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der KreiSausschuß in Leipzig   am 11. September bereits das daraufhin von der Stadt Burgstädt   entworfene Regulativ ge- nehmigt; auch die Waldheimer haben ein ähnliches Regulativ bewilligt bekommen, nur wollten sich diese Schlaumeier noch vor- behalten, die Umsatzsteuern nach dem ortsüblichen Waaren preise zu berechnen; damit sind sie aber nicht durch- gekommen. Zum Königsberger Börsengarten-Boykott theilt dieHart. Ztg." noch mit. daß der höhere Beamte. der die gegen Amtsgerichtsrath A. gerichteten Ausgleichs- versuche unternommen hat, vor Jahren in seiner frühere» Stellung dem Vorgesetzten des Amtsgerichtsraths A. das Material unterbreitet über eine Rede, die Herr A. im Wahlverein der frei- sinnigen Partei gehalten hat. Es wurde infolge dessen gegen den Amlsgcrichtsrath A. aus dessen Verlangen ein Disziplinar> Ver- fahren eingeleitet, das aber mit Freisprechung endete. Zugleich meldet das Blatt noch, daß auch den Offizieren a.D., und zwar sowohl den ehemaligen aktiven als auch den Reserve- und Landwehr-Offizieren a. D., nahegelegt worden sei, de» Besuch des Vörsengartens möglichst zu meiden. Ob sich wohl unter diesen Ossizieren Leute finden werden, die dem Winke ihrer ehemaligen Vorgesetzten gegenüber ungehorsam zu bleiben wagen? Viele weiße Raben wird es auch in der Stadt der reinen Vernunft nicht unter den Stutzen der Gesell- schaft geben: Derhöhere Beamte", der solches Talent zum Zensor bewiesen hat, wird ihnen schon auf den Dienst passen. Zum Duellsport bei Neservelieutenants. Aus Kiel   wird folgendes Vorkominniß berichtet: Ein Dr. phil  . Fink,Lieutenant der Reserve", Halle einen Artikel verösfent- licht, in dem unrichtige Angaben, betreffend die Orgamsation der Rajfseisen'schen Darlehnskassen entHallen waren. Der Vor- st and des Instituts bezeichnete in einer nunmehr beginnenden Z.ütungsfehde die betreffenden Auslassungen als u n w a h r. Dr. Fink suhlte. sich durch den Ausdruckes ist un- ivahr" beleidigt und wandte sich an das Bezirkskommando. Letzteres überwies die Sache dem Ehrenrath, und der Vorsitzende desselben nahm die Hilfe des Rechtsanwalts Wallis  , der auch Zieservelieutenanl" ist, in Anspruch. Dieser forderte im Auf- trage des Dr. Fink und im E i n v e r st ä n d n i b t d e m Ehrenrath den Vorstand auf, öffentlich in der Presse zu erklären, daß er durch seine Auslassung den Dr. Fink nicht habe beleidigen wolle»; anderenfalls solle eine Herausforderung zum Zweikamp auf glatte Pistolen, IS Schritt Distanz und dreimaligen K u g e l w e ch s e l erfolge». Die Unter- zeich, umg der Ehrenerklärung wurde verweigert, und Wallis  übermittelte nunmehr den Mitgliedern des Vorstandes die Herausforderung. Die Geforderten lehnten dieses Ansinnen gleichfalls ab. Wallis   theille dem Dr. Fink, sowie dem Ehreu- rath das Ergebniß seines Vorgehens mit. Der Ehrenrath veranlaßt« nunmehr F., Klage wegen Beleidigung durch die Presse zu erheben. Die Klage wurde aber vom Schöffengericht abgewiesen, da eine Beleidigung nicht vor- liege. Eines der geforderten Vorstaudsmitglieder, ein Land- niann, machte der Staatsanwaltschaft Mittheilung von der Herausforderung. Die Staatsanwaltschast leitete gegen Dr. Fink und dessen Kartellträger das Strafverfahren ein. Dr. Fink hat aber das nicht öffentliche, nrilitärge richtliche Ver- fahren vorgezogen, während der Rechtsanwalt Wallis  am 8. d. M. von der Strafkammer des Landgerichts zu Kiel   zu einem Tage Festungshast verurtheilt worden ist. Wallis   hatte den Einwand der Unzuständigkeit des Zivilgerichts erhoben und begründete denselben damit, daß er als Osfizier dem Militärgericht unterstehe, nicht den, Zivilgericht, denn das Kartelltragen sei vom Reichsgericht als Beihilfe zur Herausforderung zum Zweikampfe erklärt. Er habe ganz in dienstlicher Veranlassung(I) gehandelt, da der Vorsitzende des Ehrenraths mit dem verletzten Reserve- Lieutenant sich an ihn gewandt habe. Das Gericht erkannte den Einwand der Unzuständigkeit nicht als berechtigt an. Nach der angezogenen Reichsgerichts- Entscheidung trage das Kartelltragen nur den Charakter der Beihilfe. Da der Strafausschließungsgrund§ L09 nicht vorlag, ward auf die mildeste Strafe, einen Tag Festungshaft, er- kannt. nach dem Autrage des Staatsanwalts, der den Fall als außerordentlich milde" bezeichnete. Unübertrefflich tritt in diesen» Vorkominniß die duellerzeugende Thäligkeit des sogenannten Ehrenraths zu tage. Noch wichtiger aber ist zur Beurtheilung unserer Staatsverhältnisse die Thalsache, daß der Duellsport bei der in der Sache zum Spruch berufenen Beamtenschast auf eine Aufnahme stößt, die von verhaltenem Wohlwollen kaum zu unter- scheiden ist. Man vergleiche nur einmal die milde Strafe, die den Dr. Wallis getroffen, mit dem Schicksal, deffen sich Sozialdemo- kraten hätten gewärtig sein müssen, wenn sie sich Gesetzes- Verletzungen von gleicher Schwere zu schulden kommen lassen. Gotha  , H. September.(Privatdepesche desVorwärts".) Bei den heutigen Wahlmännerwahlen zum Landtage errangen wir im ersten Gothaischen Wahlkreise einen vollständigen Sieg. Auch in drei bis vier Wahlkreisen dürsten wir aller Voraussicht nach glänzend durchdringen. A u f e i n e n S o n n t a g, den 20. September, hat die Bürgermeisterei in S t r a ß b u r g   i. E. die Wahlen zum G e- werbegericht angesetzt. Man ersteht hieraus, schreibt hierzu dieFrankfurter Zeitung  ", daß der Sonntag als Wahl» t« r m i n sich in Elsaß- Lothringen   eingebürgert hat und nie- mand nimmt daran Anstoß, im Gegentheil, alle Parteien sind dainit einverstanden, auch die, denen sonst die Heilighaltung des Sonntags sehr am Herzen liegt. Eine Klage über Ent- Heiligung des TageS ist uns noch nicht zu Geficht gekommen, und die Bewohner der Reichslande. Katholiken wie Protestanten sind doch gewiß nicht weniger kirchlich und religiös, als ihre Glaubensgenossen draußen im Reiche, die gleich Wehe schreien, weun die Forderung sich erhebt, alle öffentlichen Wahlen auf die Sonutage zu legen. Ist der Sonntag in Köln  , den die nationalliberaleKöln  . Ztg." nebst ihrer ultramontanen Schwester, derKöln  . Volksztg." vor, jeder Entweihung oder Störung durch Wahlen bewahrt wissen will, etwas anderes, als der Sonntag in Straßburg  , den die nationalliberaleStraßb. Post" liebst dem ultramontanenElsässer" als den besten Wahltag anerkennen? Diese Fragen stellen heißt sie auch beantworten und zwar dahin, daß sich für alle Deutschen   schickt, was den Bewohnern der Reichsland  » recht und angemessen ist. Oesterreich. Wien  , IS. September. Im Arkadenhofe des Rathhauses begann heute der B a u e r n t a a, der von etwa 10 000 Personen besucht ist. Statthalter Graf von Kielmansegg versicherte, die Regierung sei stets bestrebt, die berechtigten Jnter- esse» des von ihr voll gewürdigten Bauernstandes nach- haltig zu fördern.(Stürmischer Beifall, Hochrufe.) Es wurde «ine Anzahl Resolutionen angenommen, darunter eine solche betreffend dasBerbotdesGetreide-Terminhandels sowie eine Resolution, nach welcher der Ausgleich nur unter namhafter Erhöhung der ungarischen Quote und unter Garantie einer ehrlichen Handhabung des Zoll- und Handelsbündnisses seitens Ungarns   abzuschließen und eine österreichische Staatsbank Hu gründen sei. Salzburg  , 14. September. Der konservative Abgeordnete Hofrath Lienbacher ist heute gestorben. Obgleich klerikal hat er doch die Bündnisse der Ultramon» tauen mit Czechen und Polen   niemals gebilligt. So stand er, dessen Begabung unzweifelhaft war, vereinsamt zwischen den liberalen und den ultramontanen Deutschen  . Obgleich früher Slaatsanwalt und einer der Schöpfer deS urreaktionären öster­reichischen Preßrechtes, hat«r die Rothwendigkeit einer den Zeit- Verhältnissen entsprechenden Reform desselben in letzter Zeit offen anerkannt. Frankreich  . Paris  , 13. September. Gestern wurde bei den großen Manövern in der Nähe von Arras   der Kapitän eines englischen Fiisilierregiments namens Flicher wegen Spionagever- d a ch t s verhaftet. Nach Feststellung seiner Personalien wurde er jedoch wieder entlassen, aber des Landes verwiesen. Belgien  . Brüssel  , 14. September.  (Magdeburger Zeitung".) Gegen zehn belgische Ossiziere, die nach den Angaben Parminster's Greuelthaten im Kongostaate verübten, ist eine Untersuchung au- geordnet worden. England. London  , 14. September. Die Freunde Dr. Jameson's haben mit ihrer Petition wegen Freilassung derGe- f a n g e n e n ein klägliches Fiasko erlitten. Die Petition, dir öffentlich zur Nnterschrist auflag, trug nämlich gestern erst vier Unterschriften. Die deutsche Konkurrenz, mit der nach dem Vorgange des Herrn Williams auch andere englische Patrioten ihre Laudslente in ein Schutzzoll-System Hiueinzufchreckeu suchen, verschwindet nicht von der Tagesordnung der englischen Presse. Den künstlichen Zahleuzusammenslelluugen des Herrn Williams tritt nun jetzt derDaily Graphic" mit einer Reihe von Auf- lätzen entgegen, in denen auf die ganz vernachlässigte Thal- fache hingewiese» wird, daß gerade mit Deutschland  die englischen Exporteure die besten Geschäfte machen. Es wird da gesagt:Der größte Käufer Englands sind die Ver- einigten Staaten, dann kommt Indien  , und Deutschland   nimmt erst die dritte Stelle ein. Stellt man aber 5dauf und Verkauf gegenüber, so muß die Reihenfolge umgedreht iverden. Wenn zivei Geschäftsleute mit einander Geschäfte machen, so macht derjenige das beste Geschäft, welcher seinem Freunde mehr ver- kauft, als er von ihm kauft. Und das ist richtig. Denn das Geld, welches er für seine Verkäufe erhält, ist von universellem Werth und kann jeden Augenblick gegen irgend ein Produkt, welches er braucht, eingetauscht werden, während die gekauften Waaren nur einen besonderen Werth haben. Wünscht er sie in Geld zu verwandeln, so muß er sich nach einem Markt umsehen. Und der ist manchmal nicht so leicht zu finden. Derselbe Grundsatz läßt sich, wenn auch nicht so strenge, aus den Handelsverkehr zwischen Völkern und dessen Werlhabschätzung anwenden. Wenn wir in einem Lande mehr verkaufen, als wir von ihm kaufen, so ist es einleuchtend, daß»ins das zum Vortheil gereicht, weil wir das so erworbene Geld zum Ankauf anderer'Artikel aus irgend einem Theile der Welt benutzen können. Deutschland   kauft von uns mehr, als wir von ihm kaufen. Um diese Thatsache zu verdunkeln, hat Williams in seinem BucheMade in Germany  " ein halbes Dutzend Posten über Einsuhr von Deutschland   hervorgesucht. Er giebt z. Ä. a», daß die Einfuhr von deutschen   Leinenwaaren im Jahre 189S einen Werth von 912S7 Lstr. hatte. Er vergißt aber zu sage», daß wir in demselben Jahre für 273 72S Lstr. Leinenwaaren an Deutschland   verkauften. Baunnvollenwaaren kausten wir von Deutschland   für S36 000 Lstr., verkauften aber au Deutschland  für 1 305 000 Lstr. Und so könnte man die gesammte Williams- sche Liste durchgehe». Deutschland   ist unser bester Kunde. Ein Kaufmann beleidigt seinen besten Kunden nicht, auch wenn er ein scharfer Konkurrent ist. Er eifert ihm nach, ohne die GeschästSoerbindung, welche beiden zum Vortheil gereicht, zu zerstören. Das vergessen die Schutzzöllner. Sie wollen, daß die Kolonien in ihren Zolltarifen zwischen Waaren des Mutterlandes nud denen des Auslandes unterscheiden und den ersteren Vorzüge einräumen, während sie den letzteren Bußen auserlege». Diese Politik ist eingestaudeiierinaßen gegen die deutsche Konkurrenz gerichtet. Leichten Herzens riskiren wir unseren Handel mit unserem besten Knuden, um den Handel mit unseren Kolonien zu heben, welche bisher stets stärkere Neigung bezeugt haben, an uns zu verkaufen, als von uns zu kaufen." Dänemark  . I n H e l s i n g ö r ist die Agitation für die am 25. d.M. bevorstehende Wahl in vollem Gange. Es stehen sich hier der Kandidat der Rechten, GulslDsitzer Grüner, und der Maschinenmeister Rasmuffen, der Sozialdemokrat ist, gegenüber. Die liberale Linke ist entschlossen, für Rasmussen zu stimmen. Schtveden. Bei den bevorstehenden Folkethings- Wahlen in Stockholm   wollten die Arbeiter infolge ihres so überaus beschränkten Wahlrechts mit der liberalen Linken zu- sammenarbeiten. um wenigstens einen gewissen Einfluß auf die Wahl der Kandidaten zu erhalten. Ader die nationale Linke empfand natürlich solche Scheu, Arbeiterinteressen mit vertreten zu sollen, daß sie das Augebot ablehnte. Die Sozialdemokraten haben daher beschlossen, H j a l m a r B r a n t i n g in allen Stockholmer   Wahlkreisen als Kandidaten auszustellen. Italien  . Rom  , 12. September.  (Eig. Ber.) Man spricht davon, den italienischen   Konsulaten in Südamerika  , wo, speziell in Brasilien   und den La Plata  -Staaten, mehrere Millionen Italiener eingewandert sind, italienische Regierungslommissionen beizugeben, welche sich mit der Ueberwachung des Schicksals der italienischen Eiwanderer beschäftigen sollen; ebenso ist die Gründung eines Auswanderungsamles in Italien   selbst zur Ueberwachung der Thäligkeit der Auswanderungsagenten angeregt worden. Nur ist in Italien   die Kluft zwischen dem Gedanken und der Aus­führung infolge der in der Staatsverwaltung und in dem ge- fammten öffentlichen Leben herrschenden Schlaffheit weit breiter und tiefer als anderwärts. Die a b e s s y n i s ch e Angelegenheit ist jetzt so weit gediehen, daß man von der Intervention des Zaren eine Lösung erwartet. Dieser werde, heißt es, die Auslieferung der italienischen Ge- fangen«» und die Herstellung eines moäus vlvenäi zwischen Italien   und Abessynien vermitteln und seinerseits die Garantie für dieses Abkommen übernehmen. Während also Italien   den Abessyniern die Verpflichtung auferlegen wollte, sich für ihre auswärtigen Beziehungen ausschließlich der italienischen   Ver- Mittelung zu bedienen, so würde künftig Italien   selbst nur durch den Kaiser von Rußland   mit Abessynien verhandeln können. Die wirthschaftlich werthlose Kolonie Italiens   am rothen Meer« würde durch eine solche russische   Schutzherrschaft auch noch ihren politischen Werth verlieren. So unser Römischer Korrespondent. Nach Berichten aus zuverlässigen Quellen besteht in Rom   der Plan, die afrikanische Kolonie, die militärisch in der jetzigen Ausdehnung nicht haltbar ist. beträchtlich einzuschränken. Warum nicht den ganzen werth- losen Plunder wegwerfen? In Catania   sollte vorigen Freitag eine Volks- Versammlung stattfinden, für die der Abgeordnete Genosse Costa als Berichterstatter angemeldet war. Die Behörden verboten iedoch die Versammlung und das Lokal wurde militärisch besetzt. Costa wollte dann auf einem öffentlichen Platz sprechen, allein er ward gewaltsam verhindert. Die Menge zog dann unter begeisterten Zurufen mit Costa nach dem Bahnhof und rief ihm bei der Abfahrt«in tausendstimmige?: Auf Wieder. t! zu. Man sieht, Herr Rudini ist ganz in die Fußstapfen Erispi's getreten. Spanien  . Barcelona  , 14. September. Das Aktenmaterial gegen die Anarchisten, welche am 7. Juni d. I. das Bombenattentat während der Prozession in Barcelona   ausführten, besteht aus 300 Folioseiten. Di« Zahl der dabei betheiligt«» Personen be» trägt 236. Als Hauptschuldige werden«in Italiener und zwei Spanier angegeben. Aus Kuba   werden die gefangenen Rebellen erschossen. Aus den Philippinen desgleichen. Das Morden bezeichnet in der Regel den letzten Akt der Tragödie. Und eine Tragödie ist der Untergang des größten Kolonialreichs der Welt, in welchemDie Sonne nicht unter- ging". Rnsjland. Petersburg, 13. September. Durch kaiserliche Ordre ist dem Adjunkten des Polizeigroßmeisters von Moskan, Obersten Rudnew, ferner dem Polizeimeister von Moskau  , Obersten Baron Budberg, und dem der Person des Polizeigroßmeisters attachirten Oberstlicutenant Pomeranzew ein st r e n g e r Verweis crtheilt worden, weil sie, wie die Untersuchung über das Unglück auf dem Ehodinskyfelde ergeben hat, ihre Pflichten ver- nachlässigt hatten. 6000 Leicheikk und die Schuldigen erhalten einen strengen Verweis! Die strenge, ohne Unterschied der Person urtheilende Gerechtigkeit ist doch kein leerer Wahn! Soldatenübermut h. Ein Telegramm aus Ruß- land meldete vor einigen Tagen die Degradation mehrerer Offiziere und gab als Ursache an, daß sie Exzesse und Akte der Selbsthilfe verübt hätten. Jetzt erfahren wir, worum es sich handelte. Ein Lieutenant des 85. Dragonerregiments, daS in Mejibujie(Podolien) garnisonirt, fing in einer Wirthschaft mit Juden Streit an und wurde, da er sich zu Handgreiflich- leiten hinreißen ließ, nach Verdienst durchgeprügelt; er eilte hieranf wuthschnaubend i» die Kaserne und forderte seine Kameraden auf, ihn zu rächen; diese ließen sich das nicht zweimal sagen, hundertfünfzig Dragoner wurden aufgeboten, regelrecht kommandirt! und das be­treffende Wirthshaus nebst einigen anderen Häusern gestürmt, alle Möbel, Fenster, Thüren u. s. w. zertrümmert, und fünf Juden getödtet, einundzwanzig verwundet. Für diese Heldenthat ist die Degradation erfolgt. In Rußland  scheint der Kriegsminister nicht rechtschneidig" zu sein, er würde sonst gesagt haben, den Juden, die sich an einen Offizier ver- griffen, sei bloß einDenkzettel" gegeben worden. Man schreibt uns hierzu»och ans Odessa  : Es wird für Sie nicht uninteressant sein, das Treiben unserer Ordnungssäulen" kennen zu lernen. In rnssischen Zeitungen ist mitgetheilt worden, daß zwölf Ossiziere zu gemeinen Soldaten degradirt worden sind. Der Grund davon ist der folgende: I» Mejibujie(Gouvernement Podolien) trat ein Osfizier in ein Wirthshaus ein und verlangte von den Leuten, welche dort herumsaßen, daß sie die Mützen ablegen. Als diese sich weigerten, sein Verlangen zu erfülle», begann der Osfizier, sie mit seiner Reitpeitsche zu traktire», doch wurde er gleich darauf von den Wirthhausbesuchern ausgekleidet und tüchtig durchgehauen. Als der Osfizier über diese ihm zugefügte Beleidigung seinen Kameraden Mittheilung machte, nahmen sie 200 Soldaten mit und es be- gann die Verheerung des Fleckens Mejibujie. Drei Häuser wurden verbrannt, der Müller, welcher der Haupt- beleidiger des Osfizieres war, wurde zerfetzt, seine Frau auf- gehängt; Dragomirow(der Kommandeur der Armee des Militärkreises Kiew  ) wollte die Angelegenheit ver« tuschen, aber der Staatsanwalt brachte sie zur Kenntniß des Ministers. Die Verhaftiingen in Moskau   und Petersburg sind Ihnen schon bekannt. Im Süden Rußlands   finden auch Verhaftungen statt. Die Gendarmerie von Odessa wüthel. Die verhafteten Arbeiter werden geschlagen. So wurde der Arbeiter Brjanzew geschlagen, welchen man auf diese Weise zwingen wollt«, falsche Aussagen zu machen." Türkei  . Koustantinopel, 13. Septeuiber. Das armenische Komitee machte vorgestern den Botschaftern die Mittheilung, daß.es, falls die nächtlichen Razzias und Ver» nichtungs Maßregel i» gegen die Armenier fort- dauern, aufs neue deutliche Lebenszeichen geben werde. ES sind Vorsichtsmaßregeln getroffen worden. Flucht der Armenier. Jedes in Athen   von Konstantinopel   ankommende Schiff bringt eine Anzahl Armenier. Heute sind wieder mehrere derselben eingetroffen; in Phaleron befinden sich bereiis gegen 1000 Arinemer. Das kreten fische Revolutions-Komitee in Vamos hat seine Auflösung mittels Rundschreibens an das kretensische Volk angezeigt. Amerika. LouiSville  , 13 September. Palmer wurde am Sonnabend seine Eruenmmg zum Präsidentschastskandidaten der Gold- demokrate» offiziell angezeigt. Präsident Cleveland   sandte ein Schreiben, weiches denen seine Zustimmung ausdrückt, welche entschlossen dafür eintreten, daß die Stimme der wahren Demo- kratie nicht erstickt»verde._ die Arbcikce Feankreichs hat der Nationalrath desParti ouvrier" folgende Ansprache erlassen: Unser nationaler Kongreß in Lille   sowohl wie auch der inter  - nationale Kongreß in London   waren ein doppelter Sieg des wissenschaftlichen Sozialismus, den die französische   Arbeiterpartei vertritt. Alle Anstrengungen der in allen Farben schillernden Kapitalistenpresse, die"Tragweile dieses Sieges zu leugnen oder abzuschwäche», bestätigen nur, wie kräftig der Schlag war, den die kapitalistische Ordnung erhalte» hat. Unsere«utartete Bourgeoisie wird mehr und mehr unfähig, zur brutalen Gewalt ihre Zuflucht zu nehmen, deren Ohn» macht und Gefährlichkeit sie begreift; und eS bleiben ihr nur noch zwei Waffen, um die Bewegung, welche von allen Seiten über sie hereinbricht, zu bekämpsen und zu hemmen: der Chauvinismus und die Anarchie. Und diese beiden Waffen ihre letzten wurden ihr in Lille   und in London   in den Händen zerbrochen. In Lille   hat die Wiederwahl Ghesqnibre's mit einer gegen früher versiärkien Majorität beim ersten Wahlgang drei Tage nach dem Empfang Liebknecht's, Fischer's und Singer's und nach einer aufregenden, mit chauvinistischen Phrasen erfüllten Woche auch den Blödeste» gezeigt, daß die patriotischen Komödien nie- manden mehr täuschen, und daß die Volksmassen wissen, wer die wahren VaterlandSfeinde sind. Das Volk hatte vor 2S Jahren gesehen, wie die Fem  », die Jules Favre  , die Pouyer- Quertier mit leichtem Herze» Elsab-Lothringen ausliefertei-, das nur die Internationalen, wie Malon, und die Revolutionäre, wie Tridon, zu vertheidigen entschlossen waren, indem sie in der Nationalversammlung gegen den Friedensschluß stimmten. Das Volk hat gesehen, wie die Thiers und Mac Mahon   mit dem Frankfurter   Vertrag die Hilfe Bismarck's zur Niederwerfung de? Paris   der Kommune bezahlten. Das Volk hat gesehen, wie die Jules Simon   und die Burdeau in Berlin   mit dem deutschen   Kaiser festlich tafelten; und es hat gesehen, wie die Ribot. die Hauotaux und die Poincarä Seeleute der Republik   nach kiel   schickten, um den deutschen   Kaiser hoch leben zu lassen. Und als dieselben Regierenden, nachdem sie gestern noch das kaiserliche Deutschland   zur Ausstellung von 1900 eingeladen, es wagten, sich mit dem von ihnen verrathenen und gedemüthigten Bater- land zu decken, um die durchaus nothwendig« Verständigung der Arbeiter der verschiedenen Länder zu hindern; als sie unter der Oberleitung der Pfaffe», die wieder, wie am 16. Mai, die Herren geworden sind, von bezahlten Banden den Rus:«Es lebe Frankreich I' durch Aufhetzungen zur Gewaltthätigkeit gegen die besten Freund« d«S republikanischen und arbeitenden Frank« X