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Calvin Coolidge gestorben

Der Präsident der ,, Prosperität

Der frühere Präsident der Bereinigten Staaten, Calvin Coolidge , ist gestern mittag in Northampton ( Staat Massachusetts ) im 61. Lebens­jahr einem Herzschlag plöhlich erlegen.

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Coolidge war feine hervorragende Persönlich­feit, sondern ein höherer Beamter von durch= schnittlichem Format. Als Bizepräsident der Ber inigten Staaten zugleich mit Hardings Sieg m November 1920 gewählt, märe er wohl nie über die relativ bescheidene Rolle eines Stellver­treters des Staatsoberhaupts hinausgeragt, menn nicht zufällig Harding im Sommer 1923 por Ab­lauf seiner Amtszeit während einer Alaskareise gestorben wäre.( Ueber die Ursache dieses Todes find übrigens nach Jahren sehr dramatisch- aben­teuerliche Gerüchte aufgetaucht, wonach Harding entweder von seiner eifersüchtigen Frau oder von forruptionistischen Geschäftemachern seiner Um­gebung vergiftet worden sei!).

Jedenfalls rückte gemäß der amerikanischen Ber­faffung der Vizepräsident Coolidge nunmehr automatisch zum Präsidenten auf. Er trat wenig auf, wurde aber durch die äußeren Um­stände begünstigt: in dieser Zeit begann nämlich die Aera jener trügerischen Prosperität", in der das Wirtschaftsleben der Vereinigten Staaten eine noch nie dagewesene Blüte kannte und auch der kleine Mann" zu nie erhofftem Reichtum gelangte.

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Davon profitierte politisch die regierende Re­ publikanische Partei und erst recht Coolidge per­sönlich, der von seiner Partei wieder aufgestellt und im November 1924 mit ungeheurer Mehrheit gewährt wurde. Calvin Coolidges Ansehen wurde durch seine schweigsame Zurückhaltung eher erhöht als vermindert; außerdem tam ihm seine sprichwört liche Unbeste chlichteit zugute, die ihn ver­anlaßt hatte, auch gegen jene hochgestellten Ber­sönlichkeiten seiner eigenen Partei scharf vorzu­gehen, die sich unter Harding bei den übelsten Petroleum- und sonstigen Korruptionsaffären fchamlos bereichert hatten. Demgegenüber mußte damals die Gegnerschaft der..Naffen" verstummen, die in diesem fittenstrengen Puritaner und über­zeugten Anhänger der Prohibition ihren stärksten Gegner erblickten.

Wahrscheinlich wäre er, wenn er es gewollt hätte, zum drittenmal Präsident geworden, aber er felbft lehnte einen solche Wiederaufstellung ab, die den Traditionen der Bereinigten Staaten midersprochen hätte. So fam Hooper an die Reihe, der unter ihm Staatssekretär im Handels­departement gewesen war und der als einer der ersten Urheber der Prosperität" galt.

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Diese Selbstbescheidung war Coolidges geschicht liches Glück. Denn es ist kein Zweifel daran, daß die Prosperity", die zum großen Teil auf Spe­fulation beruhte, unter ihm ebenso schnell zu­fammengebrochen wäre wie es unter Hoover ge schah, und daß ihn jezt das Schicksal Hoovers erreicht hätte, von den enttäuschten und ruinierten Bürgern, von den Geschäftsleuten, Farmern und Arbeitslosen als Sündenbod geopfert zu werden.

USA . und Frankreich

Großer Tag im Kapitol

Washington , 5. Januar. Im dichtbesetzten Senat begann vor überfüllten Tribünen die Kriegsschuldendebatte. Senator Johnson griff sehr scharf die Zahlungsverweige= rung Frankreichs und die Machenschaften der Finanziers an, die er für die augenblickliche Verwirrung in der ganzen Welt verantwortlich macht. Senator Borah hielt eine mehr­stündige Rede, in der er Hoover für schuldig an der festgefahrenen Situation erklärte. Frant reich habe gutgläubig gehandelt. Die Rück­sprachen Hoovers mit den Kongreßführern über das Moratorium und die Aussprache mit Laval feien als Beweise der Bereitwilligkeit des Prä­sidenten zu einem französischen Schuldennachlaß angesehen worden.

Borah traten Berteidiger der Hoover- Politik entgegen, während die demokratischen Partei­führer den Republikanern mangelndes Erinne rungsvermögen vorwarfen. Johnson kündigte eine Gefeßesvorlage an, nach der Anleihe= gewährungen an die jetzt nicht zahlenden Staaten verboten werden sollen.

Die Senatsdebatte und die Erklärungen Borahs werden allgemein als eine starte Stügung der französischen Position angesehen.

Anerkennung der Sowjetregierung Washington , 5. Januar.

Bald nach dem Amtsantritt Roosevelts sollen die Verhandlungen über die Anerkennung der Sowjetregierung wieder aufgenom men werden, um der amerikanischen Ausfuhr einen neuen Markt zu erschließen. Nach der Zah­lungsverweigerung zahlreicher Schuldner der Ver­ einigten Staaten , insbesondere Frankreichs , bestehe fein Grund mehr, die Sowjetregierung nicht anzuerkennen, weil diese die zaristischen

Schulden nicht übernommen hat. Diese Auffassung wird von verschiedenen Abgeordneten, u. a. aud) von Senator Borah, unterstützt.

Abg. Martin( Massachusetts ) brachte eine Vorlage ein, nach der alle fremden Waren mit dem Stempel ihres Herstellungslandes versehen werden müssen. Das fordert die sehr stark um sich greifende Bewegung Kauft USA.- Waren".

Stillegung um Profit

Der Skandal der Zeche Sachsen

In Heeßen in Westfalen ist bei der Zeche Sachfen ein beispiellofer Stillegungs­standal im Gange. Diese Zeche gehörte dem Kupferkonzern Mansfeld , der sich schon seit Jahren nur noch mit Hilfe staat­licher Subventionsfrüden aufrechterhalten kann. Jetzt ist die Grube Sachsen von Mansfeld unter dem Druck des bekannten Montankapitalisten Otto Wolff an den Bergwerkskonzern Rhein­preußen verkauft worden und soll in kürzester Frift ftillgelegt werden.

Schon dieser Verkauf ist ein Skandal für sich, denn Mansfeld beabsichtigt, seine Bergwerfs­betriebe aus dem Konzern herauszulösen und dem Reiche zum Verkauf anzubieten. Der Fall ,, Zeche Sachsen " zeigt aber, daß das gerissene Privat­kapital vorher die besten Stücke aus dem Montan­besitz herausschneiden und dem Reich nur die faulen Betriebe andrehen will. Die Angelegenheit wird aber noch toller, wenn man erfährt, daß es sich bei der Zeche Sachsen um eine erstklassige hochrentable Kohlengrube handelt, die zurzeit 3000 Bergarbeiter mit Familien ernährt.

Daß es sich hier um eine Angelegenheit handelt, die alle angeht, beweist die Tatsache, daß sich vom Regierungspräsidenten über die Kommunalbehör­den bis zur Belegschaft eine einheitliche Abwehrfront gegen diesen Akt der Bergewal­tigung gebildet hat. Die Vertretung der Beleg. fchaft hat fich jetzt mit einem Hilferuf an die Regierung und die Oeffentlichkeit ge­wendet und in einer zu diesem Zwed verfaßten Broschüre nachgewiesen, daß es sich bei der Zeche Sachsen um eine Kohlengrube handelt, die sowohl in der Förderleistung als auch bei den Kohlen­vorkommen es mit den besten Bergwerfen im Westen aufnehmen kann. Wie der Abbau gelten auch die Kohlenwaschanlagen und Kofereien als Musterbetriebe erster Ordnung. Bei befferer Konjunktur fann die Zeche eine Belegschaft von 5000 mann beschäftigen

Die Gemeinde Heeßen hat seit der Abtaufung der Zeche ihre Einwohnerschaft verdreifacht. Diese Industriegemeinde von über 9000 Einwohnern märe durch die Stillegung zum Tode verur= teilt. Die Millionen Investitionen für öffentliche Gebäude, Straßen und andere kommunale An­lagen wären nuglos vergeudet. Die Belegschaft

WIR

GREIFEN

AN!

GOEBBELS

Sportpalast

Devise Anno Dunnemals

v. Schleicher

,, Ausjezeichneter Witz!"

warnt mit Recht davor, die Bevölkerung durch derartige skandalöse Maßnahmen zum hemmungs­lofen Radikalismus zu treiben.

Die Reichsregierung muß vor dem Parlament Farbe bekennen, was sie gegen diesen Anschlag des Konzernfapitals zu tun gedenkt. Eine Re­gierung, die ein derart verbrecherisches Treiben in einer Zeit, wo Millionen erwerbslos auf der Straße liegen, dulden würde, hat jede Existenz­berechtigung verloren!

Polonisierung!

Deutscher Unterricht in Pommerellen

strafbar

Die deutsche Minderheit in Westpolen hat nicht nur durch ihre Abgeordneten im Sejm zu War­ schau wiederholt ihre Loyalität für den polnischen Staat bekannt, es fann auch gar feine Rede von irgendwelcher gewalttätigen Auflehnung dieser Minderheit jein. Trogdem sucht man jie zu pas Ionisieren, ebenso wie man gegen die slami schen Minderheitsvöller der Weißruffen und Ufrainer vorgeht. Die deutschen Schulen in Bom merellen sind weitest gehend abgebaut, deutscher Schulunterricht fann, besonders auf dem Lande, nur durch Wanderlehrer erteilt werden. Das aber ist in Polen ein gefährlicher Be­

Bracht

ruf, wie nach verschiedenen Borgängen" dicle. zwei neuesten Fälle beweisen.

In Posen wurde die deutsche Wanderlehrerin Margarete Krenz wegen unberechtigter Unter­richtserteilung und Weitergabe von Nachrichten an eine fremde Macht, die im Interesse des Staa­tes hätten geheimgehalten werden", zu eineinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Der Strafant ng hatte auf ein Jahr Gefängnis gelautet. Die Deffentlichkeit war ausgeschlossen, obwohl der Verteidiger nachgewiesen hatte, daß ein Urteil des Warschauer höchsten Gerichts in einem ganz ähn­lichen Falle den Ausschluß der Deffentlichkeit als rechtswidrig erflärt hatte,

Ein grausamer Wiz der Weltgeschichte ist es, daß die deutschen Wanderlehrer verfolgt werden auf Grund einer Königlich- Preußischen Ka­binettsorder von 1836.

Der zuständige Starost( Landrat) hat einen Diatonanwärter in dem Dorfe Salzdorf in Bosen- Pommerellen megen Erteilung von Kinder­gottesdienst mit zwei Wochen haft bestraft. Mährend der Wojewode von Posen in einer früheren Erklärung ausdrücklich anerkannt hatte, daß die Erteilung von Religionsunterricht und Kindergottesdienst außerhalb der Schule durch Privatpersonen in der uniierten evangelijden Kirche erlaubt sei und feiner besonderen Ge. nehmigung bedürfe, findet der Starost in dieser Tätigkeit des Diafonanwärters eine strafbare Handlung.

Arbeitsbeschaffung beschlossen

Gerekes Sofortprogramm

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Drückende Bestimmungen für Gemeinden, noch Einstellungsprämien für Unternehmer!

Der Ausschuß des Reichstabinetts hat am Donnerstagnachmittag die Grundsäge für δας neue Arbeitsbeschaffungspro gramm festgelegt, so daß das Programm nun­mehr umgehend in die Tat umgesetzt werden kann. Der Reichskommissar für die Arbeitsbeschaffung, Dr. Gereke, äußerte sich darüber zu einem Ber­treter der Telegraphen- Union.

Unterneh

Danach können Träger der Arbeit nur Reich, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände, sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts so­wie gemischtwirtschaftliche mungen sein. Diesen kann auf ihren Antrag von der Deutschen Gesellschaft für öffentliche Arbeiten ( Deffa) oder der Rentenbank- Kreditanstalt( RKA.) ein Darlehen gewährt werden.

Die Arbeiten müffen volkswirtschaftlich wert­voll sein, den Arbeitsmarkt entlasten und mög­lichsf 1933 beendet werden.

Sie sollen sich vorwiegend auf die Instandsetzung, Verbesserung und Vollendung vorhandener Anlagen, aber auch auf die Förderung der Bodenkultur erstrecken und die durch den Kapitalaufwand entstehenden Zukunftslaften recht­fertigen. Es muß sich besonders um Arbeiten han­deln, die aus Mangel an Geldmitteln bisher nicht ausgeführt werden konnten und auch in absehbarer Zeit aus Haushaltsmitteln voraus­sichtlich nicht bestritten werden können. Ist der Träger der Arbeit teilweise dazu imstande, so fann ihm für den Rest ein entsprechendes Dar­lehen gewährt werden.

Die Vergebung der Arbeiten an Unternehmer ist der Ausführung in eigener Regie grund­fählich vorzuziehen.

Die Arbeiten sollen möglichst nicht freihändig vergeben, sondern ausgeschrieben werden. Mittlere und kleinere Betriebe sind ausreichend zu berücksichtigen, wobei erforderlichenfalls meh

rere Unternehmer zusammengefaßt werden können. Generalunternehmer sind tunlichst auszuschalten. Steuergutscheine für Mehrbeschäftigung von Arbeitnehmern sind in der Preisgestaltung zu berücksichtigen.

Dadurch soll verhindert werden, daß Unter­nehmungen, die ohnehin durch Aufträge der öffentlichen Hand wieder Mehrbeschäftigung be= fommen, noch eine besondere Bergünstigung er­halten.( Warum aber nicht einfach diese Prämien beseitigen?) Alle Arbeiten sollen möglichst durch menschliche Arbeitskraft unter Zurückstellung maschineller Arbeitsleistungen und unter Ver­wendung innerdeutscher Baustoffe ausgeführt wer den. Durch diese Anordnung wird erreicht, daß vor allem langfristig Erwerbslose, also besonders Kinderreiche und Familienväter, bevorzugt werden.

Die Einstellungen erfolgen unter den Be­dingungen des freien Arbeitsvertrages. Die Arbeitszeit soll 40 Stunden wöchentlich nicht überschreifen.

Die Darlehensbedingungen find fol­gende: die Laufzeit soll der voraussichtlichen Lebensdauer der Arbeiten angepaßt werden, jedoch 25 Jahre im allgemeinen nicht überschreiten. Die Laufzeit beginnt erst am 1. Juli 1935, im Ausnahmefall ein Jahr später. Bei einer Til­gungszeit von 20 Jahren sind 6 Proz. des ursprünglichen Darlehensvertrages jährlich als Rente zu zahlen, bei längerer oder fürzerer Tilgungszeit tritt eine entsprechende Verminde rung bzw. Erhöhung ein. Alle übrigen Laften aus der Darlehensgewährung werden vom Reich getragen. Für Anlagen, die Nutzungen in wirt­schaftlich angemessener Höhe ermöglichen, wie 3. B. Gas, Wasser- und Elektrizitätsmerte, gilt die Regelung, daß der Darlehensnehmer die 3ins und Tilgungslaften selbst zu tragen hat. Dies gilt also besonders für die gemist.

wirtschaftlichen Unternehmungen. Die Laufzeit des Darlehns beginnt für diese Art Unternehmungen mit Fertigstellung der Anlage, spätestens am 1. April 1934. Bis zu diesem Zeit­punkt kann das Reich die Kosten der Finanzie­rung übernehmen.

Auf die Frage, wie dieses Programm im mirtschaftlichen Gesamtrahmen ges dacht sei, betonte der Reichskommissar, daß es sich hier nur um ein Sofort programm handele, also nur um den ersten Schritt zu dem aus­gesprochenen 3wed, die öffentlichen Körper­schaften, die ja immer schon im hohen Maße Auftraggeber der Privatwirtschaft gewesen seien, wieder stärker in den produktiven Arbeitsprozeß einzuschalten.

Größten Wert, so erklärte der Reichskommissar abschließend, lege ich auf die beschleunigte Durchführung des Sofortprogramms. Nach der Festlegung der Richtlinien wird sofort mit den praktischen Arbeiten begonnen werden. Mit der Genehmigung der ersten Projekte ist bereits in den nächsten Wochen zu rechnen.

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Es ist also bei den drückenden Finanzierungs­bestimmungen für die Gemeinden geblieben, eben­so bei der skandalösen Regelung, daß Unter­nehmer, die auf Grund dieses Programms Aufträge erhalten, noch Anspruch auf Ein­stellungsprämien haben!

Die Berücksichtigung in der Preisgestaltung ift lediglich eine Kuliffe vor dieser skandalösen Tat­fache!

Die Feindschaft gegen die Kommunalwirtschaft wie die Liebesgabenjehnsucht der Unternehmer haben die Grundzüge des Programms bestimmt.

Damit find seine Erfolgsaussichten von vorn­herein beeinträchtigt! Das Programm ift fertig- aber wir fürchten, daß die Arbeit auf fich warten lassen wird.