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Ungarn . Budapest » 17. Scplember. Der International Landwirthschaftliche Kongreß wurde heule Mittag vom Sickerbauminister Dr. Darauyi mit einer längeren Rede eröffnet und führte ans, daß es gcme.insanie Uebel und gemein- fame Heimsuchungen seien, welche die Mitglieder des Kongreffes hier zusammengesührt hätten. Die Landwirihschaft habe so könne man wohl sage» schwere Tage zu bestehen und es sei eigen« tbümlich, daß sowohl exportirende wie importirende Staaten in gleicher Weise unter der Rückivirknng dieser Thatsache leide». Die Staaten müßte» nicht nur die berechtigten Bestrebungen, welche geeignet sind, der landwirlhschasllichen Produktion günstige Bedingungen zu sichern, aufmerksam verfolgen, sondern müßte» dieselben auch nachdrücklich unterstützen. Bei der sich hier an- schließenden Besprechung der einzelnen dem Kongresse zur Er- örterung vorgelegten Fragen äußerte der Minister die Hoffnung, daß der Kongreß bei der Berathung der Fragen nicht das aufsuchen werde, was die häufig nur scheinbaren Gegen« sähe zwischen den.einzelnen wirthschaftlichen Klassen noch mehr verschärfen, sondern viel- mehr das, was dieselben verbinden kann. Schtveiz. Bern , 17. September. (Franks. Ztg.) Auf dem i n t e r- nationalen Sittlichkeitskongreß stellte de Meuron aus Genf den Antrag, der schweizer Bundesrath solle die Initiative zwecks Vereinbarung eines Staatsvertrages zur B e- kämpfung des weißen Sklavenhandels ergreifen. Professor Hilly aus Bern betonte, ein großer Staat müffe dies thun. Am besten würde sich England dazu eignen, da auch Eng- land zuerst gegen den schwarzen Sklavenhandel vorgegangen sei. Zürich , 14. Sept.(Eig. Bericht.) Der schweizerische V er s a s s u n g L ra th hat den Entwurf zu einer neuen Kantonsverfassung fertiggestellt, der eine Reihe neuer Volksrechte .enthält, so die Abberufung des Kantonsrathes(Landtages) durch 2000 stimmberechtigte Bürger, Gleichberechtigung des Volkes mit dein Kanlonsrath gegenüber dem Bund, Stimmrecht des Militärdienst thuenden Bürgers, Volks- abstimmnng über Gesetze jeweilen im April und November, Er­weiterung der Volksinitiative, Erklärung der Schule als Staats- fache, Erlaß eines Unterrichtsgesetzes, Unentgeltlichkeit der Lehr- mittel, Staatsbeilräge a» das Schulwesen, Festsetzung des Hypothekar-Zinsfußes aus 4 pCt., bei Nichteinhaltung des Zinslermines 4>/s pCt., Forderung höheren Zinses wird als Wucher bestraft.. Jede Gemeinde bildet einen Wahlkreis für den Kantousralh mit einem oder mehreren Vertretern; für die Wahl der Regierung des Kantonsrathes und des Erziehungs- rathes gilt das P r o p o r t i o n a l s y st e»>. Die beiden Stände« räthe werden am letzten Sonntag im Ottober gleichzeitig mit den Nationalräthen gewählt. Die andern Wahlen finden jeweilen im April und Mai statt. Die ganze neue Verfassung zählt so Artikel, in denen auch die Kompetenzen der Behörden sehr genau abgegrenzt sind. Ter erweiterte Verfaffungsrath wird die Berathung des Entwurfes im November beginnen und erwartet man, daß er keine Verschlechterung desselben vornehmen werde. Eine in Zürich gestern stattgefundene Besprechung der Nationalraths- Wahlen führte zu dem Beschluß, 6 sozialdemokratische Kandidaturen im Züricher Wahlkreise auf- zustellen und das weitere einer einzuberufenden sozialdemokrati- schen Wählerversammlung zu überlassen. Im B e r n e r Wahlkreise hatten die Grütlivereine eine Zusammenkunft, die von L50 Personen besucht war und beschloß, die Kandidatur Zraggen für die Nationalraths-Wahl zu akzeptiren. -- In Basel hat sich Genosse W u l l s ch l e g e r sür Annahme der Kandidatur erklärt. Frankreich . Paris , 16. September. (Eig. SB«.) Die Pariser Organi­sation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei veranstaltete gester» eine Protest Versammlung gegen Bebel's und Bueb'S Ausweisung. Durch Akklamation wurden die beiden ausgewiesenen Genossen zu Ehrenvorsitzenden ausgerufen. Den effektiven Vorsitz führte Genosse R o u s s e l l e, Bürgermeister von Jury(bei Paris ) und Mitglied deS Nationalrathes der Arbeiter- Partei. Unter dem lebhaften Beifall der Versammlung geißelten sämmtliche Redner, Zävaös, Maussa.Farjat(ebenfalls Mitglieder desNationalrathes) u. m. a, die reaktionäre, liebedienerische Maßregel der Regierung und den heuchlerischen Chauvinismus der Bourgeoifle, betonten kräftig die international- proletarische Gesinnung der Arbeiterpartei im Gegegensatz zum internationalen Wettkriechen der herrschenden Klassen vor dem Zaren. Ein- stimmig wurde sodann eine geharnischte Protestresolution in diesem Sinne angenommen. Die Versammlung schloß mit dem Gesang der.Internationale*, deS Kampfliedes des französischen Proletariats. Die neuliche sozialistentödt«ische Rede des Bergarbeiter- Deputirten B a s l y war von der Bourgeoispresse selbstverständlich zu einem.bedeutungsvollen Symptom" umgelogen, welches die Rückkehr der ttohlengräber zu.gesunden Anschauungen" erhoffen lasse. Nun zeigt eS sich, daß Herr Basly keineswegs die Arbeiter von Pas-de-Ealais zu seinen antisozialistischen Ansichten bekehrt bat. Eine Delegirten- Versammlung der Kohlengräber von Hönin-Liötard, eines der wichtigsten Kohlengräber- Mittelpunkte des Departements, sprach ihrlebhaftes Bedauern" über die vntisozialistischen Ausfälle Basly's aus und erklärte,.nichts Gemeinsanies mit den politischen Deklarationen desselben zu haben". Zugleich wird die Resolution des letzten Kohlen- gräber-Kongresses zu Lens gegen den Anschluß an die Arbeiter- partei einzig auf den Wunsch zurückgeführt, den Beitritt zur Gewerkschaft allen Arbeitern ohne unterschied der politischen Richtung zu ermöglichen. Die Polizei sucht, wie ich von den Betheiligten erfahre, angesichts der Zaren ankun st die polnischen und russischen Sozialisten anSzuschnüffeln. So stellte sie an den Kassirer des Pariser Zweigvereins des.Verbandes der im Auslande lebenden polnischen Sozialdemokraten" das Ansinnen, ihr das Mitglieder- Verzeichniß anzugeben. Desgleichen wollte sie die Name» der sich regelmäßig versammelnden russisch - jüdischen Arbeiter kennen lernen, trotzdem diese keinen Verein bilden. Die Schnüffelei war ebenso erfolglos wie sie überflussig ist. Die russischen und polnischen Sozialdemokraten befassen sich mit Attentatsmacherei nicht. Paris , 16. September. (Eigener Bericht.) Zum dritten Mal während der letzten drei Wochen hatten gestern die senatorischen Wähler(Wähler des EenatS) zwischen einem opportunistischen. von der Regierung mit aller Macht unterstützten Kandidaten, und einem radikalen Oppositions- kandidalen zu entscheiden-- und zum dritten Mal zogen sieden Radikalen vor. Diese Anfeineinanderfolge von 3 radikalen Siegen bei SenatS-Nachwahlen erklärt eS, daß die gestrige Senatswahl im Ionne-Deparlement in den ministe- riellen Kreisen lebhafte Besorgniß hervorruft, trotzdem die Radi- kalen diesmal einen alten Sitz behauptet haben. Die dreifache Niederlage der Opportunisten wiegt um so schwerer, als der senatorische Wahlkörper aus Wahunännern zweiten und dritten Grades besteht und als die Regierung auf die Senatswähler einen wirksameren Druck auszuüben vermag wie auf die Kammerwähler. Eine oppositionelle Senatswahl bedeutet daher eine direkte Niederlage sür eine opportunistische Regierung. Was insbesondere die gestrige Wahl betrifft, so hatte sich das Kabinet Meline für seinen Kandidaten, den Deputirten Flaudrin, so eifrig ins Zeug gelegt, daß es einen Spitalarzt des Amtes entsetzte, weil dieser nicht seinen Einfluß in den Dienst des offiziellen Kandidaten stellen wollte. Und trotzdem der Sieg der Radikalen im ersten Wahlgang mit 460 gegen 291 Stimmen!.... Nur noch vier Monate trennen unS von den Drittels- Erneuerungswahlen zum Senat. Die drei auseinand« folgenden radikalen Sieg« bekommen deshalb eine große sympto« matlsche Bedeutung für de» Ausgang jener Wahlen. Ein Herr X. bespricht heute in einem ministeriellen Blatte den dreifachen radi- kalen Sieg mit Rücksicht auf die kommenden Erneuerungswahlen und schließt mit einem angstschwitzenden Appell an die Ordnungs- Partei, ihre Vertheidigung in die eigene Hand zu nehmen und nicht blos sich aus die Aktion der Regierung, will sagen, den Regierungsdruck auf die Wähler zu verlassen. Der Artikel ist erwähnensiverth, iveil hinter dem Herrn X. aller Wahrscheinlichkeit nach Herr B a r t h o n, der Minister deZ Innern steckt. Der für seinen Ruf einesstarkfäifftigen" Ministers sürchtende Mann sucht so die Verantwortlichkeit von sich abzu- wälzen. Die steuerverweigernden religiösen Genossen- s ch a f t e n zeigen sich recht widerhaarig. Am 1. April mar, wie seinerzeit gemeldet, die letzte ihnen gewährte Frist für die Entrichtung der Vermögenssteuer pro 1836 abgelaufen. Seitdem hatte die Regierung, so sauer es ihr auch wurde, ihre klerikalen Bundesgenossen vor den Kopf zu stoßen, zur zwangs- mäßigen Eintreibung schreiten müssen. Bis zum I. September wurden aber von den rückständigen l1/» Millionen blos zirka 230 000 Franken eingetrieben. Die Regierungspresse erklärt das magere Stesultat durch die langwierigen Prozesse, zu denen das Konsiskationsverfahren Anlaß giebt. Man darf jedoch annehmen, daß wenigstens ein Theil der Hartnäckigkeit der frommen Steuer- Verweigerer aufs Konto der pfasseufreundlichen Gesinnung des Ministeriums zu setzen ist. Holland. Haag, 17. September/ Der Fiuanzminister legte heute den Gcneralstaaten das Budget sür das Jahr 18SS vor, daS mit einem Defizit von 3V3 Millionen abschließt, hervorgerufen durch den beschleunigten Bau vonSchiffen. England. London , 17. September. Der wegen Dynamit-Ver- b r e ch e n s in Glasgow verhaftete und hierher übergeführte Bell erschien heute Vormittag vor dem Gerichtshof in Bowstreet. Der Angeklagte erklärte, er heiße Edward Jvory, sei Bastwirth in New- Jork und amerikanischer Bürger. Die Verhandlung wurde auf eine Woche vertagt. Italien . Rom , 17. September. (Eig. Ber.) In den Berathnngen. welche das italienische Ministerium in den letzten Tagen mit dem jetzt in Italien befindlichen Generalgouverneur von Massauah, Baldissera. gepflogen hat, hat der letztere einen Angriffskrieg gegen Abessynien sür unmöglich erklärt. Selbst sür einen bloßen, innerhalb der gegenwärtigen Grenzen der Kolonie zu führenden Vertheidiguugskrieg hat derselbe zwei Armeekorps(70000 Mann) für-erforderlich erklärt. Die Regierung hat die Ent- sendung einer solchen Truppenzahl nach dem Rothen Meere für unthunlich gehalten, weil dadurch der gesammte auf einen europäischen Krieg berechnete Mobilisirungsplan des italienischen Heeres gestört werden und Italien sich in ein bloßes Anhängsel seiner erythräischen Kolonie verwandeln würde, ohne Freiheit der Bewegung auf dem Gebiete der europäischen Politik. Die italienische Regierung wünscht deshalb auch einen bloßen Vertheidiguugskrieg gegen Abessynien womöglich zu vermeiden und sie ist, um einen abessinifchen Angriff abzuwenden, bereit, die Grenzen der italienischen Kolonie noch enger zu stecken, als dies nach der Niederlage bei Adua bereits geschehen war. Für die Vermittelung eines durch neue Gebietsabtretungen zu erlangenden Friedens mit Abessynien nimmt die italienische Re- gierung jetzt, wie aus der Sprache ihrer osfiziösen Blätter hervor- geht, ausdrücklich die angebotene Vermittelung Rußlands an. Ihre damit sich vollziehende politische Annäherung an Rußland läßt die italienische Regierung, zunächst mit recht, durch den tinweis auf die neuerlichen freundschaftlichen Beziehungen reußens und Oesterreichs zu Rußland rechtfertigen. Nur waltet dabei der Unterschied ob, daß die freundlichen Beziehungen der beiden Mächte zu Rußland ihre Spitze schwerlich gegen Italien richten, während die Annäherung zwischen lltuß- land und Italien sich schließlich immer gegen Oesterreich und da- mit auch gegen Preußen kehren muß. Wenn Italien zu neuen Gebietsabtretungen an Abessynien bereit ist, so würde es den Frieden mit den Abessyniern wohl auch ohne russische Vermilte- lung erlangen können. Die russische Vermittelung ist also wohl nur ein Vorwand sür die allgemeine politische Annäherung zwischen den beiden Mächten. Eine solche Annäherung an Ruß- land wird aber die Aktion Italiens in Europa weit stärker biuden, als die Fortdauer des Krieges mit Abessynien dies zu thun vermöchte. Rufslaitd. Der Kongreß sürHandel undJndustrie, der vom 16. bis zum 29. August in Nischny-Nowgorod tagt», faßte unter anderem die folgenden Beschlüsse: Der Kongreß erachtet die Einführung der allgemeinen Volksbildung für das beste Mittel, die russische Industrie zu fördern. Di« Regierung wird«sucht, der Errichtung von Sonntagsschuleu, Volks- bibliotheken k. nicht mehr die Hindernisse in den Weg zu legen, die ihre Entwickelung biS jetzt hemmen. Ferner ersucht der Kongreß die Regierung, die staatliche Versicherung der Arbeiter gegen Unfälle einzuführen. Die Fabrik- Gesetzgebung soll möglichst bald auf das Handwerk ausgedehnt und dieses der Fabrikinfpeklion unterstellt werden. Ferner wird die Errichtung eines pädagogisch- industriellen Museums gewünscht, das eine Abtbeilung für sabriksänitäre Technik und für Berufshygiene baben soll. Di« auf der Messe von Nischny-Nowgorod versammelte Kaufmannschaft, die sehr unzufrieden damit war, daß die Ma- jorität des Kongresses sich gegen die hohen Zölle auf landwirth - schaftliche Maschinen, wie auch auf Eisen und Gußeisen aussprach, leistete sich eine Denunziation gegen den Kongreß,. indem sie gegen feinen Beschluß Protest erhob unter Hinweis darauf, daß er angeblich nicht befugt gewesen sei, über allgemeine Fragen, wie das Prolektionssystem in Ruß- land, zu diskutiren. D« Finanzminister Witte hielt darauf während des Festessens, daS ihm die Kaufmannschaft in Nischny- Nowgorod gab, an diese eine Rede, worin er sie mit der Ver- sicherung beruhigt«, er kümmere sich überhaupt nicht um die Be- schlüsse des Kongresses; die Regierung habe diesen einberufen nur um über einige Detailfragen von sachverständigen Leuten Aufklärung zu bekommen, eS falle ihr aber überhaupt nicht ein, Kongresse über die allgemeine Richtung der Regierungsthäligkeil zu befragen. Türkei . Konstantinopel , 16. September. Die heute an die Pforte seitens der Botschafter gerichtete Note besagt: Di« gegen die Pforte«hobenen Anschuldigungen seien durch die Not« der Pforte vom ö. September nicht entkräftet worden. Die Thal- ache, daß die Knüttelmänn« von der türkischen Polizei leleitet worden feien, bleibe bestehen. Wenn wirklich viele vtohamedaner verwundet worden seien, so beweise das nur, daß ein Aufgebot von Banden eine zweischneidige Waffe sei, welche auch auf den Urheber zurückwirke. Di« gute Disziplin de? Militärs und der Polizei müsse zugegeben werden, auch daß der Befehl erlassen sei, die Aktion der Knüttelmänner einzudämmen. Dieser Befehl hätte jedoch früher erfolgen müssen. Das Vorgehen der Armenier wird in der Note verurtheilt, über die Ereignisse selbst tiefes Bedauern ausgedrückt und zugleich festgestellt, daß die Ruhe nur eine scheinbare sei. Di« Beun- ruhigung der ausländischen Kolonien dauere fort. Die Pforte trage die Verantwortung für die künftigen Vorfälle. Die Note besagt zum Schluß, daß die Vertreter der sechs Mächt« in eine weitere Erörterung der festgestellten Thatsachen nicht eingehen würden. Amerika . Ueber Mae Kinley'SProgrammbrief wer- den dem.Hamburger Korrespondent* au» New-Jork folgende Mittheilungen gemacht: Das Schreiben, womit Mac Kinley die Kandidatur annimmt, besteht aus zwei Theilen, von denen einer stark und der angere schwach ist. So lange Mac Kinley nur die Freiprägungsstage bespricht, bedient er sich einer vorzüg« licheu Beweisführung, die auch dem schlichten Verstände ein- leuchten muß. Sobald er aber auf den Zolltarif zu reden kommt, kann er es nicht unterlassen, auf willkürlich zusammengestellten Ziffern eine Anzahl von Trugschlüssen aufzubauen. So führt er beifpielsweise au, daß infolge der Reziprozität die amerikanische Ausfuhr»ach Kuba bedeutend zunahm, erwähnt aber nicht, daß die Einfuhr von dort nach der Union noch viel mehr stieg, die sogenannte Handelsbilanz sich also thatsächlich für Amerika ver- schlechterte. Ferner stellt er der Ausfuhr von 1892 die Ausfuhr von 1896 entgegen, um zu beweisen, daß der Mac Kinley-Taris den amerikanischen Absatz nach außen hin steigerte, der Gorman'sche Tarif ihn dagegen verringerte. Das ist deshalb unbillig, weil Mac Kinley recht wohl weiß, daß die ungewöhnlich große Ausfuhr des Jahres 1892 auf eine allgemeine Mißernte in Europa zurückzuführen wax, also auf ein Ereigniß, mit dem der nach ihm benannte Zolltarif sicherlich nicht das geringste zu thun hatte. Indessen ist Mac Kinley doch nicht mehr ganz der wüthende Hochzöllner, der er früher gewefen. Er giebt jetzt mittelbar zu, daß die Zölle in erster Reihe für öffentliche Zwecke erhoben werden sollen, und meint nur, wenn sie doch einmal unentbehr» lich seien, so könnten sie wohl so eingerichtet werden, daß sie den Unterschied zwischen de» amerikanischen und den europäischen Löhnen ausglichen. Dieser vergleichsweise vernünstigen Ansicht widerspricht jedoch wieder der Vorschlag, daß die Vereinigten Staaten aus Maaren, die in ausländischen Schiffen eingeführt werden, eine» höheren Zoll legen sollen, als auf die in amerikanischen Schiffen eingeführten Waaren. Wie unsinnig und gefährlich das ist,«giebt sich schon aus der Betrachtung, daß die europäischen Staaten un» zweifelhaft und mit recht Wiedervergeltung üben würden. Vielleicht will sich Mac Kinley auf den silber-demokratisch- populistischen Vizepräsidentschasts-Kandidaten Sewall berufen, der auch fordert, daß die amerikanischen Rheder in der an» gedeuteten Weise geschützt werden sollen. Wirklich gut dagegen und in keiner Weise anzufechten sind die Erklärungen fürAufrechterhaltung der gegenwärtigen Währuugs- Verhältnisse der Union . Leider aber übergeht Mac Kinley die wichtige Frage, wie die republikanische Partei die Goldwährung zu stützen gedenkt, mit Stillschweigen. Er spricht ausdrücklich von der Beibehaltung alles jetzt im Umlause befindlichen Silber- sind Papiergeldes und macht für das immer wiederkehrende Schwinden der Goldreserve lediglich die ungenügenden Erträg- nisse des Zolltarifs verantwortlich. Falls also Mac Kinley Präsident werden sollte, wird er schwerlich den Kongreß auf- fordern, in das heillose Geldsystem der Union mehr Ordnung zn bringen und die Regierung aller Bankgeschäfte zu entheben. Das ist auch der hauptsächlichste Grund, welcher die demokratischen Anhänger der Goldwährung gegen die republikanische Partei und ihren Präsidentschaftskandidaten einnimmt. Denn die Agitation fürbilliges Geld" wird immer wieder aufleben, so- lange die Vereinigten Staaten außer dem eigentlichen Geld« noch fünf verschiedene Sorten von papierenen Werlhzeichen in Umlauf setzen. Nsekei-'MachvichtetW Achtung, Parteigenossinnen, Arbeiterinnen Berlins ! Zwecks Slelluiignahme zu dem vom 19. bis 26. September hier tagenden bürgerlichen Frauenkongreß werden Mittwoch, den 23. September in den Arminhallen, Kommandantenstr. 20, und Freitag, den 26. September bei Martens, Gr. Friedrich- ftraße 236, V o l k s v e r s a m ui l u n g e n abgehalten, wo Frau Klara Zetkin aus Stuttgart reseriren wird. Um zahlreichen Besuch dieser Versammlungen bittet die Vertrauensperson Frau OttilieGerndt. Beim Schloff Wyden(bei Ossinge» im Kanton Zürich ) versammelten sich am letzten Sonntag Nachmittag zur Er- innerung an den vor 16 Jahren dort abgehaltenen Kongreß der deutschen Sozialdemokratie die deutschen Arbeiter- Bildungsvereine Winterthur und Schaff» Hausen, etwa 200 Personen, worunter auch Frauen und Kinder der Mitglieder. Fast eben so viele Lau bleute, Männer. Frauen und Kinder, fanden sich aus Ossinge» und der Umgebung ein. Da der gegenwärtige Besitzer des Schlosses, der frühere Konstanz« Professor Häberlin, ein sehr gestrenger und offenbar nationalliberaler Herr, jede Annäherung an seine alte Scheuneuburg untersagte, so halte man aus der benachbarten Wkese für etwa 600 Personen Tische und Bänke aus Brettern errichtet, wo man sich's bei einem guten Tropfen Wein und Wurst und Brot wohl sein ließ. Gesang, Reden und Dekla» mationen, in denen Ernst und Humor sich glücklich vereinigten, sorgten dafür, daß deutsche Arbeil« und schweizerische Bauern einen Nachmittag in brüderlichster Eintracht mit einander ver» brachten. Polizeiliches, Gerichtliches ,e. Sächsisches. In Pirna an der Elbe sprach am Sonnabend ReichstagS-Abgeordneter Lütgenau über daS Thema: T a g e s f r a g e n. Dabei gedachte er auch der seiner» zeit vom deutschen Kaiser veranlaßten internationalen Konferenz über Fragen des Arbeiterschntzcs. Da diese Konserenz nicht jetzt, fondern im Jahre 1891 abgehalten worden ift, gehört sie nach sächsischer Polizei-Auffassung nicht zu den Tagessragen. Wenigstens verlangte der überwachende Beamte von dem Referenten, daß er nicht von der Tagesordnung abschweife, und um die Bersamm« lung nicht zu gefährden, mußte Lütgenau wohl od« übel die Arbeiterschutz-Konferenz auS seinem Vortrag ausscheiden. GemeMfrfjttftliifzes. Au sämmtliche in Buchbindereien» Kontobuch- und LnxnS- papier-Fabriken beschäftigte Arbeiter und Arbeiterinnen! Kollegen und Kolleginnen! Die Forderungen, welche in den 4 großen öffentlichen Versanimlungen anr 26. und 26. August d. I. von der Lohnkommission den Kollegen Berlins unterbreitet worden sind und von ihnen einstimmig gutgeheißen wurden, sind den Fabrikanten zugestellt. Damit hat die Lohnkommission ihre Haupt- aufgäbe erfüllt. Es gilt nun vor allen, daß die gestellten Forderungen auch mit Nachdruck und Entschlossenheit von den Kollegen ver« treten werden. Nur noch wenige Tage und der Kampf muß auf der ganzen Linie aufgenommen und mit zäher Energie durch» geführt werden. Niemand von Euch darf dabei fehlen. Kollegen und Kolleginnen! Benutzt die kurze Zeit, um die Wankelmüthigen und Zaghaften unter Euch aufzurütteln, macht ihnen begreiflich. daß nur durch festen Zusammenhalt unsere bescheidenen Forderungen verwirklicht werden können. Keine Muth- losigkeit, keine Unentschlossenhcit darf unter Euch platz- greifen. Nur durch Einigkeit und Ausdauer im Kampfe kann d« Sieg errungen werden. Schaut auf unsere Stuttgarter Kollegen! In kurz« Zeit sind diese mit dem Unternehm«thum fertig geworden; der Streik ist siegreich be- endet. Wollen da die Berliner zurückstehen? Nimmer- mehr! In allen größeren Städten sind unsere Kollegen eben» falls eifrig bestrebt, ihre Lage zu verbessern. Darum vorwärts! Thut Eure Schuldigkeit! Die Lohnkommisston hat auf Montag, den 21. September, abends 8 Uhr, für alle Branchen uns«es Gewerbes eine große öffentliche Versamnilung in Keller's großem Saal, Koppenstr. 29, anberaumt. In derselben wird die Antwort der Arbeitgeber aus unsere Forderungen mitgetheilt werden. Erscheint deshalb Mann für Mann in dieser hochwichtigen Versammlung, kein Kollege, keine Kollegin darf am Montag derselben fernbleiben, da die zu fassenden Beschlüsse von der weitgehendsten Be» deutung sind.