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Abend-Ausgabe

Nr. 24 B 12 50. Jahrg.

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Vorwärts=

BERLINER

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14. Januar 1933

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Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Kommt Straßer?

Versuche um ein parlamentarisches Rechtskabinett

Die gestrige mehr als zweistündige Unter­redung Schleichers mit Hugenberg hat einen ganzen Schwarm von Gerüchten aufflattern lassen, bei denen allen die Person Gregor Straßers eine besondere Rolle spielt. Schon einmal war die Nachricht auf getaucht, Straßer werde in Schleichers Ka­binett eintreten und einen Teil der national­sozialistischen Fraktion mitbringen. Es wurde damals aber auch gleich daran er­innert, daß dies die Wiederholung eines Experiments wäre, das Brüning seiner­zeit mit den Deutschnationalen gemacht hatte, ohne zum Erfolg zu gelangen. Man be­zweifelte, daß Straßer bereit sein werde, eine ähnliche Rolle zu spielen, wie sie seiner­zeit Treviranus gespielt hat.

Jetzt ist aber doch wieder sehr ernst davon die Rede, daß Straßer es versuchen will. Angeblich soll er der Vizekanzler und Sprechminister des Kabinetts Schleicher sowie Vorsitzender eines Aktionsausschusses" wer­den, der innerhalb des Kabinetts gebildet werden soll. Bom Zentrum soll Steger­wald in das Kabinett eintreten, von den Deutschnationalen Hugenberg als Führer des zu vereinigenden Ernährungs- und Wirtschaftsministeriums. Als Außenminister wird Brüning genannt.

Das neugebildete Schleicher- Kabinett foll sich dann dem Reichstag stellen und diesen auflösen, falls er ihm die Unterstützung ver­weigert. Der Auflösung sollen Neuwahlen folgen, bei denen die deutschnational­zentrumlich- rechtsnationalsozialistische Koa lition um die Mehrheit kämpfen würde

Bei dieser Darstellung der Dinge fällt vor allem auf, daß sich die Deutschnationalen in eine parlamentarische Front eingliedern sollen, während sie doch bisher unter Hugen­bergs Führung jeder auch nur andeutungs­meisen Annäherung an das parla­mentarische System aufs heftigste widerstrebt haben. Nach einer Darstellung der Kreuz- Zeitung " hat Hugenberg diesen Widerstand auch noch nicht ganz aufgegeben. Er soll fordern, daß die Regierung vom Reichstag wenigstens für ein halbes Jahr freie Hand verlangt und ihn, falls er dies verweigert, auflöst.

Soweit die umherschwirrenden Behauptun­gen und Gerüchte. Man kann sie nicht ganz unglaubwürdig finden, wenn man bedenkt, wieviele Träume der ,, nationalen Rechten" in der letzten Zeit zerronnen sind. Mit der Nacht der langen Messer war es nichts, mit der Eroberung der Mehrheit durch Hitler war es auch nichts, die autoritäre Staats­führung Papens ist verkracht, die Präsidial regierung Schleicher windet sich zwischen agrarischem und industriellem Interessenten drud in tausend Nöten. Was Wunder, daß man sich auf die alten Rezepte zurückbesinnt und die Dinge wieder so treiben will, wie sie zu Zeiten von Wilhelm Marg und Hans Luther zur Not leidlich gelaufen sind? Es ist keineswegs ausgeschlossen, daß die nationale Rechte aus der Sphäre der fonter­revolutionären Romantik zur schäbigen Prosa des Bürgerblods zurückkehrt und daß der Sozialist" Gregor Straßer mit dem Großkapitalisten Hugenberg in diesem Zeichen seinen Frieden macht.

Der Reichspräsident Kung bei Hindenburg. empfing den zur Zeit in Berlin weilenden ehe­maligen chinesischen Industrieminister Dr. H. H. Kun g, der von dem hiesigen chinesischen Gesandten begleitet war.

Schleicher droht

Die Verordnung aus der Schublade soll angewandt werden

Ein Aufruf des Pommerschen Landbundes schließt mit der Aufforderung, die Heim- und Arbeitsstätte" gegen jeden Eingriff mit allen Mitteln bis zum letzten zu ver­teidigen. Der Bölkische Beobachter" bringt ein Bild ,, Wenn der Bauer aufsteht im Lande". Diese Dinge und auch andere Hetzereien und Aufforderungen zum Widerstand gegen die Staatsgewalt geben dem Reichskanzler Beran­laffung, daran erinnern zu lassen, was er im Dezember in seiner Rundfunkrede gesagt hat. Als er damals die Aufhebung der einschränkenden Notverordnungen ankündigte, hat er hinzugefügt, wenn die wiederhergestellte Freiheit mißbraucht werden sollte, würde er dem Reichspräsidenten fehr energische Maßnahmen vor­schlagen müssen.

Es wird jetzt gedroht, gegen folche Hetzereien in einer Weise vorzugehen, die die betreffen­den Zeitungen für längere Zeit sehr fühlbar treffen würde, die aber auch die verantwortlichen Personen nicht straffrei lassen würde. In diesem Zusammenhang ist auch die Rede von einer Prüfung jenes Pommerschen Candbund- Aufrufes nach strafrechtlicher Richtung

*

In Ergänzung der Warnungen des Reichsfan;- iers fann mitgeteilt werden, daß sich die vor­gesehenen scharfen Maßnahmen der Reichsregie­tung zur Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Ordnung nicht nur gegen Ausschrei­tungen der Presse richten werden, sondern

Es soll noch kälter werden

Berlin 11 Grad- Ueberall Frostschäden

Die Kältewelle, von der das Reich seit Sonn­abend überflutet wird, hat in den letzten 24 Stun­den eine ungewöhnliche und von den Wetterstellen nicht vorausgesehene Berschärfung angenom­men. Noch immer strömen aus Mittelruß­land Kaltluftmassen nach Mittel­ europa und es ist noch nicht abzusehen, wann der Kaliluftstrom ein Ende haben wird. Zunächst wird der Kaltlufteinbruch durch die derzeitige Drudver­teilung außerordentlich begünstigt.

An der Südseite eines starken Hochdruckgebiete:, das mit seinem Kern über dem Baltikum liegt, flutet die kalte Luft heran. Da sich gleichzeitig der Himmel aufgeflärt hat, wird die Kälte durch

Bracht--!

Dank an Heimannsberg

Am 20. Juli 1932 ließ die autoritäre Staats­führung" Papen- Bracht den Berliner Po­lizeipräsidenten Grzesinsfi, den Bizepräsi­denten Weiß und den kommandeur der Schuhpolizei Heimannsberg durch Reichswehr aus ihrem Amt heraus ver­haften und in Sicherheit bringen. Erst am späten Abend wurden sie aus der Militärhaft entlassen.

Wenige Tage darauf wurde Heimanns­ berg abermals in früher Morgenstunde aus dem Bett geholt und in Untersuchungs­haft genommen, weil er angeblich Hochverral vorbereitet habe. Auch dieser Streich der ,, Autoritären" fraf daneben. Heimannsberg mußte wieder freigelassen werden und lebt seitdem sozu­jagen im Warteftand". Offiziell fonnte er nicht aus der Beamtenstellung entfernt werden. Er bezog also Gehalt, brauchte aber nicht Dienst zu fun.

Plötzlich hat aber auch Bracht, der Preußenkommissar, entdeckt, daß Herr Heimannsberg ein besonders wertvolles Glied des preußischen Beamtenförpers war. Denn er ließ ihn vor kurzem folgendes Schreiben zugehen:

Sehr geehrter Herr Polizeikommandeur! Mit Ablauf dieses Jahres scheiden Sie Ihrem Antrage entsprechend aus dem Dienst der Schu z- polizei, der Sie feit ihrer Gründung in besonderem Maße verbunden waren. Reiche polizeiliche Erfahrungen und zielbewußte Schaf fenstraft gaben Ihnen die Möglichkeit, sich in den verschiedensten Stellungen

die Ausstrahlung wesentlich verschärft. Das war besonders in der letzten Nacht in und in der Um gebung Berlins der Fall. Das Thermometer fant stellenweise auf 10 bis 12 Grad Kälte. Um 8 Uhr früh herrschten in Berlin 9,4 und um 12 Uhr mittags noch immer 8 Grad Kälte.

Am fältesten ist es in Schlesien mit 15 Grad Kälte, dann folgen Ostpreußen mit 12 Grad, das mittlere Deutschland mit 8 bis 11 Grad Kälte und zuletzt die Oberrheingegend mit 5 und die Niederrheingegend, wo es am mildesten ist, mit 2 bis 3 Grad Kälte Im großen und ganzen dürften die Temperaturen in Berlin am Sonntag bei heiterem Wetter noch weiter sinken. Schnee ist voraussichtlich zunächst nicht 31: erwarten.

bestens zu bewähren. Nach schnellem Aufstieg wurde Ihnen die Führung der Berliner Schutzpolizei übertragen, an deren Spize Sie in nahezu sechsjähriger Berwendung Ihre ganze Kraft der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit in der Reichshauptstadt gewidmet haben.

Ihnen für dieses Wirken meinen und der preu­ßischen Staatsregierung besonderen Dank auszu­sprechen, ist mir eine angenehme Pflicht.

Das Bewußtsein, Ihrem Vaterlande in schwerer Zeit an verantwortungsvoller Stelle treu gedient zu haben, soll Sie auch nach Ihrem Scheiden aus dem Amt mit Genugtuung und Stolz erfüllen. Mit vorzüglicher Hochachtung

Ihr sehr ergebender Loehrs. In Vertretung des Kommissars des Reiches. Also einen Mann, der nach Brachts eigenem Zeugnis feinem Baterlande stets treu gedient hat, hat der gleiche Bracht in Berbindung mit dem Franz von Papen durch Reichswehrsoldaten in Stahlhelm und mit voller Wehr mie einen Verbrecher aus seinem Amt holen und in Haft abführen laffen!

Der Brief, den Heimannsberg jetzt zum Ab­schied erhielt, teilt schallende Ohrfeigen aus. Wen sie treffen, werden unsere Leser selbst wissen!

China wehrt sich!

Genf, 14. Januar.

Die chinesische Regierung übermittelte dem Generalsekretär des Völkerbundes den Inhalt einer Note, die sie soeben an die Signatar staaten des Protofolls von 1901( des fog. Boger- Protokolls. Red.) gerichtet hat.

selbstverständlich auch gegen die Zerror­akte, die in der letzten Zeit überhand genommen haben.

SA. noch immer bewaffnet Und immer neue Feuerüberfälle

In der vergangenen Nacht wurden wieder zwei leberfälle auf Parteilokale verüst, und zwar wurden zwei kommunistische Verkehrs­lokale von unbekannten Tätern beschossen. ohne Die Ueber­daß jedoch jemand verletzt wurde. fälle beweisen, welche herrliche Zustände sich in Berlin in den letzten 14 Tagen unter dem Straßenterror der bewaffneten Nationalsozialisten entwickeln fonnten.

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die Aufmerksamkeit der Mächte auf die Tatsache, daß die japanischen Truppen in widerrechtlicher Ausnutzung eines in dem Protokoll von 1901 Japan gewährten Sonderprivilegs die Stadt Schanhaitwan angegriffen und be setzt haben.

Taufende von friedlichen chinesischen Bürgern feien hierbei getötet,

und außerordentlicher Sachschaden verursacht wor den. Ferner feien gegenwärtig neue japanische Truppenzusammenziehungen an der Eisenbahn­linie Peking- Mukden festzustellen. Unter diesen Umständen sehe sich die chinesische Regierung ver pflichtet, zu erklären, daß sie keinerlei Ver­antwortung für die weitere Lage über­nehmen könne, und daß die chinesischen Truppen nunmehr gezwungen seien, von dem Recht der rechtmäßigen Berteidigung gegen die Angriffe der japanischen Truppen Gebrauch zu machen.

Die chinesische Regierung ersucht den General­sekretär des Bölkerbundes, sämtliche Mitglieder der Völkerbundsversammlung unverzüglich von dem Inhalt dieser Note in Kenntnis zu setzen. In unterrichteten Kreisen sieht man darin eine offizielle Ankündigung, daß die chine­sische Regierung nunmehr zu

weitgehenden militärischen Abwehrmaßnahmen gegen die japanischen Angriffe schreiten werde.

Hitlers Schwedenpump

Eigener Bericht des Vorwärts" Stockholm, 14. Januar. ,, Sozialdemokraten" hat erfahren, daß der schwedische Bankier Ballenberg der Hit­lerei 4 bis 5 Millionen Mart leihen wolle. Vallen­ berg habe türzlich gelegentlich eines Durchreise­aufenthalts in Berlin mit Reichstagspräsident Göring und dessen Schwiegervater über die Möglichkeiten und Sicherheiten der Anleihe verhandelt.

Der Schwiegervater des Herrn Göring lebt in Schweden. Dadurch sind wohl die Beziehungen zu dem Stockholmer Bankier Vallenberg zustande

Achtung! Neukölln!

Montag, den 16. Januar, 16% Uhr Schillerpromenade

Protest

In diefer Note lenkt die chinesische Regierung gegen braunen Mord!