arbeiter-Verband«lue politische Organisation sei, weller laut Statut eine Aeuderung der Lohn- und Arbeits-Verhältnisse bezweckte. Dies wolle der Verband nicht durchGewalt, sondern auf gesetzmäßigem Wege, daher(!!!) sei seinepolitische Tendenz unverkennbar. Der„Verein" in Zabrze seiebenfalls„politisch" und ein Jnvcrbindungtreten derin Rede stehen-den Organisationen, veranlaßt durch die Angeklagten, sei erwiesen.Er beantrage für jeden Angeklagten 50 M. Strafe. Schröderentgegnete m schlagender Weise, daß, wenn man das Streben nachbesseren Lohn- und Arbeitsverhältnissen„politisch" nenne, dannsei allerdings alles politisch, was die Arbeiter unternehmen. Imübrigen sei der Verein in Zabrze nicht selbständig gewesen,sondern er habe nur nach Anweisung des Vorstandes m Bochumgehandelt. Mit der Sozialdemokratie, erklärte Schröder auf dieFrage des Vorsitzenden, hat der Bergarbeiter-Verband nichtszu thun, denn um die politische Gesinnung seiner Mitgliederkümmere er sich nicht.Die Angeklagten wurden freigesprochen und die Kostender Staatskasse überwiesen. Das Urtheil hebt den„thatsächlichpolitischen Charakter" des Bergarbeiter-Verbandes hervor, jedochim Gegensatz zu einem vom Reichsgericht am IS. Februar 1892ergangenen Entscheid, der ebenfalls die„politische Tendenz" desBergarbeiter-Verbandes betraf.Genosse Schröder war. wie schon gesagt, im braunenZ u ch l h a u s k o st ü m erschienen. In diesem Gewände unddazu noch gefesselt wurde der Mann am hellen Tage überdie Straße geführt, den die öffentliche Meinung deutlich genugals das Opfer eines irrigen Urlheils bezeichnet. Schröder siehtsehr leidend aus. ist geschoren wie ein richtiger Verbrecher, vcr-liert aber durchaus nicht feinen Mnth, sondern hofft auf baldigeBefreiung. Helle Freude strahlte auf seinem Gesicht, als er diealten Freunde wieder einmal sah. Die Theilnahme. die er anallen Gesichtern ausgedrückt fand, wird sein Loos hinter Kerkermauern in etwas erleichtern. Sonst hat unser Genosse eine guteBehandlung.Aus Magdeburg berichtet die..Volksstimme", wie sie auSsicherer Quelle erfahren habe, werde den Eisend ahn-arb eitern die 10 prozentige Lohnerhöhung vorläufig nicht''ewilligt. Die Arbeiter hätten also umsonst gehofft.Ist die Nachricht zutreffend, dann wird sich wieder dasWort bewahrheiten, daß unsere Feinde doch unsere besten Freundesind, denn nichts ist geeigneter, die Eisenbahnarbeiter der Soziakdemokratie zuzuführen, als sie auf die Erhöhung ihres dürstigenEinkonlinens noch länger warten zu lasse».Zur Lohubeweguug der Buchbinder Leipzigs meldetunser dortiges Parter-Organ, daß die Leipziger Altien-Buchbinderei, vormals G. F r i tz s ch e. die Forderungen der Gehilfenbewilligt hat. In der Buchbinderei von Böttcher u. Bongartz sowie in der Buä, binderei Hager verweigern die Per-sonale die Ueberstundenarbeit, weil der dafür gesorderte Lohmausschlag nicht bewilligt wurde.?n Plaue» i. B. wurde in der Buchdruckerei vonf e r, wo das freisinnige„Tageblatt" hergestellt wird,sämmtlichen Verbandsmitgliedern gekündigt. Schäfer bezahlt denTarif nicht.Die Weber der Firma C. A. Fischer in Krim-m i t s ch a u haben wegen Lohnstreitigkeiten die Arbeit ein-gestellt.Ju Heilbron» streiken nach Angabe des WürttembergischenNachrichienbureaus die Gehilfen von ö Buchdrnckereien,weil sich die Prinzipale betreffs der Einführung deS neue» Tarifswiderspenstig zeigen.Aus Junsbrnck wird uns mitgethcilt: Zur Unterstützungder streikende» Tapezirer in Meran in Tirol sind am 10. Augustvom Fachverein der Tapezirer in Berlin durch GenossenTh. Markiel angelangt 50 M. Der Landes- Vertrauensmann:I o h a n n G ch l e i ch in Innsbruck, Jnnstr. 79 II. bei Stock.Ueber den Brüsseler Tischlcrstreik brachte die„Kreuz-Zeitung" eine Notiz, worin es hieß:„Der Ausstand, der nun-mehr dank den sozialdemokratischen Ausreizungen fast zweiMonate lang andauert, nimmt das klägliche Ende, welchesalle vernünftigen Leute von Ansang an vorausgesehen haben.Morgen(am 15. September) wird ei» großer Theilder streikenden Arbeiter die Arbeit wieder unter schlechteren Be«dinzung en als vorher aufnehmen, während ein anderer Theilvon den Arbeitge bern nicht mehr aufgenommen werden und mitWeib und Kind zur Auswanderung ans Brüssel gezwungensein wird. Der Lohnverlnst aNein übersteigt eine Million,abgesehen von den drückenden Schulden, welche die ausständigenArbeiter während der Ansstandszeit machen mußten. Die Ver-antwortung für diesen Ausgang des Ausstandes fällt dersozialdemokratischen Parteileitung zu, welche zu Anfangder Ausstandsbewegung, als die Arbeitgeber sich imbeiderseitigen Jntcreffe zu ganz erheblichen Zugeständnisse»herbeilassen wollte, die Arbeiter zum Widerstande anfreizle undjede gütliche Beilegung des Konfliktes verhinderte. Jetzt, dader mit so großem Wortschwall eingeleitete Feldzug sür die Ar-beiter endgillig verloren ist, beschuldigt die sozialdemokratischeParteileitung die Behörden, die nur die Arbeitsfreiheit pflicht-gemäß schützten, die Niederlage der Arbeiter verschuldet z»haben."Zur Charakterisirung dieser plumpen Verdächtigung derbelgischen Arbeiterpartei genügt eigentlich schon der Abdruckeines Herold'schen Telegramms vom 16. September, welcheslautet: Der(klerikal«)„Patriot«" giebt den katho-lischen Arbeitern de» Rath, den Ausstandiortzn setzen, und eröffnet eine Subskription für dietreikenden. Der Aufruf der Tischlermeister, der behörd-lich untersagt war, hat keinen Erfolg gehabt. Gestern fandeine Kundgebung statt, bei welcher etwa z, veitausend Ausständigebetheiligt waren.Ilm der„Kreuzzeitung" auf die Sprünge zu helfen,wollen wir ihr aber noch folgendes zur Jniormation mit-theilen: Auf Vorschlag des sozialistischen AbgeordnetenDeniS erklärten sich die Streikenden damit«inverstanden, daßein Versöhnnngsrath gebildet werde, der seinerseits einen Schieds-richter zu wählen hätte, dessen Urtheil sür ein Jahr maßgebendsein sollte Die Arbeit sollte dann sofort wieder aufgenommenwerden. Der Vorschlag wurde aber von den Unternehnieru brüskzurückgewiesen._Soziktlvs.MammouSdienst in katholischen Klöstern. DaS„Bayer.Vaterland' Dr. Eigl'S brachte kürzlich interessante Mittheilungenüber die Grundsätze, wonach in den N on n e n kl ö stern beider Aufnahme von Nonnen verfahren wird.„Die Bedingungender Aufnahme"— heißt es in dem Sigl'schcn Blatte—„sindder Art, daß thatsächlich nur die Töchter reicher, wohlhabenderLeute Aufnahme finden können, und der Geldpunkt scheint inerster Linie ausschlaggebend z» sein." Zum Beweise dessen werdenfolgende Beispiele angeführt:1.„Schreiber dieser Zeilen stellte vor Jahren für zweisehr begabte und für den Klosterberuf nach menschlichem Er-messen offenbar berufene Mädchen eine Bitte um Ausnahme mitdem Versprechen möglichster Mithilfe in Leistung der Mittel.Wegen Mangel an Vermögen und der erforderlichen Aus-stattung, die. nebenbei gesagt, die höchsten Anforderungen stellt.wurde die Aufnahme verweigert. Als eben derselbe einmal denEintritt einer nach menschlicher Anschauung unberufenen undetwas allzusehr weltliebenden Person zu verhindern suchte, hießes:„Die hat Geld, die brauchen wir, sie muß und wird sichbeugen."2.„Gewissenhafte, frommgläubige Eltern wollten ihrer angen-scheinlich(zum Klosterleben) berufenen Tochter zur Erreichungihres Zieles verhelfen. Sie brachten bei ihrem kleinenschuldeten Hausstand die größte» Opfer. Im Kloster selbst wollteman das werthvolle Mitglied baldigst fruchtbringend verwerthe»deshalb wurde sie über Gebühr angestrengt, um ein Jahr herauszuschlagen; die sonst kräftige Natur unterlag nach einer Herrlichen Prüfung den übermäßigen Anstrengungen und die schoneingekleidete Nonne wurde wieder zu ihren Eltern zurückgeschubt— und erhielt nicht einmal jene Bekleidungsstücke mit, die ihrzur Einkleidung kurz zuvor von den Eltern waren gekaustworden."Was ist die Folge solcher Zustände? fragt der Schreiber, undantwortet hierauf:„Fürs erste, daß vielfach Leute ohne eigent-lichen Beruf in solche Institute eintreten, darum unglücklich sindoder ihre Aufgabe verkennen; daß auch unfähige Elemente sicheinschleichen, daß dann solche im Leben nach den Wünschen desMutterhauses wieder die Töchter von reicheren Leuten für sichzu gewinnen suchen und dann uicker Anwendung oft recht bedenklicher Mittel möglichst viel„Aussteuer" zu erwirken wissen,so daß man hierin von einem gewissen„Ringe" zu reden voll-ständig berechtigt ist. Ans Rechnung dieser Thatsachen kommendann viele Uebelstände, wie sich leicht denken läßt."Dieser Artikel des„Bayerischen Vaterlands" veranlaßt« die„Augsburger Abendzeitung", die geschilderte manimonistischePraktik von Nonnenklöstern in Beziehung auf das allgemeineErwerbsleben zu erörtern. Tas Blatt schrieb darüber:„Die Sucht, gut bemittelte Klosterfrauen mit stattlichen Einlagen zu bekommen, die Bestimmungen über lange, haltbare undumfassende Ausstattungen,„damit die Eintretenden im Laufe derJahre wenig Kosten verursachen", führen vorwiegend zu jenem Miß-stände, der heute von so vielen sog. freien Arbeiterinnen so schrecklichgefühlt wird und welcher„klösterliche Arbeit mitÜnterbietung deS Arbeitslohnes" heißt. Der Um-fang der Klosterarbeit in Bayern ist zum mindesten ein gleichumsassender als jener in den Strafanstalten; wir haben inBayern weibliche Klöster mit 30 und mehr Klosterfrauen aneinem Orte, welchen hunderte von Zöglingen zu Erziehungs- undBesserungszwecken u. f. w. unterstehen, und fortgesetzt heben sichdiese Niederlassungen und vergrößern sich, wie z. B. das Klosterzum„guten Hirten" in München. Die Klöster liefernaber nicht nur Handarbeiten, Waschartikel(ebenso wie die ähnlich organisirten undbillig thätigen Marien» und andere vonKloster- oder Kongregationsfrauen geleitetenA» st alten) anPrivate, sondern auch an Geschäfteund zu Preise», welche innezuhalten eine freieArbeiterin nicht in der Lage ist. Dabei ist die Kloster-arbeit in der Regel eine gute und gleichmäßige, der Geschäfts-betrieb oft ein sehr flotter und den Bedürfnissen der Kundschaftsich anpassender. Das Kloster zum„guten Hirten" inMünchen hält sich beispielsweise für seine Geschäftsklientelsogar ein eigenes Fuhrwerk für Zustellungen. Gewißmüffen die Frauen und Zöglinge in den Klöstern, Erziehungs-häufern, Marienanstalten». s. w. beschäftigt werden, sie verlangenArbeit so gut wie die bekannten Haustöchter, welche um dasTaschengeld arbeite», aber für ihre Arbeit sollte der Qualitätentsprechend gefordert werden und die Klöster u. s. w. solltennnrer die Preise, welche zu m i n d e st den armen Ar-beiterinnen bezahlt werden, um zur Roth, vielleicht sogar unterDarben auszukommen, niemals hinabsteigen. Wegendes Angebots muß die freie Arbeiterin schließlich jeglichen Preisannehmen: es kann dies und braucht es vielleicht die nähende,strickende, stickende u. s. w. Haustochter; die Klöster und die vonKlosterfrauen geleiteten Anstalten sollten aber in dieser Hinsichtbillige Rücksicht üben. Würden die Klöster den Zugang nichtnach materiellen Gesichtspunkten ausnehmen, so könnten die win-zige» Lohnsätze für die Kloslerarbeiten nicht aufrecht erhaltenbleiben, obgleich die meiste» Klöster unter besonders günstigenBedingungen bestehen, meist keine Miethe oder Hauszins,Steuer u. s. w. zu zahlen haben, die Vortheile des Mafien-betriebes in Küche und Haus genießen, Hausgärten pflegen, ein-fache Lebensweife führen u. vgl. Die Eigenthümlichkeit undUngleichheit der Gefängnißarbeit, die Konkurrenz bei der armenund verschämten Arbeiterin lassen Preissteigerungen von dieserSeite kaum zu; aber die gute, prompte Klosterarbeit, sie alleinkann versuchen, sich wenigstens die Preise der freien Arbeiterinzu erobern!... Ultramontanerseits wird nicht selten überSlrafanstaltsarbeit, Militärpensionisten, welche um billigen Ge-halt den Zivilisten Konkurrenz machen u. s. w. geschimpft—sollte man sich dort nicht der ihnen so nahe gehenden Kloster-arbeit erinnern?"Es ist bekannt, daß die niedrigen Löhne derFrauenarbeit ein Hauptförderungsmittel derProstitution sind. Duldet der katholische Klerus, daß durchdie billigere Klosterarbeit den freie» Arbeiterinnen Schmutz-konkurrenz gemacht wird, so hindert er diese nicht nur. Löhne zuerringen, die zum Leben ausreiche», sondern er gefährdet diefreien Arbeiterinnen sogar hinsichtlich ihrer jetzigen, schon un-zureichenden Löhne; nach beiderlei Richtung hin wäre er alsoindirekt mitschuldig an der Prostitution. Die Ultramontane»mögen demnach mit ihrem Kampf gegen die Unsilllichkeit zunächstim eigenen Hanse beginnen, indem sie ihr Kirchenregiment ver-anlassen, die Schinutzkonkurrenz der Klosterarbeit abzustellen, wo-durch der Prostitution mehr Opfer vorenthalten werden, alsdurch die salbungsvollsten Predigten.Da aber auf die sozialpolitische Einsicht des Klerus keinVerlaß ist, so wird es kräftigerer Mittel bedürfen, um die Klosterarbeit auf ein sittlicheres Niveau zu heben.Wir hätten gewünscht, daß die Reichskommissionfür Arbeiter st ati st ik bei ihren Erhebungenüber die Verhältnisse in der Kleider- undWäschekonfektion auch in die klösterlichen Werkstättenhineingeleuchtet hätte, wo man sich nicht scheut, entgegen demGebote des Chriftengottes:„Ich bin der Herr dein Gott, dusollst keine anderen Götter haben neben mir!" demscheußlichen Götzen Mammon zu opfern.In Dessau trafen am Montag gegen 100 Mitglieder desDeutschen Slrbeiter-Radfahrer-Bun des«in, umüber Angelegenheiten ihrer Organisation zu berathen. Vertretenwaren Berlin. Magdeburg, Halberstadt, Halle a. S., Staßfurt,Leipzig und andere Orte.Ein echt moderner landwirthschaftlicher Großbetriebteht, wie man uns aus Zürich schreibt, in Verbindung mit dergroßen Konservenfabrik von Maggi im Kemptthal bei Winter-lhur, welche 1200 Arbeiter und Arbeiterinnen beschäftigt. Dieabrik besitzt zur Lieferung der nöthigen Milch ca. 260 Stück_ ornvieh, das in 13 Stallungen untergebracht ist, wo Einrich-tungen sür elektrische Beleuchtung, Kalt« und Warmwasserspülungvorhanden und in Betrieb sind.Ueber Vermehrung der Selbstmorde wird auch auSI a p a n berichtet; auf die Zahl ist namentlich der Preis desReises, des ostasiatischen Hauptnahrungsmittels, von Einfluß.GevirhksEine grobe Rnckfichtslofigkeit einem Blinden gegen-über hat dem Kohlenkutscher Karl Sprinborn«ine Anklagewegen fahrlässiger Körperverletzung zugezogen, die gestern vorder8. Strafkammer des Landgerichts I verhandelt wurde. Am17. Juni kam der seit zehn Jahren erblindete ProfessorBasedow, von seiner Frau geführt, vom Nordbahnhofe. DerErblindete und seine Führerin sind gewöhnt, auf den Straßenrecht vorsichtig zu sein und ließen auch an jenem Tage es andieser Vorsicht nicht fehlen. Dessenungeachtet kam der Erblindeteplötzlich in Lebensgefahr. Von der Bernauerstraße her kam einvom Angeklagten geleiteter Kohlenwagen in scharfer Gangartüber denBürgersteig, um dieEinfahrt zu gewinnen. Der Kutscher hattever- i keinen Warnungsrus an die Paffanten erlasse» und gefährdete dieseim höchsten Maße. Im letzten Augenblick sprang der geradevorübergehende Lehrer Fuchs aus Reinickendorf den Pferden indie Zügel, er konnte aber nicht mehr verhindern, daß dieDeichselstange dem blinden Mann an die Brust ging und ihmmehrere Tage andauernde Schmerzen verursachte. Der Kutscherhatte für seine Nachlässigkeit kein Wort der Entschuldigung, son-dem überschüttete die Frau Basedow mit groben Redensartenund ging dem Lehrer Fuchs, der einen hellen Anzug trug, mitfeinen russigen Händen direkt zu Leibe. Der Staatsanwalt er-achtete die vom Angeklagten an den Tag gelegte Fahrlässigkeitfür eine so grobe, daß er 50 M. Geldstrafe beantragte. DerGerichtshof glaubte, daß bei dem rücksichtslosen Verhalten desAngeklagten eine Geldstrafe nicht am Platze sei und verurtheilleihn deshalb zu vierzehn Tagen Gefängniß.Ein gefährlicher Auftrag wurde am Morgen des7. August dem Kriminalbeamten Riebner ertheilt. Der Polizei«behörde war angezeigt worden, daß ein seit längerer Zeit ge-suchter Mann, der„Arbeiter" Edmund I ä n s ch, sich in seinerFrankfurterstr. 84 gelegenen Wohnung befinde. Riebner wurdebeauftragt, ihn zu verhaften, erhielt aber gleichzeitig die Weisung,einen Schutzmann zu seiner Unterstützung mitzunehmen und be-sonders vorsichtig zu sein, da Jänsch, ein gewaltthäliger undkräftiger Mensch, stets eine Waffe bei sich zu führen pflege.Als der Beamte die zur ebenen Erde befindlicheWohnung des Jänsch erreicht halte, begab er sichallein hinein und ließ den Schutzmann ans der Straße Auf-stellung nehmen, um einem Fluchtversuch des Jänsch durch dasoffene Fenster vorzubeugen. Nach einiger Zeit hörte der Schutz-mann den Kriminalbeamten um Hilfe rufen. Er eilte hineinund fand in der Stube seinen Kollegen in einem Kampf ausLeben und Tod. Jänsch hielt in der Rechten einen Dolch, seinebeiden Handgelenke hielt der Beamte aber fest umklammert undbeide Männer machten so heftige Bewegungen bei dem Hin- undHerzerren, daß verschiedene Möbel umgestoßen waren.Schon drohten die Kräfte des Beamten zu er-lahmen, als der Schutzmann ihm zur Hilfe eilte. Dieserversetzte dem Jänsch mehrere Hiebe mit dem Säbel über denKopf, der Getroffene siel ohnmächtig zu Boden und wurde nochin bewußtlosem Zustande zur Wache gebraht. Jänsch wurdegestern wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Be-drohung vom Schöffengericht zu einer Gefängniß st rasevon sechs Monaten verurtheilt.Polizei und Geburtstagsfeier. Eine für Schank»w i r r h e wichtige Entscheidung ist am 14. September vomhiesigen Schöffengericht I gefällt worden. Der GastwirthHermann Tauschel, Grenzstr. 4, hatte am 7. Juni d. I. nochnach der Polizeistunde eine Gesellschaft in seinem Lokal, welcheden Geburtstag eines Freundes feierte. Für andere Gäste wardie Gastwirlhschaft wie immer, nachts Uhr 12 geschlossen worden.Ein Schutzmann, der beobachtet hatte, wie die Gebnrlstagsgäste12 Uhr 45 Minuten das Lokal verließen, erstattete Anzeige, unddie Folge war, daß Tauschel mit einem auf 5 Mark lautendenStrafmandat bedacht wurde, gegen welches er richterliche Ent-'cheidung beantragte. Im ersten Termin führte Tauschel an. daßer nach seiner Ansicht keinen Verstoß gegen das Gesetz begehe,wenn er rechtzeitig sein Lokal schließe und dann noch eine ge-chlofiene Gesellschaft, die Fremden nicht zugänglich sei, bei sichbehalte. Als der als Zeuge vernommene Schutzmann anführte.daß Tauschel ihm aus die Frage, ob er denn die Geburtslags-eier auf dem Revierbnreau angemeldet hätte, die Antwort ge-jegeben habe, daß solches überhaupt nicht nöthig sei, ertheilte)er Amtsanwalt dem Polizeibeamten eine Art Rechts-belehrung, die mancher Gastwirth, der da glaubt, daß er beieder Gelegenheit vor der Polizei katzbuckeln müsse, sich merken'ollte. Der Amtsanwalt entgegnete nämlich dem Schutzmann:„Da hat der Angeklagte Ihnen die richtige Antwort ge-geben; es wäre noch schöner, wenn ich von der Feiereines Geburtstages oder von meiner Anwesenheit bei einer ge-'chlossenen Gesellschaft erst der Polizei Mittheilung machenmüßte!" Der Gerichtshof schloß sich den Ausführungen desAmtsanivalts an und beschloß, zu einem neuen Termin den Gastj» vernehmen, von dem die Geburtstagsfeier veranstaltet war.Nachdem dieser Zeuge im zweiten Termin bekundet hatte, daßdie von Tauschet gemachten Angaben völlig ans Wahrheit be-ruhten, sprach der Gerichtshof den Angeklagten' r e i und legte fämmtliche Kosten der Staatskasse zur Last.In der Angelegenheit des Margarinefabrikanteu Mohrbringt die„Wormser Zeitung" vom 15. September folgendeMeldung:„Worms, 14. Sept.(Polizeibericht.) Das Strafverfahrengegen den Fabrikanten Mohr in Altona wegen Vergehens gegen10 des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb, ist durchBeschluß der Gr. Staatsanwaltschaft eingestellt worden, da derbetr. Schlofiermeister, der um Mittheilung über Fabrikgeheimnisseangegangen worden sein soll, nicht, wie anfänglich behauptetwurde, auch Werkführer oder dergl. der Horchheimer Fabrik ist,der Z 10 des erwähnten Gesetzes aber verlangt, daß derjenige,der um solche Miltheilungen angegangen wird, Angestellter oderArbeiter des betr. Geschäfts sein muß."Ein interessanter Prozeß kam in Bafel vor demPolizeigericht zur Verhandlung. Die„Voss. Ztg." berichtet darüber:Verklagt waren die deutschen Zollämter am Baslerentralbahnhof und am badischen Bahnhof; Gegenstand derläge war, daß die in Basel stationirten Beamten der beidengenannten Zollstellen ihr Gehalt in deutscher Reichswährungausbezahlt erhalten. Nach Bundesrecht ist den öffentlichen Kassender Eidgenossenschaften untersagt, andere als gesetzliche Münz-orten an Zahlung anzunehmen. Ein allgemeines Verbol,andere Münzen, als solche der Landeswährung, alsZahlungsmitlel zu verwenden, besteht nicht; wohl aberhat der Kanton Basel-Stadt eine strafrechtliche Be-timmung getroffen, welche lautet:„Wer Löhnungen in ungesetz-lichen Münzsorlen ausbezahlt, wird mit Geldbuße(bis 300 Fr.)oder Hast(bis 42 Tage) bestraft." Der Wille des Gesetzgeberslieht dahin, die arbeitnehmende Bevölkerung, die ihrer sozialenl Stellung wegen nicht den Muth und die Kraft besitzt, ausZahlung des Lohnes in gesetzlicher Münze zu dringe»,vor den Nachtheilen zu schützen, die mit der Zahlungder Löhnung in ungesetzlicher Währung verbunden zuein pflegen. Die Aufstellung dieser gesetzlichen Be-timmung, die vor zehn Jahren erfolgte, ist von den deutschenZollbehörden nicht beachtet worden, offenbar weil sie glaubten,e beziehe sich nicht auf die Gehälter der in Basel stationirten»eutschen Zollbeamten. Auch hat sich die Basler Polizeibehörde'eit diesen zehn Jahren niemals zu amtlichem Einschreiten ver-anlaßt gesehen. Sie that dies erst, als aus der Bevölkerungeine Anzeige einlief. Vor Gericht waren die beiden Zollämterdurch die Inspektoren Ranzenberger und Bäuerle vertreten. Diesewandten ein, es handle sich bei den deutschen Zollbeamten nichtum ein Anstellungsverhältniß und nicht um Löhnungen imSinne des Basler Gesetzes, fondern um pragmatisch.«ordnete Verhältnisse, um Anstellung auf Lebenszeit und mittensionsberechtigung; die Auszahlung erfolge nicht in Basel,andern durch Anweisung von der Zentralverwaltung ans. End-lich beriefen sich die beiden Herren auf den exterritorialenCharakter der verklagten ZollsteNen. Die Staatsanwaltschafttrug auf Freisprechung an. Das Gericht entschied in diesemSinne, beschloß indeß Mittheilung des Falles an das kantonaleJnstizdepartement, das nöthigenfalls eine Durchsicht der ein-'chlagenden Staatsverträge anstreben möge.Depeschen nnd letzte Ltachvichten.Budapest, 16. September.(W. T. B.) In Miskolcz stießein von hier abgegangener Personenzug mit einem anderenPersonenzug heftig zusammen. Drei Personen wurden schwer,vierzehn leicht verletzt.Verantwortlicher Redakteur: Wilhelm Schröder, Berlin. Für den Jnseratenlheil verantwortlich: Th. Glocke in Berlin. Druck und Verlag von Max Bading in Berlin. Hierzu 1 Beilage.