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Aus den Nachbarorten. Gchöllcberg. Die Parteigenossen, welche denVorwärts", dasVollsblatt", denWahren Jakob" u. s. w. von der Partei- spedition beziehen, werden zur Vermeidung von Störungen bei Wohnungswechsel gebeten, die Botenfrauen sowie den Spediteur Wilhelm B ä u m l e r, Belzigerstr. Sg Seitenfl. pari., vom er« folgten Umzüge in Kenntniß zu setzen. Ferner bitten wir die Parteigenossen und Leser desVor- wärts",Volksblatt" undWahren Jakob", sowie sämmtlicher Parteiliteratur, welche die Zeitung noch nicht von der Partei- spedition beziehen, sich bis zum 1. Oktober in eine an folgenden Stellen ausliegende Liste einzuzeichnen: Nestauratcur Obst, Grunewaldstr. IlO; Klein. Merseburgerstr. 7; H o f f m a n n, Sedanstr. 10; Schilling, Goltzstr. 43» Piezer, Nollen- dorfstr. 16 und beim Spediteur WilhelmBäumler, Belziger- straße 59, Seitenfl. part. Herr Rudolf Wöllsteiu in Adlershof richtet eine Zuschrift an uns. in der er erklärt, daß erpolizeilich gezwungen war", in der Zeit vom 27. August bis zum 9. September in seinem Lokale keine Ver- sammlungen abhalten zu lassein Er wolle sein Lokal der Arbeiter- schaft weiter zur Verfügung stellen; feine Unterschrift zu dem »hm vorgelegten Revers habe er verweigert, weil das Schriftstück brutal" abgefaßt war; würde ihm der Revers in anderer Form vorgelegt werden, so würde er auch seinen Namen darunter setzen. Endlich beruft Herr Wöllstein sich noch auf die Anarchistenversammlung, die sich den Scherz erlaubt hat, den von der Arbeiterschaft verhängten Boykottauf- znheben". Einen unglücklicheren Einfall konnte der Wirth gar nicht haben; wenn irgend etwas geeignet ist, ihm die Sympathien der arbeitenden Bevölkerung zu verscherze», so sind es diese seine Eideshelfer. Indem wir noch betonen, daß wohl niemand außer Herrn Wöllstein in dem von uns vorgestern skizzirten Revers eineBrutalität" erkennen wird, glauben wir ihm den Rath geben zu dürfen, in seinem eigenen Interesse eine Verständigung mit der Arbeiterschaft von Adlershof anzubahnen. Guvidjfcs �Äeikmtsg» Die Genossen Johann Sasscubach nnd Bruno Piirsch standen gestern wegen Beleidigung des Stadtverordneten und Fabrikbesitzers Franz Pretzel vor der Vll. Strafkammer des Landgerichts I . Die Nr. 7 vom 28. März ds. Js. der hier erscheinendenSattler- und Tapezirer-Zeitung", deren verantwort, licher Redakteur der Genosse Sassenbach ist, enthielt u. a. einen Artikel über den Streik der Berliner Treibriemeuarbeiter. Der- selbe beschäftigte sich mit dem Vorgehen des Ringes der Berliner Treibriemen» Fabrikanten und insbesondere mit dem Leiter deflelben, dem genannten Stadtverordneten und Fabrikbesitzer Pretzel . Er bezeichnete denselben als einen der Häuptlinge des Berliner Antisemitismus, zweifelte an dessen Christlichkeit, nannte denselben einen Judenfresser»c., wodurch sich Herr Pretzel beleidigt fühlte und gegen die Zln- geklagten Strafantrag stellte, welchem die Staatsanwaltschaft auch Folge leistete. Pörsch bekennt sich als Verfasser des betreffenden Artikels, während Sassenbach bestreitet, von dem» selben Kenntniß gehabt zu haben, da er zu der Zeit des Er- scheinens der genannten Nummer in Oesterreich geivesen sei und Pörsch den betreffenden Aufsatz ohne sein Wissen hineingebracht habe. Diese Behauptung wird auch durch Zeugenaussage bestätigt. Der Staatsanwalt beantragte gegen Pörsch auf eine Geldstrafe von 100 Mark resp. 20 Tage Gefängniß zu erkennen nnd Saffenbach freizusprechen. Rechtsanwalt Heine, welcher die An- geklagten vertheidigte, bittet um Freisprechung. Der Gerichtshof erkannte betreffs Sassenbach's auf Freisprechung und gegen Pörsch auf 50 Mark resp. 10 Tage Gefängniß, da letzterem nur zum Theil der Schutz des§ 193 gewährt werden könne, weil in den Ausdrücken wiedieser Mensch",Judenfresser" u. f. w. eine beabsichtigte Beleidigung angenommen werden müffe. Unter einem schweren Verdacht stand gestern der Bankier Paul M a t h e s i u s vor der dritten Straskammer des Land- gerichts I. Er sollte fich in vier Fällen der Hehlerei schuldig gemacht haben. Der 16 jährige Lehrling eines Graveurs halte seinem Chef gegen 40 Bronzemedatllen entwendet, welche einen numismatischen Werth von etwa 130 M. hatten. Er hat die- selben zu drei verschiedenen Malen ap den Angeklagten verkauft und nach seiner Angabe gegen 5 M., nach der Angabe des An- geklagten über 30 M. dafür erhalte». In einem vierten Falle hatte Mathesius dem jungen Burschen einen Koupon einer Berliner Etadtobligation abgenommen und dafür 24 M. bezahlt, obgleich derselbe aus 26,75 M. lautete. Die Anklagebehörde er- blickt in dem Abschlüsse dieser Geschäfte deshalb die Merkmale der Hehlerei, weil Mathesius den Umständen nach hätte annehmen müffe», daß die Gegenstände von dem jugendlichen Verkäufer nicht auf ehrlichem Wege erworben waren, weil er ferner einen zu niedrigen Preis dafür bezahlt und die Ankäufe nicht in seine Geschäfts- bücher eingetragen hat. Der so Beschuldigte bezeichnete die Annahme der Anklagebehörde als unzutreffend. Der Bursche habe gesagt. daß er im Auftrage einer anderen Person komme und derartige Medaillen seien in vielen Händen. Er habe dieselben nur gekauft, um sie ins Schaufenster zu legen. Wenn er für den Koupon 24 M. gezahlt habe, so sei ein Abzug von 2,75 M. nicht zu viel, wenn ,nan erwäge. daß der Koupon erst nach neun Monaten fällig war. Der als Zeuge vernommene Bursche Machill, der die Diebstähle ausgeführt hatte, blieb dabei, daß er stets allein mit dem Angeklagten unterhandelt und daß der letztere seit ihrem Bestehen, also in 145 Tagen, von 73145 zahlenden Personen besucht war. Es sind dies mehr als doppelt so viel Besucher, als in der gleichen Zeit des Vorjahres das alte Institut in der Jnvalidenstraße aufzuweisen hatte. Wenn dieser Erfolg auch nicht allen Erwartungen entspricht, so bedeutet er doch einen erfreulichen Aufschwung. Freilich klagte der Direktor, daß, während der zweite Rang stetS sich gefüllt zeige, der erste Rang, der so recht behaglich für die oberen Zehntausend «ingerichtet sei, immer eine gähnende Leere aufweise. UnS wundert dies nicht; denn die oberen Schichten der Bevölkerung find ja so gebildet, oder glauben es doch zu sein, daß sie in der Urania nichts mehr lernen können und sich dort langweilen. Ja, wenn man ihnen Charley's Tante oder ein Ballet auf dem Mars vorführte, würden sie wohl zahlreicher erscheinen. Will sich Herr Meyer zu solch zeitgemäßen Schaustellungen nicht entschließen, so wird er wohl, wenn er den ersten Rang gefüllt sehen will, den Preis- unterschied der Plätze aufheben müssen, ein Vorgehen, durch welches er fich den Dank weiter Kreise der Bevölkerung und dem Unternehmen zugleich finanziellen Erfolg sichern würde. AuS der Kunststadt München . Ein Abonnent derNeuen Freien Presse" schreibt dem genannten Blatte folgenden Klage« bnef: Gelegentlich einer Reise besuchte ich kürzlich das K a u l« bach-Museum und traf dieses in einem deS Andenkens dieses «großen Meisters wirklich unwürdigen Zustande, dem eine Kunst- stadt von Münchens Range ehestens abhelfen sollte. Schon daS Haus, in dem sich das Museum befindet, erregt daS Befremden des Besuchers; es ist anscheinend größtentheilS an Maler ver- miethet, und die Parteien sind durch Anschlag gebeten, bei Um- zügen, Transporten ic. auf Schonung der Kaulbach'schen Bilder und Skizzen bedacht zu sein, die ungeschützt in Flur und Treppenhaus hängen. DaS eigentliche MuseumSzimmer steht vernachlässigt und verstaubt aus; mangelhaft gereinigte Glas- kästen entHallen die Entwürfe und Skizzenbücher, in Unordnung liegen auf diesen Kasten die Sammelmappen umher, denen jeder Besucher nach Belieben den Inhalt entnimmt und ihn nach Be- lieben auch wieder liegen läßt u. s. f. In übertriebener Prüderie scheint man endlich alles entfernt zu haben, was den Augen eng- lischer Labies irgend welchen Anstoß bieten könnte, nnd daS ist bei Kaulbach vieles des Besten und Genialsten. In dieser Hinsicht ihn weder nach irgend einem Ausweise noch nach dem Ursprung der Medaillen gefragt habe. Ob- gleich der Sachverständige begutachtete, daß die vom Bestohlenen auf 130 M. geschätzten Medaillen nur einen Werth von 20 M. hätten, hielt Staatsanwalt Stachow II dennoch die Anklage in vollem Umfange aufrecht und beantragte gegen den Angeklagten eine Gefängnißstrafe von drei Monaten. Der Vertheidiger Rechtsanwalt Hugo Sachs plädirte für Freisprechung. da das Belastungs- Material keinesivegs zu einer Verurtheilung ausreiche und der Angeklagte durch sein ganzes Verhalten keine Spur von Schuld- bewußtsein vcrrathe» habe. Der Gerichtshof trat den Aus- sührungen des Vertheidigers bei und erkannte aus Freisprechung. Wegen Vergehens gegen das Markenschutz- Gesetz hatten sich heute die Seifenfabrikanlen Max nnd David S a l o- IN o n vor der VII. Strafkammer hiesigen Landgerichts I zu ver- antworten. Wie einst das Kölnische Wasser von Johann Maria Farina zahlreichen Fabrikanten in Köln Veranlassung gab, sich mit irgend sinem Farina zu verbinden, um unter dieser Fima gleichfalls Kölnisches Wasser zu fabriziren, so taucht jetzt im SeiselhandelDöring's Seife", die von den verschiedensten Fabrikanten ans den Markt.gebracht wird, an allen Ecken und Enden auf. Der Name Döring ist aus unerklärlicden Gründen angenbicklich von einem mystischen Einfluß ans den Seifen­handel und viele Seifen fabrikanten verschaffen sich diesen Namen, um ihn auf ihre Seifenpakete drucken zu lassen. Auch Herr Morgenstern in Frankfurt a. M., der nach der Verbindung mit einem Manne Namens Döring unter der FirmaDöring u. fio." firmirt, hat die bekannteDöring's Seife mit der Eule" in den Handel gebracht und diese Marke in das Markenregister eintragen laffen. Statt der Eule erscheinen auf anderen Töring'schen Seifen andere Bilder aus dem Thier- reiche, Zweifüßler nnd Vierfüßler in der bekannten Umrahmung. Gegen die Benutzung derartiger Marken ist die Firma Döring u. Ko. zunächst auf dem Wege der Zivilklag« vor- gegangen und hat eine solche namentlich gegen die Firma Pieper u. Flatau, die eineDöring's Seife mit dem Adler" fabrizirte, angestrengt. Sie ist mit dieser Klage aber rechtskräftig ab- gewiesen worden, da das Gericht der Meinung war, daß die Packetausstattung mit einem Adler nicht geeignet sei, Ver- wechselungen zu verursachen. Jetzt versucht es die Firma Döring u. Ko. mit Anzeigen bei der Staatsnnwalischast auf grund des Markenschntz-Gesetzes vom 12. Mai 1894. Eine solche Anzeige richtete sich gegen die Angeklagten, welche gleichfalls Dörings- Seife" fabrizirlen, bei welcher die Marke statt der Eule einen Bär zeigte. Die Fabrikation hörte seitens der An- geklagten auf, als ihr Antrag auf Eintragung dieser Marke vom Patentamt zurückgewiesen worden war. Der Staatsanwalt hielt die ZZ 14 und 20 des Markenschutz- Gesetzes für verletzt und beantragte 500 M. Ge l d st r a f e, event. 50 Tage Gefängniß. Der Gerichtshof war aber nach persönlicher Augenscheinnahme nicht der Ansicht, daß in der mit dem Bären ausgestatteten Marke objektiv eine Nachbildung der Eulen-Marke gesunden werden könnte und erkannte daher auf Freisprechung. Der Fahrrad-Fabrikant Hugo Ncnman» hatte sich gestern wiederum wegen Gewaltthätigkeiren vor der 136. Abtheilung Amtsgerichts l zu verantworten. Der Siadfahrer Görcke hatte eine Reparatur vornehmen lassen und war damit unzufrieden. Der Slngeklagte erklärte aber, daß der Kunde erst nachträglich das Rad beschädigt habe, und wollt« nicht zugeben, daß die Reparatur mangelhaft ausgeführt war. Schließlich machte er kurzen Prozeß, erfaßte den Kunden am Hals« und schüttelte ihn mit den Worten:Siehst Du, Jungeten, so machen wir es mit solchen Bengels", hin nnd her. Zwei Arbeiter sprangen aus dem Arbeitsraume schnell herbei und entrissen ihrem Prinzipal den Kunden, um ihn vor weiteren Mißhandlungen zu schützen. Der Gerichtshof er kannte auf eine Zusatzstrafe von 90 M. oder 13 Tagen Gefängniß wegen Beleidigung. Eine besonders schwere Ahndung erfuhr eine Nöthigung zwecks Erreichung besserer Arbeitsbedingungen, welche gestern den Tischler Emil Arnold aus Neu- Weißensee vor die zweite Ferien-Strafkammer am Landgericht II führte. Der Angeschuldigte arbeitete bis zum 27. April d. I. mit noch sechs anderen Gesellen bei dem Tischlermeister Walter in Neu-Weißensee. Am Abend dieses Tages unterhandelte Arnold im Auftrage seiner Kollegen mit dem Meister wegen Abschaffung der Ueberstunden. Der Meister war auch damit einverstanden, machte aber gleich darauf die Einschränkung, daß der Geselle Wilhelm sein Faktotum arbeiten dürfe, so lange er wolle und so lange er müsse. Damit waren die anderen Gesellen nicht einverstanden. Sie legten die Arbeit nieder und ihr Sprecher Arnold soll sich in den» benachbarten Noack'schen Lokale zu der Drohung ver- liegen haben:Wer da oben arbeitet, dem schlage ich alle Knochen im Leibe entzwei!" Aus Furcht vor der Ausführung dieser Drohung will der Meister seinen Gesellen Wilhelm und den Lackirer Gramm vorübergehend entlassen haben. Der An- geklagte bestritt diese Drohung, er wurde aber für überführt er- achtet und ans Z 153 der Gewerbe-Ordnung in idealer Kon- kurrenz mit§ 240 des Strafgesetzbuches(Nöthigung) zu vier Monaten Gefängniß verurtheilt. Ein preußischer Polizist. Am 14. September gelangte, wie dieRh. Ztg." berichtet, vor dem Schöffengericht zu K ö l n olgende Sache zur Verhandlung: Von der Feier der Einweihung >es Stadtwaldes kamen gegen 2 Uhr nachts der Küfer Friedrich Dietrich und seine Freunde Göttle, Schleiden und Reichart über leistet übrigens auch die königliche Glyptothek Große?: sie hat ämmtliche klassische Statuen mit Feigenblättern versehen, die aus mattgrünem Glanzpapier bestehen nnd denen man. um jeden Jrrthum auszuschließen, mit Bleistift die naturgetreuen Blattrippen recht deutlich eingezeichnet hat! Wie armselig! Die Gesellschaft deutscher. Naturforscher und Merzte wird vom 20. bis 26. September in Franksurl a. M. tagen. Wie aus Bamberg gemeldet wird, beschloß den Astro» nomen-kongreß, die nächste Versammlung in Budapest abzuhalten. Ueber de« seltene»«lterthnmSfund, der kürzlich dem Stader Museum überwiesen wurde, wird berichtet: Der im Moore gefundene Anzm) eines Germanen aus der Merovinger- zeit ist mit großer Mühe von dem Konservator Lindenschmitt am Römisch-Germanifchen Zentralmusenm in Mainz wieder zu- ammengesagt worden. Wie man weiß, hüllten sich die alten Germanen in«in« groß« wollene Decke, welch« sie aus der rechten Schulter mittels«in«S Dorn? oder«iner bronzenen Nadel zusammenhefteten. Von den Nadeln sind in den Museen eine genügende Anzahl vorhanden. Den Mantel selbst länger als 1000 Jahre zu erhalten. wäre wohl nicht möglich gewesen, wenn nicht der Gerbstoff des MooreS ihn konfervirt hätte. Sämmtliche Theile des Fundes zeigen eine braune Tabaksfarbe. Der Mantel hat«ine dunkle fingerbreite Borte und etwa zwei Zoll lange Fransen. Die Länge beträgt 2,40 Meter. Der Stoff besteht aus Wolle, deren Fäven etwa die Stärke des SegelluchgespinnsteS zeigen. Außerdem wurden gefunden zwei feinere wollene Binden, welche mit ledernen Riemen zeitweise um die Waden gewickelt wurden. Bon den beiden ledernen Bundschuhen, die über besonders für diesen Zweck angefertigte Gipsfüße gezogen sind, ist der eine 30, der andere 27 Centimeter lang. Der Schaukasten enthält außer- dem den vollständigen Skalp mit röthlichen Haaren, ein Stück menschlicher Haut und zwei silberne Hängezierrath« des Halsschmucks. Die außerdem noch gefundenen leinenen Kleidungs- stücke, die bei den Arbeiten im Moore scbon zerschnitten wurden, sind noch in Mainz , um zu Kleidungsstücken zusammengesetzt zu werden. die Chaussee; wie mehrere unbetheiligte Zeugen sagen, summten sie leise vor sich her. Schutzmann Hermann Schröder rief ihnen zu:Wollt Ihr Schwein Hunde wohl still sein!" Dietrich verbat sich diesen Vergleich und wurde nunwegen Ruhe- störung protokollirt. G., Sch. und R. gingen vorwärts, verfolgt von Polizisten; einer meinte mit recht, daß doch nichts Besonderes passirt sei, worauf der Wächter des Gesetzes die Plempe zog und auf Schleiden einHieb. Dieser retirirte auf die andere Seite der Straße verfolgt und weiter geschlagen von dem Polizisten. Ein Doktor-Attest konstatirl mehrere zwischen I'/z bis 8 Centimeter lange blutunterlaufene Wunden am Körper, am Arm und an der Hand. Schutzmann Schröder sagte auf seinen Eid, trotz mehrfacher Ermahnung: Ich habe das WortSchweinhnnde" nicht gebraucht und kenne es über- Haupt nicht; Schleiden wollte seinen Namen nicht nennen und hob den Stock hoch, da zog ich blank und haute drei bis vier- mal. Als ihm vorgehalten wird, daß er der Angreifer gewesen und Schleiden erst den Stock hochhob, als er blutige Schläge er- halten, meint der Polizist: Wenn ichSchweinhunds" gesagt habe, so ist es Spaß gewesen! Der Angeklagte Göttle soll Lump»c. ge- rufen haben, das einzige, was von der ganzen Anklage bestehen bleibt. Uebrigens war die Meinung der Zeugen sehr gegen den Schutz- mann, und ein Zeuge sagt, daß er ein solches Benehmen unbegreiflich finde. Göttle wird zum Strafminimum von 3 M. verurtheilt. Die Basis der Sache, jener angebliche ruhestörende Lärm schien den» Gericht nicht vorzuliegen, ebenso wenig Wider- stand und Angriff. Rechtsanwalt Dr. Mertz läßt die Aussage des Schutzmannes Protokolliren und theilt mit, daß ein Verfahren wegen Ueberschreitung der Amtspflicht und Meineids folgen werde. Das Gericht erklärte, daß Schröder nicht in rechtmäßiger Ausübung gewesen wäre und daß die Angeklagten berechtigt ge- wesen seien, sich loszureißen. Geistliche Prügelpädagogik. Aus der Pfalz wird der Volks-Ztg." geschrieben: Ludwig H o f f m a n u, Kaplan in Roxheim (Rheinpfalz), war wegen fahrlässiger Körperverletzung angeklagt. Hoffmann ertheilte am 8. Mai in der zweiten Mädchen- schule den Religionsunterricht. Die jetzt neun Jahre alte, sehr schwach begable Schülerin Katharina Höflich war nicht im stände, die ihr von dem Angeklagten gestellte Aufgabe zu erfüllen. Hoffmann gab dem Kind zwei Ohrfeigen. packte es dann mit beiden Händen an den Ohren und zog es derart, daß nach ärztlichem Befund an dem«inen Ohr ein etwa drei Zenti- meter langer Riß, an den, anderen Ohr ein solcher von eineinhalb Zentimeter Länge ent- stand; an einem Ohr wurde die Wunde vom Arzt durch vier Nadelstiche, am anderen Ohr mit drei Nadel- st i ch e n z u g e h e s t e t. Der Angeklagte leugnet«, die Verletzungen in diesem Umfange dem Kinde zugefügt zu haben. wurde aber durch das Zeugniß mehrerer Schülerinnen, die durch den ärztlichen B e f u n d unterstützt wurden, überführt und zu 50 M. verurtheilt. Zum Kapitel der patriotischen Rechtsprechung. Das Kammergericht hat in einer von derDlsch. Jurist. Ztg." mit« getheilten Entscheidung einen Vater, dessen Sohn die von der Ächulanfsichlsbedörde angeordnete Schulfeier der Volksschule am Sedantage versäumt hat, wegen Schulversäumniß bestraft. ES wird in dem Erkenntntß ausgeführt, daß, wenn auch die gesetz- lichen Vorschriften nur vom Besuch der Lehrstunden sprächen, darunter nicht nur der Besuch des Unterrichts, in dem die verschiedenen Unterrichlsgegenstände gelehrt werden, zu verstehen sei, sondern der Besuch der Schul« im allgemeinen. Zum Schulbesiid) gehöre aber auch der Besuch der Schul- feiern, die zu erziehlichen Zwecken angeordnet wurden. Solchem Zweck aber diene die Sedaufeier, die in den Schülern das An- denken an die großen Ereignisse und Errungenschaften bei Krieges von 1870/71 wachhalten und das patriotische Gefühl der Kinder wecken und erböhen solle. Der erziehlich« Zweck der Schule bestehe nichr allein darin, daß die Schulkinder sich positive Kenntnisse erwerben, fondern auch darin, daß in ihnen das patriotische Gefühl, die Liebe zu König und Vaterland geweckt und gepflegt werde. Die arme Schule! Die Partei derVaterlandslosigkeit" ist bei aller patriotische» Erziehung die stärkste unter allen politischen Parteien Deutschlands geworden. Soztole Merlzkspflege. Für Maurer dürfte eine Entscheidung des Reich?- Versicher ungsamtes von großer Bedeutung sein, die kürzlich gefällt wurde. Der Maurer Eilhart wurde eineS Tage? dadurch in der Arbeit aufgehallen, daß fein Meißel abstumpfte. Er begab sich schleunigst in die dicht bei der Arbeitsstätte gelegene Fabrilfchmiede, um den Meißel zu schleifen. Hierbei verletzte er sich. Die Baugewerks-Berussgenoffenschaft lehnte eS ab, ihm eine Unfallrente zu gewähren. Das Schiedsgericht vernrtheilte jedoch die Beklagte und das Reichs- Versicherungsamt erkannte ebenfalls zu g n n st e n des Klägers. AuS den Gründen, welche das Rekursgericht zu seinem Urtheil veranlaßten, ist folgendes hervorzuheben: Di« Thätigkeit des Klägers, bei der er ver- unglückte, sei noch dem Baubetriebe zuzurechnen, in dem E. be- fchäfligt wurde. Allerdings sei richtig, daß das Schleifen des Meißels an und für sich eine privatwirthschaftliche Thätigkeit deS Klägers gewesen fei; hier jedoch sei der Charakter derselben als einer privatwirthschaftliche» Thätigkeit dadurch verwischt worden. daß ein ziemlich großes Belriebsinteresse in Frage kam. Der Kläger habe offenbar sich durch die Absicht, die unfreiwillig unter- brochene Arbeit möglichst bald fortzusetzen, dazu bestimmen laffen, die nächste beste Gelegenheit aufzusuchen, wo er sein Werkzeug wieder in Ordnung bringen konnte. Weil die Reparatur in den Arbeitsstunden erfolgte und ganz nahe bei der Betriebsställe. sei anzunehmen, daß er sich noch im Banne deS Baubetriebes befunden habe. Reichs-VersichernngSamt. Die Wiltwe Weidner, welche den Mühlenbetrieb ihres verstorbenen Mannes fortsetzte, ver- unglückte eines Tages, indem sie die Treppe hinabfiel. Ihr bei der Müllerei-Berufsgenossenschäst geltend gemachter Anspruch aus Unfallrente wurde zurückgewiesen und auch das Schiedsgericht erkannte zu ihren Ungunsten. Letzteres begründete die Zurück- Weisung der Berufung damit, daß Frau Weidner nicht alS versicherungspflichtig« Arbeitnehmerin anzusehen sei. Das Reichs-Bersicherungsamt, als Returs- instanz in Anspruch genommen, entschied dann ebenfalls. daß Klägerin kein Anrecht auf eine Unfallrente habe. Wenn auch ihre Behauptung zuträfe, daß sie den Mühlenbetrieb init Erlaubniß der Behörde und mir auf Zureden der Ortsbeivohner fortgesetzt habe, so ändere daS doch nichts an der vom Schieds- gericht festgestellten Rechtslage. Klägerin Hab« in keinem ver- stcherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse gestanden, als der Unfall eintrat, sondern sei verunglückt gelegentlich einer Thätiz- keit, die sie als Miterbin der Mühle auszuführen gedachte, und dies« ihre Stellung ähnele derjenigen eines Unternehmers. VerPoitttmlungen. Kct Fachverein der Stuckatcure verhandelte am 7. d.M. über die Regelung des Arbeitsnachweises. Die Unterstützung?- frage wurde nach längerer Debatte dahin geregelt, daß den Mit- gliedern, welche vier Wochen außer Arbeit sind und aus dem Nachweis keine Beschäftigung erhalten, eine einmalige Unter- stützung von zwei Dritteln des eingezahlten Jahresbeitrages be- willigt werde, sofern sie ein Jahr Mitglied sind und pünktlich ihre Beiträge entrichtet haben. Die a«f Holz- und Kohleuplätze« beschäftigten Arbeiter und Kutscher hatten am 13. Septeniber eine Versammlung anberaumt, iu der Purschke in einem beifällig auf-