Morgen- Ausgabe
Nr. 33 A 17 50. Jahrg.
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Sermiprecher 7 Amr Donhoff 292 bis 297 Telegrammabreffe: Sozialbemotrat Berlin
Vorwärts
BERLINER
VOLKSBLATT
FREITAG
20. Januar 1933
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Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Beschlüffe gegen Sozialabbau
Sozialdemokratischer Erfolg im sozialpolitischen Ausschuß des Reichstags
Die fozialdemokratischen Anträge, bie durch die Verordnung vom 16. Juni 1932 eingeführte Hilfsbedürftigkeitsprüfung für die Gemährung der Arbeitslosen. und Krisemunterftügung aufzuheben und für die durch die Wohlfahrtspflege unterstüßten Arbeitslosen
die Mitgliedschaft bei der zuständigen Krantentaffe fortzulegen,
die Anwartschaften in der Invaliden-, Angestellten und Knappschaftsversicherung aufrechtzuerhalten,
bie Rückerstattungspflicht bezogener Bohl fahrtsunterstügung aufzuheben, famen heute zur Abstimmung.
Für den Antrag, die Silfsbedürf tigkeitsprüfung aufzuheben, stimmten außer den Sozialdemokraten die Kommunisten, die Deutschnationalen und nach einigem Zögern auch die Nationalsozialisten.
Wenn der Reichstag dem Beschluß des Ausschusses beitritt, wird die Arbeitslosenunterstütung wieder für die Dauer bon 20 Wochen gewährt. Die Einschrän fung auf 6 Wochen würde damit be. seitigt werden.
Ein Zentrum santrag, der die Dauer der versicherungsmäßigen Unterstügung von 6 auf nur 13 Wochen erhöhen wollte, wurde durch Annahme des fozialdemokratischen Antrags erledigt
Frau Schroeder( Goz.) fegte sich besonders dafür ein, daß die Rüderstattungspflicht für bezogene Wohlfahrtsunterstüguna aufgehoben wird. Widerstände, die seitens der Vertreter des Reichsarbeitsministeriums geltend ge macht wurden, veranlaßten Frau Schroeder, au erflären,
daß die Reichsregierung bei ihrer Sub
ventionspolitik von den Großgrundbesitzern auch feine Rüderffaftung fordert.
Graßmann( Soz.) macht Staatssekretär Dr. Grieser darauf aufmerksam, daß die Arbeitslosen doppelt geschädigt werden. Man entziehe ihnen die Unterstügung, womit gleichzeitigerweise die Krankenversicherung fortfällt!
Litte( Soz.) verlangte, daß die Reichsregie rung dafür sorgt, daß diejenigen, die wegen nicht vorliegender Hilfsbedürftigkeit keine Unterstügung beziehen, in jedem Falle gegen Krankheit verfichert werden müßten.
Staatssekretär Griefer antwortete, daß seines Erachtens wegen der Arbeitslosigkeit allein niemand die Krankenversicherung verlieren dürfe. Er will einen Ausweg suchen, weil er grundsäg. lich der sozialdemokratischen Auf= fassung zustimmt.
Angenommen wurde der sozialdemo fratische Antrag auf Aufhebung der Rückerstattungspflicht und ferner eine Entschließung, die die Reichsregierung ersucht, die für die Aufrechterhaltung der Anwartschaften in der Sozialver. ficherung, von den Erwerbslosen zu leiftenden Pflichtbeiträge aus öffent lichen Mitteln sicherzustellen. Ebenfalls soll die Regierung dafür Sorge tragen, daß die Fortsetzung der Mitgliedschaft in der zuständigen Krankenkasse erfolgt.
Zu diesem Zwecke soll seitens der Regierung eine Besprechung von Bertretern des Städtetages und der Spitzenverbände der Krantentassen herbeigeführt werden.
Der Ausschuß behandelt dann Anträge, die zur Krantenversicherung gestellt worden find.
Litte( Soz.) verlangt, daß die durch Notverordnung vorgesehene Krankenschein- und Rezeptgebühr aufgehoben wird. Ebenso verlangt der Redner, daß die Vorschriften der Notverordnung
Die Konferenz zur Vorbereitung der Vierzigftunden Arbeltswoche mußte heute auf Antrag der Arbeitergrupppe na= mentlich über die Resolution der Arbeitergruppe a b stimmen. Die Entschließung wurde mif 31 gegen 21 bel 17 Enfhaltungen abgelehnt. Geschlossen für die Resolution stimmten die Arbeiter, geschlossen dagegen die Unternehmer.
Von den Regierungen stimmten nur Spanien und Schweden dafür. Italien , Frankreich . Dänemark und 14 andere Staaten enthielten sich der Stimme. Deutsch land und der Rest der Regierungen stimmten dagegen.
Vor der Abstimmung über die Resolution der Regierungen gab im Namen der Arbeiterklasse Mertens Belgien die Erklärung ab, feine Gruppe stimme für die Resolution, weil sie das Prinzip enthalte, auf dem die Resolution der Arbeiter beruht hätte. Die Arbeiter hofften, daß bei Annahme der Regierungsresolution die Weiterarbeiten des Internationalen Arbeitsamtes bis zum Sommer in der Richtung der Anregungen der Resolution vor fich gehen würden.
Für die englischen Arbeiter gab Hay. day eine Sondererklärung ab: Die britischen Arbeiterbelegierten hätten die flarere Sprache der Arbeiterresolution gewünscht. Da aber gestern von Regierungsvertretern erklärt worden sei, daß die Absicht im wesentlichen Sinne die gleiche set und nur die Resolufionen im
Ausdrud verschieden, so stimme die englische Arbeitergruppe ebenfalls für die Regierungsresolution, behalte sich aber volle Handlungsfreiheit für das Abkommen vor, das im Juni ausgearbeitet werde.
Mit 41 gegen 21 Stimmen bei 7 Enthaltungen murde dann die Resolution der Regierungen angenommen, gegen die geschlossen nur die Unternehmergruppe stimmte.
Nach der Abstimmung erklärte Oerstedt. Dänemark für die Unternehmer, fie feien überzeugt, daß die Arbeitszeitverkürzung nicht verwirklicht werden könne. Wenn die Unternehmergruppe weiter mitgearbeitet habe, fo fei es nur gewesen, um einem Verlassen der Konferenz jebe Möglichkeit von Mißoerständnissen und falschen Unterstellungen zu nehmen.
Die Konferenz tritt nunmehr in die Einzelberatungen zur Borbereitung eines Konventions. entwurfes ein, die in den Ausschüssen vor sich gehen werden.
Die rechtsgerichteten Abg. Henriot und Bar mentier hatten vor kurzem eine Entschließung beantragt, die die Regierung auffordert, die Attenstücke über die angeblichen deutschen Ge Der heimrüstungen zu veröffentlichen. Unterstaatssekretär im Außenministerium, Pierre Cot , hat die beiben Abgeordneten zu fich ge
vom 8. Dezember 1931 aufgehoben werden, die die Gewährung von Mehrleistungen durch die Krankenkassen unterbindet. Diese Vorschrift führte dazu, daß die Krankenkassen unter anderem auch tein Sterbegeld für verstorbene Angehörige zahlen dürfen. Litfe wendet sich gegen den fommunistischen Antrag, der verlangt, daß die Krankenversicherung vom Stande des 1. Januar 1930 gewährt werden soll. Bei Annahme dieses kommunistischen Antrags würde die Gewährung der Familienhilfe als Pflichtleistung aufgehoben. Ebenso dürfte nur Hausgeld gewährt werden, wenn ein Versicherter seine Angehörigen überwiegend von seinem Arbeitsverdienst ernährt. Auch die Pflicht der Krantentassen, bei Unterbringung in einem Genesungs-, Erholungs- oder Kurheim Hausgeld zu zahlen, wäre aufgehoben worden.
Der Abg Räbel( Romm.) erklärte, daß sein Antrag eine gewisse Schwäche zeige, und daß er ihn deshalb entsprechend abändern werde.
Staatssekretär Griefer führte aus, daß man für den Lebensabend des Arbeiters und Angeftellten eine frohe Bollendung schaffen müßte. Er sagte, daß die Beamten bis zum Ausscheiden aus dem Dienst einen Aufstieg in Anspruch nehmen, während bei dem Arbeiter mit dem 40. Lebensjahr der Abstieg beginnt. Staatssekretär Grieser meinte, daß man dem Arbeiter und Angestellten die Selbstverwaltung voll. fommen überantworten solle, damit die Bersicherten sich die Sozialversicherung in ihrem Sinne gestalten.
Litte( Soz.) fragte den Staatsfefretär Griefer, ob die frohe Bollendung des Lebensabends des Arbeiters darin bestehen solle, daß die Berficherten bei alleiniger Selbstverwaltung auch die Beiträge allein aufzubringen hätten.
Staatssekretär Griefer antwortete, daß er die Leistungsgemeinschaft der Arbeitgeber und Arbeitnehmer für erforderlich hält. Im übrigensei der Arbeitgeberanteil ein Stück des Lohnes.
laben, damit sie Kenntnis von diesen Attenftüden nehmen.
Nach dem Weltkrieg ist in Frankreich eine Bataillonsfahne des ehemaligen 3. preußischen Garderegiments. gefunden worden. Da diesem Regiment feinerzeit Hindenburg ( später auch Schleicher) angehört haben, bemüht man sich um die Rückgabe dieser Fahne. Die Mehrheit des Borstandes der nationalen Frontkämpfervereinigung hat sich für die Rückgabe der Fahne ausgesprochen. Entscheiden wird Ministerpräsident
Paul Boncour, der den Borstand am heutigen Donnerstag empfängt. Im Fall der Zustimmung will der Vorstand die Fahne nach Berlin bringen und sie gemeinsam mit Bertretern deutscher Frontfämpfer Hindenburg übergeben.
380 Mann erfroren
Chinesischer Krieg im Frost
Schanghai , 19. Januar. Japanische Patrouillen haben auf dem im Rampfgebiet an der foreanischen Grenze liegenden Tatuschan- Berge 380 chinesische Sol. daten erfroren aufgefunden. Wie man annimmt, gehören die Chinesen zu einer Abteilung in Stärke von 400 Mann, die von den japanischen Truppen bedrängt, sich auf den Gipfel des Berges flüchteten, wo sie ihren Berfolgern während der Dauer von 14 Tagen erbitterten Biber. st and leiftete. Als über das Kampfgebiet an der toreanischen Grenze eine Rältemelle von außerordentlicher Stärfe ging, verstummte das Gewehrfeuer auf dem Berge. Um die Ursache dafür festzustellen, entsandten die Japaner Patrouillen, die die Chinesen auf ihren Posten erfroren auffanden. Die Toten hielten die Ge mehre noch schußbereit in ihren Armen.
Vor den Reichstag!
Heraus aus den Kulissen
Freitag nachmittag tritt der Aeltestenrat aufammen, um endlich Tag und Tagesord nung der nächsten Reichstagsfizung zu bestimmen. Der am 6. November gewählte Reichstag ist bisher von seiner Mehrheit, zu der die Nationalsozialisten den Hauptanteil stellen, an jeglicher Arbeit gehindert worden. Die Herrschaften, die den Wählern das Blaue vom Himmel versprachen, haben sich bisher damit begnügt, sich nach Empfang ihres Mandats standhaft zu vertagen. Das Spiel soll jezt wiederholt werden. Die Sozialdemokratie legt dagegen energische Verwahrung ein. Sie fordert, daß das Parlament endlich die Aufgabe erfüllt, für die es gewählt ist. Sie fordert den Zusammentritt a m 24. Januar, die Abgabe der Erklärung des Kabinetts Schleicher über sein Programm und die Stellungnahme der Parteien. Sie fordert die Inangriffnahme der vielen schwebenden gefeßlichen, besonders der sozialpolitischen Arbeiten, die zum Teil in den Ausschüssen gewissenhaft vorbereitet sind.
Sie fordert die öffentliche Tagung des Reichstages zur Herstellung von Reinlichkeit und Klarheit. Seit der Abweichung von der parlamentarischen zur ,, autoritären' Staatsführung, die ja der Sauberkeit in der Politik dienen sollte, erlebt Deutschland ein Intrigantenspiel und eine Kulissenspielerei wie niemals zuvor. In Villen und Palästen, in Salons und Hinterzimmern schachern und schieben die neuen Autoritäten" um die alte und um eine eventuelle neue Regierung mit Mitteln und in einem Umfange, die fie früher nur bei den von ihnen gehaßten Schacherjuden für zulässig gehalten haben. Hitler bei Papen, Straßer bei Schleicher, Hugenberg bei Hitler, Bapen bei Hugenberg , dieser beim Reichspräsidenten , jener beim Kanzler; Alvensleben schiebt vorne, Thyssen schiebt hinten, Straßer wird Bizekanzler, Hitler will das Wehrministerium, Schleicher ist für dieses geneigt, Hindenburg gegen jenes, die Harzburger Front wird verkehrt aufgerichtet, mit dem Zentrum, ohne das Zentrum wenn in Deutschland jemand noch nicht gewußt hat, was man unter wahrhafter Autorität" zu verstehen hat, jetzt meiß er es. Wir fordern, daß die Herren endlich aus ihren Kulissen und Salons hervortreten in die Deffentlichkeit, vor den Reichstag , vor das Volk, damit diese endlich Gelegenheit haben, zu sehen, was geſpielt wird und dazu Stellung nehmen fönnen. Die Herrschaften sollen ihre Staatskunst vor der Oeffentlichkeit produzieren. Deshalb verlangen wir den Zusammentritt des Reichstags.
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Die Kommunisten, von Blindheit geschlagen, wollen auch diesmal wieder der Reaktion das Spiel erleichtern. Sie wollen fofort, ohne Aussprache, ohne Regierungserflärung, die Abstimmungen vornehmen, was wieder zur Auflösung des Reichstags führen müßte, ohne daß die Volksvertreter die Gelegenheit erhalten, der Stimme des Volkes Ausdruck zu geben. Herr Schleicher würde sich freuen, wenn diese Anschauung eine Mehrheit fände! Er brauchte sich nicht in geistige Unkosten zu stürzen, es blieb ihm nur die Aufgabe, die Herren nach Hause zu schicken, die ihre eigene parlamentarische Arbeit gar nicht erst aufnehmen. Anscheinend find die Kommunisten der Auffassung, es genügt, sich wählen und dann wieder nach Hause schicken zu lassen, damit sei die Pflicht des Volksvertreters erfüllt. Denn daß sie mit dieser Methode nicht die Regierung, sondern sich selber stürzen, und zwar kampf Ios stürzen, ist klar.
Die Sozialdemokratie wird diese einfältige