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ERSTE BEILAGE

Vorwärts

Bülowplatz und schnelles Gericht

Die verschiedenen Zusammenstöße zwischen Na­tionalsozialisten und Kommunisten anfäßlich des SA.- Aufmarsches auf dem Bülowplay fanden bereits heute vor dem Schnellrichter im Polizei­präsidium ihr gerichtliches Nachspiel. Von den insgesamt 118 festgenommenen Personen sind 35 zur Aburteilung dem Schnellrichter, Amtsgerichtsrat Beulide, vorgeführt worden. Am Dienstag hatten sich bereits 12 Sistierte zu verantworten, meist Kommunisten, denen die An­lage Waffenvergehen, Widerstand gegen die Staatsgewalt, gemeinschaftliche Körperverlegung und Nichtbefolgung polizeilicher Anordnungen bei Demonstrationsversuchen zur Last legt.

Der schwerste Fall behandelte die Anklage gegen den Schriftseter Wilhelm K., der sich wegen un erlaubten Waffentragens und gemein­schaftlicher Körperverlegung eines Polizeibeamten zu verantworten hatte Als die Polizei am Sonntagmittag eine Gruppe von fommunistischen Demonstranten in der Alten Schönhauser Straße auseinandertreiben wollte, sprang der Angeklagte von hinten den 42jährigen Polizeihauptwacht­meister Balzer an und schlug ihn nieder. Durch andere Polizeibeamte konnte der Angreifer überwältigt und festgenommen werden, wobei er erheblich am Kopf verlegt murde. Der Angeklagte, der mit verbundenem Kopf vor Gericht erschien, gab die Tat zu und verteidigte sich mit seinem Jähzorn und seiner drei­jährigen Arbeitslosigkeit. Das Gericht verurteilte den Angeklagten, der einen Totschläger bei sich gehabt hatte, wegen Körperverlegung und Waffentragens zu 6 Monaten Gefängnis.

Gefängnis für Gummiknüppel

Weiter wurde der Elektromonteur Raul R nur wegen Tragens eines Gummifnüppels zu der unerhört harten Strafe von drei Mo naten Gefängnis verurteilt.. hatte einen nationalsozialistischen Zug begleitet, wobei er mit den SA.- Leuten in einen Wortwechsel geriet und schließlich von einem Polizeibeamten durchsucht murde. Den Gummifnüppel, der bei ihm ge­sunden wurde, will der Angeklagte nach seiner Darstellung zum Schutz von Angriffen von seiten der Nationalsozialisten getragen haben.

Sad

Es hagelt nur so Gefängnisstrafen

Gleichfalls wegen Waffenvergehens wurde der 29jährige erwerbslose Mechaniker Hans B. zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Der Ange­flagte war bereits in der Nacht zum Sonntag am Luisenufer festgenommen worden, wo es zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten zu einer Schießerei gekommen war. Alle in der Nähe be­findlichen Personen wurden von der Polizei im Anschluß daran nach Waffen durchsucht. Bei B. murde eine Stahlrute gefunden, die er eben­falls zu seinem persönlichen Schutz bei sich haben wollte.

Wegen des Rufes Nieber mit den Bluthunben" gegenüber Polizeibeamten wurde der Erwerbs­lose Richard M. zu sechs Monaten Ge= fängnis verurteilt. Ein Kommunist Hermann F., der in Schöneberg   Plakate mit der Aufforde= rung zu fommunistischen Gegendemonstrationen angeklebt hatte, erhielt drei Wochen Gefängnis. Bier andere Angeklagte wurden wegen Nicht­befolgung polizeilicher Anordnungen und Wider­standes gegen die Staatsgewalt zu Strafen von zwei Wochen bis zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, wobei die Borstrafen und die Schwere des Falles jeweils gewertet wurden.

Laufen muß man können Außerordentlich bezeichnend für das, was einem harmlosen Passanten geschehen kann, war der Fall eines 20jährigen Kaufmanns Herbert S. Als die Bolizei eine Nebenstraße am Bülowplaz räumte, lief Herbert S. nicht schnell genug fort, so daß ein Polizeibeamter ihm einen Schlag in den Rüden gab den S mit einem Stoß gegen die Brust des Beamten beantwortete. Der Angeklagte, der nicht sofort festgenommen morden war, begab sich zum Revier, um sich dort über den betreffenden Beamten zu beschweren und feine Dienstnummer anzufordern. Er erklärte auf dem Polizeirevier, daß er megen eines Leidens nicht gut laufen könne und deshalb der Aufforde rung des Beamten zum Weitergehen nicht schnell genug Folge leisten konnte. Auf dem Revier murde ihm aber nicht die Dienstnummer ausgehändigt, sondern es erfolgte seine Festnahme. Der als Zeuge vernommene Beamie befundete, daß der Widerstand des Angeklagten nicht so

Lettow und seine Verwandten

Die feindlichen Vettern

Im Brozeß gegen Lettow wurden gestern die ersten Zeugen gehört. Der frühere Direktor der Stadtreinigung und des Fuhrmesens Müller schilderte, unter welchen Umständen die Berliner  Müllabfuhr AG. gegründet wurde und mit mel­chen großen Plänen Lettom sich getragen habe.

Als im Jahre 1922 das angehäufte Müll ge­radezu eine Gefahr für die Gesundheit der Be­völkerung wurde, forderte der Oberpräsident, daß jofort Abhilfe geschaffen werde. Eines Tages, Ende 1922, wurde ihm Lettow, entweder vom Oberbürgermeister Böß oder vom deutschnatio­nalen Stadtrat Wege, als der richtige Mann vor­gestellt, der imstande wäre, die Sache durchzu­führen. Lettom hat sich bei der Durchführung der der Bemag gestellten Aufgaben bewährt, er ver­stand es auch mit den Arbeitern zu verhandeln. Gefährlich schienen dem Zeugen nur seine hoch­trabenden Pläne. Er wollte, daß die Bewag alles unmittelbar produziere, was für die Müllabfuhr notwendig ist, und es schwebte ihm das Beispiel Stinnes' vor. Der Zeuge hat den Angeklagten vor diesen Plänen gewarnt.

Der zweite Zeuge war Lettows Better, der nationalsozialistische Landtagsabgeordnete Krü ger, ein ehemaliger attiver Offizier, der 1923 pon Lettom zur Unterstützung der Direktion der Bemag mit einem Gehalt von 282 M. engagiert wurde. Später wurde er auch Borstandsmitglied mit einem Monatsgehalt von 1500 M.; außerdem hatte er in den letzten Jahren eine Tantieme in Höhe von 6500 M. Zwischen den Bettern fam es fehr bald zu Differenzen. Seit April 1925 bestand offene Feindschaft, die Familien verfehrten nicht mehr miteinander. Schon im August 1925 machte

der Zeuge den Stadtrat Bege darauf aufmerksam, daß Lettoms Geschäftsgebaren unhaltbar sei, da fein Privatunternehmen, die Bipa, in ungebühr licher Weise die Kredite der Bemag in Anspruch nehme.

Eine Aufsichtsratsfizung befaßte sich mit den Vorgängen; es murde auch ein Ausschuß ein­gefeßt zur Ueberprüfung der Geschäftsführung der Bemag. Als aber im Jahre 1927 die Transaktion zustande kam und die Stadt die Aktienmajorität der Bemag übernahm, stellte der Ausschuß seine Arbeiten ein. Der Zeuge war es auch, der die Strafanzeige gegen Lettow erstattet hat, obgleich sein Anwalt nach der Abfindung an Lettow einen Brief gerichtet hatte, in dem es hieß, daß der Zeuge gegen Lettow feine Vorwürfe erheben könne und auch keine erheben würde. Der Brief, so sagt der Zeuge, ist ohne sein Wissen geschrieben worden; er habe deswegen mit seinem Anwalt Auseinander­fegungen gehabt. Um die Aussagen dieses Zeugen richtig bewerten zu können, wird man die weitere Beweisaufnahme abwarten müssen.

Freidenker- Generalversammlung

Berbandsvorstand, Kontrollkommission und der Beirat des Deutschen Freidenfer Ber bandes E. B. haben in ihrer legten Sigung die ordentliche Verbands- Generalversammlung für den 15., 16. und 17. April nach Hamburg   einbe rufen. Für die Beratungen unterbreiten die Körperschaften bie folgenbe Tagesordnung: 1. Geschäftsbericht; 2. Frauenarbelt in der Frei denter Bemegung; 3. Freidenferbewegung im

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erheblich gewesen sei, und daß er, der Wacht­meister, nur seine Feststellung auf der Wache be= trieben und Anzeige erstattet habe. um gegen eine etwaige Beschwerde ,, rückversichert" zu sein. Trotz­dem wurde S. 31 60 Mart Geldstrafe ver­urteilt. Das hat er nun davon, daß er auf Befehl nicht schnell genug lief, daß er sich den Schlag in den Rücken nicht gutmütig gefallen ließ und daß er zum Ueberfluß auch noch die Dreiftigkeit besaß, sich auf das Revier zu begeben.

Bei allen diesen genannten Personen, die ent­meder Kommunisten waren cder des Kommunis mus verdächtig waren, fadelte das Gericht, wie man sieht, gar nicht lange. Irgendwelche Bedenken schien es nicht zu geben, der Tatbestand war immer ganz far und eindeutig. Und nun erscheint ein angeflagter Nationalsozialist Dor dem Richter, der einzige dieses Tages, ein 36jäh­riger

Bädergeselle namens Friz Gaste r. Gaster, der in Reinidendorf SA. Schar= führer ist, wurde am Sonntagabend in der Nähe eines kommunistischen   Verkehrslokals von einem Polizeibeamten beobachtet. als er gerade eine geladene Armee pistole ent­ficherte. In der Verhandlung, wo er sich wegen Richtanmeldung und unerlaubter Führung einer Schußwaffe zu verantworten hatte, erklärte der Angeklagte, daß er die Waffe erst am Nachmittag aus seiner Wohnung geholt habe. Da in Reiniden­dorf häufig Ueberfälle auf Nationalsozialisten vor­gekommen seien, habe er sie eingesteckt, um drei feiner Kameraden nach Hause zu begleiten. Zur eigenen Sicherheit habe er die Waffe kurz vor dem KPD.  - Lokal entsichert. Wenn nun aber der Lale glaubt, eine entsicherte geladene Armeepistole, in der Hand getragen, sel doch um vieles gemein­gefährlicher als eine in der Tasche getragene Stahl­rute oder ein Gummifnüppel, so irrt er sich. Da nämlich der Angeflagte behauptete, daß unmittel bar nach seiner Festnahme durch die Polizei einer der von ihm begleiteten SA-Leute von Kommu­nisten niedergestochen worden sei, daß also das Führen der Waffe aus Gründen der Notwehr un­bedingt erforderlich gewesen wäre, glaubte das Schnellgericht tatsächlich die Berhandlung vertagen zu müssen, um die Sache zweds weiterer Auf­flärung dem ordentlichen Gericht zu übergeben.

Kampf;

4. Wissenschaft und Freidenfertum; 5. Bericht über den Stand der Internationalen Freidenfer- Union  ; 6. Sagungsänderungen und Anträge; 7. Bahl der Verbandsförperschaften. Die Zahl der auf die einzelnen Bezirke entfallen­den Delegierten wird auf Grund der bis zum 31. Dezember 1932 abgerechneten Beiträge er

mittelt und sollen den Bezirken bis spätestens den

28. Januar mitgeteilt werden. Angesichts der außerordentlich ernsten Bedeutung gerade dieser Tagung, in der über die Zukunft des Deutschen  Freidenker- Berbandes und fein Berhältnis zu der fogenannten autoritären Staatsführung restlos ge­flärt werden muß, ist die Generalversammlung ein Markstein in der Entwicklung der Deutschen   Frei­denker.

Die Autobanditen

Wieder erkannt und entkommen

Eine Doppelstreife des 171. Reviers stieß gestern früh in der Hauptstraße an der Friedenau­Schöneberger Grenze wieder auf die berüch­tigte Autoräubertolenne, über die wiederholt berichtet wurde. Trotzdem die Beamten die flüchtenden Räuber mit einer Tage verfolgten, gelang es den Banditen, wieder zu entkommen. Es soll die gleiche Kolonne sein, die in den letzten Tagen die Gegend unsicher machte.

In der Hauptstraße 79 befindet sich der Rory­Balajt. Die eigenartige Architektur dieses Ge bäudes begünstigt ungemein die Arbeit der Schaufenstereinbrecher. Die Scheiben liegen etwas zurüd und werden von starfen Säulen verbedt, so daß die Einbrecher von den Seiten fast faum gesehen werden können. 3mei Schupos überraschten brei junge Burschen im Alter von etwa 20 Jahren, wie sie ein Herren­artikelgeschäft plünderten. Die Scheibe war be­reits eingeschlagen und die Diebe schleppten Stoffe,

MITTWOCH, 25. JANUAR 1933

Wäsche usw. heraus. Als die Beamten heran­kamen, liefen die Burschen mit ihrer Beute über den Fahrdamm auf ein Auto zu, in dem ein Komplize bereits den Motor angelassen hatte. Sie sprangen hinein und bogen links in die Stier­straße ein. Die Polizisten hielten eine Tage an, sprangen hinauf und setzten den Dieben nach. Auf der Verfolgung gaben sie etwa sechs Schüsse auf den Wagen ab. Trotzdem sind die Diebe wieder entfcmmen. Die Beamten konnten die Nummer des Autos nicht erkennen, da das Auto unbe= es war ein graues Kabriolet leuchtet fuhr. Wahrscheinlich ist es das Horch­Kabriolet IA 35467, das in der vergangenen Nacht vor dem Hause Hohenzollerndamm 66 gestohlen worden war. Da in der Nacht zu heute nur eine Tage und eine Limousine sowie dieses Kabriolet gestohlen wurde, kann es sich bei letzterem nur um den Wagen handeln, den die Diebe benutzten. Bisher ist er noch nicht aufgefunden.

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H

Außer dieser Kolonne treibt eine Fern jprech- Räuberbande noch immer ihr Un­mesen. Eine dritte Kolonne, die in der Freitag­nacht in der Albrechtstraße 11 einbrach, besteht auch aus jüngeren Burschen.

Blutiger Mieterstreit

Hauswirt schießt eine Frau nieder

3m Hause Wilhelmstraße 137 in Span­da u spielte sich am Dienstag ein blutiger Streif zwischen dem Hauseigentümer und einer Mieterin ab. Durch einen Schuß wurde die Frau nieder­gestreckt.

Gegen 16 Uhr war die 29 Jahre alte Frau Rump mit der Frau des Hausbesizers Dr. Moll in Streit geraten. Die Frauen redeten sich derart in Wut, daß sie schließlich aufeinander einschlugen. Mitten im Handgemenge erschien Dr. Moll auf dem Kampfplatz: er war mit einer Pistole bewaffnet. Durch einen Beinschuß streckte er Frau Rump nieder. Die laut Jammernde murde in das Spandauer   Krankenhaus gebracht. Der Schütze behauptet, in Notwehr gehandelt zu haben. Die Kriminalpolizei ist mit der Klärung des Falles beschäftigt. Ohne dem Untersuchungsergeb­nis vorzugreifen, muß doch gefagt werden, daß es seltsam anmutet, daß ein Hauswirt feinen anderen Ausweg zur Beilegung eines Streites findet, als gegen eine Frau mit einer Pistole vorzugehen.

Wie wir zu dem Vorfall weiter erfahren, soll Frau Rump ihre Gegnerin im Verlaufe der Aus­einandersetzung mehrmals mit einem Messer bedroht haben. Erst als die Situation für seine Frau äußerst bedrohlich wurde, soll der hinzukommende Dr. Moll zur Waffe gegriffen haben. Von der Verletzten und ihrem Manne wird dagegen eine völlig andere Darstellung ge geben und es ist zur Zeit Aufgabe der Polizei, diese Widersprüche zu flären.

25 Jahre Kommunalarbeit

Zu Beginn der gestrigen Sitzung der sozial­demokratischen Stadtverordneten frattion sprach der Fraktionsführer Flat au dem Genossen August Gebert herzlichste Glüd­wünsche der Fraktion aus. Gebert ist im Januar 1908 als Stadtverordneter in die damalige Char­ lottenburger   Stadtverordnetenversammlung einge­treten. Er kann heute auf eine überaus erfolg reiche und für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung wertvolle 25jährige Kommunalarbeit zurückblicken. Als Nachfolger des zum Stadtrat berufenen Genossen Simon Kazenstein wohnte gestern zum erstenmal Genosse Mickler der Fraktionsfigung bei. Er wurde vom Vorsitzenden herzlichst begrüßt.

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Die Vereinigung sozialdemokratischer Juristen veranstaltet am Sonnabend, dem 28. Januar, um 20 Uhr, im großen Sitzungssaal des ehe­maligen Herrenhauses, Leipziger Straße 3, eine große öffentliche Rundgebung mtt dem Thema: Das Recht als politische Waffe. Referenten sind: Friedrich Stampfer  , M. d. R., Berlin  , Dr. Philipp Loewenfeld  , Rechtsanwalt in München  , und Dr. Hans Men­ zel  , Ministerialdirektor a. D. Eintrittskarten zum Unkostenbeitrag von 50 Pf.( für Studenten 20 Pf., für Erwerbslose fret) sind bei dem Reichsausschuß für sozialistische Bildungs­arbeit, Lindenstraße 3, bei der Sozialistischen Studentenschaft, NW 6, Albrechtstraße 11, bet der Arbeiterbant, Abteilung Sparkasse  , Wallstraße 65, und Depofitentasse, Lindenstraße 3.

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