dem Staate sehr wenig ge= foftet hat. Die Deffentlichkeit hat aber tief betlagt, daß ein deutsches Gericht sich monatelang mit Erörterungen zu beschäftigen hatte, die eigentlich eine rein persönliche Angelegenheit zweier feind­lichen Familien war. Die Deffentlichkeit hat es erleben müssen, daß ein 500facher Millionär, eine Stüge der heutigen Gesellschaft, mit einem Groß­industriellen und Gelehrten, gleichfalls einer Stüge der heutigen Gesellschaft, in ihrem Fa= milienstreite vor der ganzen Welt ihre schmutzige Wäsche ausgebreitet hat.

Nach Schluß der Verhandlung fam es auf der Straße zu stürmischen Kundgebungen. In die Rufe Hoch Caro! Betfched raus!", mischten fich Nazirufe Deutschland ermache!". Ein grotestes Schauspiel, Nationalsozialisten beglückwünschen den Juden Caro

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