MONTAG, 30. JANUAR 1933
WlTör!» - 0- 3>er Itarr und die Harren Skimme/ Ton ffledmig Srnft
Er war wirklich ein Hohn auf die.Krone der Schöpfung", kleiner, verbuckelter noch, als man sonst Mißwachfene sah, dazu lahmte er, und sem knochiges Gesicht verunstalteten große Blatter- narben. Unter merkwürdig buschigen Augen- brauen blickten ein paar tiefe, ungleich gefärbte Lichter in die Welt, mit einem Ausdruck, wie ihn mißhandelte Tiere haben. Die Arme schlenkerten über die Maßen lang und dürr wie gelenklos in den Schultern. Die gleiche Beweglichkeit besaßen die häßlichen Hände, deren ebensalls überlange Finger ständig herum- komikcrten, daß es selbst für einen ernsthaften Menschen oft nicht leicht war. mit Lachen zurück- zuhalten. Und er war ein witziger und schlag- fertiger Zwerg und unterhaltsam, was ihn nicht, wie sonst Häßliche, zu den Gemiedenen, im Gegen- teil, zu den Gesuchten machte. Dieses im Grunde erschütternd traurige, ge- wisse narrhaft Unterhaltsame wußten besonders ein paar Herren zu schätzen deren fast ausschließ- liche Lebenssorge es war, dafür zu sorgen, wie die Tage auf eine vor allem geistig nicht anstren- gende Weise möglichst anregend ausgefüllt werden konnten. Eines Tages hatte der eine von ihnen, ein Hüne, ein Germane der Urzeit in körperlicher Hinsicht und im übrigen„Haupt-Mann" der erlesenen Gesellschaft, diesen amüsanten kleinen buckligen Narren„entdeckt". Sein Auto hatte einen Reifenschaden erlitten, und er war gezwungen gewesen, in das nahe Gasthaus einzukehren und dort die Reparatur abzuwarten. Dieses Gasthaus war zufällig so etwas wie Stammlokal des Buckligen, der einen guten Tropfen Sonntags nicht oerschmähte. Auch heute witzelte und koboldete er herum.(Man ließ ihm keinen Frieden, bis er es tat.) Und dies Wesen gefiel dem Herrn derart, daß er den Buckligen kurzerhand ins Auto packte und seinem Kreise zuführte. Und in dieser Nacht gingen die Herren in einer so angeregten und ungeniert belustigten Stim- mung aus dem Extrazimmer ihres Gasthauses nach Hause, daß sich da und dort Fenster öffneten und Gepalten durch die morgendliche Dämme- rung�Äusschau hielten, die dann jedoch rasch wieder zurücktraten, wie der KleiNstadtschutzmann in den Schatten der Häuser. Traurig aber und müde bis in den letzten Winkel seiner Seele schlich sich der kleine Buck- lige, der mit diesem Tage gewissermaßen Hof- narr geworden war, durch die Gassen. War man Mensch? War man ein Teil Gottes? Ihm graute es. Bor den Dingen, vor sich selber, am meisten jedoch vor den Menschen. So graut« «s ihm, daß er fror. An allen Gliedern zitternd. trat er endlich ins Haus. Da war seine alle, ehrsame Mutter. Die alte Frau sprach nicht und fragte nicht, schloß auf, schloß zu. Doch in dem Blick, mit dem sie chren Sohn ansah, und in dem förmlichen Zerkrampsen ihrer zerarbeiteten Hände lag namenloser, unerhörter, entsetzlicher Schmerz. Ja, er war nun tatsächlich so etwas wie Hof- rarr geworden. Abend für Abend, wenn die Herren besonders erheitert zu sein wünschten, zollen sie ihn. Sie behandelten ihn„gut". Er Surfte ihnen eine Zeche machen, so hoch er wollte. Sie zwangen ihm selber die feinsten Liköre und den Sekt nur so hinein. Angetrunken gab er sich noch weit witziger, der Narr, und wirkte er un- widerstehlicher. Der Bucklige war nun durchaus kein Possen- reißer von Beruf und hatte auch die Kinderschuhe längst ausgezogen. Er lief tags arbeiten in die Fabrik, ordentlich wie ungezählte andere, und stand knapp vor der Vollendung eines halben Jahrhunderts. Was ihn der Lächerlichkeit preisgab, war nichts anderes als seine unglückselige Körperlichkeit. So grauenhaft roh das auch seine Mitmenschen charakterisierte, er war wahrhastig nur zu ihrer Unterhaltung auf der Welt. Das merkt« der Bucklige sehr wohl, das hatte er schon vor vielen Jahren gesühlt, er, der alle schöngewachsenen Menschen mit Neid und sehnsüchtiger Bewunde- rung angesehen hatte. Jetzt haßte er sie zuweilen. Wer den armen Buckligen genauer ansah, wer auch nur eine Weile mit ihm zusammen war, mußte erkennen, daß dieser Mensch eine bedeu- tende Intelligenz besaß, aber für die große Masse und für diejenigen, di« diese lebendige Satire auf die menschliche Schönheit nur von der witzelnden Seite betrachteten, war diese Klugheit unmöglich. So wurden auch seine klugen Bemerkungen und die manchmal tiefernsten Scherze zumeist mit wieherndem Gelächter ausgenommen. So kam es, daß nach und nach auch die Seele des körperlich Verwachsenen verkrüppelte. Er sah ein, daß es nutzlos sei, den Menschen zu beweisen, daß er nicht das war, als was man den arm- seligen Buckligen ansah. Niemand außer seiner Mutter verstand ihn, bestenfalls ließ man ihn laufen und lächelte hinterher. Aber all das merkte der arm« Mensch doch. Seine Verachtung für die Menschheit wuchs und wuchs. Was hatten sie ihm zu bieten, die llchristen- menschen und die Bürger der Stadt? Hörten sie
wenigstens einmal auf die kleinen Regungen seiner ins tiefste verwundeten Seele, gab es auch nur einen, der mit ihm kameradschaftlich ver- kehrte, so wie er es wünschte? Er hörte mit seinen feinen Sinnen überall das Gelächter hinter sich her schallen. Und so riß er dann Witze, unter- hielt er alle, wenn er in Stimmung war— um sich zu betäuben... Im stillen verachtete, haßte er sie doch alle, und er hätte alles dafür gegeben, wenn er seinen Pei- nigern, alles, was sie ihm bewußt oder unbewußt angetan hatten, hundert- und tausendfältig hätte zurückzahlen können.„Oh, wie herrlich, einmal srüh aufzuwachen als gerader, junger, gesunder Mensch und dann alle in die Schranken zu for- dern, alle zu zwingen, daß sie ihm Achtung ent- gegenbrächten, von Mädchen umschwärmt zu werden und dann als schöner, kluger, junger Mensch einen Platz an der Sonne zu erobern." Das war sein Traum in vielen Jahren, aber da er nun älter wurde, hatte er sich alle diese schönen Träume abgewöhnt, sein Mut war gesunken,
Bitternis, Verbitterung, Haß waren das einzige, von dem er noch zehrte. Manchmal wollte er ein« große Tat begehen, um sich zu rächen für all die Unbill, aber alle Pläne dazu verwarf er wieder, bis endlich nach langen, durchwachten Nächten ein Gedanke heraufkam, der ihn nicht wieder losließ, und in den er sich geradezu hinein- fraß und dessen Verwirklichung ihm so groß und bedeutend erschien, daß er beschloß, ihn in die Tat umzusttzen... Nun wurde er fünfzig Jahre alt. Solche Feste feiert man. Auch dieses sollte geseieri werden. War sogar als ein Glanz- und Ehrentag für den Narren gedacht und natürlich in erster Linie für die edlen Herren. Das Lokolblättchen brachte so- gar eine betreffend« Notiz. Es sollte an keiner Würdigkeit fehlen. Die Herren sorgten selbst im Extrazimmer herum, wie eben robuste Gewissen und massive Gemüter für eigenes Vergnügen zu sorgen be- lieben. Und dann erwartete man, aufs ange- nehmst« angeregt, den Abend.
Mit durchdringendem Dreiklang meldete sich ein blumengeschmücktes Auto vor dem Hause des Buckligen, kaum daß der Arbeitstag zu Ende. Der Haupt-Mann jener gewählten Herrengesellschaft stieg aus, trug sodann mit dem Wagensührer einen großen Korb, voll bis zum Rande mit deli- katesten Dingen und Weinen, die gerade noch den verwöhntesten Gaumen reizen, in das Haus� das Fest- und Ehrentagsgeschenk. Denn man war ein Herr und konnte das. Die Tür stand offen. Doch nicht der kleine Bucklige, der amüsante, koboldige Narr, empfing den Herrn, sondern seine ehrsame alte Mutter. Zurückgekehrt war heute ihr Sohn von der Arbeit, trauriger, verzweifelter noch als sonst. Man wollte aber durchaus ihren Sohn sprechen, und der Haupt-Mann trat schließlich auf die Tür zu unid riß sie auf. Im gleichen Moment jedoch prallte er weit mit einem Schreckensruf zurück, ohne den Drücker der Tür. wie im Krampf. loszulassen. Klein, häßlich, ein unförmiger Klum- pen. hing am Fensterkreuz, ohne ein geringstes Zeichen von Leben— der Narr. Auch jetzt sprach die Mutter, kein Wort; sprach nicht, fragte nicht, regte sich nicht, wie grauenhast der Tote auch aussah. Nur in dem Blicke, mit dem sie sich ihrem zerhetzten Sohne zuwandte, lag ein so namenloser, unerhörter und entsetz- licher Schmerz: Maria stand wohl so vor dem ihren, den sie gekreuzigt...
Die Qlüchspfole JivimhmlnoveUe/ Ton O. blander
Stephan war seines Zeichens ein biederer Ber - liner Droschkenchauffeur. Sein wagen war zwar nicht der neueste und nicht der schönste, der sich vor dem großen Fernbahnhof auszustellen pflegte, aber bei dem Strom von Reisenden, der sich täglich aus den großen Hallen ergoß, kam er allemal auf seine Kosten. Der Wagen gehörte zudem ihm persönlich. war bezahlt und konnte nach manches Jahr laufen und seinen Besitzer nähren. An einem regnerischen Abend war gerade der l)-Zug aus Amsterdam an- gekommen und Stephan kurbelte wie alle anderen seinen Motor an, um bereit zu sein. Ein hoher, schlanker Herr, sichtlich angelsächsischen Gepräges, lotste mit seinem Gepäck auf Stephan zu, der be- flissen heraussprang und die Tür öffnete. Der Fremde nannte ein Hotel und Stephan fuhr los. Die Taxe zeigte, nachdem sie am Ziel angekommen waren, 2.50 Mark und der Fremde angelte mit der linken Hand verzweifelt in seinen Taschen herum, während er die rechte krampfhaft in der Manteltasche geballt hielt. Stephan sah dem ver- zweifelten Bemühen des Fremden verwundert zu.
„Können Sie Ihre rechte Hand nicht ge- brauchen?" fragte er teilnahmsvoll. „Ich kann sie nicht herausziehen", erklärte der Fremde gebrochen Deutsch,„denn ich halte in der Tasche eine wundertätige Hasenpfote, die ich nicht verlieren mächte." „Eine Hasenpfote?" wiederholte Stephan ver- wundert und belustigt. „Eine echte Hasenpfote, die mir ein sterbender Nigger vermacht hat Sie glauben wohl an so etwas nicht?" Stephan schüttelte lachend den Kopf. Sowas Verrücktes! Eine Hafenpfote! „Ich werde Sie rasch betehren, mein Lieber. Morgen habe ich noch eine größere Fahrt vor. Gibt was für Sie zu verdienen. Kommen Sie um 9 Uhr wieder hierher Nehmen Sie diese Hasen- pfote und behalten Sie sie bis morgen. Ich wette tausend zu eins, daß Sie dann bekehrt sind. Ein- verstanden? Hier nehmen Sie die Pfote und geben Sie sie mir morgen zurück. Aul wiedersehen!" Stephan sah etwas verdutzt auf das vertrocknete,
Fraktur oder Antiqua EinheitUchkeil tut not! Von all den Gärungen und Kämpfen, die das Merkmal unstrer bewegten Zeit find, ist auch das Gebiet des Schriftwesens nicht oerschont geblieben. Maßgebende Kreise kämpfen für eine allgemeine und offizielle Einführung der alten lateinischen Schrift in Deutschland , der A n t i q u a als Haupt- schrift für das öfsentliche Leben, während andere wieder, und zwar in erster Linie die„nationalen" Schichten, die sogenannte deutsche Schrift, die Fraktur, unter allen Umständen beibehalten wollen. Die bei jeder Gelegenheit ihr Deutschtum betonenden Volksgenossen vergessen in diesem Falle nur leider, daß es eine„deutsche" Schrift eigentlich gar nicht gibt. Die F ra k t u r s ch r i f t, die als deutsche Schrift bezeichnet wird, ist aus der alten lateinischen Schrift her- vorgegangen. Zu jener Zeit, als die Klöster der hauptsächlichste Sitz deutschen Schriftwerkes waren, wurde die Fraktur, die Bruchschrift, ge- boren. Die Mönche, die alte Werke durch Ab- schriften vervielfältigten, versuchten nach und nach. die schlichte lateinische Schrift durch Schnörkel und Ecken zu verzieren. Dadurch entstand die Fraktur, die sich dann zu einem ganzen Alphabet der Bruchschrist entwickelte. Das war natürlich auch in anderen Ländern, wo in Klöstern die Mönche als fleißige Abschreiber tätig waren jvie in England, Frankreich , Italien usw. der Fall. Da nun früher der Unterricht m Deutschland hauptsächlich in den Händen von Geistlichen lag, so wurde diese Schriftart in den Schulen gelehrt und drang als sogenannte„deutsche" Schrift ins Volk, obwohl sie schwerer zu erlernen ist als die einfache lateinische Antiqua. Da jedoch die Antiqua heute wegen des Weltverkehrs nicht mehr zu ent- behren ist, so werden heute in den Schulen beide Schriftarten gelehrt. Diese unnütz« Belastung des Schulunterrichts mit der Frakturschrist ist aber noch nicht das schlimmste. Viel bedauerlicher ist es, daß durch diese Eigenbrötelei im deutschen Buchwesen die Verbreitung deutschen Schrifttums im Auslände erschwert wird. Selbst in den urgermanischen Ländern Skandinaviens (merkwürdigerweise aber nicht in Finnland ) wird diese Schrift abgelehnt und nur die Antiqua angewandt. Wie wichtig
für den internationalen Berkehr eine einheitliche Schrift ist. erkennt nian daran, daß die Typen der meisten Schreibmaschinen in Deutschland aus la- teinischen Buchstaben bestehen. Was nützt es auch einem Schweden , einem Dänen, einem Franzosen, einem Amerikaner, wenn er die deutsche Sprache beherrscht, aber nicht zugle'ch die Frakturschrist lesen kann! Der größte Teil der deutschen Bücher und Zeitschriften ist jenen Ausländern dadurch nicht zugänglich. Es wirkt fast wie ein Witz, wenn man sich etwa unsere Straßen- und Bahn- Hofsschilder in„deutscher" Schrift ausgeführt denkt. Dieser Versuch sollte, nebenbei bemerkt, wirklich schon einmal gemacht werden. Glücklicherweise hat man diese in einem Ueberdeutschtum wurzelnde Eselei schon wegen der Fremden, deren Besuch deutscher Messeausstellungen usw. für uns sehr wichtig ist, wieder fallen lassen. Die Wichtigkeit einer einheitlichen internationalen Schrift, wie es ja die Antiqua eigentlich schon ist. wird heute in allen Ländern erkanm. In der Türkei , die ja ganz andere Schriftzeichen hat, ist die Antiqua ebenfalls schon als Unterrichtsfach eingeführt wor- den, und auch in Rußland , das ja auch noch an die griechischen Luchstaben sich anlehnende Zeichen hat, wird sie in so vielen Schulen gelehrt. daß die meisten Russen die Antiqua vollkommen beherrschen. Kürzlich hat auch das japanische Unter- richtsministerium beschlossen, die lateinische Schrift in allen Schulen als Pflichtfach lehren zu lassen. Die Regierung ist in Zusammenarbeit mit allen Bildungseinrichtungen bemüht, die lateinische Schrift immer mehr im öffentlichen Leben Japans zur Geltung zu bringen Selbstverständlich ist diese Verordnung von den nationalistischen Kreisen Japans als unnational und die Würde des japani- schen Volkes verletzend stark angegriffen worden. Die Regierung hat jedoch erklärt, daß Japan es seiner Stellung als Großmacht und seinem wachsenden Einfluß auf allen Gebieten des inter - nationalen Verkehrs schuldig sei, m jeder Be- Ziehung im Konzert der Weltmächte gleichberechtigt mitzuwirken Die latemische Schrift sei nun ein- inal Weltschrist, und vor dieser Tatsache müßten die sapanischen Belange, di« nationalen Eigen- Helten zurücktreten. Also auch Japan hat schon aus einer wertvollen Erkenntnis di« notwendigen Konseguenzen gezogen. Und Deutschland ?
braune Ding in seiner Hand, das ihm Glück brin- gen sollte. Er wollte eigentlich dem Mann nach- eilen und ihm diesen Mumpitz gleich wieder zurück- geben, aber der Fremde war schon verschwunden. „Na scheen", dachte Stephan und steckte es in seinen Lederrock.„So'n Quatsch." Es begaben sich nun eine Reihe höchst sonder- barer und erstaunlicher Dinge. Einige Stunden später fuhr Stephan einen Fahrgast nach dem Westen. Die Taxameteruhr zeigte vier Mark Der Fremde zog einen Hundertmarkschein aus der Tasche und reichte ihn Stephan. „Nee, soviel kann ich nicht wechseln." „Wechseln?" wiederholte der seine Herr sichtlich indigniert.„Ich pflege mir auf hundert Mark nie Rest geben zu lassen." Spruchs, verschwand und ließ einen seelisch schwer erschütterten Droschken- chausfeur zurück. Er wollte gerade wieder an- kurbeln, als ihn eine Dame anrief, die nach dem Zentrum zurückwollte. Das Resultat war ein wei- terer Hundertmarkschein, denn auch die Dame ge- hörte selbstverständlich zu den Menschen, die sich auf hundert Mark nicht Rest aeben lassen. Stephan schlief in dieser Nacht einen unruhigen Schlaf. Früh schon machte er sich wieder auf den Weg. Er wollte jede Sekunde von der Zeit aus- nutzen, die die Hasenpfote bei ihm blieb. Im stillen und uneingestanden schmiedete er schon Pläne, wie er sich um die Zurückgabe überhaupt drücken könne. Fester und fester schloß sich seine Hand um die Hasenpfote, als zu den gestern verdienten noch zwei weitere Hundertmarkscheine kamen. Er schwor sich, koste es, was es wolle, im Besitz dieser wundertätigen Pfote zu bleiben. Es durchfuhr ihn daher ein gehöriger Schrecken, als ihn um die Mittagsstunde jemand leise auf die Schulter klopfte. „Nun?", sagte der fremde Herr, der eigentliche Besitzer der Hasenpfote und lächelte auf eine ebenso ausmunternde wie maliziöse Art. „Wieviel wollen Sie für die Hasenpfote?" fragte Stephan nach längerem Nachdenken. „Die Hasenpfote ist mir unverkäuflich", lächelte der Fremde „Ich gebe Ihnen zwanzig Mark niehr ist so'n Ding doch nicht wert." „20 Mark ist etwas wenig, finden Sie nicht?" „Schön. Also 49 Mark." Sie einigten sich auf S9 Mark, Stephan bezahlte bar, ihm schwindelte beinahe, daß die wunder- tätige Hasenpfote wirklich so billig zu erstehen sein sollte. Der Mann mußte ja keine Ahnung von ihrem wirklichen Wert haben. Als sich der Fremde entfernt hatte, griff er unwillkürlich in die Tasche. Die Hasenpfote war noch da! „Geben Sie mir die Hasenpiote". sagte plötzlich jemand hinter ihm. Und der Mann, der dies sagte, den kannte Stephan von mancher Fahrt. Es war .Kriminalkommissar Tesch. Es war ein Mann, der -sehr viel Spaß verstand, außer wenn er keinen verstand. Und er sah jetzt ganz so aus, als ob er keinen verstehe. Stephan gab ihm deshalb zögernd die Hasenpfote. „Und jetzt, mein lieber Stephan", fuhr Tesch fort,„möchte ich noch die Hundeitmarkscheine haben, die sich in Ihrer Brusttasche befinden." „Was geht Sie mein Geld an?" fuhr Stephan ihn an. „Mich nichts. Wer die Faifchgeldabteilung interessiert sich dafür." Wie im Traum nahm Stephan die Scheine her- aus und sah sie an. Jedes Kmd konnte sehen, daß sie falsch waren. „Ja, ja, lieber Stephan, das kommt alles von der Hasenpfote. Kommen Sie übrigens morgen vormittag zu mir. Sie können sich dann bei dem Herrn, dem Sie 50 Mark für dieses wundertätig« Amulett gaben, noch persönlich verabschieden. Die Hasenpfote wird er in Moabit bitter nötig haben."