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ERSTE BEILAGE

Vorwärts

Gemeindewahlen in Sturmzeiten

Berlins Stadtparlament auch aufgelöst- Neuwahl am 12. März Alle Kräfte angespannt!

Die Kommissare des Reiches haben sämtliche kommunale Vertretungskörperschaften Provinziallandtage, Kommunallandtage und Stadtverordnetenversammlungen

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aufgelöst

und die Neuwahl auf den 12. März angesetzt. Nach dem Großkampftag am 5. März, dem Tag der Reichstags- und Landtagswahl, werden also eine Woche später die Frauen und Männer noch einmal an die Wahlurne treten, um die Zukunft der deutschen Gemeinden zu bestimmen. Die Sozialdemokratie hat in der Kommunalpolitik in schwerster Nach­kriegszeit gewaltige Werte für das Allgemeinwohl geschaffen. Wir fürchten deshalb die Entscheidung nicht. Auf die Bitte der Vorwärts"-Redaktion hat mit den nachstehenden Ausführungen der Vorsitzende der sozialdemokratischen Stadtverordneten­fraktion, Erich Flatau , die durch die Auflösung der Gemeindeparlamente geschaffene Situation umrissen.

Der Preußische Landtag hatte am 23. Sep­tember 1932 ein Initiativgesetz beschlossen, durch das alle kommunalen Parlamente, Provinzialland­tage und Kommunallandtage aufgelöst und am 6. November( mit dem Reichstag ) neu gewählt werden sollten. Der Preußische Staatsrat hatte gegen dieses Gesetz Einspruch erhoben. Es konnte deshalb damals nicht durchgeführt werden. zu denen, die Einspruch erhoben haben, gehörte auch die gesamte Fraktion der rechts gerichteten fogenannten ,, Arbeitsgemeinschaft", in der sich im Preußischen Staatsrat Deutschnationale und Deutsche Volksparteiler zusammengefunden haben. Auch Freiherr von Gayl und andere Stützen" der früheren Papen- und jetzigen Hitler - Regierung hatten sich der Auffassung angeschlossen, daß ein anderer Grund für die Auflösung der Gemeinde­parlamente als der gesetzlich vorgesehene, ihre Arbeitsunfähigkeit, nicht anerkannt wer den könnte, und daß, weil dieser Grund nicht vor­läge, der Einspruch eingelegt werden müßte.

Die Vertrauensleute der Deutschnationalen in der jezigen Reichsregierung haben sich anscheinend auch in dieser Frage nun dem Diktat der national­sozialistischen Kabinettsmitglieder gefügt.

Alle preußischen Gemeindeparlamente und Provinziallandtage sind durch eine besondere Berordnung der kommissarischen Preußen­regierung aufgelöst worden.

Nach dem noch nicht vollkommen vorliegenden amtlichen Tert der Verordnung fann hervor­gehoben werden, daß die Verordnung sich stützt vorzugsweise auf§ 79 der Städteordnung für die 6 östlichen Provinzen vom Mai 1853 in Verbindung mit Artikel 82 der jezigen Preußischen Verfassung. § 79 der erwähnten Städteordnung sah ursprüng­lich vor, daß durch Königliche Verordnung auf den Antrag des Staatsministeriums eine Stadtverordnetenverwaltung aufgelöst aufgelöst werden fann". Der Artikel 82 der Preußischen Verfassung bestimmt, daß die Befugnisse, die nach den früheren Gesetzen, Verordnungen und Verträgen dem König zustanden, auf das Staats. ministerium übergehen". Daß solche Rechte sogenannte Hoheits rechte find, dürfte für alle objektiv Urteilenden feststehen. Hoheitsrechte sollen nach dem für die jetzigen preußischen Verhältnisse geltenden Urteil des Staatsgerichtshofs ausgeübt werden durch die Regierung Braun, die durch die neue Verordnung des Reichspräsidenten an der Ausführung ihrer Pflichten gehindert ist.

Die gegenwärtigen Sturmzeiten sind nicht bazu angetan, sich in längeren Ueberlegungen darüber zu verlieren, welche praktischen Wirkungen und Erschwerungen diese Auflösungsverordnung für die einzelnen Gemeindeparlamente hervor gerufen hat. Soweit Berlin hierfür in Betracht tommt, werden die Stadtverordneten und die so­genannten Bürgerdeputierten auch jetzt noch tätig werden müssen, vor allem in den Deputationen und Aufsichtsräten.§ 13 des Groß- Berliner Ge­seges vom 27. April 1920 sieht vor, daß die infolge Ablauf der Wahlperiode oder infolge Auflösung der Stadtverordnetenversammlung aus den Depu­tationen ausscheidenden Stadtverordneten und stimmfähigen Bürger bis zum Amtsantritt der neu gewählten Stadtverordnetenversammlung in ihrer Tätigkeit bleiben. Im übrigen wird deren Arbeit nach erfolgter Auflösung erjeßt durch Entscheidun­gen des Bezirksausschusses.

In dem kommunalen Neujahrsartikel des ,, Borwärts" war schon darauf verwiesen mor­den, daß das Jahr 1933 das

kommunale Wahljahr

ist. Die deutsche Sozialbemokratie ist auch für diesen Wahlkampf gerüstet, sie hat alle Vorbereitungen getroffen und wird auch rund ein halbes Jahr vor dem eigentlichen Ablauftermin die Kommunalwahlen wirksam und erfolgreich durchführen können! Es wird bei dieser Wahl nicht so sehr darauf ankommen fönnen, in Ein­zelheiten das besondere Wirken der sozial­demokratischen Vertreter für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung zu zeigen, als vielmehr

HEINRICH JACOBI

darauf, in großem Rahmen zu beweisen, in welcher Art

die intensive Arbeit fozialdemokratischer Stadt­verordneten die bösartigsten Wirkungen der fatastrophalen Wirtschaftslage aufhielt, Wirkungen, die unter den politischen Ereignissen der letzten Monate doppelt fühlbar wurden.

Wer auf dem Berliner Bezirtsparteitag am 4. Februar erlebte, wie die Mitteilung der ge­waltsamen Auflösung der preußischen Gemeinde­parlamente auf die Anwesenden keinerlei nieder­schmetternden Eindrud machte, sondern im Gegen­teil den Kampfgeist steigerte, der wird die Gewißheit haben können, daß diese im Kreise der führenden Berliner Funktionäre zum Ausdruck ge= fommene Stimmung die gesamte Berliner Partei beherrscht. Man mag vielleicht unter normalen Umständen das zeitliche Zusammenfallen von großen politischen Wahlen und Gemeindewahlen nicht gutheißen, weil im allgemeinen hierdurch die speziellere Bezugnahme auf die besonderen Ge­meindeaufgaben erschwert wird. In der gegen­märtigen Zeit muß aber noch mehr als früher auch für die Gemeinde alles vom Standpunkt der politischen Entscheidung aus gesehen werden. Die politischen Mächte, die wirksam werden gegen die Rechte des Volkes, machen nicht halt vor der Ver­letzung der Interessen des einzelnen Gemeinde­bürgers. Diese Erkenntnis muß die Wählerkreise durchdringen. Diesen muß klar werden, daß es sich auch bei den Gemeindewahlen um einen

Kampf der Arbeitenden und Arbeits­lofen gegen ihre Unterdrüder handelt. Dieser Kampf verlangt in Berücksichtigung der zeitlichen und praktischen Möglichkeiten eine be

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fondere vorbildliche Geschlossenheit der Partei nicht nur, sondern darüber hinaus die Einigkeit des gesamten Berliner Proletariats. Gerade im Gemeindewahlkampf darf diese Einig­teitsformel nicht etwa nur eine Aeußerlichkeit dar­stellen, sondern sie muß zu der Ueberlegung führen,

DIENSTAG, 7. FEBRUAR 1933

dem Tisch ein Paket zum Vorschein, und dahinter Tag ein junger Mann, der feinen Widerstand leistete. Die Kriminalpolizei nimmt natürlich an, daß dieser Bursche, der, ohne bemerkt zu werden, 14 bis 16 Stunden unter dem Auslagetisch zugebracht hat, an dem Ein­bruch beteiligt gewesen ist. Er selbst bestreitet jede Schuld, will vielmehr erst nach dem Einbruch über das Schutzgitter geklettert und in das Ge­schäft eingedrungen sein.

daß die äußeren Formen dieſes Wahlkampfes für Grippewelle geht zurück

das klassenbewußte Proletariat aller Gruppen und Schattierungen die Erkenntnis des einen Ziels nicht erschweren:

Berlin , die Millionenstadt der Arbeiter, vor dem Einfluß des Klaffengegners zu bewahren.

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Dor

Jm ,, Berliner Lokal- Anzeiger" vom 4. Februar 1933 schreibt einer der deutschnationalen kommu­nalen Fachleute", Dr. Ma rezki, Erlaß der Auflösungsverordnung- über die kommenden kommunalen Neuwahlen. Er läßt hierbei im Schlußteil seiner Darlegungen er­kennen, daß der Wunsch nach Auflösung vorzugs­weise diktiert worden ist von dem Bemühen, den ,, roten Einfluß" in der Stadt Berlin nun endlich zu brechen. Es heißt dort, daß ,, besonders im Hinblick auf Berlin baldige kommunale Neu­wahlen in der Tat notwendig seien". Mit seltener Offenheit wird zugegeben, daß die Auflösungsver­ordnung vor allem auch die Durchführung der Stadtratswahlen in der Zentrale und in den Be­zirken Berlins verhindern sollte.

Das proletarische Berlin wird die Zeichen der Zeit verstehen. Es muß erkennen, daß eine Berringerung des Einflusses der Sozial­demokratie im Berliner Rathaus sich in dem engeren Lebenstreife des einzelnen viel deut­licher zeigt als manche Maßnahmen, die im größeren Rahmen der allgemeinen Gesetz­gebung getroffen werden. Die Berliner Parteileitung hat sich auf die schnelle Durch­führung der Kommunalwahlen eingestellt. In erhöhtem Pflichteifer wird durchgeführt werden, was vorbereitet worden ist zur Er­reichung des Hauptziels, das zugleich die Wahlparole umschließt:

Berlin bleibt rot!

Katastrophe im Autowerk

Schweres Explosionsunglück bei Renault

Paris , 6. Februar.

In der bekannten französischen Auto­mobilfabrik Renault ereignete sich am Montag, kurz nach 11 Uhr vormittags, in

Elektrizitätszentrale eine schwere Explosion. Durch umher­fliegende Eisenteile wurden mehrere Ar­beiter schwer verlett, ferner wurden über 100 Arbeiter durch die einstürzenden Ge­bäudeteile getroffen. Die sofort herbei­geeilte Feuerwehr konnte über hundert Verletzte bergen; von denen eine ganze Reihe in Lebensgefahr schweben. Acht Arbeiter starben auf dem Wege in das Krankenhaus.

Nachdem das Krachen der Explosion sich gelegt hatte, wurden herzzerreißende Schreie der Berlegten hörbar. Die Automobilfabrik Renault liegt an der Peripherie von Paris und beschäftigt gegen 30 000 Arbeiter. Sie ist erst in legter Zeit erheblich vergrößert worden und füllt fast den ganzen Vorort Billancourt aus. Sie ver­sorgte nicht nur die französische Heeresverwaltung mit Kraftwagen, sondern arbeitet gelegentlich auch für ausländische Staaten, u. a. gegenwärtig für Japan .

Das Unglück ist auf die Explosion eines großen Kessels zurückzuführen. Das Dach des Kesselhauses wurde durchschlagen und die Eisen- und Mauerteile stürzten auf ein daneben­liegendes Fabrikgebäude, in dem einige hundert Arbeiter beschäftigt waren.

Das Gebäude stürzte unter der Wucht der Sprengteile zufammen und begrub die Un­glücklichen unter den Trümmern.

Hausmarke

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Riesenkessel geplatzt

Die Feuerwehr und die gesamte Belegschaft ar­beiten fieberhaft an der Beseitigung der Trümmer, aus denen heraus man das Stöhnen der Ver­wundeten hört.

Die Unglücksstelle wird von einer nach Tausen­den zählenden Menschenmenge umlagert, die in Ungewißheit über das Schicksal ihrer Ange­hörigen auf Nachrichten warten. Mütter und Väter, Frauen und Schwestern laufen besorgt umher. Fast die gesamte Pariser Sanitäts­kolonne befindet sich an der Unglücksstelle und immer wieder verlassen Rote- Kreuz- Wagen mit Verletzten das große Eingangstor.

Krankenhäuser entlastet

Der Höhepunkt der Grippewelle in Ber­ lin scheint nunmehr überschriften zu sein. Die Einlieferungen von Grippekranken in die Berliner Krankenhäuser haben nämlich in den letzten 48 Stunden beträchtlich abgenommen. Am Sonn­abend waren es noch 270, am Sonntag nur noch 162. Am gestrigen Montagvormittag standen 379 freie Betten zur Verfügung.

Die Auffassung, daß die Grippe in Berlin ihren Höhepunkt überschritten habe, wird durch die Meldungen der Allgemeinen Ortskrankenkasse be­stätigt, bei der noch in der Zeit von Freitag bis Sonnabendmittag allein 1055 Neuerkrankungen registriert worden waren, während in den 48 Stunden von Sonnabendmittag bis Montag­mittag nur noch 938 neue Grippefälle gemeldet wurden. Auch die Zahl der Schulklassen= fchließungen ist zurückgegangen. In einigen Fällen machen sich allerdings auch Ausfälle an Lehrkräften bemerkbar, wie z. B. an der 3. Volks­schule in Steglig, wo fünf Angehörige des Lehrkörpers an Grippe erkrankt sind.

Rotters in Liechtenstein Vorsorglich eingebürgert

Basel , 6. Februar.

Die Liechtensteinsche Regierung bestätigt nun mehr, daß die Gebrüder Rotter sich seit einigen Tagen in der Hauptstadt des Fürstentums, in Vaduz , befinden. Es sei übrigens nicht richtig, daß die beiden jetzt erst die Liechtensteinsch e Staatsangehörigkeit erworben hätten. Dies sei vielmehr schon 1931 geschehen. Wegen Konkursvergehens liefere Liechtenstein niemanden aus. Ein offizielles Ersuchen der deutschen Polizei oder Regierung, gegen die Gebrüder Rotter irgendwie vorzugehen, liege bis jetzt auch bei der Liechtensteinschen Regierung nicht vor.

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Man hat festgestellt, daß Frizz Rotter nach dem Zusammenbruch seines Konzerns und als die Staatsanwaltschaft schon nach ihm fahndete, mit dem Horch- Wagen eines Berliner Autoverleihers zunächst von Berlin nach Dresden gefahren ist. Von Dresden aus ist es dann Friz Rotter auf einem noch nicht ganz aufgeflärten Wege gelungen, die Tschechoslowakei zu erreichen. von wo aus er dann über Desterreich nach Liechtenstein ge­reist sein muß.

Räuber im Butterladen

Auf die Butterfiliale der Firma Nordstern in der Adolfstraße auf dem Wedding wurde gestern kurz vor Ladenschluß ein Raub überfall ver­übt. Als sich die beiden Verkäuferinnen allein im Geschäft befanden, stürmten drei Männer herein und riefen: Hände hoch die Kasse heraus!"

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Während einer der Banditen die Verkäuferinnen

14 Stunden unter dem Tisch mit einer Pistole in Schach hielt, plünderten die

Einbrecher mit Ausdauer

Ungewöhnliche Ausdauer zeigte ein Einbrecher, der es fertigbrachte, einen ganzen Tag über un­beweglich unter einem Auslagetisch zu liegen. In der Nacht war von mehreren Männern in das Radio- und Zigarrengeschäft von Sidow in der Elberfelder Straße 40 eingebrochen worden. Die Diebe waren über das Schutzgitter der Tür geklettert und hatten dann das Schloß aufgebrochen. Eine Polizeistreife, die verdächtiges Geräusch gehört hatte, war herbeigeeilt, die Ein­brecher hatten aber bereits die Flucht ergriffen, und zwar mit solcher Eile, daß sie ihr Diebesgut, das in mehreren Paketen zusammengepact war, zurücklassen mußten. Der Geschäftsinhaber brachte seine Ware wieder in Ordnung. Als er am Abend nach Geschäftsschluß noch einmal gründlich auf­räumen und auch die Auslagen im Schaufenster verändern wollte, zog er den flachen Rolltisch, auf dem die Auslagen aufgebaut waren, etwas zurück. Zu seinem nicht geringen Erstaunen tam unter

ORIGINALGROSSE N° 10..... 10 Am grünen Band, wird sie

erkannt!

HEINRICH JACOBI

Komplicen die Ladenkasse aus, in der sich etwa 100 Mart befanden. Mit der Beute gelang es den Tätern troß der fofort aufgenommenen Verfolgung zu entkommen.

Für Freiheit, Volk und Sozialismus!

Die vom Sozialistischen Kulturbund ver­anstaltete Massenfundgebung, die zum 15. Januar vorgesehen war, findet nunmehr am Sonntag, dem 19. Februar, vormittags 11% Uhr, im Volksbühnen- Theater statt. Die be­reits verkauften Karten behalten ihre Gültigkeit. Karten zum Preise von 30 Pf. sind an den be fannten Stellen und in der Buchhandlung Diez , Lindenstraße 2, zu haben.

Die Juristische Sprechstunde findet der Demon stration wegen heute nur von 15 bis 16 1hr statt.

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