Morgen- Ausgabe
Nr. 43 A 22 50. Jahrg.
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Ferniprecher 7 Amr Dönhoff 292 bis 297 Telegrammabrefjes Sozialbemotrat Berlia
Vorwärts
BERLINER
VOLKSBLATT
DONNERSTAG
26. Januar 1933
Jn Groß Berlin 10 Bf. Auswärts....... 15 Bf. Bezuasbedingungen unb Anzeigenpreise Hebe am Schlug bes rebuttionellen Teile
Gegen reaktionäre Staatsstreich pläne! Wieder Bülowplaz
Die Sozialdemokratie warnt die Reaktion
In einer gemeinsamen Sigung des Par teivorstandes der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und des Vorstandes der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion am Mittwoch, dem 25. Januar 1933, ist folgender Beschluß gefaßt worden:
Der Parteivorstand der Sozialdemokra tischen Partei Deutschlands und der Vorstand der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion erheben schärfsten Protest gegen den Plan der Proklamierung eines sogenannten staatlichen Rotstandsrechts. Seine Verwirklichung würde auf einen Staatsstreich hinauslaufen, der dem Volk seine verfassungsmäßigen Rechte raubte und jenen Cliqueu zugutekäme, die ohne Rücksicht auf die Gesamtheit und vor allem auf die Arbeiterklasse ihre Sonderinteressen vertreten und dabei die Kritik des Parlaments zu scheuen allen Grund haben. Ein solcher Staatsstreich würde einen rechtlosen Zustand schaffen, gegen den jeder Widerstand erlaubt und ge boten ist.
Sonntag, 14% Uhr,
Luftgarten!
Aufmarschplan/ Anmarsch
Stellplatz Binetaplah:
Stelfe: Mitte, Bedding, Bantom unb( Reinidendorf); Spize Brunnenstr. Abmarsch: 13.15 Uhr durch Brunnen-, Elsässer-, Artillerieſtr., Am Kupfergraben, Museumstr., Luftgaren.
Streis Reinidenborf tritt 12.30 Uhr besonders in der Arosa- Allee zwischen Hauptund Genter Straße an. Dann Marsch durch: Arofer Allee, Berner-, Residenz, Schweden -, Bad, Brunnenstraße, dann Anschluß an Zug Binetaplah.
Stellplatz Danziger Straße: Kreise: Prenzlauer Berg und( Weißensee ); Spige Weißenburger Straße. Abmarsch: 13.30 Uhr durch: Weißenburger Str., Schön hauser Allee , Hante-, Kaiser- Wilhelm- Str., Luftgarten.
Kreis Beißenfee tritt besonders an Lehderstr.; Spige Greifswalder Str. Abmarsch 13 Uhr durch: Greifswalder, Danziger Straße, dann Anschluß an Zug Danziger Straße. Stellplatz Küstriner Platz:
Kreise: Friedrichshain , Treptow , Köpenid und ( Lichtenberg ). Abmarsch 13.45 Uhr durch: Baul- Singer, Blumen. Schidler-, Stralauer-, Kloster, Kaiser- Wilhelm- Str., Lustgarten.
Kreis Lichtenberg tritt besonders an: Mühlischplay. Abmarsch 13 Uhr durch: Wühlisch-, Kopernikus , Torell , Rüdersdorfer Straße, Rüstriner Platz und dann Anschluß an Zug Küstriner Plaz.
Stellplatz Hohenstaufenplatz:
Kreise: Kreuzberg und( Neukölln ) Abmarsch: 13.15 Uhr durch. Kottbusser Damm und Str., Dresdener-, Prinzen-, Neander, Brüden-, Alexander, Schidler, Stralauer-, Kloster-, Kaiser- Wilhelm- Str., Luftgarten.
Kreis Neukölln tritt besonders an: Hertzbergplatz. Abmarsch 12.30 Uhr durch: KaiserFriedrich- Str., Kottbusser Damm, dann Anschluß an Zug Hohenstaufenplag. Stellplatz Hornstraße:
Kreife: Wilmersdorf , Zehlendorf , Schöneberg , Steglig und( Tempelhof ). Ab marsch 13 Uhr durch: Yord, Gneisenaus, Baerwald, Prinzen, Neander, Brüden-, Alleganber-, Schidler-, Stralauer, Kloster-, Lustgarten.
Kaiser- Wilhelm- Straße,
Kreis Tempelhof tritt besonders an: Ulsteinstr.; Spize Berliner Str. Abmarsch 12 Uhr durch: Berliner , Friedrich- Karl-, Manteuffel-, Borussia-, Berliner , Belle- Alliance-, Gneisenaustr., bann Anschluß an Zug Horn straße.
Stellplatz Kleiner Tiergarten:
Kreise: Tiergarten und Charlottenburg . Ab= marsch 13.15 Uhr durch: Ali Moabit, Invaliden, Heffische, Hannoversche-, Elsässer, Artillerieſtr., Am Kupfergraben, Museumstr., Lustgarten.
Stellplatz Bahnhof Spandau- West:
Kreis Spandau : 12.15 Uhr: Fahrt bis Bahnhof Börse mit S- Bahn. Die Teilnehmer erreichen über Burgstraße, Friedrichs- Brüde den Bustgarten.
Sozialistische Arbeiterjugend Groß- Berlin. Stellplatz Neuer Markt:
Abmarich 13.45 Uhr durch: Kaiser- Wilhelm- Str. zum Luftgarten.
Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold:
Die Kameraden marschieren nach Schluß ihrer Uebung( etwa 12 Uhr). von Tegel tommend, burch: Berliner , Seidel, Scharnweber, Müller-, Chaussee, Friedrich-, Oranienburger, Artilleriestraße, Am Kupfergraben, Eiserne Brüde, zum Lustgarten.
Rückmarsch
Kreise mitte, Wedding : Marsch durch Schloß freiheit, Schloßplay, Breites, Roß, Neue Roß-, Neue Jakob-, Köpenicker , Brücken-, Alexander, Memhardt, Münz- Weinmeisters, Rosenthaler, Brunnen, Stralsunder Str., Vineta plaz. Kreis Reinidendorf: wie Kreis Mitte usw. bis Brunnenstr., dann weiter wie Anmarsch. Kreis Pankow : wie Kreis Mitte usw. bis Memhardtstr., dann Kaiser- Wilhelm. Hankestraße, Schönhauser Allee , Berliner, Breite Str. Krels Prenzlauer Berg: wie Kreis Mitte usw. bis Memhardtstr., dann Kaiser- Wilhelm , Hanteftr., Schönhauser Allee , Weißenburger-, Danziger Straße.
Kreis Weißensee : wie Kreis Prenzlauer Berg bis Danziger Str., dann weiter wie Anmarsch. Kreife Friedrichshain , Teptow und Köpenid: wie Kreis Mitte ufm. bis Köpeniders, Ede Brüdenstraße, dann Köpenider Str., Engelufer, An der Schillingsbrücke, Andreasstr., Paul- Singer- Str. bis Küstriner Plaz.
Kreis Lichtenberg : mie Kreis Friedrichshain usw. bis Küftriner Plaz, bann weiter mie Anmarsch. Kreis Kreuzberg : durch Schloßtreiheit, Brüder-, Gertraudtenstr., Spittelmarkt, Beuth, Stom mandanten-, Oranien-, Dresdener, Kottbusser Straße, Kottbuffer Damm, Hohenstaufenplatz. Kreis Neukölln : wie Kreis Kreuzberg bis Kottbuffer Damm, dann weiter wie Anmarsch. Kreife Tiergarten und Charlottenburg : wie Kreis Mitte usw. bis Weinmeisterstr., dann Gips, August, Kl. Hamburger, Elfäffer, HannoDersche, Hessische, Invalidenstr., Alt Moabit, RL Tiergarten.
Kreis Spandau : Rüdfahrt mit S- Bahn. Sozialistische Arbeiterjugend Groß- Berlin: Durch Schloßfreiheit, Schloßplaz. König, Spandauer , Bischofstr., Neuer Markt.
Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold: Die Kameradschaften des Reichsbanners hängen sich beim Abmarsch an die Züge ihrer Kreise an.
Bombenwürfe auf Bahnlinien
Mutden, 25. Januar. Wie das japanische Oberkommando felbst mitteilt, haben japanische Bombenflugzeuge die Eisenbahnlinie Tichingwangtau- Defing durch Bombenwürfe unterbrochen. Tschingwangtau set dadurch von dem Hauptquartier des Marschalls Tschanghfueliang abgeschnitten.
Das japanische Außenministerium hat seinen Botschafter in Mostau, Ota, beauftragt, der Sowjetregierung mitzuteilen, daß japan 'sche Trup. pen demnächst in Sachaljan einmarschieren werden. Sachaljan liegt ganz nahe bei Blagomesschenst, der Hauptstadt des russischen Amur gebietes
Schuhgeblet, jeht japanisches Mandatsgebiet des Bölkerbundes, legen die Japaner insgeheim Unterfeebootstützpunkte an als ob das ihr Staatsgebiet wäre!
Wilhelm Stegmann übergibt der Presse eine Meldung, daß sich in Essen ein Freiforps Ruhr" aus SA. - Gruppen gebildet und um Aufnahme bzw. unterstellung unter das Freikorps Franten gebeten habe.
Hitlerjungen für Fremdenlegion! Halle, 25. Januar. In Halle waren seit einiger Zeit vier Auf den Marianneninseln, früher deutsches Hitlerjungen verimunden. Sie find
jetzt in einem Münchener SA.- Heim von der Kriminalpolizei aufgefunden worden.
Die Burschen wissen zu viel über die Zustände im braunen Sumpf Deshalb sollten sie verschwinden. Sie wurden zu diesem Zwed mit allem Notmendigen aufs beste ausgerüstet, über Weimar , Gotha und Koburg auf Rädern nach München ge= schickt Bon dort sollten sie über die österreichische Grenze geschafft werden und von da nach Windhut( Südwestafrita), Kalifornien , Kairo und in die französische Fremdenlegion. Dieser Plan scheiterte an der Erkrankung des einen Hitlerjungen. Die Münchener Kriminalpolizei erfuhr den Aufenthaltsort, so daß die vier Hitlerjungen wieder nach Halle zurüdgebracht wurden. Der hiesige Führer der Hitlerjugend , Dr. Hengst, ist inzwischen von der Polizei ver haftet worden. Hengst már noch bis vor kurzem Mitglieb der Reichsleitung der Hutlerjugend.
Mein Beruf als Journalist hat mich gestern abend auf den Bülowplaz geführt. Ich ge stehe, daß ich das dort Gesehene als ein Er= lebnis empfunden habe.
Auch das schärffte Urteil über die Politik der kommunistischen Führung kann nichts ändern an der Hochachtung, die diese Massen verdienen. Durch flingenden Frost und schneidenden Wind zogen sie in abgeschabten Mänteln, in dünnen Jacken, in zerrissenen Schuhen stundenlang. Zehntausende blasfer Gesichter, aus denen die Not sprach, aus denen aber auch der Opfermut sprach für die Sache, die sie für die richtige halten. Aus ihren rauhen Stimmen flang der Haß, der tausendmalberechtigte Haß gegen eine Gesellschaftsordnung, die sie zu Not und Elend verdammt, der Protest, der tausendmal berechtigte Protest gegen den grotes fen Wahnsinn, die schreiende Ungerechtigkeit unserer sozialen Zustände. Der wäre kein Sozialist, der dieser Haß, diesen Protest nicht mitempfände!
Man merkte, daß sie hier zuhause waren, Menschen der Not in den Quartieren der Not. Am letzten Sonntag war es die Invasion einer feindlichen Macht, die von zehntausend Bewaffneten geschützt war. Gestern war es ein Bild eines freien Volks lebens. Bei fast völliger Abwesenheit von Schutzpolizei herrschte mustergültige Ordnung und Disziplin. Es verdient erwähnt zu werden, daß sich auch die Schutzpolizei zu allermeist tadellos und feineswegs feindselig benahm. Die Schule Severings und Grzesinskis scheint da doch noch etwas nachzuwirken. Wenn die Beamten den Willen zur Unparteilichkeit haben und wenn fie auch ein wenig darauf Rücksicht nehmen, daß die Nerven schlecht ernährter Menschen besonders empfindlich sind, dann wird mancher fleine Zwischenfall leicht beigelegt, der sonst gefährliche Dimensionen annimmt.
Im großen Berlin laufen ein paar tausend Messerstecher herum, die jeder Partei, der sie sich anschließen, zur Unehre gereichen. Der größte Teil dieser wenig respektablen Sorte läuft heute mit den Nazis, während ein fleinerer sich den Kommunisten zugefellt. Aber die Zehntausende, die gestern über den Bülomplag marschierten, waren bestimmt feine Untermenschen" und feine rote Mordbestie" es waren Arbeiter, genau ebenso wie die Arbeiter, die in der Sozialdemokratischen Partei organisiert sind und die am nächsten Sonntag den Luftgarten füllen werden.
Allerdings hat mir auch diese fommunistische Kundgebung einen Eindruck verstärkt, den ich auch schon bei früheren Demonstrationen erhalten habe. Vergleicht man die Massen der KPD . und die unseren, so bemerkt man die Anfänge einer neuen sozialen Differenzierung.
Mögen die Kommunisten auch zahlreiche qualifizierte Arbeiter in ihren Reihen zählen und haben wir auch in Berlin Zehntausende, im Reich Hunderttausende eingeschriebene Mitglieder, die um nichts besser gestellt sind als die Masse der kommunistischen Arbeiter und Erwerbslosen, so zeigt sich doch im Durch schnitt bei den relativ besser gestellten Schichten mehr Verständnis für die Politik der Sozialdemokratie, bei den schlechter gestellten mehr Neigung zu fommunistischer Gefühls politif.
Hier, scheint mir, beginnen sich Gräben innerhalb der Arbeiterklasse zu bilden, die gefährlich sind und die ausgefüllt merden müssen. Denn wenn der ausge