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,, Großstadtnacht"

Atrium

Sieh mal an, sagt man sich, ba hat René Clair fchon Schule gemacht in Deutschland . Man hat ihm seine Qualitäten schon abgegudt, vorsichtiger­meise auch ein französisches Milieu gewählt. Und bie Sache scheint gar nicht übel. Ein junges Ein junges Mätel, das aus der Pension geflohen ist, kommt nach Paris , um dort ihr Glück auf der Bühne zu versuchen. Es gerät in die tousten Abenteuer, wird in einen Juwelencie: stahl verwickelt, erregt einen Theatersfanbal, wird die Sensation der Zeitungen. Aber zum Schluß wird alles ein. gerenkt und das Mädchen erhält zur Belohnung den netten jungen Mann und erlebt mit ihm zu­sammen den großen Bühnenerfolg.

Aber der Schein trügt. Der Regisseur Fedor Ozep , dessen Karamafoff- Film noch in gutem Andenken ist, hat, wie alle Russen, zwar die Gabe der guten Einfälle und ter netten Details. Er persucht sich auch in der Persiflage, nimmt nichts ernst, spielt mit den Dingen und erhebt die Blague auf den Thron. Aber er hat nicht den Mut zur Konsequenz und zur Durchführung eines einheit lichen Stiles. Was ihm eben noch Ult war, wird nachher doch ernst genommen; und auch für den Spott langt es nicht. Er verfällt in Manieren und wiederholt sich selbst. So ist der Einbrud nicht einheitlich, man wirb hin und her geriffen und mit dem Gefühl entlassen, daß es doch nicht so einfach ist, in René Clairs Spuren zu wanteln. Dolly Haas ist das Mäbel, das bald die Ralpität selbst zu sein hat, bald die Geriffene und Lebens­erfahrene spielt und auch als Bühnenstar wirken soll. So nett und relzenb sie als Scampolo war, hat sie doch nicht die Kraft und die Fülle, um bie ihr zugebachte Rolle durchzuführen. Sie ent­zückt une durch ihren Ausbrud. fie rührt uns in ihrer Silflosigkeit, aber diese Figur glauben mir ihr doch nicht. Sonst sind zu nennen: Trude, Berliner, Hans Kowal- Samborski( der Liei haber­Bartner), Eric Wirl, brillant als verulfter Tenor, und Frig Kampers mit seinen Gannoven Willi Schur und Hans Deppe .

Zwiegespräche

Bekenntnis zur Kultur

T.

Das Mehrgespräch, fofern es sich mirtlich aus Meinung und Gegenmeinung, aus Frage und Ant­wort formt und nicht nur ein an mehrere Sprecher aufgeteiltes Lesestück darstellt ist eine außerordent­lich mikrophongeeignete Bortragsform. Daß fie auch in der Bücherstunde erfolgreich anwendbar ift, bemples am Mittwoch das Gespräch zwischen Dr. Ernst Nölting und Hermann Proeb st über die Frage: Gibt es Schriften an bie Nation?" Sur Diskussion standen ein Buch des politisch weit rechts orientierten Werner Bicht Pazifismus und Nationalis= mus" und eine im Berlag des Allgemeinen Deut­ schen Gewerkschaftsbundes erschienene Broschüre von Theodor Leipart Die Kulturauf= gaben der Gewerkschaften". Die Stel­lungnahme der Gesprächspartner zu diesen Büchern

Broebst zu Pichts, Nölting zu Leiparts Schrift - wurde zu einem Streitgespräch zwischen den Bertretern zweier Weltanschauungen. Nölting segte sich ein für die Welt des Sozialismus in der Rultur nicht mehr Borrecht einer kleinen bepor= augten Klasse ist, sondern Besigtum des ganzen Boltes. Brechung des Besigmonopols, Schaffung gesunder Lehensbedingungen für alle ist die Bor auslegung für die erfolgreiche Brechung des Bil­dungsmonopols, Befriedung der einzelnen Na tionen burch internationale Verständigung ble Grundbedingung für eine fruchtbare Entfaltung Der nationalen Kulturwerte. Proebst stellte da gegen sein konservatives Weltbild, in dem der Krieg, den der Bölkerhaß immer neu gebiert und der diesen Haß immer neu schürt, eine ewige In stitution bedeutet. Das Gespräch zeichnete deutlich den Sozialismus als das Bekenntnis zum Frieden, hen Rationalismus aber als Religion des Haffes; hoffentlich hat es viele Hörer gefunden!

Um weniger bewegende Dinge ging es bei der Unterhaltung, die am Donnerstag ebenfalls im Brogramm der Funkstunde zwischen Meta Brig und Hans A. Münster geführt wurde über das Thema: 3ch lomme nicht zum 3eitunglefen". Behandelt wurde die Frage, weshalb so viele Hausfrauen dem politischen und dem wirtschaftlichen Teil der Zeitung keine Be­achtung schenken. Die Notwendigkeit dieser Lektüre wurde von beiden Gesprächspartnern unbedingt bejaht. Sie stellter die Forderung auf, die zei­tungen möchten die Lektüre dieses wichtigen Teils durch möglichst einfache, anschauliche Darstellungs. meise erleichtern. Das sehr vernünftige Gespräch brachte auch für Zeitungsleser manche gute An­regung.

-lz.

Paul Gutmann der Sechzigjährige

Die Leser des Borwärts" haben hier oft Baul Gutmanns Kulturgloffen", die fein ziselierten, die selber fleine Kunstwerte waren, zu lesen Be legenheit gehabt. Es sprach aus ihnen ein Mann. der Beschmad und Kultur hat, der die Dinge ernst nimmt und die soziale Berpflichtung des Künstlers

anerfennt.

Der gebürtige Berliner hat seine entscheidenden Jahce in München erlebt, in der Zeit, da München in geistigen und fünstlerischen Dingen führend war( jetzt aber zur Bedeutungslosigkeit herabgefunten ist). Er nahm an all den frischen

Hilfe den Mietern!

Aus dem Sekretariat der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion wird uns gefchrieben:

Einen Tag um den anderen laufen briefliche und telegraphische Hilferufe der Wohnungsmieter ein. Es wird darin auf die immer schlimmer merdende Notlage der Wohnungs­mieter hingewiesen, vom Reichstag und von der Regierung die schleunige Durchführung mildernder Maßnahmen verlangt. Vor allem leiden die Arbeitslosen und die Neubaumieter unter der hohen Mietbelastung. Während die Böhne und Gehälter, sowie die sozialen Leistungen rüdsichtslos abgebaut worden sind. ist bei den Mieten für kleinere Wohnungen und in den Neu­baublocks seit der Zinssenkung vor Jahresfrist alles beim alten geblieben. Das Ver­hältnis zwischen Gesamteinkommen und Woh nungsmiete hat sich dadurch außerordentlich un günstig gestaltet, für weite Teile der werttätigen Bevölkerung ist die Mietzahlung bereits zu einer unerträglichen Baft geworden.

Um diesen Motstand zu beheben. hat die fozialdemokratische Frattion fofort belm Zusammentritt des am 6. November ge

Staatsnotstand

,, Durch diesen Haushaltsausschuß er­fährt das Volk, wer ohne Notstand Ost­hilfe bekommen hat. Das ist ein Staats­notstand!"

Bewegungen der neunziger Jahre teif, er hat auch

Der Reichstag muß arbeiten!

wählten Reichstags eine Reihe von Anträgen und Gesezentwürfen eingebracht. Sie fordert darin im einzelnen, daß über die bisher gewährten Mietheihilfen hinaus

weitere Mietbeihilfen an arbeitslose Mieter

gegeben werden sollen. Diese Mietheihilfen sollen auch den arbeitslosen Mietern in Neubauten und ebenso den hilfsbedürftigen Befizern kleiner Eigenheime zugute kommen. Zur Milderung der Notlage der Neubaumieter fordert die Sozial­demokratie die Gewährung pon Zinsbei­hilfen an die Vermieter, also besonders an die Wohnungsbaugenossenschaften. Diese Senkung der 3insbelastung um 2 Proz. soll auch für bedürftige Eigenheimbefizer gelten. Zur Durchführung dieser Maßnahmen sind 100 millionen Mark erforder= lich, die ohne weiteres zur Verfügung ständen, wenn die legte Senkung der Industriebelastung der großen Unternehmen wieder rüdgängig ge= macht würde. Die Gemeinden sollen durch ent­sprechende Reichszuschüsse in die Lage versetzt merden, die Grundvermögenssteuer für Neubauten herabzusetzen, die Berzinsung und Tilgung der Hauszinssteuerhypotheken auszuseßen und die Tilgung der ersten Hypotheken auf einen längeren Seltraum zu verteilen. Mit diesen Maßnahmen fann eine weitere Genfung der Neubaumieten herbeigeführt werden. Schließlich fordert die foglaldemokratische Reichstagsfraktion noch die Berwendung der Steuergutscheine für die Grund­vermögenssteuer zugunsten der Mieter. und zwar bel Neubauten in vollem Umfange, bei Altbauten im Verhältnis der in der Miete enthaltenen Grundsteuer.

Durch die von der Sozialdemokratie aufgestellten Forderungen soll die

Angleichung der Neubaumieten an die Altbaumieten,

die allgemeine Sentung der Mieten erreicht und den arbeitslosen Mietern noch eine besondere Entlastung zugewendet werden. Darüber hinaus verlangt die Sozial demokratie eine mirksame Berbesserung des Bollstreckungsschußes für die Wohnungs­mieter und für die Befiger fleiner Eigenheime, damit die aller sozialen Kultur hohnsprechende Ermittierung hilfsbedürftiger Mieter nach Mög lichkeit verhindert wird. Die Finanzierung der often für diese Maßnahmen, die etwa 500 Mil­lionen Mart betragen, ist möglich, menn nach den weiteren Vorschlägen der Sozialdemokratie ver

fahren wirb. Neben den 100 Millionen Mark aus der Industriebelastung sollen meitere 400 tonen aus Notsteuern von den hohen Einkommen und hohen Vermögen gewonnen werden.

Der Wohnungsausschuß des Reichstags ist zum Teil diesen sozialdemokratischen Forderungen be­reits gefolgt. Er hat in Berbindung mit den An­trägen der anderen Parteien von der Reichs= regierung verlangt, daß sie Maßnahmen ergreife, damit die

Mieten den verminderten Einkommen angepakt

werden und den durch Arbeitslosigkeit usw. zahlungsunfähigen Mietern ausreichende Hilfe ge sichert wird.

Es wurde ferner ein Antrag angenommen, mo nach für die minderbemittelten Mieter ein Voll­streckungsschus einzuführen ist, so daß kein zahlungsunfähiger Mieter aus der Wohnung ent­fernt werden kann, ohne daß eine entsprechende Wohnung zur Verfügung steht. Schließlich sind noch einige andere Anträge angenommen worden, nach denen die Berzinsung und Tilgung der Haus zinssteuerdarlehen bei gemeinnügigen Wohnungs­unternehmen, Eigenheimsiedlern und Kleinhaus­befizern ausgesetzt und die Neubaumieten um den entsprechenden Betrag gesenkt werden sollen. Für den Bau von Kleinwohnungen sollen die erforderlichen Mittel zur Verfügung gestellt, jede Besteuerung der Wohnungen selbst durch Wohn­raumsteuern ufm. soll aufgehoben werden.

Die Beschlüsse des Wohnungsausschusses hängen aber in der Luft, solange der Reichstag seine Beratungen nicht wieder aufnehmen kann. Die Regierung wird sich nicht gerade beeilen, um die berechtigten Forderungen der Wohnungsmieter zu erfüllen. Im autoritär" geleiteten Deutschland dürfen nur Großgrundbesizer und Schwer­industrielle auf williges Gehör für ihre Wünsche rechnen. Um so mehr ist es die Pflicht des Reichs tags, hier haltend einzugreifen. Die National­sozialisten aber verbindern durch ihre Berschleppungskünfte immer aufs neue, daß ber Reichstag zu proftischer Arbeit kommt. Die Hitlerpartei benugt also die ihr zugefallene Man datsmacht nur dazu, um die Wähler zu betrügen. Aus alledem sollten die hiffefuchenden Wohnungs mieter jezt die Lehre ziehen, daß eine erheb liche Stärtung des Einflusses ber Sozialdemokratie erforderlich ist, da mit der Reichstag wieder arbeitsfähig wird und sich der Not der merftätigen Bevölkerung annehmen kann.

ben-11 Scharfrigtern", bam unerreldten beut. Ende der Revue- Sieg der Kunstform

"

schen Künstlerkabarett, an dem seine Frau, Fride. rife Gutmann- Umlauf, uns entzückte, wirksame Tegte geliefert. Später hat er in Wien die Kleine Bühne geleitet. Gutmanns Dramen darunter Die Wahrheitsschule" und Der Welber­feind" sind über manche Bühnen gegangen. Seine Romane und Skizzensammlungen Die Kulturlüge"," Sanatorium Lebensglüd"- haben durch Inhalt und geschliffene Form die Leser ge= felfelt.

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In seiner Baterstadt wirkt der Heimgekehrte nun schon wieber seit Jahren still, aber feines­megs fchweigsam und geruhsam. Wo es nottut, fegt er sich ein: für die Freiheit ter Kunst und das Recht auf lleberzeugung. Im Hauptvorstand des Schuhvert andes deutscher Schriftsteller hat er gute Arbeit geleistet.

,, Komparserle" im Theater des Westens . Richard Duschinstŋs Drama, das die Border. und Hintergründe des Theaters und die brennen den Gegenwartsfragen ber brotlofen Schauspieler behandelt, hatte fürzlich im Theater in der Stresemannstraße" als Matinéaufführung starken Einbrud gemacht. Jezt ist das Studiostüd des Bühnennad weifes ins Theater des Westens " übergesiedelt und hat dort gestern abend auch bei einem größeren Publikum seinen verdienten Er­folg gehabt. Mande der Anspielungen des Stückes erlangen jetzt erst nach der großen Rotter- Pleite und im Haufe der Gehängten ihre volle Wirkung. Es ist Ensemblespiel, das junge und alte engage­mentlose Schauspieler in fich vereinigt und das Starwesen bekämpfen will. Bir nennen daher teine Namen und wünschen, daß das Bublifum der Truppe treu bleibt. Freilich müßte in Zukunft für die Heizung des Theaters beffer gesorgt

merden, und es tönnten auch die von der Kritik gerügten Mängel der ersten Aufführung ruhig beachtet merben.

Amerikanischer Robelpreisträger spricht in Berlin . Der amerikanische Forscher und Nobelpreisträger Jrping Sangmuir fpricht heute auf Einlabung mehrerer wissenschaftlicher Vereine in ber Technischen Sochschule über Absorption von Caeftum- Atomen auf Wolfrom"

Mit einer Kalender- und Neujahrstartenschau wartet auch in diesem Jahre der Buchgewerbefaal( Dreibund Straße 5) auf. Die Ausstellune bietet einen inter­effanten Einblid in die gegenwärtige Ausstattung wirkungsvoller Reflamebrudfachen. Sie ist von Ende Januar bis Enbe Februer, werttags bon 9 bis 18 Uhr ( Sonnabenbs bis 14 Uhr), und Sonntag, 12., unb 26. Februar, bon 11 bis 18 Uhr, bei freiem Eintritt geöffnet.

Die Revue als Ausdruck der Formlosigkeit

Nach englischen und amerikanischen Meldungen herrscht dort in Theaterkreisen wieder die zum mindesten optimistische Ansicht vor, daß die Revue als die einzig bewährte Rettung der in finan­alellen Möten erstidenden Theater erscheint. Da für spricht der Welterfolg der Charell- Revue Im meißen Röff't", dagegen der Zusammenbruch amerikanischer Revuebühnen und die merkwürdige Stille, die fich um alle Revuetheater Europas lagert. Bühnen, in denen sonst die Revue be heimatet war, fehren zur Operette und Komödie zurüd, und in Berlin läuft zur Zeit keine Revue größeren Formats. Die finanzielle Strise allein ist dafür nicht perantwortlich zu machen, denn der Lugus der Bühnenbilder und der gesamten deko­rativen Ausstattung vermag auch reduziert zu merden, ohne die Wirkung zu gefährden, menn Libretto und Mufit ihrerseits Erfolg versprechen oder menigstens start genug für einen Erfolg sind. unzählige Girlbeine und eine feenhafte Auf­machung wollen nur irgendwelche inneren Schwächen verbergen.

In Wirklichkeit ist man sich taum des Publi­fums sicher und weiß deshalb nicht, ob sich das in­vestierte Geld auch nur andeutungsweise amorti­fieren wird. Die Gegenwart will von neuem die geschlossene Kunstform. Das ist eine Tatsache die auf allen Gebieten fünstlerischen Schaffens zu be obachten ist. Die Revue bleibt dagegen ein Sym­bol für die Formlosigkeit und setzt an Stelle der Intensität der Wirkung die bloße Häufung von Effekten. James Klein scheiterte, weil er nicht mehr wußte, wodurch er sich übersteigern Revueschöpfungen Erit Charells weisen in fonnte, und auch die außerordentlich kultivierten dieselbe Richtung. Aber diese Form der Bühnen. revue mit Girl, Song und großem, szenischen Apparat bildet teinen Sonderfall, sie fann piel­mehr als bie finnfälligste Berförperung fünft. lerischer Bestrebungen angesehen werden, die aus Mangel an formgebenden Kräften die Auflösung der Form herbeiführen mit der Tarnung, eine neue Form zu schaffen. Unter diese Rubrif fallen auch Erscheinungen wie Zeitbrama und Zeit­roman, nicht als fünstlerische Gattungsbegriffe, fonbern allein in ben speziellen Ausprägungen, die sie in der Nachkriegszeit erfuhren.

Die legte Konsequenz der Revue märe ein fich ständig ändernder, beinahe filmischer Bilderreich­tum innerhalb eines stabilen Rahmens, benn Repue bebeutet Ueberblid über irgendwelche

aktuellen Gegenstände, mögen sie politischen, lite rarischen oder mondänen Gehalts sein. Die Repue der Borkriegszeit, wie sie das Berliner Metropol theater spielte, zeigte bereits die Zuge, die dann vor einigen Jahren in den literarisch- fatirischen Revuen von Marcellus Schiffer und Mischa Spolianfti ausgeprägt in die Er­scheinung traten. Das schnelle Auswechseln der Bilder in der Revue würde der absoluten Auf­lösung der Form gleichkommen. Die Repue könnte unter diesen Umständen nur noch als eine Abart des Kabaretts angesehen werden.

Der Höhepunkt der Revue, da fast alle Operettentheater Berlins Revue spielten und sogar fest umrissene und geformte Operetten durch un­organische Einlagen tänzerischer oder gesanglicher Art formzerstörerisch zu Revuen aufgeschwemmi wurden, fällt zusammen mit der Hausse an Zeit­dramen repueartigen Charatters und mit den In fzenierungen Erwin Piscators und seiner Lehrmeister, der Russen. Sucht man für diese Erscheinungen, in deren Bereich auch der Zeit­roman reportagehafter Gestalt mit einzubeziehen ist, einen Generalnenner, so findet man ihn in der Auflösung der Form. Man vergaß eben, daß der formale Aufbau eines Kunstwerts nicht ein Zeichen fonfervativer Gesinnung ist, sondern psychologisch als eine bewußte Stüße für die Wir­tung des Stoffes gedeutet werden muß.

Die Revue aller Gattungen sucht die inten­sive Wirkung durch die ertensive zu erfegen. James Klein überschwemmte die Bühne mit Girls, Charell feierte Feste im Glanz der Kostüme und der prominenten Namen, und Biscator pfropfte auf die szenischen Vorgänge den Film, der neue Perspektiven eröffnen sollte, weil dies dem Drama allein nicht gelang. Jeder Uebersteigerung erreicht aber schließlich einen Bunft, an dem sie sich tot läuft und trotz der raffiniertesten und tostbarsten äußeren Aufmachung mirfungsios verpufft, da ihr die inneren Motore fehlen.

Die ehemals sehr hoch gehenden Wellen haben fich allmählich beruhigt. Man tehrt wieder zurüd zur geformten Kunst und sammelt die Strahlen in einem Brennpunkt, anstatt sie diffus zu zer­[ treuen. Der Ueberreichtum an ungeformtem Roh stoff weicht der tunstvollen Gliederung, das liebe­volle Abtasten der Oberfläche den Eindringen in die Tiefe. Dieser Borgang dokumentiert fich fo wohl im neuen Drama und im Roman als auch in den Schauspielinszenierungen und in den Auf­führungen ber Opernhäuser.