Warum wurde ausgelöst? l)»« Zentrum und Hitler-Papen
Der Vriefwechlel zwischen dem Vorsitzenden der Deutschen Zentrumspartei Professor Dr. Koos und Reichskanzler Eitler über die bekannten Fragen des Zentrums liegt jetzt im Wortlaut vor: Kaas an Hitler Professor Dr. Äaas hatte die Fragen des Zon- trums dem Reichskanzler mit folgendem Bsgleit- schreiben übersandt: „Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Unter Be- Mgnahme ans unsere heutige Besprechung beehre ich mich, Ihnen folgende Punkte auch schriftlich mitzuteilen, auf die ich bereits heute vormittag Ihre Aufmerksamkeit lenken durfte und denen ich einige wenige Ergänzungen sozial- und wirt- schaftepolitischer Natur hinzugefugt habe. Indem ich Ihrer freundlichen Rückäußerung«m- gegensehe, bin ich mit dem Ausdruck besonderer Hochschätzung Ihr ergebener gez.: Kaas, Bar- fitzender der Deutschen Zentrumspartei ." Hitler « �ntvort Auf dieses vom ZI. Januar datierte schreiben hat Reichskanzler Hitler unter dem Datum des 1. Februar wie folgt geantwortet: „Sehr verehrter Herr Prälat' Mtt großem In- teresse habe ich gestern Ähren Brief zur Kenntnis genommen. Der Zweck der Unterhaltung war, zu klären. ob und unter welcher Voraussetzung das Zentrum bereit fem würde, der ueueu Reichs reg ie- ruug der uatioaaleu Konzen traklou eine für die Lauer eines Iahres zu bemeffeude Arist zur Arbeit ohne die Wechselfälle parlamentarischer Behinderung zu gewähren. i Ich hielt dies für notwendig, da ich in dieser Regierung die einzige und letzte Möglichkeit sehe, auf verfassungsmäßigem Wege der Gefahr des Verkommen« von Volk und Reich vorzubeugen. Ich glaube, Sie, Herr Prälot, richtlg verstände» .zu haben, wenn ich aus dieser Unterhaltung den Schluß zog, daß das Zentrum augenblick- lich in der derzeit gegebenen Zu- fammensetzung des Reichskabinetts keine genügend große Basis mehr für eine direkte eigene Beteiligung an der Regierung zusehen vermeint. Das Zentrum würde aber unter Umständen be- reit sein, eine der parlamentarisch üblichen Tolerierungen zu erwägen. Ich habe Sie. jherr Prälat. Nim gebeten, in Ihrem engsten, für die Politik des Zentrums verantworU'chen Führer- kreis oielleich gütigst fssisrelle» zu wollen, ob überhaupt grundsätzlich mit emer Geneigtheit zu rechnen sei, der neuen Regierung etwa m der Form einer einjährigen Vertagung des Reichstages die bei der derzeitigen Arbeits- Unfähigkeit dieses Instrumentes nötige Freiheil .zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu geben. Denn Tolerierungen von heute auf morgen zwingen Regierungen zu einer ähnlich bemessenen Politik. In Ihrem Brief stellen Sie, Herr Prälat, nun in präzisester Form eine so große Anzahl von Fragen, daß deren eingehend« Beant- Wartung überhaupt nur dann einen Sinn haben konnte, wenn die grundsätzliche Bedingung, ob mit einer solchen einjährigen Frist emer ruhigen Arbeit der Reichsregieruna gerechnet werden kann, vorher klargestellt scheint. Dies ist aber unterblieben. Ich entnehme - daraus, daß eine bindende Zusicherung für diese oder eine ähnlich« Sicherstellung der verfassungs- mäßig heute allein möglichen Voraussetzung für eme gedeihliche Arbeit von feilen des Zentrums nicht gegeben werden kann. Damit aber i erübrigt sich für den Augenblick jede Diskussion über die von Ihnen, Herr Prälat, angeführten > Punkt«. Der Zweck meines Versuches würde da- r durch höchstens in das Gegenteil verwandelt, Denn eine Diskussion der angeführten Punkte ohne das von mir erbetene Ergebnis würde im Ausgange zu einer ebenso unfruchtbaren wie mir unerwünschten Verbitterung führen. Denn ich wage auch heute noch immer zu hoffen, daß. wenn nicht schon jetzt, dann in etner vielleicht nicht zu fernen Zeit eine Verbreiterung unserer Front zur Beseitigung der drohenden innerpolitischen Gefahren in unserem Volk stattfinden könnte. Da ich mithin zu meinem Leidwesen aus Ihrem Briefe eine Klärung der von mir als Boraus- setzung angesehenen Frage einer Garantiefrist für die Arbeit der neuen Regierung nicht ent> nehmen kann, die Zeit aber drängt und ich alle Möglichkeiten vor Gott und meinem Gewissen er- schöpfen will, der neuen Regierung ihre Arbeit zur Rettung der Nation auf dem Boden der Verfassung zu ermöglichen, sehe ich mich gezwungen. d«m Herrn Reichspräsidenten vorzuschlagen. damit einen letzten Appell an das deutsche Volk selbst zu richten. Mit der Hoffnung und der Bitte, daß die zu Ihrem Parteifreunde Dr Brüning und zu Ihnen selbst Herr Prälat, angeknüpften per- sönlichen Beziehungen dadurch nicht ab- gebrochen werden, bin ich Ihr ergebener gez. A d o l s H i t l« r." Kaa« verwahrt«ich Pralat Kaas hat auf das Schreiben des Reichskanzler, m folgender Weise geantwortet:
Sehr geehrter Herr Reichskanzler! Auf das gefällige Schreiben vom gestrigen Abend beehre ich mich, Ihnen folgend« Feststellungen zukommen zu lassen: Wie sich aus dem amtlichen, mit Herrn Reichs- minister Dr. F r i ck oereinbarteu Kommunique ergibt. habe ich namens der Deutschen Zentrums partei als Boraussetzung für eine Stellungnahme zur Frage der Tolerierung eine Reihe von sachlichen Fragen gestellt, deren Beantwortung durch Sie. Herr Reichskanzler, vorhe halten blieb. Die Fixierung dieser Fragen habe ich, Ihrem Wunsche Rechnung tragend, mit besonderer Beschleunigung fertiggestellt und sie Ihnen mit einigen Ergänzungen unter genauer Einhaltung des mit Ihnen vereinbarten Termins am Rachmittag desselben Tages, Z Uhr, zukommen lassen, damit ihre Beantwortung ohne wetteren Zeitverlust erfolgen könne und wir in die Lage versetzt wurden, die Frage der Tolerierung in dieser oder jener Form wenigstens in summarischer Erkenntnis des beabsichtigten Regierungskurses zu entscheiden. Eine Vorwegnahme dieser Entscheidung vor wenigstens summarischer Beantwortung dieser Fragen ist von mir in keiner Weise zugesagt worden. Sie konnte nach Lage der Sache auch nicht in Frage kommen. Zu den Vorverhaudluugeu. die zur Bildung des ueueu Sabioetks sührten, Ist die Zeutrumsparlei ebenso wie die Bayerisch« Volksparlei durch den Vertrauensmann des Herrn Reichspräsidenten bewußt ausgeschaltet mordest trotzdem der Auftrag des Herrn Reichspräfideuleu in erster Linie auf die Feststellung der etwa vorhandenen WehrheUsmöglichkelte» lautete. Die Deutsche Zentrumspartoi war Mo ohne Kenntnis der fachlichen Abmachungen, auf Grund deren die jetzig« Regierung zu arbeiten gedenke. Tolerieren kann man verantwort- licherweise nur, was man wenigstens in den wesentlich st en Grundzügen kennt. Unsere sachlichen Fragen sollten diese Klärung bringen. Wenn ihre Beantwortung auch wir im wesentlichen den Anforderungen entsprochen hätte, die unser Gewissen zur Sicherung gegen verfassungswidrige, wirt- schaftsschädigende, sazialreaktio- näre und währungsgesährdendx E x- perimente uns zu stellen befahl, würde die Zentrumspartei in Übereinstimmung mit ihren siaats politischen Grundsätzen und.ihrer lll.MMter. inotlamierten Haltung, im Bewußtsesn der Schwere der Stunde, in uneigennütziger Sachlichkeit bereit gewesen sein, der Regierung die Arbeit zu ermöglichen. Auf Grund freundschaftlicher Fühlung mchme mit der Bayerischen Bollspartei war sie gewiß, daß deren Haltung durchaus von gleichen Erwägungen bestimmt war.
säumige Zahler v\/cchstl
Reichskanzler Hitler:„Ihr kommt, meine uneingelöstcn Wechsel zu präsentieren. Gut, ich stelle Euch einen neuen Wechsel dafür aus— Laufzeit vier Jahre!"
Daß mau die u» Zuge begriffenen verhaud- lungeu plötzlich abbrach, daß mau nach so vielen unnütz uerlaueu Wochen nicht mehr die Geduld aufbrachte, die est», oder zwei- mal 24 Stunden zu wartest stmerhalb deren die Beantwortung der Frage« und damit die notwendige Klärung durchaus möglich gewesen wäre, ist lief bedauerlich und von ander«, zu verantwortest aber nicht von uns. Nachdem so ohne jede Mitverantwortung unsererseits aus Gründen, die ich, Herr Reichskanzler, offengestanden, nicht zu begreifen vermag, der von mir seit langem mit innerster Ueberzeugung vertretene Sammlirngsgedanke der aufbauwilligen Kräfte wiederum geschertert ist, tonn ich nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß der bevorstehende durch den Abbruch der Verhandlungen regierungs- saftig herbeigeführte Wahlkampf so geführt werde, daß der Wille zur Sammlung, in dem ich nach wie vor die einzige Rettungsmöglichkeit für Volk und Staat sehe, nicht zerstört wird. Angesichts der Lalsache, daß die amtliche Verlautbarung äber die Auflösung de? Reichstaes sich aus die uurichkiae Behaup- luug stuhl, daß eine Wehcheltsbildung sich als unmöglich erwiesen habe, glaube ich mich ver- pfsichlek, dem Herrn Letchspräiideuten Abschrift dieses Schreibens vorlegen zu lasten Zudem ich Sie. sehr verehrter Herr Reichs-
Gegen Gefchichtsklitterung! Wer hat vierzehn Jahre regiert?
Adolf Hitler Hot gestern wiederholt von vier- zshnjähriger Mißwirtschaft des Marxismus ge- sprochest Auf solchen Redensarten, ebenso wie auf der Dolchstoßlegende, beruht ja zum großen Teil die ganze nationalsozialistische Agitation. Ein einfacher Blick in einen beliebigen politischen Alma noch beweist aber, daß diese Behauptung die geschicht lichen Totsachen aufden Kopf stellt. Sell dem November Iglb hat der„Marxismus " insgesamt nur in folgenden Zeitabschnitten Anteil an der Regierung Deutschlands gehabt: Allein r e g i e r t hat die Sozialdemokratie insgesamt nur vom 0. November 1918 bis zum Zusammentritt der Nationalversammlung in Wei- mar am 13. Februar 1919. insgesamt vierzehn Wochen. Als Teilhaberin von Koalitionsregie- r u n g e n, in denen sie niemals auch nur über die Mehrheit, meist itur über ein Drittel der Ministeriitze verfügte, war die Sozialdemokratie Regierungspartei in folgenden Zeiten: Vom 13. Februar 1919 bis zum 21 Juni 1920 (Kabinette Scheidemann , Bauer und Hermann Müller ), insgesamt ein Jahr fünf Monate. Vom 19. Mai 1921 bis zum 22. November 1922 (Kabinett Wirth), insgesamt 19 Monate. Vom 13. August 1923 bis 39. November 1923 (Kabinett Stresemann) insgesamt 3li Monat«. Vom 29. Juni 1928 bis zum 30. März 1930 Kabinett Hermann Muller ), insgesamt 21 Monate Wacht insgesamt 84 Wonole— also 5K Zohr. Von den 14 Jahren und 3 Monaten fest dem Zusammenbruch des kaiserlichen Regimes Ist also ohne die Sozialdemokratie und zun, Teil in schärfstem Kampfe gegen die Sozialdemokratie fast 9 Jahre lang regiert worden! Die Deutschnationalen, deren Führer den Wahlaufruf Hitler » mitunterzeichnet hat.
haben unter Luther . Dr. Marx und von Papen über drei Jahre lang regiert, sogar als stärkste Koalftionspartei! So sieht die Wahrheft aus! Eins seltsame Lelhstheziditigung der Regierung Den Redaktoren der Hitlerschen Regierungserklärung ist e»n peinliches Unglück passiert. In dem Aufruf, der uns jetzt vom Rundfunk nach dem Rezept„We zwei Stunden einen Kinder- löffel voll" serviert wird, finden sich die Sätze: 14 Jahre Marxismus haben Deutschland rui- niert... in 14 Jahren haben die November- Parteien den deutschen Bauernstand ruiniert. In 14 Jahren haben sie eine Armee von Millionen Arbeitslosen geschaffen. !4 Jahre— das ist der gesamte Zeitraum vom Zusammenbruch des alten Systems bis zu Hitlers Regierungsantritt. Zu diesen 14 Jahren gehören auch die sechs Monate des Jahres 1932, in der der jetziac Vizekanzler der Hiller Regierung, Herr von Papen, pls Reichskanzler sein„autoritäres" Kabinett leitete. Zu den 14 Iah- ren gehören auch die drei Jahre von 19ZS bis 1928, in denen die von Herrn Hugenberg, dem jetzigen Reichswirtschaftsminister Hitlers , ge- sühnen Deutschnationolen bestimmend in der Reichsregieruna saßen Der Ausruf der Regierung schließt daher oegen den Vizekanzler von Papen sowie gegen den Wirt- ichasts- und Ernährungsminister Hugenberg den kränkenden Borwurf ein, Deutschland und den Bauern st and ruiniert sowie die Arme« von Arbeitslosen mit geschaffen zu haben. Das ist eine starke Un- freundlicbkeit. mit der sich die Betroffenen aus einanderseßen Mögen Die Bevölkeruna aber darf fragen: Warum beruft Hitler zwei Männer in seine Regierung, denen der eigene Regierungsauf- ruf völliges Versagen und Ruinierung Deutschlands bescheinigt?—- Seltsam! Seltsam!
kauzler, loyalerwrtse von dieser meiner Absicht in Kenntnis sehe, bin ich mit dem Ausdruck vorzüglicher hochschähuvg Zhr ergebener gez. Kaas. Varsttzender der Deutschen Zeutrumsparlei. Die Bayerische Volkspartei an Hindenburg Der Vorsitzende der Bayerischen Bolkspartei. Staatsrat Schäfser, hat an den Herrn Reichspräsi denten folgendes Telegramm gerichtet: „Durch die Begründung der Auf- lasungsorder, daß sich die Bildung einer arbeitsfähigen Mehrheft als nicht möglich herausgestellt hat, sehe ich mich gezwungen, bezüglich der Bayerischen Volkspartei sachlich zu wider � sprechen und festzustellen, daß die Bayerisch« Voltspartei, die ihren grundsätzlichen Willen zur Mftarbeft am nationalen Wiederaufbau als be- kannt voraussetzen mußte, überhaupt zu Verhandlungen nicht herangezogen worden ist." Kaa» an Hindenburg Gleichzeitig hat Prälat Dr. Kaas an den Reichs- Präsidenten von Hindenburg folgendes Schreiben gerichtet: Sehr verehrter Herr Reichspräsident! In der Auflöfungsverordnung des gestrigen Tages wird als Grund für die vollzogene Auflösung angegebest Saß sich die Bildung einer arbeitsfähigen Mehr- Heft als nicht möglich herausgestellt habe. Die Deutsche Zemrumspartsi nimmt Veranlassung, gegen diese den tatsächlichen Bor- gängen nicht entsprechende Begrün- dung Einspruch einzulegen, da die mit ihr begonnenen Besprechungen seitens der Re gisrung sachlich nicht weitergeführt worden sind und oh n e st ichh altigen Gru nd vor Herbei nihrung einer wirklichen Klärung abgebrochen wurden. In der Anlage beehre ich mich. Abschrift eines Schreibens an den Herrn Reichskanzler«rgebenst beizufügen, aus dem Sie, Herr Rsichspräs'chent. die näher« Begründung dieses unseres Cinspruchs eMnehmen wollen. Mft dem Ausdruck ausgezeichneter Hochschätzung ergebenst gez. Kaas, Vorsitzender der Deutschen Zentrumsparte!.
Kühlers RttcktrittsgesuK Platz kür einen Nationalsozialisten Der Reichskommissar für das preußische Kultus- Ministerium Professor Dr. Kahler hat am Donnerstagvormittag dem Rsichskommistar für Preußen, von Papen, fem Rücktr'ttsgesuch überreicht. Papen hat das Gesuch entgegengenommen. Prof. Kahler wird die Geschäft« bis zur Ernennung seines Nachfolgers weiterführen.
Das Reichslabmett trat am Donnerstag um 18 Uhr zu einer Sitzung zusammen, die kurz nach l9 Uhr beendet war. Es fand sine Aussprache i£>«r die allgemeine politische Lage statt. Be lchlüsse wurden nicht gefaßt Die Besprechung wiick» in den nächsten Tagen fortgesetzt werden. ferner beschäftigte sich am" Donnerstag der Sied- lungsausfchuß mit dem Vollstreckungsschutz Reichstagsabgeordneter Koeueu(Komm) ist aus Oesterreich ausgewiesen worden, weil er in einer Versammlung auch über Oesterreich gesprochen haben soll. Das darf er als Ausländer nicht. Der Reichstagsabgeordnete Habicht(Nsoz.) hat, sogar im Freien, über Oesterreich gesprochen, er wird nicht ausgewiesen.