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Unsere Prophezeiungen auf 1933
( Fall Hentsch
MARGARINE
Da der SA. - Bettel nicht mehr genügend zieht, wird sich Dr. Josef Goebbels persönlich jeden Nachmittag von 2 bis 4 Uhr vor einem jüdischen Warenhaus aufstellen.
Die aufbauwilligen Kräfte der SA. haben soviel Butter auf dem Kopfe, daß durch eine besondere Notverordnung der General Schleicher die Beimengung von Margarine anordnet.
Hitler versichert, daß seine Machtergreifung für 1933 nunmehr endgültig und unwiderruflich bevorstehe. Wer's glaubt, zahlt einen Taler in die Sammelbüchsen der SA .
Um Fememörder der SA , noch schneller als im vergangenen Jahre ergreifen zu können, wird die sächsische Schutzpolizei mit Reittieren ausgerüstet, deren Schnelligkeit sprichwörtlich ist.
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Die offiziellen Reden, mit denen in den Unternehmerorganisationen von Industrie, Handel und Banten das Jahr 1932 zu Grabe getragen wird, sind genau so wie die Reden, mit denen es begann, auf das Lob und die Verteidigung der freien Privatwirtschaft eingestellt. Ob Herr Dr. Solmssen beim Bantenverband oder Herr Dr. Springo rum mit der Assistenz des vielgewandten Staatsrechtslehrers Prof. Carl Schmitt im Langnamverein redet, immer steht der Ruf nach flaren Grenzen zwischen Staatsmacht und freier Wirtschaft im Vordergrund. Diese Begleitmusik ist an sich nicht neu. Aber es scheint, daß sie um jo lauter gemacht wird, je größer das Bedürfnis ist, ihren Widerspruch zum tatsächlichen Geschehen zu verdecken. Denn wenn man auf das wirtschaftliche und mirtschaftspolitische Geschehen des Jahres 1932 in Deutschland zurücblidt, so ist ja nichts fennzeichnender als die dauernde Flucht der theoretisch auf ihre Freiheit so sehr bedachten privaten Großwirtschaft zur Hilfe des Staates.
Die. Wirtschaftsfrise hat, vor allem nach threr schwersten Zuspigung durch die Kredit frife von 1931 Formen angenommen, in denen der normale Ablauf der Bereinigung durch Kapitalverluste besonders in Deutsch land einfach unerträglich schien. Es fenn zeichnet die widerspruchsvolle Lage in dieser Krise des Spätkapitalismus, daß auf der einen Seite die Vertreter der Idee der freien Wirtschaft immer wieder zu den Krücken greifen müssen, die nur der Staat ihnen zu gewähren vermag, und daß auf der anderen Seite die staatliche Hilfsaftion oft auch von denen gebilligt werden muß, die grundsäglich an der Stüßung tapitalistischer Positionen in dieser Form fein Interesse haben, aber auf der anderen Seite auch eine unbegrenzte Krisenverschärfung nicht wünschen können.
Als Wahrzeichen dieser Entwicklung steht am Anfang des Jahres 1932 die große Sanierung der Großbanfen durch das Reich unter Mithilfe der der Reichsban! gehörigen Golddiskontbant, die die Aktienmehrheiten der Vereinigten Dresdner und Danatbank und der Commerz- und Privatbank in den Besitz der öffentlichen Hand brachte.
Um die Mitte des Jahres folgte die zweite große Hilfsleistung des Reiches für die Schwerindustrie. Die Charlottenhütte des Herrn Friedrich Flick war, wie es damals
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Herr Dr. Dietrich ausdrückte, nicht mehr imstande, eine Bilanz zu machen und bei einem Bankrott wäre das ganze kunstvolle Gebäude der Großkonzerne der Montanindustrie, die irgendwie damit in Beziehung standen, ins Wanten geraten. Deshalb kaufte das Reich zu einem sachlich nicht gerecht fertigten Kurse die Mehrheit der Aktien der Gelsenkirchener Bergwerks- Gesellschaft auf und wurde damit auch zum Mehrheitsbesizer der Vereinigten Stahlwerke, des größten deutschen Montantrusts.
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Am Ende des Jahres steht schließlich die Gewährung von neuen Krücken für die Gesamtheit des deutschen Bankwesens durch die Gründung der Deutschen Finan zierungsinstitut 2. 3. und der Tilgungstaffe für gewerbliche Rredite", zweier Institute, die den gemeinsamen 3wed haben, den Banken und damit zum großen Teil auch ihrer industri ellen Kundschaft die an sich gegenwärtig notwendige Berlustabschreibung zu ersparen und fie auf eine längere Reihe von Jahren in der Zukunft zu verteilen.
Wir haben hier drei Vorgänge der Krückenpolitik gleichsam als Symbole für das Jahr 1932 hervorgehoben, aber wir wissen natürlich, daß es nur die weithin sichtbaren Symbole für eine Fülle von grundfäßlich gleichgerichteten Aktionen sind. Ein großer Teil der Arbeit der 1931 als Hilfskonstruktion geschaffenen Akzept und Garantiebank liegt in der gleichen Richtung und hat manchen im normalen Ausleseprozeß unvermeidlichen Zusammenbruch bisher verhütet. Besonders umfangreich war auch in diesem Jahre wieder die Staatshilfe für den für den landwirtschaftlichen Grundbesiz. Von der Verkürzung der Gläubigerrechte durch die Entschuldungsver ordnung vom März 1932 über die Zins zuschüsse für landwirtschaftliche Realkredite vom September 1932 und die Sanierung der landwirtschaftlichen Genossenschaften bis zur Kontingentierungspolitik und den neuesten Beimischungszwängen.
Das tiefe Eindringen der Staatsmacht in die Wirtschaft im Verlauf dieser Krise könnte zum wichtigen Anfagpunkt einer Neugestaltung des Wirtschaftssystems werden, wenn im Staate der Wille lebendig wäre, nicht nur den strauchelnden tapitalistischen Unternehmern auf Kosten der Gesamtheit Krücken zur Verfügung zu stellen, sondern auch aus dieser Hilfestellung die kon
sequenz der Herrschaft der Gesamtheit über die private fapitalistische Willkür zu ziehen. Wenn heute die Unternehmer nach flarer Grenzziehung zwischen Staatsmacht und Wirtschaft rufen, so bedeutet das nichts anderes, als daß sie den Kampf führen gegen das Ziehen der Konsequenzen aus der von ihnen selbst herbeigerufenen Staatshilfe für die Wirtschaft. Auf der anderen Seite müssen die Gegenspieler, die Arbeiter, die Sozialdemokratie, mit allem Nachdruck fordern, daß aus der systemlosen Uebernahme von Risiken in der privaten Wirtschaft durch den Staat die Folgerung gezogen wird, daß der neue Risikoträger Staat auch den ent= sprechenden Machtanspruch gegenüber der Wirtschaft geltend macht und sich zur plan mäßigen Führung der Wirtschaft im Interesse der Gesamtheit durcharbeitet.
Das Jahr 1932 hat im Staate die Kräfte gestärkt, die nicht gewillt sind, diese Kon sequenzen zu ziehen. Gestützt auf die klein bürgerliche Bewegung, die unter der Flagge der ,, antitapitalistischen Sehnsucht" groß gemorden ist, ist die Herrschaft einer Herren schicht gefestigt worden, die bereit ist, den ihr verwandten Interessentenhaufen in Stadt und Land Krücken zu liefern, die aber nicht bereit ist, aus dieser Krisenpolitik antifapitalistische, sozialistische Konsequenzen zu ziehen. Ueber diese Sachlage dürfen wir uns teinen Jllusionen hingeben. Wir müssen flar erkennen, daß die Frage, ob und in welchem Maße aus der Hilfsstellung des Staates in dieser Krise Folgerungen gezogen werden, die die Aussicht eröffnen, durch grundsägliche Wandlung des Wirtschaftssystems herauszuführen aus der ständigen Wiederholung des fapitalistischen Wechselspiels zwischen Konjunktur und Krise, allein abhängig ist von der Frage der politischen Machteroberung.
Der Kampf um die Folgerungen, die aus der Hilfsstellung des Staates für den Umbau der Wirtschaft in sozialistischem Sinne gezogen werden müssen, ist aber auch deshalb von ganz besonderer Bedeutung, weil man sich der Erkenntnis nicht verschließen darf, daß ohne eine grundsägliche Umstellung auf diesem Gebiete alle die Krisenlinderungsmaßnahmen, die im letzten Jahre getroffen worden sind, sich als schwere Vorbelastungen für einen Wiederanstieg der Konjunktur in der Zukunft erweisen werden. Wenn eine Krise sich ohne künstliche Hemmungen auswirkt, so tritt
durch Zusammenbrüche, durch notwendige Abschreibungen von Eigenkapitalien und Schuldforderungen eine Bereinigung von den Fehlleitungen der voraufgegangenen Ronjunttur ein. Der vorangegangenen llebertapitalisierung, falschen Ausdehnung, folgt die Dekapitalisierung, die Abbuchung der Kapitalverluste. Ein neuer Konjunkturaufschwung auf Grund neuer Preissund Produktionsverhältnisse tann sich in diesem Falle vollziehen ohne Belastung durch alte Sünden und Rückstände. In dieser Krise, im besonderen in Deutschland , hat man zum Teil aus dem 3wange der Not, zum Teil aber auch aus dem Mißbrauch politischer Machtpositionen den Bereinigungsprozeß künstlich unterbunden. Der Banfensanierung vom Anfang 1932 folgt die organisierte Bilanzverschleierung von Ende 1932. Der Uebernahme der Gelsenkirchenmehrheit durch das Reich folgte bis heute nicht die überfällige Sanierung des Stahlvereins, So wird die Wirtschaft, wenn es anfängt, wieder bergauf zu gehen, in weitem Umfang den Bremsklotz der Lasten der Vergangenheit noch mit sch herumschleppen. Dadurch wird das Tempo des Wiederaufstiegs gelähmt sein. Hand in Hand mit den unbereinigten Borbelastungen der Wirtschaft stehen aber wiederum im 3usammenhang mit den mannigfachen Krückenlieferungen des Staates und einer gleichzeitig betriebenen leichtfertigen Finanzpolitik große Borbelastungen der öffentlichen Haushalte einer vollen Entfaltung der Aufschwungskräfte auch von dieser Seite entgegen. Die Politik der gehemmten Krisenliquidation droht in eine Hemmung der Aufschmungskräfte umzuschlagen.
Die Erkenntnis dieser Zusammenhänge bedeutet aus der traurigen Gegenwart heraus auch eine ernste Trübung des konjunkturellen Zukunftsbildes. Je rücksichtsloser man aber das Bild dieses spätkapitalistischen Krisenablaufs entschleiert, desto flarer wird auch die Bedeutung, die der Kampf der Arbeitertlasse um die politische Macht im Staat und der Kampf der Arbeiterklasse um die Festigung ihrer wirtschaftlichen Positionen in Gewerkschaften und Konsumgenossenschaften für die Arbeiterschaft selbst und darüber hinaus für die Gesamtheit des Volkes hat.
Der Kapitalismus geht auf Krüden . Er wird auf diesen Krüden mit der Hilfe eines von ihm beherrschten Staates vielleicht noch lange weiter vegetieren. Ein neues jugendfrisches Leben für die Gesamtheit wird aber erst dann zur Entfaltung fommen, wenn ein von den Kräften der Zukunft beherrschter Staat den Durchbruch vom gestüßten Rapitalismus zum sozialistischen Aufbau vollzieht.
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