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Morgen- Ausgabe Nr. 31 A 16 50. Jahrg.

Redoktton und Verlag» Verlin 5W 68. Lmdenstt 3 SemlprediCT"3' Äm» Dönhoff M? bt» 297 Telegrammadresie, Sozialdemokrat Derlta

BERLINER

VOLKS BLATT

DONNERSTAG 19. Januar 1933

In Groß Berlin 1 ü Pf. Auswärts....... 15 Pf. �ezucibeHngungen und Anze'genpreis« siehe am Schluß des reduktlonellen Teilt

Jentvaiorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Hitler beim Gelbsack Eiir oäer xexen Schleicher

Bauern und Lunker Oer Osthükeshanda! Auf die peinlichen Anfragen des Zentrums über den Stand der Osthilfe hat der Frei- Herr v. Braun jetzt mit Zahlenmaterial geantwortet, das die schlimmsten Erwartun- gen über den Verlauf der Osthilfe zu recht- fertigen geeignet ist. Entschuldungsdarlehen waren von der Bank für deutsche Industrieobligationen bis zum 31 Dezember 1932 bewilligt für 11 748 Bauernbetriebe mit rund 228 000 Hektar KOL Millionen Mark. 722 Großbetriebe mit rund 344 000 Hektar 60 Millionen Mark. Die unendlichen Verschleppungskünste der Bürokratie der Osthilfe zeigen sich darin, daß von den endgültig bewilligten rund 139 Millionen Mark endgültig ausgezahlt sind rund 49 Millionen Mark, an die Aus- zahlungsinstitute sind überwiesen rund 25 Millionen Mark, mithin rund 65 Mil- lionen Mark zwar bewilligt, aber weder aus- gezahlt, noch zur Zahlung angewiesen sind. Die allgemeinen Klagen aus dem Osthilfe- gebiet, daß die Hunderte von Beamten und Angestellten der Oschilfe und der Bank für deutsche Industrieobligationen mit einem minimalen Leistungseffekt, der in krassem Mißverhältnis zu ihrer großsprecherischen Anmaßung sieht, arbeilen, finden also ihre volle Bestätigung. Die Bevorzugung der Junker, die sich seit dem Ausscheiden Preußens aus der Oschilfe und vor allem dem Amtsantritt des Freiherrn v. Braun ja von selbst ver- steht, kommt in den Zahlen selbst bereits plastisch zum Ausdruck. Während im Durch- schnitt auf die entschuldeten bäuerlichen Be- triebe je Betrieb ein Entschuldungsdarlehen von knapp 6999 M. entfiel, erhielten die Betriebe der Junker im Durchschnitt je über 80 000 HL! Bon den rund 539 999 Bauernbetrieben (mit je über 2 Hektar Fläche) der Oschilfe- gebiete erhielten bisher rund 2,2 Proz. von den rund 13 599 Großbetrieben über 5,4 Proz. Bewilligungen von Entschuldungs- darlehen: die Bevorzugung der Großbetriebe ist also beerits an diesen Zahlen offensichtlich. Sie lassen jedoch erst den Anfang einer Entwicklung erkennen Denn die Osthilfe- bürokratic hat die begreifliche Tendenz, zu- nächst dieglatten Fälle" zu erledigen, um mit großen Leistungen aufwarten zu können. Unter diesen glatten Fällen befinden sich jedoch in erster Linie die Fälle der bäuer- lichen Betriebe. Sind bisher also gleichwohl verhältnismäßig z w e i e i n h a l b m a l so- viel Großbetriebe wie bäuerliche Be- triebe entschuldet worden, so werden es vor- aussichtkich bald dreimal und vier- mal soviel sein! Eine fortlaufende Sta- tistik würde dies bald erkennen lassen. Dieser Tendenz der Oschilfe entspricht es natürlich auch, daß der Anteil der Groß- betriebe an den bewilligten Entschuldungs- Mitteln viel größer ist, als ihrem Anteil an der landwirtschaftlicbcn Fläche des Osthilfe- gebietes entspricht Wöhrend dieser weniger als 49 Proz. beträgt, haben die Junker bereits über 46 Proz. der be- willigten Entschuldungsdar- lehen erhalten! Sckamvoll schweigt sich der Freiherr v. Braun darüber aus. wie die Z u s ch ü s s e und Darlehen aus Reichsmitteln, die landwirtschaftlichen Betrieben bei der Osthille gewährt werden, sich auf die Bauern und die Junker verteilen. Wahrscheinlich ist hier das Verhältnis noch viel ungünstiger. Hoffentlich wird er diese Zahlen noch nach- liefern müssen, ebenso wie die Nachweisun-

Je mehr die Geldnot der Nationalsozialisten steigt, um so unsicherer wird ihre politische Taktik im Augenblick wissen sie selber noch nicht, ob sie Schleicher tolerieren oder nicht, ob sie die Reichstagssitzungen noch einmal vertagen oder nicht. Alles hängt davon ab, wieviel Geld noch einmal herausgeschlagen werden kann, um den kostspieligen Apparat noch ein paar Monate über Wasser zu hallen. Zwar tauchen die braunen Bettelbuben wieder in den Straßen auf, aber was die von den einst geschmähten Spießbürgern er- hallen, macht das Kraut nicht fett. Deshalb muß es mit den großen G e l d s ä ck e n wieder ver- sucht werden. Wieder geht man Herrn Thyssen, dem Vermittler zur Schwerindustrie, um den Bart. Wie das Nachrichtenbüro des VDZ. meldet, fand am Mittwoch in der Dienstwohnung des preußischen Landtagspräsidenten K e r r l ein po< litisches Elsen statt, zu dem der Landtagspräsident geladen hatte. Zu diesem Essen war neben dem Reichstagspräsidenten Göring und dem Fraktion?- führer der Nationalsozialisten im Preußischen Landtag Abg. Kube auch der Führer der NSDAP . Adolf Hitler sowie der In- dustrielle Dr. Thyssen erschienen. Aber auch Herrn Thysien fällt es immer schwerer, die Geldsäcke seiner Kumpane für den unschlüssigen Adolj in der früheren Weise zu össnen. Natürlich versuchen die braunen Herrschaften, die Spuren über die Herkunft des Kapitalisten-

Eigener Beruht desVormärts" Lraunschweig, 18. Januar. Das braunschweigische vermal- l u n g s g e r i ch t hat in einer aus eine klage des Rates der Stadt Braunschweig gegebenen Urteilsbegründung erklärt: Die Tätigkeit des Staatskommissars ver stoße gegen Reichs- und Londesgesetz. An Stelle der Stadtverordnetenversammlung amtiert in Braunschweig seil 131 Jahren, aus An­ordnung de» Raziministers klagges, ein Staats­kommissar. ll. a. hat er drei neue Stadt­räte eiugeseht. Gegen diese Willkürmaß­nahme klagte der Rat beim verwallungsgericht. Es hat au» formalen Gründen die Klage abweisen müsien, weil die Einspruchsfrist verstrichen war. Dennoch sagt die Urtellsbegründung: ein Staats­kommissar dürfe erst dann eingesetzt werden, wenn andere Wege zur ordnungsgemäßen Erledigung der Aufgaben der städtischen Verwaltung nicht mehr vorhanden seien. Das sei nicht der Fall und

gen über die Gläubigerverluste, die das Zentrum bereits verlangt hat! Trefflich paßt es zu dem Bilde, das der Freiherr v. Braun von der Osthilfe gab, was er über das Siedlungswerk sagen kann. In den vier Iahren bis zum Beginn der Osthilfe 1924 bis 1927 wurden rund 19 999 Siedlerstellen begrün- d e t, in den folgenden Iahren, in denen das Osthilfe- und Siedlungswerk unter dem Ein- fluß der preußischen Staatsregierung und der Preußenkasse stand, 1928.... rund 4250 Stellen 1029..... 5550 1030...... 7450 1931.... 8900 Im Jahre 1932 stand das Siedlungswerk unter dem Einfluß der Junker, des Herrn

gelbes möglichst zu verwischen. Jetzt sind sie aber einmal ertappt worden. Oberstleutnant a. D. Prinz Isenburg und Rechtsanwalt K i e- n i tz hatten im Juli 1932 bei der Schwerindustrie 250 000 Mark für Hitlers Arbeiterpartei zu- sammengeschnorrt. Um die Oefsentlichkeit über die Herkunft des Geldes zu täuschen, war es zu- er st nach Frank reich gebracht worden und sollte dann über eine französische Bank nach Saarbrücken überwiesen werden. Zu diesem Be- huse mußte die Devisenverordnung verletzt werden, und dabei wurden die beiden obigen Herren e r> tappt, sie wurden verhaftet und 99 000 M. von der Schiebersumme beschlagnahmt. Jetzt teilt die Justizpressestelle mit: Das Ermittlungsverfahren gegen den Oberst­leutnant a. D. Prinz Isenburg und den früheren badischen Rechtsanwalt Kienitz wegen Devisen- Vergehens ist auf Antrag der Verteidigung durch Beschluß des Amtsgerichts Bsrlin-Mitte eingestellt worden. Die Einstellung erfolgte, weil der Einwand der Beschuldigten, aus po­litischen Gründen gehandelt zu haben, als nicht widerlegbar angesehen wurde. Die Staatsanwaltschaft I hat gegen diesen Beschluß vorsorglich Beschwerde eingelegt." Einmal ertappt, mußten die edelmütigen Schnorrer zugeben, daß das Geld für die Nazis bestimmt war, und diesmal hilft alles Ableugnen nicht mehr.Die Schwerindustrie gehört auch

deshalb verstoße seine Tätigkeit gegen Reichs­und Landesversafsung. vor allem gegen das Selbstbestimmungsrccht der Gemeinden. Starrer als Bombenleger Breslau . 18. Januar. Das evangelische Konsistorium hat die vorläu- sige Dienstenthebung des Nazipastors Fuchs aus Dittmannsdorf, Kreis Waldenburg , mit Wirkung vom 20. Januar außer Kraft gesetzt. Der Beschluß des Konsistoriums stützt sich auf die am 10. d. M. erfolgte Haftentlassung des Geistlichen._

Der Kampf um Zehvl Chinesischer Vorstoß mißlungen Tokio . 18. Januar. Räch japanischer Mitteilung sei der Versuch von 45 000 Mann chinesischer Truppen, Tunliau zu

Schlange aus Pommern , des Freiherrn v. Braun aus Ostpreußen . Die Zahl der neugeschaffenen Stellen ging unter den Stand von 1939 auf 6599 bis 7999 zurück! Für 1933 sind bisher er st 3259 neue Stellen nach der Auffassung des Freiherrn v. Braun gesichert, weniger als 1927 besiedelt wurden. Er besitzt jedoch den Mut, gleichzeitig dem Reichstag zu ver- sichern, daß ja der Landanfall aus ent-' fchuldungsunfähigen Großbetrieben hinzu- treten, und daß im Kabinett darüber beraten werde, wie die Erfordernisse der Siedlungspolitik an die durch den erweiterten Vollstreckungsschutz gegebenen Be- dingungen angepaßt werden sollen". Der unbedingte Vorrang, den für die Re- gierung Schleicher-Braun der Vollstreckungs-

zur deutschen Wirtschaft", wird Adolf sagen. warum sollen wir uns also von hier nicht schmieren lasten?" Drohung mit Verfassungsbruch Wie unsicher die Haltung der Nazis aber auch der Regierung selbst inzwischen geworden ist, zeigt eine Mitteilung desDeutschen ", nach welchem wiederum der Plan der Auslösung des Reichstags unter Hinausschiebung der Neu- wählen um ein Jahr erwogen wird, um aus der Klemme herauszukommen. Die Pro­jektenmacher erklären hochherzig, ehe die ganze Berfastung gefährdet werde, müsie man einen einzelnen Artikel etwas verbiegen Mit Recht betont derDeutsche ", daß diesder An- sang vom Ende" sei. Mit einem kleinen Ver- sassungsbruch sängt es an, und mit der Kata- strophe endet es! Bezeichnend für die Situation in dem Gewirr der Gerüchte ist es, daß selbst mit dem Reichs- kanzler Schleicher befreundete Blätter ihn für k a m p f e s m ll d e" erklären. Das wäre für den Mann, der die Krisen der letzten Jahre hervor- ragend zu arrangieren wußte, etwas sehr rasch! Aber so viel scheint er gemerkt zu haben, daß es leichter ist, andere hinwegzuschieben und heran- zuschieben, als selbst die Verantwortung zu tragen und großartige autoritäre Programmversprechun- gen einzulösen.

besetzen, mißlungen. Durch die Zusammenarbeit der japanischen schweren Artillerie mit den Fliegern sei e» gelungen, die chinesische Offensive zum Stillstand zu bringen. Die kämpfe dauern jedoch noch an. Japan bleibt im Volherbunel Japanische Amtsstellen erklären, daß die Mit- teilung über den bevorstehenden Austritt Japans aus dem Völkerbund nicht bestätigt werden könne: die Regierung Hab« keinen solchen Beschluß gesaßt. * Japanische Delegierte in Europa lassen es aller- dings an Austrittsdrohungen nicht fehlen. Der 19er-Ausschuh des Völkerbundes bemüht sich um Verständigung über die zu fassende Eni- schließung, kommt aber gegen den japanischen Widerstand nicht weiter und vertagte sich wieder ohne Ansehung der nächsten Sitzung! Inzwischen geht der Krieg im Fernen Osten weiter, es werden vollendete Tatsachen geschaffen. In Genf aber spielen alle diplomatischen Künste. um einer Entscheidung auszuweichen!

schütz vor der Siedlung besitzt, konnte deut- licher als in diesem offiziösen Kommunique über die Kabinettssitzung wohl kaum zum Ausdruck kommen. * Massensanierung der Junker, Verelendung der Bauern und Abdrosselung der Siedlung sind die Leitmotive des Regimes des Freiherrn Magnus v. Braun, eines Mannes, den die preußische Staatsregierung zweimal aus hohen Aemtern im Staatsdienst und im Ge- nosienschaftswesen entfernen mußte und der dennoch gut genug war. in den Kabinetten der autoritären Staatssührung unter dem TitelOsthilfe" den Ruin des deutschen Ostens zu vollenden?

Klagges gegen öle Verfassung Verwaltungsgericht bestätigt es ihm