jenigen, die früher gegen die Kommunisten eine ungemein scharfe Sprache führten, bemühen sich sichtbar, die Notwendigkeiten der Stunde zu erkennen und dem Gedanken der Einigkeit der Arbeiterklasse Raum zu geben. Die fommunistischen Blätter verhalten sich ebenso unverkennbar noch immer schärfstens a b= lehnend. Noch immer haben die Kommunisten nichts andres im Sinn, als die Sozialdemokraten anzugreifen. Noch immer scheinen sie zu glauben, der drohende Faschismus sei eine Gelegenheit, auf Kosten der Sozialdemokratie Parteivorteile zu erringen. Noch immer handeln sie nach der verblendeten und verhängnisvollen Parole: die Sozialdemokratie ist der Hauptjeind! Und noch immer scheinen sie nicht zu verstehen, daß in Deutschland mehr auf dem Spiel steht als selbst das Schicksal der Kommunistischen Partei allein. Als 1919 die kommunistische Politik in Mittel europa zum Zusammenbruch der ungarischen Räteregierung, zur Unterwerfung der ungarischen Arbeiter unter den blutigen Terror der HorthyDiktatur geführt hatte, da bedeutete dies in Desterreich den politischen Zusammenbruch, die moralische Liquidierung der Kommunistischen Partei. Wenn morgen in Deutschland durch die Schuld der Kommunisten ein Schritt ungetan bleibt, um dem drohenden Faschismus den Weg zu versperren- dann wird die moralische und politische Verantwortung der Kommunisten für dieses Unheil noch ungleich größer sein."
Wieder eine Terrornacht
Nazi- Waffenlager in der Augustastraße entdeckt
Die letzte Nacht ist wieder außerordentlich unruhig und blutig verlaufen. Die Pistolen faßen wieder sehr locker in den Taschen der Berliner SA. und fünfschwerverlette kommunisten find die Bilanz dieser Terrornacht!
Die Schießerei am Brabanter Play in Wilmersdorf , über die der„ Vorwärts" bereits berichtete, hat sich nach den eingehenden polizeilichen Ermittlungen einwandfrei als ein regelrechter Feuer überfall der Nazis auf Kommunisten herausgestellt. Um 23 Uhr, als eine Gruppe Kommunisten nach einer Versamm lung in den Spichern sälen, die in Ruhe ver laufen war, ihren Wohnungen zustrebten, tamen aus der Parezzer Straße mehrere S.- Leute, die ohne jeden Anlaß auf die Kommunisten Pistolenfeuer eröffneten. Drei Kommunisten, eine 26 Jahre alte Frau Alice Radzey, ein 23 Jahre alter Georg Zimmermann und ein 24jähriger Albert Forberg wurden von den nationalsozialistischen Kugeln getroffen und schwer verletzt. Als das alarmierte Ueberfallkommando am Tatort an
langte, hatten die feigen SA. - Schützen bereits das Weite gesucht. An der Stelle, von der die Pistolensalve auf die Kommunisten abgegeben worden war, fanden Polizeibeamte noch 10 leergeschossene Ba tronenhülsen. Im Anschluß an den Feuerüberfall wurde das nationalsozialistische Ber Pehrslokal in der August a straße durchsucht. Dabei fanden die Schupobeamten in der Regelbahn versteckt folgende Mordwerkzeuge:
11 Pistolen verschiedenen Kalibers, eine Anzahl Pistolenmagazine und zahlreiche Munition.
Ilm es vorweg zu nehmen: ein zweites Waffenager wurde in der Nazikneipe in der Neuen Bahnhofstraße in Lichtenberg entdeckt. Dort beschlagnahmten Polizeibeamte 3 Mehrladepiftolen, 2 Trommelrevolver und 1 Stahlrute! Das iſt lediglich das Resultat aus der Durchsuchung zweier Naziverkehrslokale was erst würde eine syste= matische Durchsuchung aller Berliner Nazikneipen und SA.- Kasernen zutage bringen?
Eine weitere schwere nächtliche Schießerei spielte sich in der Cauerstraße Ede Berliner Straße
in Charlottenburg ab. Gegen 12 Uhr trachten dorf minutenlang in unaufhörlicher Folge Pistolenschüsse. Als Polizeibeamte hinzueilten, fanden sie zwei Männer mit schweren Schußperlegungen blutüberströmt auf. Die Verletzten, der 21 Jahre alte Handlungsgehilfe Gerhard For aus der Rosinenstraße und der 22 Jahre alte Arbeiter Albert Staege aus der Rosinenstraße wurden mit Rücken- und Beinschüssen ins Westendkrankenhaus gebracht. Beide gehören der Kommunistischen Partei an. Die Schießerei hatte die ganze Gegend in hellen Aufruhr gebracht. Nach den bisherigen polizeilichen Feststellungen waren die Gegner der Straßenschlacht Nationalsozialisten und Kommunisten. Ob von den Kommunisten auch gefeuert wurde, steht noch nicht fest. Als die Polizei die Straße absuchte, wurden 40 feer geschossene Patronenhülsen gefunden. Von den Tätern, die die beiden Kommunisten niedergeschossen hatten, war keine Spur mehr zu entdecken.
Im weiteren Verlauf der ereignisreichen Nacht kam es an mehreren Stellen der Stadt noch zu verschiedenen Zwischenfällen, die jedoch unblutig verlaufen sind.
Hitlerleute sprengen sozialdemokratische Versammlungen
Eigener Bericht des ,, Vorwärts"
Braunschweig , 9. Februar. In Braunschweig wurde eine sozialdemokratische Bersammlung von der Polizei aufgelöst, well zwischen Reichsbannermitgliedern und 300 Nationalsozialisten, die den Saal vorher besetzt hatten, eine Schlägerei ausgebrochen war. Etwa 12 Personen wurden leicht und zwei Personen schwer verletzt. Die Polizei räumte den Saal mit dem Gummifnüppel und dem Säbel. Die Nazis wollten die Bersammlung unmöglich machen, weil sie die systematische Aufklärungsarbeit der Braunschweiger Sozialdemokratie fürchten. Sie hoffen, daß in Jufunft die Polizei alle fozialdemokratischen Berfammlungen verbieten wird.
SA.- Sturm auf Landschulheim
In der Nacht zum Mittwoch hat ein großer Trupp SA.- Leute aus Goslar und Umgegend das Landschulheim des weltlichen Elternbundes in Wolfshagen am Harz überfallen und fämtliche Fenster eingeschlagen. Die Landjägerei fonnte nicht zur Hilfe gerufen werden, weil die Angreifer die Telephonleitung durchschnitten hatten. In dem Schulheim find zur Zeil 100 Reichsbannerlegte des freiwilligen Arb dienstes untergebracht.
am
Ueberfall in Königsberg
Königsberg, 9. Februar. In der Nähe des Gewerkschaftshauses wurden Mittwochabend Reichsbannerleute von Nationalsozialisten überfallen. Die Nazis hatten sich schwer bewaffnet verborgen gehalten und stürzten hinterrücks auf die ahnungslos heimkehrenden Reichsbannerleute. Drei von diesen wurden schwer, einer wurde leicht verletzt. Ein Nationalsozialist trug gleichfalls Berlegungen davon. Als das Ueberfallkommando eintraf, waren die Braunhemden verschwunden.
Deutsche Preffe.Not ,, Verwarnung" in Karlsruhe
Die badische Regierung hat dem sozialdemokratischen Boltsfreund" in Karlsruhe eine Berwarnung erteilt, weil er am Dienstag einen Artikel mit der Ueberschrift ,, Was Hitler nicht sagt" veröffentlicht hat, in dem eine bös= willige Verächtlichmachung der Reichsregierung erblickt wird. Von einem Verbot des „ Volksfreund" wurde nur abgesehen, weil die betreffende Nummer des Volksfreund" am Tage des Inkrafttretens der neuen Notverordnung erschienen sei und die zu beanstandenden Stellen wohl schon vorher verfaßt worden seien.
Der Landkreistag hat an den Reichsfanzler ein Schreiben gerichtet, in dem er darauf hinweist, daß die bisherige Organisation der Arbeitslosenfürsorge in Zukunft für die Fürjorgeverbände nicht mehr haltbar sei. Das fortdauernde Anwachsen der Wohlfahrtserwerbslosen bedrohe die Finanzlage der Landkreise auf das ernsteste. Die bisherige Dreiteilung der Arbeitslosenhilfe sei aus finanziellen, fürsorge- und ver= waltungspolitischen Gründen nicht mehr erträglich. Es müsse eine Zusammenfassung von Krisenfürsorge und Wohlfahrtserwerbslosenfürsorge finanziell und organisatorisch erfolgen.
Wetter für Berlin : Ziemlich trübe und sehr mild, etwas Regen, auffrischende südwestliche Winde. Für Deutschland : Ueberall mild, meist bedecktes Wetter, vielfach leichte Regenfälle. Auch im Often Temperaturanstieg.
Das Kabinett an der Arbeit.
Am Freitag Kanzler- Rede, Sonnabend spricht Sugenberg.
Ueberschriften aus einem Hugenberg- Blatt vom Mittwoch. Dazu Mitteilung der Reichs rundfunk Gesellschaft : Der Deutsche Rundfunt überträgt am Freitag von 8.30 bis 9.45 Uhr abends aus dem Sportpalast Berlin eine Rede des Herrn Reichskanzlers Hitler und am Sonnabend von 8.30 bis 9.45 Uhr abends eine Rede des Reichs= ministers Dr. Hugenberg. Am Sonnabend vormittags von 10 bis etwa 10.45 Uhr überträgt der Deutschlandsender die Eröffnung der Berliner Internationalen Autoausstellung mit einer Ansprache des Herrn Reichskanzlers Hitler . Angeschlossen sind die Berliner und Hamburger Sendegruppen. Die übrigen Sendegesellschaften bringen die Sendung im Laufe des Tages auf Wachs...!
800 10 Polizei- Tragödie
Selbstmord eines Oberleutnants
Vor feiner Wohnung in der Straße Am Fenn 1 in Steglih erschoß sich in der Nacht der Polizeioberleutnant Walter Berneite.
Der Offizier war im vergangenen Jahre Stellvertreter des Reviervorstehers von 121 in der Spreestraße in Charlottenburg . Er leitete eines Tages tion.
eine Erwerbslosendemonstra= Am Tage darauf kam es zu einem 3wischenfall, der ein Disziplinar= verfahren im Gefolge hatte. Auf einem Kontrollgang suchte B. in Begleitung eines Wachtmeisters ein Lokal in der Wilmersdorfer Straße auf. In dem Waschraum fielen mehrere Schüsse. Berneike gab seinerzeit an, daß er die Waffe des Wachtmeisters als dieser vor ihm die Toilette aufgesucht hatte an sich genommen hatte, um sie nicht unbeaufsichtigt am Kleiderständer hängen zu lassen. Als er später selbst in den Waschraum ging, lösten sich bei unvorsich tigem Hantieren mehrere Schüsse. Mit der Zeit hatten sich bei Berneike, der bereits 40 Jahre
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Paßfälscher gefaßt
Razzia in der Dragonerstraße
Bei einer überraschenden Ra 33ia gelang es heute früh der Fremdenpolizei, zusammen mit der Kriminalpolizei, im Hause Dragonerffr. 2 eine Paßfälscherwertffatt auszuheben. Der Leiter des Unternehmens und der Hersteller der Falsifikate ift der 35 Jahre alte Tischler Hans Wontorra. Er wurde festgenommen und ins Polizeipräsidium eingeliefert. Das Material, das mehrere Handtoffer füllte, ift ebenfalls beschlagnahmt worden und wird zur Zeit einer eingehenden Besichtigung unterzogen. Seine Helferin war ein junges Mädchen, die bei ihm wohnte. Auch jie wurde mit verhaftet. Außer ihr müssen aber Wonforra noch mehrere Komplicen als Schlepper gedient haben. Die Affion ist noch nicht beendet.
Rövers Dant
Maulkorb für Lehrer
Der Nazi Regierung in Oldenburg ist es auf die Nerven gefallen, daß die von ihr mißhandelte Lehrerschaft sich des öfteren hilfesuchend an die Presse gewandt hat. Besonders ist es ihr unangenehm gewesen, daß die Lehrer Kenntnis gaben von der Vermeigerung einer ordnungsmäßigen Gehaltszahlung durch den Staat und von der Unfähigkeit zahlreicher Gemeinden, Gehalts
alt ist, nervöse Erscheinungen gezeigt. Er suchte deshalb das Staatstrantenhaus auf. Am Mittwoch wurde er von dort entlassen. In den Abendstunden verließ er seine Wohnung. Gegen 1 Uhr 45 Minuten fam er zurück und jagte sich vor seinem Hause eine Rugel in den Kopf, die sofort tödlich wirkte. Berneike hinterläßt eine Frau und ein 9 Jahre altes Töchterchen.
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Am Bahnhof Gesundbrunnen spielte sich in den gestrigen späten Abendstunden ein aufregender Vorfall ab. Ein junges Mädchen erflomm plöglich das Geländer der Millionenbrücke und stürzte sich auf die Gleise der Vorortbahn hinab. Von Bahnbeamten wurde die Lebensmüde geborgen und schwerverletzt ins Birchowkrankenhaus gebracht. Das Befinden des Mädchens, es handelt sich um eine 15jährige Gertrud 3. aus Reinickendorf - Rosenthal, ist sehr ernst. Das Motiv zur Verzweiflungstat der Jugendlichen ist noch ungeklärt. Die Eltern des Kindes stehen vor einem Rätsel!
zahlungen überhaupt zu leisten. Um den Lehrern einen Maulkorb anzulegen, haben jetzt die NaziMinister den Lehrern verboten, den 3eitungen Berichte über Versamm= lungen und Beranstaltungen sowie über Borkommnisse dienstlicher und außerdienstlicher Art zu übermitteln!
Falsche Sparsamkeit.
Geburtshilfe in Moabit muẞ bleiben!
Nach einem Borschlag des Stadtmedizinalrates Dr. v. Drigalsti plant der Magistrat eine Sparmaßnahme, die den schärfften Protest der Moabiter arbeitenden Bevölkerung findet. Jm Moabiter Krankenhaus genießt die von Dr. Jojeph geleitete geburtshilfliche Abteilung mit Recht einen besonderen Ruf. Diese Abteilung, die besonders start von Arbeiterfrauen aufgesucht wird, soll aus„ Ersparnisgründen" aufgelöst werden.
Die Betten sollen zum Teil auf das VirchowKrankenhaus und zum Teil auf das Krankenhaus in Westend verteilt werden. Das aber würde bedeuten, daß der dicht bewohnte Moabiter Stadtteil zukünftig überhaupt ohne eine geburtshilfliche Abteilung sein würde. Den beschwer lichen Weg nach Westend oder in das VirchowKrankenhaus werden die wenigsten Arbeiterfrauen machen können. Außerdem sieht man kaum eine Ersparnismöglichkeit, wenn die Abteilung lediglich auf andere Krankenhäuser verteilt wird.
Die legte Sigung der Bezirksversamm
lung Tiergarten beschäftigte sich mit diesem Plan des Magistrats. Die Versammlung nahm einmütig gegen den Abbauplan Stellung. Im Moabiter Krankenhaus werden im Durchschnitt jeden Monat 1000 Kinder geboren.
Die Gesundheitsdeputation hielt fürzlich im Rathaus eine Sigung ab. Es wurde bekanntgegeben, daß im Arbeitsbeschaf fungsplan der Stadt Berlin 400 000 m. für das Röntgen- Institut im Rudolf- VirchowKrankenhaus, 355 000 m. für das Rönt gen- Institut im Krankenhaus Friedrichs= hain und 800 000 m. für den Umbau der Heizungs- und Warmwasserbereitungsanlage in den Wittenauer heilstätten eingesetzt worden sind. Der Bau der Röntgen- Institute soll noch im Jahre 1933 fertiggestellt werden.
Die Staatsanwaltschaft I hat jetzt über das Auswärtige Amt beim Fürstentum Liechtenstein den Antrag gestellt, die Gebrüder Rotter aus= zuliefern. Diesem Ersuchen wird vom Fürsten tum Liechtenstein feinesfalls stattgegeben werden, da in Liechtenstein Staatsangehörige an andere Länder nicht ausgeliefert werden. Im Zusammenhang mit der weiteren Fahndungsaktion hat die Staatsanwaltschaft an die Schweiz und an Desterreich das Ersuchen gerichtet, die Rotters auf Grund des gegen sie erlassenen Haftbefehls und Stedbriefes bei einem etwaigen Ueberschreiten der Liechtensteiner Grenze unverzüglich festzunehmen.
Milde für Nazis! Sprengstoffanschläge in Heidersdorf
Vor dem Görliger Schwurgericht hatten sich am Dienstag fünf Nationalsozialisten, und zwar der Hilfsförster Schlieder aus Nieder- Linda, der Feinmechanifer Martin Rothe aus NiederLinda, der Waldarbeiter Franz Skoda aus Lau ban , der Reichsbahnoberschaffner i. R. Küfter aus Lauban und der Melker Werner Krüger aus Linda wegen Sprengstoffverbrechens zu verantworten. Sie haben in der Nacht zum 9. August nach vorheriger Erfundigung über die Hausverhältnisse in den Laden des Kon= jumpereins in Heidersdorf ( Kr. Lauban) eine Flasche Benzin und hinterher eine Handgranate geschleudert, die aber nicht explodierte. Die Tat ist auf Anordnung des flüchti gen Sturmbannerführers von Man= stein Nieder- Linda ausgeführt worden. Die Angeklagten waren im großen und ganzen geständig. Das Gericht sah nur bei den Ange= flagten Rothe und Skoda versuchtes Berbrechen gegen das Sprengstoffgesetz als vorliegend an und verurteilte diese Angeklagten zu neun bezw. sechs Monaten Gefängnis. Die übrigen Angeklagten wurden auf Kosten der Staatstaffe freigesprochen. Die Untersuchungshaft wurde bei den Verurteilten auf die Strafe an= gerechnet. Die Haftbefehle wurden aufgehoben.
Prinzenwirtschaft
Vor dem Amtsgericht Potsdam fand heute die Zuschlagserteilung für das prinzliche Rittergut Saarmund bei Potsdam statt, das vor einigen Wochen zwangsvollstreckt wurde. Den Zuschlag erhielt die Domag( Domänenverwaltung) Berlin mit 250 000 Mart. Die Domag hatte dem Prinzen Friedrich Leopold Vater seinerzeit 155 000 Mart auf das Rittergut geliehen.