Einzelbild herunterladen
 

,, Salome  " neu inszeniert

Städtische Oper

Erstaunlich, aber wahr in Charlottenburg   spielt man die ,, Salome" zum erstenmal. In Anbe­tracht der selten schwierigen Partien, der über­tomplizierten Partitur könnte das zur Nachsicht stimmen. gerade im Musikalischen aber gelingt die Aufführung. Die Sänger bewähren sich, das Orchester unter Stiedry schimmert in allen Farben und Nuancen. gligert und flimmert, ſauſt und braust, saust und brauft vielleicht sogar ein bißchen zu sehr. zu heftig, zu aufdringlich... Immerhin: das Musikalische ist von den füßen Kantilenen der Prinzessin bis zum eraft grotesken Gemauschel des Judenquintetts vollkommen in Ordnung.

Aber die Szene! Reinkings Bühnenbild ist tahl und ausdruckslos, ein trifter Hof, statt einer orientalischen Terrasse, eisig abstrafter Raum, statt einer fiebernd wollüftigen Nacht des Süden. Das Licht, gleichmäßig faltes, leeres Licht, tommt nicht vom Mond; die Nacht ist tot, die Atmosphäre spielt nicht mit. Bild wie Spiel( Otto Krauß' Regie ist einfallslos und ungeschick wtie je) sind flach und ohne Tiefe, vordergründig, nüchtern und ge= heimnislos.

Frau Nemeth singt die Salome  ; und singt sie gut: ein wenig flach ist ihre Stimme, unedel im Timbre, ein wenig grell und ohne Ausgeglichen­heit, voll Glanz jedoch und strahlend in der Höhe. Wie und was spielt sie aber! Das Dekadente, Lüfterne, das fiebernd Sinnliche der südlichen Prinzessin, das zutiefst und grandios Perverse- fie hat es nicht in einer Bewegung, nicht einen Atemzug lang. Merkwürdig kostümiert, verfällt fie in finnlose Gespreiztheit, und ist instinktlos ge nug, den Tanz der sieben Schleier nicht einer Tänzerin zu überlassen, sondern ihn mimisch- gestisch zu umschreiben: so daß den Herodes( und damit die ganze Fabel) niemand mehr versteht... Ein einsichtigerer Regiffeur hätte es auch der Herodias  ( Melitta Amerling  ) nicht geftatten dürfen, in Stunden der Verzweiflung behaglich mit ihrem Bagen zu schäfern. Gut der fluge, haltlose trieb­füchtige und angstvoll- ahnungsvolle Herodes Burgwinkels, Reimars Jochanaan und Cavaras Naraboth.

Bild wie Spiel sind nüchtern. vordergründig und geheimnislos; die Nacht ist tot, die Atmo­sphäre spielt nicht mit. Was aber ist diese ,, Salome" ohne Geheimnis und Verheißung, ohne wollüftiges Fieber, ohne perverse Efstase, ohne erotische Nacht und ihre übersteigerte Erotit, ohne Bildes Atmosphäre in Straußens Partitur ge spiegelt? Schlechtes Theater. A. W.

Eine Lichbildferie über Karl Marg bringt zum 50. Todestage von Karl Marr der Film. und Lichtbilddienst der Partei, Berlin   SW. 68, Lindenstr. 3, unter dem Titel Karl Mart Sein Leben und Wirten heraus. Der Be= arbeiter der Serie ist Boris Nitolaiemsky. Der 3med der Lichtbildserie ist, in Bildern und Porträts die wichtigsten Momente aus Karl Marrs Leben, die Umgebung, in der er wuchs und wirkte, darzustellen. So zeigt die Serie seine Kinderjahre im alten Trier, seine Studienzeit an der Universität zu Bonn   und Berlin  , seine ersten literarischen Versuche in der Rheinischen Beitung", die erste Emigration in Paris   und Brüssel  . Seinen Kampf innerhalb des Kommu­niftenbundes" gegen die utopistisch- abenteuerlichen Elemente mit Weitling an der Spize, die Revo­lution von 1848/49 in Köln   und die darauffolgen­den langen Jahre der zweiten Emigration, dies­mal in London  , den neuen Aufstieg der Arbeiter­bewegung und die von Marg gegründete Inter nationale Arbeiter- Association", Marg missen­schaftliche Arbeiten usw. Alles was an Illu­ftrationen aus Marrs Leben vorhanden ist. wird in diefer Serie gebracht. Die Serie hat 71 Bilder. Das Bildband foftet 5,75 M. Die Leihgebühr für die Lichtbildserie beträgt 5 m. pro Tag zuzüglich Porto   und Verpackung Der Preis einer Diapositivserie beträgt 65 M. Für Karl- Marg Feiern fönnen auch geeignete Filme und Schallplatten bezogen werden. Das Ver­zeichnis wird auf Wunsch fostenlos übersandt. Ferner erschien ein Bildband mit 67 Bildern über das Internationale Kinderrepublik- Zeltlager der Roten Falken 1932 bei Paris  ". Preis 5 M.

-

900

G. Strasse

Der neue Hamlet bo

40

VOTL

Schleicher

Hitler

,, Für Schleicher sein oder nicht sein, das ist hier die Frage!"

Die Volksbühne marschiert...

Zuckmayers ,, Schinderhannes  "

Während die begeisterten Zuschauer den Ver­fasser, den Spielleiter und die Schauspieler wohl an die zwanzigmal rufen, erinnert man sich, daß inmitten des Mißvergnügens dieses Theater winters die Bolfsbühne gradlinig ein künstlerisches Programm verwirklicht. Alle vier Wochen brachte fie ein anderes Stüd, darunter einige hervor= ragende, von der Kritik fast einstimmig an­erfannte, vom Bublifum eifrig besuchte Auf­führungen. Wo ist in Berlin   ein Theater, das so tonsequent ein woh geordnetes Repertoire durchführt und feine Bersprechen einlöst? Zum anderen, wie zuverlässig bewährt sich das En semble ber Boltsbühne, jeber Borstellung von pornherein ein beachtliches Niveau sichernd. Schließlich: wie fleißig und schöpferisch ist Heinz Hilpert  , der bei sämtlichen Stücken der Spielzeit die Regie geführt hat. Wohlan, hier arbeitet mit Vernunft und Geschmack ein Theater, dem die Wirtschaftskrise teinen geringen Schaden zufügt, und das besonders schwer unter der Arbeitslosig­keit seiner Freunde leidet. Es scheint, daß Ge­meinschaft und Blanmäßigkeit die rechten Weg­weiser für die Gesundung des Theaters find. Hinzuzufügen wäre, daß für solche wahrhaft dem Bolke und damit der Nation dienende Bühnen Staat und Gemeinden genau so Aufwendungen machen sollten, genau so, wie sie dies für Schule und Kirche tun.

Diese Erwägungen weckt, wie gesagt, die Auf­führung des Echinderhannes: Theater im vollsten, im voltsmäßigen Sinne des Wortes. Zudmayers Stüd ist überreich an Handlung. Ohne Unterlaß geschieht etwas. Scharfes Tempo ist erforderlich. Wie aus der Pistole geschossen müssen die Szenen fich jagen, damit die rechte Räuber

Die Revolution der Mode. Auf ber legt er ,, Was uns fehlt?

öffneten proletarischen" Modeausstellung werden 60 Modelle sowie 280 Entwürfe gezeigt. Die Stoffe find in den grellsten Farben gehalten. Einige Stoffmuster bringen Zeichnungen von Zahnrädern, elektrischen Birnen Flugzeugen und Rotarmisten. Für das Land enthalten die Stoffe einen Zeichenbrud von landwirtschaftlichen Ma­schinen und Traktoren. Auch die Zahlen und Diagramme des Fünfjahresplans finden sich in den Stoffmustern wieder.

Abbau der New- Yorker Theaterpreise. Die New­Yorker Theater haben dieser Tage wegen der wachsenden Abwanderung der Besucher ihre Ein­trittspreise radikal herabgesett.. Die führenden Broadway- Theater spielen zur Zeit wieder zu den Vorkriegspreisen. Während vor Weinachten ein guter Blog etwa fünf Dollar kostete, sind jetzt in den führenden Theatern und Varietés die besten Bläge bereits für 2,50 Dollar erhältlich.

Uraufführung eines Stüdes von Poe. Das ein­zige dramatische Werk. das der geniale Klassiker der mystischen und Kriminalgeschichte, Edgar Allan Boe, verfaßt hat. erlebte erst jetzt seine Urauf­führung Das Werk eine Tragödie mit dem Titel Politian", wurde zur Erinnerungs­feier an die 120 Wiederkehr feines Geburtstages von der Raben- Gesellschaft" der Universität Bir­ginia öffentlich dargestellt.

Carl Zudmayer arbeitet an einem Drama ,, Der Schelm von Bergen". Der Stoff des Stüdes entstammt einer alten deutschen   Legende.

und Steckbriefs, Kriegs- und Abenteuerstimmung sich entlädt. Dabei dürfen weder das Bedeutsame, erst recht nicht das Nebensächliche den Zusammen­hang mit der Landschaft und deren Luft, mit dem eingewurzelten Bolt, dessen Herz und Maul ver­lieren. Zuckmayers Dichtung lebt von der blut­vollen Verwandtschaft mit den Aeckern und dem Fleisch der Bauern, der Kneipwirte, der Gen­darmen, der armen, träumenden Dorfmädchen. Dem allen gibt Hilperts Aufführung pralle Ge­staltung. Am besten aber gelingen ihm drei stille, von der Musik der Seele beflügelte Vorgänge: mie Julchen zu Hannes tommt, schidjalhaft, mort

los, hingebend entschlossen, wie ein perflogenes Bögelchen in sein gefundenes Nest. Dann: wie das Kind geboren wird. im Kornfeld, in das sich das gehegte Weibtier vertroch; schließlich: mie Julchen und Hannes in der Nacht vor dessen Ent­hauptung beteinander sind.

Julchen ist Camilla Spira  , blond, rundlich wo es sich gehört, von heiterer Tapferkeit, ein töstliches Stück Waldwiese, eine Künstlerin schön gebändigter Leidenschaft. Attila Hörbiger  , aus Wien  , gibt dem Hannes die ganze Glorie muskelfester Jugend. Ein Räuber aus der schwei fenden Sehnsucht der Romantik, aber noch mehr ein freuzbraves Mannskind, das man lieben muß, ein ritterlicher Wolfshund. Leicht und beschwingt wandelt er als Volksheld durch die bald heitere, bald finstere Landschaft der Geschehnisse.

Wenn er zum Anfläger wird, wenn er das Leid der armen Leute herausschreit, wenn er Gott und der Obrigkeit hart zufeßt, wächst er die Absicht des Dichters erfüllend zum rebellischen Kämpfer für Bolt und Freiheit. R. Breuer.

-

, Was uns fehlt? Arbeit" bie Windjacke der radikalen Partei, der er sich

Uraufführung in der Tribüne

Die Arbeitslosigkeit macht die Menschen mürrisch und verbissen und es kann das schönste Familien­leben durch sie in die Brüche gehen. Eine un­bestreitbare Wahrheit. Jedoch, im vierten oder fünften Jahre der Weltkrise, nichts weniger als eine Offenbarung. Megerle von Mühl­feld wollte ein kleines Bolksstück von der Not der Zeit schreiben, wie es sich zwischen den vier Wänden spiegelt, wie sie Mann und Frau, Sohn und Mutter, Frau und Schwiegermutter gegen einander treibt aber das dramatische Handwerk liegt ihm noch allzuwenig in den Knochen. Alles bleibt ohne Straffung, Ballung, Steigerung. Es kommen drei ermüdende Akte zustande, in denen nichts geschieht, die allzu wenig Substanz haben, in denen lediglich zwischen drei Menschen, zwischen der Schwiegermutter und einem jungverheirateten Baar, dessen männlicher Teil die Stellung ver liert, während der weibliche sie behält, endlos hin­und hergeredet wird Im zweiten Aft kommt für Augenblicke einmal so etwas wie eine Strindberg­Atmosphäre auf Die Frau muß hinaus ins feindliche Leben. Der Mann pampelt in der Küche herum. Sein Stolz ist verlegt. Aber alles löst sich bei Mühlfeld harmlos auf. Das ganze Ereignis des ihm völlig entaleitenden legten Affes ist, daß Julian wieder Stellung bekommt, daß er

angeschlossen hatte, in die Ede wirft, und daß wieder Frieben ins Haus einfehrt.

Herausgebracht wurde das Stück von einer Schweizer   Gastspieltruppe. Edit Gurdi war die Mutter, Hermann Gerig der Sohn und Margot Ferra die Schwiegertochter. Alle brei spielten liebevoll bemüht um die verlorene Sache und H. B. ganz ausgezeichnet.

Illustrierte Vorträge

Zwischen Kunst und Schmöker

Zwei Vorträge der Funkstunde bedienten sich der Schallplatte zur Illustration; in beiden Fällen war sie sinnvoll eingeordnet und stellte eine höchst erfreuliche Belebung dar. Allerdings war der Vortrag von Franz Evers   am Sonnabend: Doppelgänger Tier und Mensch: nachdenkliche und lustige Barallelen" dünner, als es der Titel vermuten ließ und das gute gute Schallplattenmateria! notwendig machte. Ausgezeichnet dagegen war am Donnerstag die Darbietung von Joachim Bed: Fün Arten 3u fingen", die wirklich dem musikalischen Laien etwas sagte und die dabei sehr amüsant zu hören war. Nur war sie in der Darstellung von Bei­spielen allzufehr beschränkt.

,, Einer von 80 millionen" heißt die

Kelen

4433

neue Maria ug Reihe, in der wir nun den zweiten Vortrag zur Kenntnis nehmen konnten. Ein etwas reichlich altfluges junges Mädchen er= zählte, wie sie bei einer Tonfilmaufnahme von Lalendarstellern zugeschaut hat Welche Be­ziehung dieser Vortrag zu dem Sammeltitel hatte? Genau die gleiche wie am Sonnabend vor einer Woche der Vortrag des Salonvagabunden: gar feine.

Den deutschen   Menschen, den diefe Bortragsreihe mit dem anspruchsvollen übergroß- deutschen   Titel nicht zeigt, fonnte man ne ner Veranstaltung am Montag erleben, als zwischen 7 urd 8 Uhr abends der Deutsche Arbeiter Mentoliniften­bund in der Funkstunde musizierte. Es gab unter den Mitwirkenden sicher einen sehr hohen Prozentsaz Arbeitsloser die auf vieles Lebens­notwendige perzichten müssen, und die trotz allem ihrem Instrument treu geblieben find mit dem fie sich selber und anderen Freude bereiten. Es wurde gut mufiziert, mit fauberem Rönnen, mit echter Musikfreude. Von dieser Veranstaltung aber ging mehr aus, als nur erfreuliche Musik: Lebenswillen, Lebensbejahung.

Am Sonntagabend brachte die Funkstunde unter dem Titel Aus dem Tagebuch eines Kriminalreporters" ein Mosaik aus Kri­minalfiteratur, zusammengestellt von F. Men= delssohn. Es war wenigstens stellenweise

- ganz amüsant, wenn auch in Gestaltung und Darstellung reichlich massiv. Schmierenstil vor dem Mikrophon zu parodieren ist weniger einfach, als es scheint; das Ohr hört leichter die Schmiere, als die Parodie heraus, besonders, wenn der Stil des Textes diese Täuschung begünstigt, mie es bei dieser Sendung der Fall war. -lz.

Zehn Jahre Arbeiter- Mandolinisten- Bund. Der Deutsche Arbeiter- Mandolinisten- Bund( Siz Mag­deburg, Anhaltstraße 10) veranstaltet aus Anlaß seines zehnjährigen Bestehens in der Woche vom 22. bis zum 29. Januar eine Reichswerbewoche. Der Bund wurde am 23. Januar 1923 mit einigen hundert Mitgliedern in Berlin   gegründet und um­faßt heute 31 Bezirke mit über 6000 Mitgliedern. Sein Ziel ist es, die sozialistischen   Kulturbestre bungen durch Verbreitung wertvoller proletarischer Tendenzmusik zu fördern. Ein auf gemeinnüßiger Grundlage geschaffener Verlag sorgt für gute und preiswerte Notenbelieferung, 1929 wurde auf dem ersten deutschen   Bundesfest in Leipzig   die flin­gende Arbeiter- Internationale gegründet.

Die Erkrankung Galsworthys. Der Zustand des bekannten Schriftstellers Galsworthy  , der in seinem Heim in Hamstead( London  ) schwerkrank baniederliegt, gibt zu den ernstesten Befürchtun gen Anlaß

Prof. Hannes Meyer  , der ehem. Direktor des Bau­ haus   Dessau   spricht Mittwoch, 8 Uhr, im Tiergartenhof, Berliner   Str. 1( Bahnhof Tier, ten), über das ma: Wie lebt der Künstler und Geistesarbeiter im sozialistischen   Staat?"

Ein Ensemble- Gastspiel des Mannheimer National theaters mit Baul Josef Cremers Marneschlacht" in der Inszenierung des Intendanten Herbert Maisch  beginnt Freitag, 3. Februar, im Berliner   The­afer. Mittwoch, 1. Februar, findet abends im Foyer des Theaters ein offizieller Empfang der Mannheimer  Gäste statt.

Ueber Gruppenbildung innerhalb der Jugeub spricht heut abend in der Gesellschaft für wissenschaftliche Philosophie Prof. P. Ziertmann( Charité).

Dr. Frik Schiff spricht auf Einladung der Bolts­bühne Sonnabend, 8 Uhr, im Seunstgewerbemuseum über ,, Die Kunst um Dig und Groß, Weill   und Cisler". Gin­tritt 0,60 Mark.

Im Bund geistiger Berufe spricht heute, 8.30 Uhr. in den Kammerfalen, Teltower Str. 4, Dr. A. Gra bowsky: Worum geht es in Oft- Alien?"

2