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Die Nacht der Karpfen

Von der Moritzburg in die Zentralmarkthalle

In der jeweils legten Nacht des alten Jahres gerät die 3entralmartthalle der Stadt Berlin außer Rand und Band: wenn sonst das Handeln und Feilschen erst in der sechsten Morgen­stunde anhebt, beginnt in der Nacht zum Sil­vester bereits um 3 Uhr morgens die große Karpfenschlacht. Unaufhörlich rollen die schweren Lastzüge mit ihrer kostbaren Fracht heran und besetzen jede Zufahrtsstraße zur Markthalle. Wenn man es nicht schon von der Anschrift wüßte Teich­wirtschaft Moritzburg in Sachsen " oder, Karpfen­züchtervereinigung Niederlaufig", dann deuten die großen Stahlflaschen mit Sauerstoff darauf hin, daß in den Bottichen auf den Autos etwas Be­sonderes sein muß. Denn ,, eingepfercht" ist schon kein Ausdruck mehr für die drangvolle Enge, in der die Karpfen die letzte Fahrt ihres ohnehin so furzen Lebens zurücklegen müssen. So perlt ein feiner Strahl Sauerstoff in jeden Bottich, auf daß das zappelnde Silber feinen Schaden erleiden möge. Zumal auf der Landstraße eine eisige Kälte herrscht, mit dicen Eiszapfen behangen sind die Autos in Berlin angekommen, und wenn die Bottiche geöffnet werden, fliegen zuerst die Eis­brocken auf die Straße.

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Die Stände der Fischgroßhändler machen unterdes den Eindruck eines Karnevals. Jeder hat eine bunte Fahne herausgehängt, auf der verzeichnet steht, daß heute der Tag des Karpfens ist, und da den meisten die Fahnen nicht genügen, haben sie noch Transparente dazu= gehängt, die noch einmal die Mahnung unter­streichen, Silvester einen Karpfen zu essen. Jetzt geht der Handel an. Oben auf dem Auto steht ein Mann aber es stehen nun dreißig Autos in einer Reihe und schöpft mit Leibeskräften die Karpfen aus den Bottichen. Ach, die armen Karpfen! Hat sie der eine im Nez, dann fallen fie in das Netz des nächsten, der ladet sich das schwere Ding auf die Schulter und schleppt die Fische unter Flüchen und Geschrei zur Waage. Obwohl tein sichtlicher Anlaß dafür vorliegt, er. flärt fortgesetzt einer den anderen für verrückt, und dieses aufgeregte Gebaren der Fischträger scheint sich alle Augenblicke ein fetter Karpfen zu­muze zu machen, der geschwind aus dem Netz

In wenig Worten

Der wegen Ermordung des Gutsbesizers Gustav off und deffen Ehefrau in 3aulsdorf bei Delsnig im Vogtland am 29. September d. J. vom Schwurgericht in Plauen wegen Mordes in zwei Fällen zum Tode und wegen vorfäßlicher Brand stiftung zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilte 19jährige Wirtschaftsgehilfe Alfred Erhard Mor g- ner aus Tirpersdorf ist durch Verfügung des Justizministers vom 23. Dezember zu lebens länglichem 3uchthaus begnadigt worden.

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Vor der Westküste von Jütland ist im Sturm­wetter ber schwedische Dampfer Siegfried" aus Göteborg, mit Kohlen von England für Strue bestimmt, in der Nähe der Rettungsstation Agger gestrandet. Der Dampfer hat eine vierzehn­töpfige Besagung und ist etwa 2500 Tonnen groß. Bon der Rettungsstation Agger wurden sofort Rettungsboote ausgesandt. Elf Mann der Be­sagung tonnten bereits an Land gesezt werden, während der Kapitän und zwei andere Mitglieder der Besagung erklärten, an Bord bleiben zu wollen. Das Schiff befindet sich in großer See= not. Rettungsboote werden bereitgehalten, um auch den noch an Bord befindlichen Teil der Be­sagung an Land zu nehmen.

50 Glatteis- Opfer!

Die vereisten Fahrdämme und Bürgersteige haben gestern rund 50 Glätte opfer in Berlin gefordert. Auf den Städtischen Rettungsstellen wurden etwa 40 Personen behandelt. Die Mehr­zahl der Verunglückten hatte bösartige Ver­stauchungen und leichte Brüche davongetragen.

hopst. Klatsch, purzelt er aufs Straßenpflaster, und da er sich mit seinem dicken Wanst nicht be­megen kann, peitscht er ohnmächtig mit dem Schwanz die nassen Pflastersteine. Aber es ent­fommt feiner, sofort faßt jemand zu und schmeißt den Ausreißer wieder ins Netz.

An der Waage steht der Händler. Dick und rund und angetan mit einem weißen Kittel, während die Träger lange Lederschürzen über Rücken und Bauch hängen haben. Um den dicken Mann herum stehen an die fünfzehn Kleinhändler und gucken unverwandt auf die Waage, in der aber bereits seit Weihnachten nichts anderes ge= wesen ist als Karpfen. Zentner um Zentner wiegt der dicke Mann ab, und jedesmal kassiert seine Frau dafür einen Fünfzigmarkschein. Das war Silvester 1932 der Preis für die Schuppen­karpfen, und die Spiegelkarpfen, die eine Klasse höher rangieren, kosteten 55 Mart je Zentner im Großhandel. Die Teichwirte machen zu diesem Preis eine faure Miene, und als einer der Klein­händler dem dicken Mann nur 53 Mark für den Zentner geben will, fing der an zu schimpfen, seine Karpfen wären keine Heringe, und mit 55 Mark wären sie so billig, daß sich heute jeder einen Karpfen leisten könne. Und dabei pantscht alles im Wasser, bauß, fielen sich schon wieder

Klavier, hat sich aber samt seiner Ehefrau vor dem Schöffengericht Schöneberg wegen Widerstandes gegen die Staatsgemalt zu verantworten.

Der Richter redet ihm gut zu, er möge doch die Sache durch Zahlung einer fleinen geringen Buße aus der Welt schaffen. Der Angeklagte will aber nichts davon hören: er befand sich im Recht; er brauchte nach seiner Ansicht die 95 Pf. nicht zu zahlen. Die mitangeklagte Ehefrau erklärt, die 95 Pf. hätten damals einfach nicht zur Verfügung gestanden, sie habe aus wirtschaftlicher Not gehandelt.

Der Staatsanwalt beantragte je zwei Monate Gefängnis. Das Gericht erkannte auf 150 M. Geldstrafe. Die 95 Pf. sind dem Ehepaar teuer zu stehen gekommen. Bezahlt haben sie die Rest­schuld schließlich doch; sie hätten es billiger haben fönnen...

Brüder Saß wieder frei!

Die am Freitag festgenommenen Brüder Saß sind gestern mittag bereits wieder aus der Haft entlassen worden. Bei ihrer Vernehmung durch Kriminalkommissar Salaw gaben sie an, daß sie auf dem Grundstück Trebbiner Str. 11 lediglich einige Dietriche versteden wollten. Da ihre Aussagen nicht widerlegt werden konnten, setzte man sie wieder auf freien Fuß.

fünf Karpfen auf der Erde, und als vergnügter Anschlag auf einen Schnellzug

Beobachter tut man am besten, nicht allzu nahe an den ganzen Handelsbetrieb heranzugehen, sonst wird man von oben bis unten besprigt oder besser begossen.

Inzwischen holen die Straßenhändler Pinsel und Farbe vor und malen groß an ihre Wagen: 60 Pfennige die Silvesterkarpfen! Lobens­wert ist das, sich mit 20 Proz. Aufschlag zu be= gnügen. Dabei hat die Hälfte der Straßenhändler gar nicht mal einen Bottich, sondern spannt nur lose den Plan über den Wagen, läßt die Ver­tiefung voll Wasser laufen, und darin schwimmen die Karpfen, bis ihre legte Stunde schlägt. Um 8 Uhr morgens beginnt der letzte Tag des Jahres, die Chauffeure von der Morizburg in Sachsen lassen die Motoren anlaufen, um noch bis zur Mitternacht wieder in der Heimat zu sein, und je mehr der Karpfenhandel abebbt, desto geschäftiger etabliert sich der Handel mit frischen Pfannkuchen.

Neun Berfezte mußten allerdings mit komplizierten Knochenbrüchen und schweren Kopfperlegungen in die Krankenhäuser gebracht werden. Bon der Berliner Feuerwehr wurden etwa zehn Baisanten transportiert, die sich bein Stürzen infolge des Glatteises verletzt hatten. An verschiedenen Stellen konnte die Beobachtung gemacht werden, daß die Streupflicht sehr Iasch oder völlig unge. nügend gehandhabt worden ist.

Wegen 95 Pfennigen Widerstand gegen die Staatsgewalt

Kleine Ursachen, große Wirkungen... Bei einem Hauswirt wird wegen privater Schulden von 400 m. ein Klavier gepfändet. Er begleicht schließ­lich die Schuld bis auf einen Rest von 95 Pf.

Der Mann ist der Ansicht, daß er diese 95 Pf. nicht zu zahlen braucht. Der Gerichtsvollzieher hat aber das Urteil zu vollstrecken; das gepfändete Klavier soll versteigert werden. Der Gerichts­vollzieher kennt die ausfallende Art des Haus­befizers; für alle Fälle nimmt er einen Schupo mit. Sie betreten die Wohnung des Hauswirts: der Gerichtsvollzieher, der Schupobeamte und die beiden Ziehleute, die das Klavier fortschaffen sollen. Der Hauswirt wird noch einmal aufge­fordert, die 95 Pf. zu bezahlen. Er weigert sich, wird ausfallend und bedrängt den Gerichtsvoll­zieher. Er umflammert ihn, drückt ihn in die Ecke, seine Haltung ist drohend. Die Frau des Hauswirts schließt das Zimmer ab, damit die Zieh­leute das Klavier nicht herausbringen können. Als der Hauswirt noch immer nicht von dem Gerichts­vollzieher abläßt, und sich Beschwichtigungsver­suchen nicht zugänglich zeigt, greift der Polizei­

beamte ein. Der Hauswirt behält zwar das

In der Nähe von Ezernowitz wurde ein Student in dem Augenblick verhaftet, als er eine Einfahrtsweiche auf einem Bahnhof umzu­stellen versuchte, auf dem kurz darauf der Buda­pester Schnellzug erwartet wurde. Der Verhaftete gab zufolge eines Berichts der Telegraphen= Union an, einer kommunistischen Gruppe anzu­gehören.

Abschiedsbrief des Mörders

Bei der weiteren Aufklärungsarbeit der Kriminalpolizei ist in der Wohnung des Mörders an dem Chauffeur Sarnowski aus Neusalz bei Grünberg, Eugen Pieper, ein vierzehn Seiten langer Abschiedsbrief gefunden worden, den P. und seine Geliebte Erna Trach­mann unterzeichnet hatten.

Aus dem Schreiben geht hervor, daß beide schon am Heiligabend aus dem Leben scheiden mollten. Ihr Vorhaben gaben sie dann aber wieder quf. Immer wieder betont Pieper in dem Brief, daß. Liebeskummer der Grund zu dem gemeinsamen Verzweiflungsschritt fei, die Serie seiner Misse­taten berührt er darin aber toum. Es ist jetzt meiter festgestellt worden, daß der Chauffeur­mörder noch eine Reihe weiterer Mordtaten und Anschläge geplant hat. So hatte es der Täter u. a. auf ein zwölfjähriges Mädchen abge­sehen, das bisher nur durch einen Zufall seinem Schidsal entgangen ist.

Die Geliebte des toten Pieper hat von den meisten Verbrechen gemußt; sie gibt das jetzt alles offen zu. Sie wagte B. aber nicht zu wider­

sprechen, da sie seine Rache fürchtete.

Fünfundzwanzigjähriges Dienstjubiläum. Am 2. Januar begeht der Direktor beim Bezirksamt Friedrichshain, Herr Ernst Schumrick, sein 25jähriges Dienstjubiläum. Nach achtjähriger Tätigkeit in der preußischen Staatsverwaltung trat er in die Berliner Verwaltung ein. Im Jahre 1919 murde Schumrick Leiter des Demobil­machungsausschusses Groß- Berlin. Nach der Bil= dung der Stadtgemeinde Berlin im Jahre 1920 übernahm er die Direktorgeschäfte beim Bezirks­amt Friedrichshain.

Die städtische Büchereizweigstelle Alt- Glienice, Rudower Str. 45, ist in Zukunft an jedem Mitt­woch von 17-19% Uhr geöffnet.

Billige Bettwaren

Unter den Inventurausverkäufen ist namentlich auch der Inventurverkauf des bekannten Betten­hauses Bettfedern Lustig erwähnenswert. In den drei Geschäftshäusern Ede Prinzenstraße­

Sebastianstraße, Wilmersdorfer Straße Ede Bls. marchstraße und Frankfurter Allee 304 bringt die Firma eine übergroße Auswahl in Bettwaren aller Art, wie Steppdecken, Daunendecken, Schlaf­decken, Bettwäsche, Inletten, Bettvorleger usw. zu sensationell herabgesezten Preisen, die es jeder= mann ermöglichen, jetzt außergewöhnlich, billig einzukaufen.

,, Einzig" nennt die Firma Leiser ihren dies­jährigen Inventurverkauf, und in der Tat bietet Leiser diesmal den Berlinern etwas Außergewöhn­liches, etwas ,, einziges" im wahrsten Sinne des Wortes! Daß Leiser- Schuhe heute längst billiger als je zuvor sind, weiß jeder Leiser- Kunde. Trotz dieser billigen Preise hat Leiser in seinem dies­jährigen Inventurverfauf nochmals gewaltige. Preisabstriche gemacht, um die Läger zu räumen und Platz für die Frühjahrsneuheiten zu schaffen. Wenn man berücksichtigt, daß Häute- und Leder­preise stark gestiegen sind und weiter steigen, so tann man nur empfehlen, sich bei Leiser mit Schuhen einzudecken.

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Jetzt kleidet man sich billig so billig, wie wohl nie zuvor! Für die Dame, den Herrn und den Knaben bringt die Firma Leineweber, Berlin C, Am Köllnischen Fischmarkt und in der Brunnen­straße 171, zum Inventurverkauf Angebote, wie sie seit Bestehen dieses führenden Hauses noch nicht dagewesen sind. Daß dabei nur Ware zum Verkauf kommt, die in Qualität und Verarbeitung wertvoll, elegant und modern ist- dafür bürgt der Name Leineweber.

Der Inventur- Berkauf im Deutschen Teppich­haus Emil Lefèvre, seit 50 Jahren Berlin, nur Oranienstr. 158, Nähe Morigplay, beginnt am Montag, dem 2. Januar, und bedeutet für Berlin eine Sensation. Sämtliche Vorräte der reich­sortierten Riesenläger Teppiche, Brücken, Läufer= stoffe, Gardinen, Stores, Bettdecken, Möbelstoffe, Tisch, Divan, Stepp-, Schlaf-, Reisedecken usw. sind im Preise bedeutend herabgesetzt. Auf Wunsch Zahlungserleichterung.

Bockbier- Bolksfeste in der Neuen Welt". Mit dem groß aufgezogenen Silvesterball in Ober­ bayern beginnt in der Neuen Welt" die traditio­nell gewordene Bockbier- Saison. Es gibt wie immer allerhand Neues. Neben der Original- Ober­bayerischen Hauptkapelle Witt werden fünf weitere Kapellen für die musikalische Untermalung der Bockbier- Stimmung sorgen. Schuhplatteln und sonstige echt bayerische Volksbelustigungen auf der Bühne bringen Abwechslung. Neu ist der Rosen garten in den Dolomiten, der abends in Alven­glühen getaucht wird; neu sind weiter der Wazz­mann mit Berchtesgaden und die Zugspige mit Mittenwald. Im Neuen Saal ist der fröhliche Weinberg erstanden, der schöne Rote Saal ist wieder in das lustige Lindenparadies umge­wandelt worden.

In ganz Berlin ist wohl das Beste, die Neue Welt beim Boobierfeste."

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