BEILAGE
Zsott v. Harsányi:
Vorwärts
Eine wunderliche Begebenheit
Diese Geschichte hat mir ein Unbekannter erzählt und mich maẞlos damit geärgert. Nun erzähle ich sie euch, damit es euch ebenso ergehe mie mir. Ein Amerikaner, eben in Paris dem Zuge entstiegen, fühlt, wie ihm jemand im Gedränge etwas in die Tasche steckt. Er dreht sich hastig um und erblickt noch die sich entfernende Person; es war eine Dame in tiefer Trauer. Der lange Trauerschleier bedeckt ihr Gesicht vollständig. Er sieht sie nur einen Moment lang und schon ist sie in der Menge verschwunden Der amerikanische Herr sieht, überrascht nach, was diese fremde Dame in seine Tasche gesteckt hat: einen kleinen Zettel. Auf dem Zettel stehen ein paar schnell hingeworfene französische Worte. Er fann aber kein Wort Französisch, so schiebt er den Zettel in die Tasche zurüď.
Im Hotel angelangt, will er auspacken, als ihm mieder der Zettel einfällt. Er läutet dem Stubenmädchen, sie kommt, er übergibt ihr den Zettel, damit sie ihn übersetze.
Als das Stubenmädchen den Zettel gelesen, geschieht etwas Seltsames. Sie erbleicht, wirst den Zettel auf den Tisch und läuft hinaus. Der Ame= rikaner läutet, das Stubenmädchen kommt nicht wieder. Dagegen läutet nach ein paar Minuten das Zimmertelephon Die Direktion teilt zu ihrem größten Bedauern mit, daß sie das Zimmer dem Amerikaner nicht belassen könne, sie fordert ihn höflichst auf, sich in ein anderes Hotel zu bemühen.
Der Amerikaner stürmt zum Hoteldirektor, um ihn zur Rede zu stellen Der Direktor wehrt sich
Peter Pong:
sichtlich aufgeregt. Es täte ihm aufrichtig leid, aber der Herr müsse sich entfernen, nähere Aufklärungen könne er zu seinem größten Bedauern nicht geben. Das Gepäd wird bereits heruntergebracht. Da hilft keine Erdenmacht. der Amerikaner muß gehen.
Nun gut, er geht in ein anderes Hotel. Dort ist er schon vorsichtiger und zeigt den Zettel nicht dem Personal. Begreiflicherweise ist er aber furchtbar neugierig. Nachdem er ausgepackt, gebadet und sich umgekleidet hat, geht er in ein fleines Gasthaus speisen. Beim Zahlen nimmt er den Zettel hervor und bittet den Oberfellner, der Englisch tann, den Zettel zu übersehen.
Der Oberfellner übernimmt den Zettel und lieft ihn. Er errötet jedoch jäh und fommt in peinliche Berlegenheit.
,, Berzeihen Sie, mein Herr, ich bin Familienvater und spiele mit meiner Stellung."
Und schon eilt er an den nächsten Tisch. Das Erstaunen des Amerikaners wächst von Minute zu Minute. Er verläßt das Gasthaus und hält auf der Straße den ersten Menschen, den er trifft, an. Der tann aber nicht Englisch .
Was soll er machen? Es fällt ihm ein, daß er im Stationsgebäude einen Mann gesehen hat, der ein Band auf dem Aermel mit der Aufschrift ,, Dolmetsch " trug. Er nimmt sich eine Kraftdroschke, fährt auf den Bahnhof, fucht den Dolmetsch, übergiebt ihm den Zettel: Goddam, erflären Sie mir, was auf dem Zettel steht!"
Der Dolmetsch liest und fängt an zu lachen. Er lacht, daß ihm die Tränen herunterlaufen. Er
Der Doppelmensch
Bruno und Willibald Sch. sind zwei junge Männer, die man mit Recht die glücklichsten Menschen nicht nur der Reichshauptstadt, sondern aud) ganz Deutschlands nennen kann. Diese zwei jungen Männer haben nämlich erfunden, wie man während der großen Wirtschaftskrise sehr billig, prattisch, bequem und zufrieden leben kann.
Es handelt sich um zwei Brüder, die Zwillinge sind. Der 26 Jahre alte Bruno Sch. ist der eine, der 26jährige Willibald Sch. der andere. An demjelben Tag, in derselben Stunde haben beide das Licht der Weit erblickt. Sie sind sich so gleich, wie ein Ei dem anderen. Wie die meisten 3millingsbrüder sind sie egal gekleidet, tragen dieselbe Frisur und haben die gleiche Stimme. Sogar Schuhnummer und Kragennummer haben sie die gleiche.
sie geschickt wechselten und daß Bruno den Kaffee bezahlte, den Willibald bestellt hatte.
Willibald bekam die Stellung als technischer Zeichner.
,, Das ist keine leichte Arbeit", erklärte der Chef. ,, Sie müssen zehn Stunden arbeiten!"
Willibald lachte nur und trat seine Stellung an. Der Bürochef munderte sich. Er konnte nicht begreifen, daß man nach zehn Stunden Arbeit noch so frisch sein konnte. Er hatte natürlich, feine Ahnung davon, daß mährend der Mittagspause ein Tausch geschah und eine frische, gut ausgeruhte Arbeitskraft die Arbeit wieder aufnahm.
Beide studierten auf der Technischen Hochschule, Alexander Kasis:
und als sie mit ihren Studien fertig waren, mußten sie für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen.
Einmal lasen sie in einer Zeitung eine kleine Annonce: Tüchtiger technischer Zeichner wird gesucht. Schriftliche Angebote mit Photographie an die Adresse usw."
Beide Brüder wollten sich um die Stelle bewerben.
Aber sie besaßen keine Photographie. Sie gingen daher zum Schnellphotographen.
Der Photograph betrachtete erstaunt die beiden Männer und sagte:
Sie brauchen keine zwei Aufnahmen. Es genügt, wenn einer von Ihnen sich photographieren läßt."
Als sie den Photographen verlassen hatten, sagte Willibald zu Bruno:
,, Du, das war eine gute Idee vom Photographen. Das Leben ist heute schwer. Wir lebten bisher wie zwei Personen. Wir werden fünftighin eine Person spielen."
Sie wohnten bislang in einem zweibettigen Zimmer und zahlten monatlich 60 Mart. Nun kündigten sie schnell die Wohnung und mieteten ein Zimmer mit einem Bett für 30 Mark. Einzeln famen sie und gingen sie stets aus dem Hause. Die Wirtin ahnte nicht einmal, daß sie in dem vermieteten Zimmer zwei Personen wohnten.
Während der eine schlief, saß der andere im Caféhaus, wo es schön warm war und man stundenlang Zeitung lesen konnte. Willibald be= stellte eine Tasse Kaffee. Er trank nur die Hälfte. Die andere halbe Tasse blieb für Bruno, der später kam. Der Kellner merkte nicht einmal, daß
muß sich vor Lachen an eine Wand stüger, gibt den Zettel zurüd und läuft schließlich, vor Lachen fast erstickend, davon.
Der Amerikaner ist zum Bersten neugierig. Er wirft sich wieder ir ein Auto und fährt direkt auf die Polizer Dort fragt er den Torwart, an men er sich zu menden habe. Der Posten spricht mit Rücksicht auf den Fremdenverkehr englisch .
Bitte sich nur in das Zimmer Nr. 17 im ersten Stock zu bemühen, dort wird man Ihnen mitteilen, was der Zettel enthält."
Der Amerikaner geht in den ersten Stock hinauf, sucht das Zimmer Nr. 17 und geht hinein. Dort findet er einen Polizeibeamten. Er stellt sich vor. ..Sprechen Sie englisch, mein Herr?" ,, Jawohl, mein Herr. Womit kann ich Ihnen dienen?"
Der Amerikaner erzählt die wunderliche Begebenheit mit dem Zettel.
Zeigen Sie mir doch bitte diesen merkwürdigen Zettel", sagt der Polizeibeamte interessiert.
Der Amerikaner greift in die Tasche. Der Zettel ist meg. Er sucht in allen Taschen, er ist nirgends. Er hat den Zettel verloren. Er läuft auf den Gang hinaus, um zu schauen, ob er dort irgendwo den Zettel ausgestreut hat
Der Polizeibeamte war ebenfalls sehr neugierig geworden. Und als der Amerikaner lange nicht zurückkam, sah der Beamte auf den Gang hinaus, der Fremde war nicht mehr dort, er fam auch niemals wieder
( Einzig autorisierte Ueberlegung von Georgi Hartwig.)
Bruno meldete einmal begeistert seinem Bruder: ,, Du Willibald, dein Chef ist so zufrieden mit dir, daß er mir heute das Monatsgehalt um 100 Mark erhöht hat!"
So leben die beiden Brüder bequem und billig. Sie nußen alle Möglichkeiten aus. Während andere Leute sich ärgern, daß die Verkehrmittel sehr teuer sind, fahren Bruno und Willibald mit derselben Monatstarte. Unannehmlichkeiten tommen nur selten im Leben dieses glücklichen Menjahenpaares vor.
Nur einmal machte eine schöne blonde Berlinerin Bruno Vorwürfe.
,, Du! Ich bin sehr böse auf dich!" ,, Warum?"
,, Weil du mir den versprochenen Fohlenpeiz nicht gekauft hast."
,, Liebes Fräulein", verteidigte fich Bruno,„ Sie verwedseln mich mit meinem Bruder Willibald!" Aber das glaubte das Fräulein nicht
Der Schwarzhörer
Eines Morgens bekommt Billepud einen Brief. Sehr geehrter Herr!
Sie wissen genau, daß ich an Migräne leide. Warum stellen Sie Ihren Lautsprecher ausgerechnet in den Raum unter meinem Schlafzimmer? Frau Golenkopf, Witme."
So erfuhr Billepud, daß Frau Golenkopf die Migräne hat.
Am nächsten Tag lief bei Pillepud ein zweiter Brief ein.
,, Sehr geehrter Herr!
Ich habe eine dringende Arbeit. Karamahimuru Rajamilimarah, Maharadscha aus Indien , gab mir den Auftrag, für ihn schnell eine Nationalhymne zu komponieren. Ich brauche Ruhe. Warum stellen Sie Ihren schauderhaft fnatternden und brüllenden Lautsprecher- Apparat in den Raum neben meinem Arbeitszimmer? Hochachtungsvoll
Antonio Fortissimo, Komponist.
Einige Stunden später flingelte bei Pillepuck das Telephon.
,, Hallo, hier August Quenzel, Legationsrat. Ich wollte Sie schon heute früh anrufen und Ihnen fagen, Sie möchten doch Ihren Lautsprecher nach elf Uhr abends abstellen. Meine 3 willinge,
die gestern geboren wurden, sehen enttäuscht, daß man in der neuen Welt nächtens nicht ruhig fchlafen kann."
Am nächsten Tag erschien um 7 Uhr morgens ein Herr bei Billepud.
,, Berzeihen Sie, daß ich so früh störe. Sie haben hier einen Lautsprecher, ohne bislang Radiogebühr bezahlt zu haben. Wollen Sie mir bitte den Apparat zeigen?" Der Fremde schaute im Zimmer forschend umher.
Billepud musterte den Fremden. Der Fremde Pillepud.
Ich habe keinen Apparat", erwiderte Billepud nach kurzem Zögern.
,, Das sagt jeder Schwarzhörer! Wo haben Sie Ihren Apparat?"
,, Erlauben Sie, ich bin fein Schwarzhörer, ich bin weiß wie gefallener Schnee!"
Der Fremde fah Billepud bedenklich an. Ja, ja", sagte er bestimmt ,,, zeigen Sie mir, wieviel Röhren hat Ihr Auslandsempfänger?" Pillepud zitterte vor Aufregung
Jezt habe ich aber genug", schlug er empört auf den Tisch ,,, bitte, machen Sie die Tür von draußen zu!" Drei
Wochen
später später
Gerichtsverhandlung.
Staatsanwalt, Rechtsanwalt, Richter, Frau Golen
MONTAG, 2. JAN. 1933
topf, Herr Antonio Fortiffimo und August Quenzel als Zeugen.
,, Das Gericht muß endlich energisch eingreifen", donnerte der Staatsanwalt ,,, demit fünftighin der= artige Schwarzhörer diese gemeinen Diebe der drahtlosen Kultur Staat und Stadt nicht weiter schädigen können! Ich beantrage: 3mei Tage Ge fängnis und 300 Mark Geldstrafe!"
-
Urteil: Fünf Tage Gefängnis und 500 Mark Geldstrafe.
Begründung: Die Zeugen erklärten einstimmig, daß der Angeklagte unter anderem bislang die folgenden nächtlichen Auslandsnummern emp= fangen:
,, Niagara- Wasserfall aus Amerika ."
Das Blöten einer riesigen australischen Schafherde."
Lokalaufnahme aus einem
Dampffägemerk
Tobender Samum der Sahara ." Schäumend vor But geht Pillepud in ein Büro und bestellt für die kommende Nacht einen Privatdetektiv in seine Wohnung.
Ich bin unschuldig verdächtigt einen Radioapparat zu haben", sagte Billepud zu ihm ,,, ich Bitte bleiben Sie hier in besige aber feinen meiner Wohnung die ganze Nacht und überzeugen Sie sich, ich zahle Ihnen fünfzig Mark Belohnung, wenn Sie hier einen Lautsprecher entdecken. Sie dürfen die ganze Wohnung durchsuchen."
Der
Morgens um 8 Uhr erwacht Billepud. Privatdetektiv sitt neben dem Bett Pillepuds und meldet ihm topfschüttelnd:
,, Mein Herr, Sie schnarchen wirklich furchtbar laut!"
Einbrecher spielen Film
Nem Dorf hat jetzt eine friminalistische Sen sation, über die jeder lacht. Verwegenen Einbrechern gelang es, am hellichten Tage Schmud für 50 000 Dollar zu rauben und dann unter dem begeisterten Applaus von Hunderten von Menschen und einer großen Macht Polizisten das Weite zu suchen.
Eines Tages erschienen in der Wohnung der Börsianerwitwe Mrs. Lilly Worflen zwei elegant gekleidete Herren. Da sie ein Empfehlungsschrei ben von einem guten Freund der Witwe vor zeigten, wurden sie anstandslos vorgelassen. Als sie der Witwe gegenüberstanden, 30gen sie plötzlich ihre Revolver und zwangen Mrs Lilly, die eiserne Kasse zu öffnen.
Die ungebetenen Gaste begannen in aller Ruhe die eiserne kasse zu leeren, als plöglich im anderen Zimmer das Hausmädchen, das die Einbrecher mit den Revolvern gesehen hatte, ans Fenster lief und laut um Hilfe rief. Dann raste das Mädchen aus dem Zimmer in den Korridor und versuchte, die Haustewohner zu alarmieren. Währenddessen arbeiteten die Einbrecher ruhig weiter und ließen sich durch das Intermezzo nicht stören.
Unten vor dem Tor stand ein Auto. Um das Auto herum eine Menge Leute. Die Umstehenden hörten zwar die Hilferufe, sahen auch, daß oben im ersten Stod am Fenster eine Frau verzweifelt mit einem Manne ringt, machten aber feine Anstalten, zu helfen. Ganz im Gegenteil. Es wurden Rufe laut:„ Ausgezeichnet! Verflucht nochmal, als ob es Wirklichkeit wäre!"
Plöglich verschwand der Mann vom Fenster und eine Minute später erschienen zwei Männer mit zwei Attentaschen in der Hand auf der Straße. Den beiden folgte die Frau und machte Anstalten, sich auf die beiden Männer zu stürzen. Das Publikum applaudierte begeistert. Zwischen der Frau, dem Hausmädchen und den beiden Männern entstand ein Handgemenge. Nach einer Weile packten die Männer energisch zu, schoben die Frau in das bereitstehende Auto, stiegen felbst ein und fuhren davon.
Inzwischen stand auf der anderen Seite der Straße ein Filmoperateur mit seinem Aufnahmeapparat und furbelte unaufhörlich. Als sich das Auto mit den Bieren in Bewegung setzte, bestieg der Operateur mit noch zwei Mann ein anderes Auto und folgte.
Einige Stunden später kam die leberraschung. Das erste Auto, das in der Richtung Grandzentralstation fuhr, fezte in einer ruhigen Nebengasse die zwei Frauen auf die Straße und sauste davon. Die zwei meldeten den Vorfall und alles fam ans Tageslicht.
Die Filmaufnahme war gar keine Filmaufnahme, sondern tatsächlich ein Banditenstreich. Die beiden Schauspieler waren feine Schauspieler, sondern Banditen und die zwei Frauen die Ueberfallenen. Der Einfall, eine Filmszene der Wirklichkeit zu spielen, brachte den Einbrechern müheund gefahrlos eine Beute von 50 000 Dollar.
―d.
KYRIAZI Nº6
YLAZI P
KYRIAZI Nº 6
Eine
Spitzenleistung
4Pfg.
MIT ODER OHNE MUNDSTÜCK