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BEILAGE

Viele Nächte habe ich schon im Gebirge ge= schlafen, in Unterkunftshütten, bei Eennern im Heu, auf eisigen Gletschern vor Kälte zusammen gefrümmt im Zeltfack. aber niemals war der Ein­drud so groß wie in jener Augustnacht auf dem Tizi n' Tifni im marokkanischen Hochatlas. In der halbfinsteren Dämmerung hatten wir durchs Glas noch einige Steinböde ihren Unter­fchlupf suchen sehen, dann mußten wir selbst daran denken, irgendwo in der Steinwüste ein schützen­des Lager zu finden. Denn nicht nur wilde Tiere fonnten uns gefährlich werden, sondern von Süden her wehte merkwürdigerweise ein empfind­lich falter Wind, der in der Nacht wohl die Tem­peratur start herunterdrückte. Immerhin waren wir hier in einer Höhe von über 3000 Metern. die sich bemerkbar machte. So türm­ten wir aus den herumliegenden Felsbrocken eine Mauer auf, hinter der mir uns leicht verfriechen fonnten Die mond- und sternhelle Nacht aber gewährte kontrastreiche, wirkungsvolle Ausblicke ins zerflüftete Litoumimassiv, dessen Berge nach der uns zugewandten Südseite steil abfallen.

Am Morgen weckte uns eine schneidende Kälte, die selbst durch den dicken Zeltsack zog. Die Glieder waren steif vor Anstrengung, Kälte und ange= spannter, nicht verrückbarer Lage. Dazu fonnten mir nicht mal einen warmen Erunt tochen, weil es in der ganzen Umgebung kein Wasser gab. Herabfallendes Gestein ließ uns plözlich auf schauen. Da sahen wir zu unserem Erstaunen, daß bereits die ersten Eselkarawanen den Saumpfad hinauffletterten. Die Treiber sahen in ihren Kapuzenmänteln wie verkleidete Ku- Klur­Klan- Leute aus, die von einer geheimen Be­sprechung tommen Nach ein paar erwärmenden Berrenkungen folgten wir ihrem Weg, denn sie steigen auf der Gegenseite bestimmt auch nach Arround ab und wir brauchen dann nicht mit Kompaß und Karte mühselig unsere Route zu fuchen.

An der ersten Quelle hatte die fleine Karamane Rast gemacht. Felladungen lagen auf der Erde, die Esel suchten sich spärliches Futter an winzigen Grasbüscheln am Bach und die Männer saßen um eine fleine Feuerstelle herum. Sie sind das ewige Nomadenleben gewöhnt. Der in einem ver­rußten Kessel brodelnde Minstee verbreitete schon seinen scharfen Geruch. Auch wir machten Halt und nahmen gerne die Einladung zum Tee an. Dankend aber lehnten wir das Mithalten an der gemeinsamen Mahlzeit ab. Diese echten Atlas­berber, die verwegen und nicht allzu friedlich aus­fahen, hielten große Gastfreundschaft selbst uns Fremden gegenüber. Hoffentlich hatten wir sie mit unserer Weigerung zum Mitessen nicht be= leidigt. Doch für unseren Geschmack war das Ge­richt und die Art des Essens etwas abstoßend. In einen fleinen Topf wurden viele Eier roh hineingeschlagen und mit etwas Mehl vermischt. In diesen Brei tunkte nun jeder mit der Hand Stücke von dem gedörrten Fladenbrot und schob es dann schmagend in den Mund. Scheinbar schmeckte es ihnen ausgezeichnet.

Wir stiegen schnell weiter abwärts, da wir bis zum Mittag im Standlager sein wollten. Wäh­

rend wir durchs Tal marschierten, brannte die Sonne steil herab und schon wieder schien sie uns zu heiß Der Temperaturwechsel zmi. schen Tag und Nacht und in den verschie benen Höhenlagen war im Atlas außerordentlich groß, wovon unsere daran nicht gewohnten Körper start geschwächt wurden.

Im Lager am Refuge Arround erwarteten uns

Vorwärts

MONTAG, 16. JAN. 1933

Skorpionen gegen Seife

Streifzüge im marokkanischen Hochallas/ Von Karl Moeller

schon die meisten der Teilnehmer unserer Erfur­sion. Es war bereits der vorletzte Tag der zur Verfügung stehenden Zeit. Während meiner Ab­wesenheit hatte sich allerhand ereignet. Der Füh= rer Frey der dauernd unten geblieben war, um für Proviant und Verbindung der einzelnen Bergsteigergruppen zu sorgen, war von starken Magenfrämpfen befallen worden, die ihn sehr mitgenommen hatten Auch der Italiener Bolliger litt an Uebelsein infolge von Magen­verstimmung, der größten, gesundheitlichen Gefahr in fremden Zonen.

Die Stimmung war aber trotzdem allgemein sehr gehoben. Der Lifoumtgipfel und sein gefährlicher Grat konnte mehrfach bestiegen wer­den, zum Glück ohne jeden wesentlichen Zwischen­fall. Lediglich Dougan hatte eine schwierige Situation zu überminden. Er wurde beim Klettern an einer glatten Wand von einem freisen= den Adler angegriffen und konnte sich nur mit Mühe in eine schmale Felsenniſche drücken, wodurch wohl sein Leben gerettet wurde. Er ver­sicherte, daß die Flügelweite des Adlers viel größer als ein menschlicher Körper war und zwei­fellos hätte er sich in der gefährlichen Lage kaum gegen das gewaltige Tier wehren können.

Allgemein herrschte nun das Bedürfnis nach Ruhe, Schlaf und Reinigung vom Staub und Dreck mehrerer Wochen vor. Auch verschiedene Wäschestücke mußten wir im Bach säubern, und so wuchs langsam an seinem Ufer eine fleine Waschanstalt heran. Unsere Rückkunft mußte im nahen Dorf wie ein Lauffeuer bekannt geworden sein, denn die fleinen Berberjungens kommen in Echaren herbei, um uns ungeniert im Zelt, beim Kochen und als neuester Sensation: beim Waschen zu beobachten. Diese Tätigkeit schien für sie ein frender Begriff. Tatsächlich waren ja diese Kinder der armen Bergbauern entsetzlich verwahrloft. Ihre schmalen, dunklen Rörper steckten in elenden Sadfehen und das Ab­scheulichste war, daß dicke Schmuhkrusten auf ihrer Haut flebten. Biele hatten auch

frankhafte Ausschläge, besonders am Kopf und in den Haaren. Schuhe, Strümpfe oder gar richtige Kleider waren ihnen unbekannt.

Nun lagen fie alle auf den Steinmauern, die den schmalen Bachlauf zum Echuhe für das wei­dende Vieh einfäumten, auf dem Bauch und starrten uns mit aufgerissenen Mündern und Augen an. Sie sind sonst nicht häßlich, diese fleinen Berberjungen. Im Gegenteil, viele haben formschöne Gesichter und edle Glieder. Aber waschen, nein, das ist in ihrem Leben noch nicht

bagewesen Und nun reiben sich diese merf­würdigen Blaßhäute auch noch mit weißer Echmiere ein. Sollte am Ende gar davon ihre weiße Hautfarbe kommen.

Ein verschmitter Junge fommt lächelnd etwas näher und greist tastend nach unserer Seife. Wir geben ihm ein fleines Stück. Im Nu bearbeitet er damit seinen Kopf, der nur spärliche Haarreste hat, weil er immer ganz furz geschoren wird. Trotzdem friegt er rasch Echaum zurecht und strahlend seift der Kleine sich nun auch noch Arme und Beinchen ein. Helle Flecken er­scheinen unter der dunklen Kruste, und voll Eifer ruht er nicht eher, bis seine ganze Haut einige Grad heller ist was ihn sehr unter den anderen herausstechen läßt. Die betteln natürlich auch alle nach Seife, schnappen das Wort ,, savon"( Seife) auf und brüllen nun dauernd: ,, savon, savon".

Am Nachmittag findet einer von uns unter einem Stein einen Sforpton. Triumphierend bringt er ihn herbei und das feltene Objekt wird sofort in Spiritus gelegt. Es ist der zweite Storpion, den wir gefangen haben. Der erste war sehr viel gefährlicher. Er war auf irgendeine Weise in einen Rucsac geraten und hatte den Besizer beim Auspacken in der Todesangst er­heblich in die Hand gebissen. Dieser Biß der Storpione ist sehr schmerzhaft und kann in ein zelnen Fällen fogar lebensgefährlich sein. Sonst ist aber dieses krebsähnliche Tier wenig menschen­feindlich, wie sich aus den folgenden Begeben­heiten ergibt. Die Berberkinder hatten auch ge­sehen, wie wir den Skorpion bestaunten. Einer zog uns darauf auf die mit dicen Steinen besäte Weide, und überall fast unter jedem Stein, den der Kleine umdrehte, saß ein Storpion. Trotzdem waren wir und auch die Eingeborenen dauernd barfuß dort herumgelaufen Wahrscheinlich stechen die Skorpione eben auch nur, wenn sie selbst an­gegriffen werden. Die Jungen sahen nun, wie wir großen Spaß an diesen Funden hatten und rissen jeden einzelnen von uns fort, um ihm un­erschöpfliche Storpionlager zu zeigen. Dabei schrien sie um die Wette: ,, savon, savon", die sie als Lohn haben wollten und ihnen wohl als In­begriff allen Reichtums erschien.

Der Erfinder der Schnellpresse

Zum 100. Todeslag von Friedrich König  / Von E. E. Reimerdes

Am 17. Januar 1833 starb in Oberzell bei Wurzburg   ein Mann, der sich um das geistige, geschäftliche und gesellschaftliche Leben der ganzen zivilisierten Welt unvergängliche Verdienste er­worben hat: Friedrich König  , der Erfinder der Schnellpresse.

Als Sohn eines schlichten Aderbürgers am 17. April 1774 in Eisleben   geboren, fam der junge König nach dem Besuch des Gymnasiums mit 16 Jahren in die Leipziger   Buchdruckerei von J. G J. Breitkopf. Zum Gehilfen aufgerückt, hospit erte er nebenbei ein Jahr lang an der Uni­versität und erwarb sich in der Mathematik und Mechanit gute Kenntnisse. Schon damals war sein Sinnen und Trachten darauf gerichtet, die alte, seit Gutenbergs Tagen fast unverändert gebliebene hölzerne Handpresse durch eine voll­kommene Druckmaschine zu ersehen, da ihm in jener politisch stark bewegten Zeit der französi­ schen   Revolution eine Beschleunigung in der Ver breitung der Tagesnachrichten dringend geboten erschien. Nachdem er einen Geldmann gefunden hatte, beschäftigte sich König in Euhl, wohin er 1803 übergefiedelt war, eingehend damit, eine Druckpresse zu schaffen. die durch einen besonderen Mechanismus in Bewegung gesetzt werden und alle Manipulationen des Druckens, mit Ausnahme des Ein- und Auslegens der Druckbogen, felbft­tätig ausführen fonnte. Als er mit seinen Ver­suchen bereits gute Erfolge erzielt hatte, ließ ihn sein Geldgeber plöglich im Stich, und nun begann für ihn eine Zeit schwerer Sorgen. Umsonst ver suchte er die bayerische Regierung und bekannte Personen des öffentlichen Lebens für seine Bläne zu gewinnen; er unternahm zu diesem Zwede sogar Reisen nach Wien   und Petersburg  , aber überall mies man ihn ab, bis er schließlich in England, dem Mutterlande der Technik, die erfehnte Unterstützung fard.

Nachdem König sett 1806 zunächst in Londoner  Betrieben für seinen Lebensunterhalt gearbeitet hatte, schloß er im März 1807 mit dem reichen Buchdruckereibefizer Bensley einen Vertrag ab zur Verwertung seiner Erfindung. 1809 traten noch die Buchdrucker Taylor und Woodfall als Teilhaber in das Geschäft ein, während der Mechonifer A. F. Bauer aus Stuttaart. der sich seit 1805 zu Ausbildungszwecken in London   auf­hie't, an der technischen Durchführung der Er­findung mitarbeitete. 1810 wurde die erste Druck­maschine fertig und patentiert, infolge einer schweren Erfrantung Königs fonnte jedoch erst im folgenden Jahre mit dem Brobedrud begonnen werden. Diese Maschine war nach den ersten von

König aufgestellten Prinzipien erbaut und nur das plumpe Holzgerüst durch ein eisernes Gestell ersetzt worden. Eie behielt noch den bei der Hand­presse üblichen Flachdruck( Tiegeldruck) bei; nur wurde das Auftragen der Farbe durch einen selbsttätigen Färbeapparat besorgt und die Ma­schine durch Dampf in Bewegung gefeßt. Im Oftober 1811 erhielt König ein neues Patent, und zwei Monate später erfolgten die ersten Druck­versuche. Der Besiger der ,, Times", John Walter  , der ihnen beiwohnte, gab sofort zwei Maschinen für sein Blatt in Austrag. Der Bau dauerte drei Jahre, und am 29 November 1814 machte die ,, Times", der Welt die aufsehenerregende Mit­teilung, daß sie zum erstenmal auf Druckmaschinen hergestellt worden sei, die mit einer Schnelligkeit von 1100 Drucken in der Stunde arbeiteten, wo­zu man bislang einen Tag gebraucht habe 1815/16 fonstruierte König eine Doppelmaschine, bei der der Bogen auf beiden Seiten bedruckt wurde und fertig die Maschine verließ. Obwohl er auch hierauf ein Patent erhalten hatte, war er gezwungen, den Kampf mit betrügerischen Nach ahmern aufzunehmen. Schließlich kam es sogar dohin. daß man ihn selbst der Nachahmung be= schuldigte und behauntete, er habe sich die nur aus einigen schriftlich niedergelegten Ideen bestehende ,, Erfindung" eines gewissen Nicholson, die niemals zur Ausführung gelangt war, zu eigen gemacht.

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Um den Lohn einer Erfindung betrogen, ver­ließ König 1817 tief getränkt England und be­gründete ein Jahr fväter zusammen mit Bauer in dem ehemaligen Kloster Oberzell bei Würzburg  , das ihm die bayerische   Regierung zu günstigen Bedingungen überließ, eine Drudmaschinenfabrik. Die Regierung wollte durch ihr Entgegenkommen den Sitz der neuen Industrie in ihr Land be= kommen. Anfangs hotte König mit großen Schmie­rigfeiten zu fämpfer, die feiner Energie und Aus­dauer manchmal zu erschöpfen drohten. Bauern und Weingärtner der umliegenden Ortschaften mußte er zu Eisenarbeitern heranbilden und die nötigen Hilfsmaschinen entweder selbst bauen oder aus England kommen lassen. Schwere Sorgen bereitete ihm auch die Beschaffung der Geldmittel für den Betrieb, und als schließlich alles einiger­maßen geregelt war, blieben die Bestellungen aus, weil man in Deutschland  . im Gegensatz zu Frank­ reich  . zu der neuen Erfindung noch nicht das rechte Bertrauen hatte. Aber schließlich wurde das Borurteil besiegt, und nun wurden in fast allen größeren deutschen   Städten die Königschen Schnell­preffen eingeführt. Einen gewaltigen Rückschlag erlitt das Unternehmen nochmals durch die fran­ zösische  

Julirevolution, die König als fortschrittlich gesinnter Mann freudig begrüßt hatte. In Paris  zertrümmerte man die Druckmaschinen. Daß es nicht auch in Leipzig   dazu fam, verhinderte Brodhaus durch seine Geistesgegenwart. Ob­wohl König schließlich nur noch 14 Arbeiter be schäftigen konnte und mit schweren Sorgen zu fämpfen hatte, ließ er den Mut nicht sinken und sann auf weitere Vervollkommnung seines Berkes. Er schuf eine Schnellpreffe für gleichzeitigen Druc in zwei Farben und plante den Bau einer Ma­schine zum Drud von., endlosem Papier"( Rota­tionsmaschine). Da warf ihn am 15. Januar 1933 ein Echlaganfall nieder, dessen Folgen er zwei Tage später erlag.

Die Stadt Eisleben   hat das Andenken Königs 1891 durch Errichtung eines von Schaper ge= schaffenen Monuments geehrt.

Eine Bürgerkunde

In drei schmalen Heften, betitelt: Die Wirt schaft-Gemeinschaft und Gesellschaft- Die Verfassung des Deutschen Reiches( erschienen im Verlag Julius Belz, Langensalza  ) versucht hans Berbig den weiten und umfassenden Stoff der Staatsbürgerfunde zum Zwecke der schulmäßigen Behandlung zusammenzufassen. Das Stoffgebiet der Staatsbürgerfunde setzt sich aus den ver schiedensten Wissenschaften zusammen, Politif, Ge­schichte, Bolswirtschaftslehre, Rechtswissenschaft, Soziologie, Geographie gehören dazu. Mit diesem ungeheuren Stoff in drei dünnen Bändchen von je 48 Seiten Umfang fertig zu werden, ist ein schwieriges Unterfangen, das eben nur dadurch ge­löst werden konnte, daß viele Dinge nur andeu­tungsweise behandelt sind. Der Verfasser hat sich zumeist auf die am wenigsten komplizierten Fragen beschränkt, die er in einfacher Form zur Darstellung bringt, ohne jedoch banal zu werden. Das erste Heft versucht eine Einführung in das wirtschaftliche Denken" zu geben, wobei die Ent­wicklungsstufen der Wirtschaft und ihre Probleme behandelt werden. Das zweite Bändchen beschäftigt sich mit den Fragen Gemeinschaft und Gesell­schaft", es bringt hauptsächlich eine Darstellung der natürlichen und Zweckgemeinschaften, in die der Mensch hineingeboren wird oder die er eingeht. Das letzte Heft ist ein Kommentar der Reichsver­fassung. Es ist darin nicht der vollständige Ge fezestert abgedruckt, sondern nur de Teile, diet für das Verständnis des Wesentlichen notwendig R. J. find.

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