machten erteilen wollte, würde für das ganze Reich ein Zu st and außerhalb der Verfassungs- und Gesetzmäßig- keit gegeben sein. Schleichers Ratschläge WUer oder Vollmachten Offenbar im Auftrage des Herrn v. Schleicher wird noch folgendes ergänzend mitgeteilt: Der Reichskanzler hat die Auffassung vertreten, dah zur Lösung der durch die politischen Treibe- reien entstandenen Verhältnisse es drei M ö g- l i ch k e i t e n gebe: l. Die Bildung einer parlamentarischen Mehrheitsregierung, die sich aller Wahr- scheinlichkeit nach nur unter Führung Adolf Hitlers ermöglichen lasien würde. 2. Die Bildung einer auf eine starke Volks- strömung gestützten Minderheitsregie- rung, was wohl ebenfalls nur un»er Führung Adolf Hitlers , aber mit Unterstützung der übrigen Parteien der Rechten zu erreichen wäre. Wenn der Reichspräsident seinen Widerstand, den er bisher einer solchen Lösung entgegengesetzt hat, aufgeben würde, so hätte wohl auch diese Lösung Aussicht auf Erfolg. 3. Ein P r ä f i d i a l k a b i n e t t, das wie in feiner jetzigen Form über den Parteien steht und, mit keiner von ihnen verbunden, lediglich die Staatsautorität wahrt, als Sachwalter des ganzen Volkes auftritt. Einem solchen Kabinett aber müßten dann auch die nötigen Voll» machten gegeben werden, wenn es keine Mehr» heit im Reichstag findet. Der Reichskanzler hat geglaubt, vor einer Lösung warnen zu müssen, daß man unter dem Namen eines Präsidialkabinetts etwa eine Regie» rung bildet, die tatsächlich nur die Regierung einer einzigen Partei darstellt und davurch den An- grifien der Mehrzahl des Volkes ausgesetzt wäre. * Abschließend wurde zugleich erklärt, daß eine Entscheidung des Reichspräsidenten nichtgetrossen, Herr v. Pape»— um diese« schöne Wort zu gebrauchen—„domo regius" ldcr Mann des Regentens sei und man noch keine Möglichkeit habe, die weitere Entwicklung anzugeben. Autoritäre Lebensdauer Wir stellen folgende Lebensdauer der„autori- tären" Regierungen fest: v. Pape» 31. Mai 1932 bis 17. November 1932 gleich 5 Monate und 18 Tage; v. S ch l e i ch e r: IS. November 1932 bis 28. Januar 1933 gleich 2 Monate und 10 Tage. Unter dem Parlamentarismus betrug die durch- schnittliche Lebensdauer der Kabinetts ilb-r- ein- Jähr. Tote Börse Anzst vor politischen Experimenten Di« politischen Wühlereien der reaktionären Dunkelmänner unnd die Ansicht einer eventuellen Wiederberufung Popens als Reichskanzler mit einem Staatsstreichprogramm haben m der Wirischast und an der Börse aus das schwer st e verstimmt. Von der hoffnungsvollen Stim- mung, mit der die Börse das neue Jahr begann, ist nichts mehr zu spüren. Seit Tagen gehen die Kurse zurück, und die Geschäststätigkeit ist aus ein Minimum zusammengeschrumpft. Die heutige Börse stellte«inen Rekord an Umsatzlosigkeit dar. die politische Unsicher- heit hat den Aktien- wie den Rentenmarkt voll- ständig veröden lassen. Kein Mensch hat mehr Lust, auch nur geringe Käufe zu riskieren. Jeder verhält sich infolge der völlig undurchsichtigen Situation zurückhaltend, und die Mißstimmung konnte nicht einmal durch günstige Meldungen aus der Wirtschaft, so zum Beispiel den Quartals- bericht der JG.-Farben, behoben werden. JG.-Farben verloren IX Proz. und gingen auf 104 gegen 105X zurück, sehr schwach lagen auch Siemens u. Halste, die gegen gestern 3 Proz. verloren und auf 124 Proz. sanken.— Der Rentenmarkt lag völlig tot.
Bankplette in Vlön Unkähigheit der Nazileitung Plön . 28. Januar. Die Plöner Bank ist pleite. Die Gläubiger und die Sanierungsgesellschaften fordern«ine Zlende- rung der Verwaltung, weil das ungedeckte Defizit von 354 000 Mark auf die Großmannssucht der Verwaltung zurückzuführen sei. Unter dem Druck besonders der Dresdner Bank mußte der bisherige Direktor Trint zurücktreten. T r i n t ist eingeschriebene» Mitglied der NSDAP , und war bei allen Denwnstrationen der Nazi» an der Spitze. Obwohl das Reich und die Dresdner Bank zugesagt haben, je 100000 Mark zur Sanierung der Bank bereitzustellen, ist die Befürchtung der kleinen Sparer auherordent- lich groß. Auch die den Nazis nahestehenden Ge- schädigten erklären, daß«ine solch» Wirt- schaft nur unter nationalsoziali st i- scher Führung möglich sei.
Vaul Boncour gestürzt
L-rnKsmetifKeit zerbricht an Steuerfrage
Eigener Bericht des„Vormärts" Parts, 28. Januar. Tie Regierung Paul Boncour ist um 7 Uhr morgens mit Zstv gegen 193 Stimmen gcstiirzt worden, da sie auf der An- nähme des Artikels<i der Regierungs- Vorlage bestanden hat. der eine fünf- prozentige Erhöhung der indirekten Steuern vorsteht. Die Sozialisten hatten gemäß Beschluß der
9mul SSonconr
Ununnnniiler CMroft
Finanzkommission die Ablehnung dieses Ar- tikels beantragt, da sie keinerlei Konzessionen in diesem Punkt machen wollten. Paul Boncour und Chöron verlangten aber mehrmals die An- nähme. Sie fanden dabei die Unterstützung H e r r i o t s, der erklärte, die Stunde eine« chirurgischen Eingriffs sei gekommen. Die«taatsfinanzen müßten saniert werden, wenn nicht eine Panik im Lande aus-
brechen sollte. Man müßte daher von allen Frau- zosen Opfer verlangem L 4 o n Blum beantragte aber die Abtrennung dieses Artikels von der Bor - läge. Er wurde von der Finanztommisston und einem großen Teil der Radikalen unterstützt. Die Regierung stellte daraufhin die Vertrauensfrage gegen die'Abtrennung, was den oben gemeldeten Ausgang nahm. Der Präsident der Republik wird heute vormittag die Präsidenten der Kammer und des Senats hören. Als Nachfolger Paul Boncours wird zu- itächst der Kriegsminister D a l a d i e r genannt. Er gehört dem linken Flügel der Radikalsozialisten an: ihm wird die Absicht zugeschrieben, für den Fall, daß er mit der Regierungsbildung betraut werden sollte, den Sozialisten ein fest umrissenes Programm vorzuschlagen. Wenn die Sozialisten auf dieser Grundlage eine Beteiligung an der Regierung ablehnen sollten, würde Daladier . so nimmt man an, eine Wendung nicht rechts unternehmen und o«r> suchen, eine Konzentration zu bilden. Aus alle Fäll« kommt es darauf an, eine feste Regie- rungsmehrheit für ein Finanzpro- gramm zu schaffen. Durch die Regierungskrise ist ein merkwürdiger Zustand eingetreten. Die Kammer hat bisher nur ein vorläufiges HwushaltszwAftel für Januar verabschiedet. Vom 1. Februar an besteht also gewissermaßen ein gesetzloser Zustand. wenn bis dahin kein Ausweg gesunden wird. In- zwischen wächst jedoch der Fehlbetrag nach An- gaben des Finanzministers stündlich um über ein« Million Franken.
Das Schicksal der Regierung Paul Bon- cour hat sich geradezu programmgemäß er-
füllt. Denn es war schon bei ihrer Bildung vorausgesagt worden, daß die Frage des Defizitausgleichs, die spätestens in der zweiteu. Januarhälfte geklärt werden müßte, für ihre Existenz entscheidend sein würde. Man sah voraus, daß es sehr schwer sein würde, die Sozialisten, die grundsätzlich gegen die geplanten Kürzungen von Beamtengehältern und Pensionen sowie gegen neue indirekte Steuern Stellung genommen hatten, für die Finanzvorschläge des Ministers Chiron zu gewinnen. Indessen schien es gerade in den letzten Tagen, als ob es schließlich doch gelingen würde ein Kompromiß innerhalb der Re- gieruugsinehrheit zu erreichen. Aber in letzter Stunde ist diese Einigung an der Hartnäckigkeit des Finanzministers gescheitert, der mehr oder minder heimlich in seinem Widerstand durch einen Teil der Radikalen unter Führung von H e r r i o t in der Kammer und von C a i l l a u x im Senat bestärkt wurde. Bei H e r r i o t spielten dabei wohl mehr Gründe der persönlichen Ranküne wegen seines Sturzes vor knapp sechs Wochen in der Schuldenfrage, während Caillaux der Wortführer jener großkapitalistischen Grundanschauung ist, die auch in der bürger- lichen Linken Frankreichs starken Einfluß ausübt und die gegen die Zugeständnisse an das sozialistische Sanierungsprogramm re- bellierte. Paul Boncour hat sich nicht für einen klaren Kurs entscheiden können. Er hat drei Wochen lang zwischen Chiron und L�on Blum hin und her laviert und damit die Intrigen und Widerstände im eigenen Lager indirekt ge- fördert. Schließlich haben die Sozialisten selbst der Regierung Paul Boncour den Todesstoß oersetzen müssen, obwohl sie ihr ursprünglich am nächsten standen.
Die achte„Grüne bleute Erökknung am Kaiserdamm
Die„Grüne Sport- und T i e r ch t< woche in Berlin 193 3" wurde heute vor- mittag 10 Uhr am Kaiserdamm vor mehr ol» 1000 Ehrengästen eröffnet, unter denen.. sich Ber- lreter der Reichs-, Staats- und Kommunalbehör- den, des Diplomatischen Korps, der Landwirt- ichaft, Wirtschaft. Wilsenschost und Presse be- fanden. Nach dem einleitenden Musikstück führte Over- bürgermeister Dr. Sah m in seiner Begrüßungsrede aus. daß die„Grüne Sport- und Tierzucht- woche Berlin 1933" die traditionelle Fortsetzung der„Grünen Woche Berlin " ssi. Die großen Tierschauen seien diesmal besonders ausgebaut, und das Internationale Reit- und Fahrturnier weise eine Besetzung wie nie zuvor aus. Weit mehr als hundert Vereine hätten die große Rasse- Hundeschau, die Geflügel- und die Kaninchenau»- stcllung sowie die übrigen Tiergruppen beschickt. „Trotz der allgemeinen schlechten wirtschajtlichcn Lage", so führte Oberbürgermeister Dr. Sahm weiter aus.„die zu einem völligen Absterben des Ausstellungswesens in anderen deutschen Städten
. gesührt hat. hat sich Berlin mit seinen Veran- staltungen behauptet. Zur Vorbereitung und Durchführung aller letztjährigen Ausstellungen sind .öffentliche Mittel nicht in Anspruch genommen ' worden und werden auch künftig nicht in Anspruch genommen. AI : dann ergriff Reichs mmister für Ernährung und Landwirtschaft, Freiherr von Braun, das Wort zu der Eröffnungsansprache, in der er u. o. ausführte: Schon ein kurzer Ueberblick über die Ausstellung zeige, daß in diesem Jahre vor allen Dingen der Kleingärtner, Kleinsied- l e r und der tierliebende Städter Jnter- esse an Ler Ausstellung finden werde. Es sei kein Zufall, daß diese Gebiete viel Beachtung in der Bevölkerung fänden. Es ist das Streben unsere: Volkes, herauszukommen ans den Steinmauern der Großstädte, zurück zur Natur. Der sichtlarste Aurdruck hierfür sei neben der Wochenend- Bewegung die Zunahme der Klein- gärten in der Nähe der Großstädte. Deutsch- land habe etwa 1,1 Millionen Kleingärten. Diese Bewegung werde vom Reich mit neuen Mitteln unterstützt.
schwinden sind bereits die verschiedensten Kombi- Nationen aufgestellt worden, nychzumal er m a s o- chistische Neigungen hatte und in ent- sprechenden Kreisen verkehrte. Da in der Woh- nung einige Requisiten fehlen, ist es möglich, daß er seine Wohnung aus den obengenannten Grün- den verlassen hat. Andererseits ist es. nicht aus- geschloffen, daß er Etp r e sse r n. die von seinen Neigungen wußten, in die Hände gefallen ist. Wolfs ist 1.55 groß, schwächlich, Glatze mit dünnem. graugemischten Haarkranz. Er-hat hohe Stirn, trug Schnurrbart und Hornbrille. Die Kleidung hat er geändert. Mittellungen erbittet die Inspektion I Im Präsidium.
Zu die Gern gerast Auto inaWasser gestürzt— Drei Tote Paris . 28. Januar. 3n dem Pariser Vorort E p i n a y ereignete sich am Freitagabend ein schwerer Autounsall. Ein Privaikraslwaxen stieß auf einer Seinebrücke mit einem Lasikraslwagen zusammen und wurde über duz Geländer in den Fluß gestürzt. Drei Znsassen des Autos erkranken. Der Chauffeur konnte sich trotz einer schweren Wunde am Hals schwimmend retten.
Der Schaden ist erheblich, zumal auch einige Woh- nungen durch hcrabdringende Waffe:mengen schwer in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Die Entstehungsursache konnte bisher nicht ge- klärt werden. Das Feuer muß lange unbemerkt geschwell haben, denn beim Eintreffen der Wehren brannte nahezu der gesamte Dachstuht lichterloh. Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt.
Der Taxi-Slrelk Wien . 28. Januar. D:« Demonstrationsaussahrt der Autodroschken ist um 8 Uhr abends zu Ende gegangen. Bis dahin waren die wichtigsten Verkehrsviertel der Innsren Stadt völlig blockiert. Die Regierung hatte, um Kundgebungen vor dem Parlament und dem Rathause zu verhindern, die Straßenzllge dieses Teiles der Stadt durch Lastautomobile des Bundes- Heeres abgesperrt. In den Abendstunden wurden dann die Plätze der inneren Stadt für den nor- malen Berkehr wieder freigemacht. Die Stadt hat wieder ihr normales Aussehen. Auch die Taxi hallen die Personenbeförderung wieder ausgenommen. Eine Abordnung der Chauffeure war in der Zwischenzeit im Rationalrat von Beamten des Bundeskanzleramtes und des Fi» nanzministcriums empfangen worden, die Er- leichterungen des Gesetzes in Aussicht stellten.
GrsAfeuer in Tegel Nächtlicher Vfohnhausbrand von einem schweren Schadenfeuer wurde in der letzten Nacht da» dreistöckige Wohnhaus in der Schlohstraße In Tegel betrofsem Kurz vor 3 Uhr wurden die Bewohner aus dem Schlaf geschreckt. Im Dachstnhl war Feuer ausgebrochen und als die Gefahr entdeckt wurde, hallen die Flammen bereits das Dachgeschoß in feinem ganzen Umfange ergriffen. Meterlange Flammengarben schlugen aus den Bodenluken und ein weithin sichtbarer Feuerschein alarmierte das nächtliche Tegel. Die Feuerwehr rückte auf den Alarm„Großfeuer" unter Lellung des Brand- direktors Tamm mll vier Löschzügen an die Brandstelle aus. Mehrere Schlauchlellungeu wurden in Tätigkeit gesetzt und nach längerem Waffer- geben tonnt« der Brandherd eingekreist werden.
Ar»! verschwunden Kein? Spur seit 17 Tagen Das geheimnisvolle Verschwinden des Stettiner Facharztes Dr. Moriz Wolfs beschäftigt auch die Berliner Kriminalpolizei. Wolfs ist nach den Fest- stellungen der Stelliner Mordinspeklion wahr- scheinlich am Mittwoch, den 11. Januar, noch morgens vor sechs Uhr aus ssiner Wohnung in der Mönchenstraße 23 verschwunden. Am Telephon lag ein kleiner Zettel mit der Auffchrift:„W e g- gerufen". Trotz aller Fahndungen ist bisher — nach 17 Tagen— keine Spur des Arztes ge- funden worden. Cisenbahnbeamte, die in der Nacht auf dem Hauptbahnhof Dienst hatten, sind verhört worden. Sie glauben, nach«lnem LichGllde. Wolfs gesehen zu haben. Sie Wilsen aber nicht, welchen Zug er benutzt«, als er gegen 4 Uhr die Sperre durch- schrill. Ein Zug geht nach Berlin , ein anderer nach S t o l p Beide gehen kurz nach 4 Uhr ab. Wolfs hat seinen Auslandspaß zurückgelassen. Das dürste ihn aber kaum hindern, bei einer Aus- reist dt« Grenzen zu paffieren. Ueber sein Ber -
Zu Tode gchuugert Dank vorn Nause Hohenzollern Die Friedhoftapelle von Klein-Glienicke war am Freitagnachmittag von Hunderten von Menschen gefüllt. Vor dem Altar stand ein schlich- ter Holzsarg, und in Ihm ruhte der Schloßdiener des Hohenzollernprinzen Friedrich Leopold , Gustav Gursch. Dieser Riese von Mann, den man jahrzehntelang in treuer Pflichterfüllung als Türhüter am Eingang zum Hohenzollernschloß Klein-Glienicke gesehen hat. ist seelisch und körper- lich zugrunde gegangen, nachdem ihm seit Monaten weder Gehalt noch Pension gezahlt worden sind. Seine letzten Worte, die er an seine alle Frau richtete, als er unterernährt in das St.-Joseph- Krankenhaus in Potsdam eingeliefert wurde, waren:„Hast du nicht wenigstens eine Schmalzstulle, Frau?" Die Frau war ohne Barmittel. Vier Wachen vorher hatte man einen anderen Schloßdiener begraben, auch er hat hungern müssen. Groß war das Erstaunen am Freitag- nachmittag, als kurz vor Beginn der Trauerfeier Prinz Friedrich Leopold Sohn in Be- gleitung eines Herrn Münchgesang erschien.
Laieuspiel-Wettstreitabeud der Freien Gewerk- schaftsjugend heute abend im Gswerkschafiehaus, Engelufer 24. 2ü. Anfang 18X Uhr, Eintritt 10 Pfennig.