tämpfen, fämpfen um die
gersplittert nicht eure Kräfte in sinnlosem Tun, haltet eure Hirne flar, eure Herzen offen, ihr dürft nicht untergehen, ihr müßt fämpfen um eure Menschenwürde, um eure Menschenrechte, tämpfen Zukunft, um die Freiheit eurer Kinder. Aber ihr geht ins Kino, täglich fommt ihr und laßt eure Sinne berauschen, eure Hirne umnebeln, eure Herzen mit Lügen füllen...
Und nicht nur ihr kommt, jeden Sonntag nachmittag schickt ihr eure Kinder zur Vorstellung; Kinder kommen zu mir an die Kasse, hundert, zweihundert, dreihundert Kinder, Mädchen und Jungen, Schulkinder jeden Alters und auch solche, die noch nicht zur Schule gehen, sie alle stürzen herbei, um nur nichts zu versäumen
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Wohl macht es mir unendlichen Spaß, die kleinen Wesen zu bedienen, ihnen die Karten in die kleinen Händchen zu drücken und immer wieder zu erzählen, was heute gespielt wird. Wohl macht es mir Spaß, und ich gönne ihnen das kleine Vergnügen aber denken darf ich nicht, nein, nachdenken darf ich nicht; sonst würde ich ihnen ben Eintritt verwehren, würde sie mit all meiner Kraft hindern, ihre findliche Phantasie sich vergiften, ihr flares Denken sich trüben zu lassen, ehe es noch zur vollen Reife gelangt ist; dann würde ich sie an die Hände nehmen und sie hinausführen aus den engenden Stadtmauern, aus Staub und Gewühl und stickiger Luft
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Seht, wie die Sonne sonntäglich strahlt, wie der Sommer noch einmal seine schimmernden Schäzze verschwendet, er lockt uns, er ruft uns, wir wollen ihn fuchen im weiten freien grünen Land, das doch schon leicht gerötet ist vom Pinsel des Herbstes; wir gehen immer der Sonne nach, und im Schreiten fällt alles Dunkle, Dumpfe, Quälende ab von unsern Seelen, und wir atmen freier. Hell flingt der Boden unter unsern Schritten und unsere Rehlen beginnen zu fingen, im fröhlichen Rhythmus des Wanderns. An Seen ziehen mir vorbei, die wie im Traum verschlafen an die Ufer plätschern und den blauen Himmel köstlich widerspiegeln, an rotbedachten Dörfern vorbei und hohen Wiesen, auf denen gutmütig blickende Kühe meiden, an murmelnden Bächlein und verschwiege= nen Wäldern, in denen Rehe leben mit braunen Märchenaugen. Ein Berg liegt vor uns, laßt uns hinaufsteigen, meine kleinen Freunde, und hinunterschauen ins meite Land zu unsern Füßen. Da werdet ihr ins reine, ewig junge Herz der Natur schauen, ich will euch die Unendlichkeit des Himmels weisen und die unerschöpfliche Fruchtbarkeit der Erde, will euch lehren, daß die Erde allen Geschöpfen gehört, daß alle Menschen Anteil an ihr haben, das Recht, sie zu beackern und dafür ihre Früchte zu ernten. Ihr sollt erkennen, daß die Erde Arbeit und Brot für alle hat, daß es in euern Händen liegt, es gerecht zu verteilen. Die Welt ist aus den Fugen, ihr Jungen müßt sie wieder einrenfen; ihr, die ihr noch den Glauben in euren Herzen, die Sehnsucht in euren Blicken tragt, ihr sollt rein und stark werden im Erkennen und Wollen, gerecht und gut. Dann werdet ihr die Schatten überwinden, die euer junges Leben umnachten; ihr werdet vollenden, was wir aufzubauen begonnen so thr rein und einig seid. Dann wird nach langer Finsternis ein Morgen heraufsteigen, wie ich ihn schaue, ein Morgen, in deffen goldener Klarheit ein neues Geschlecht er= wacht; ein Geschlecht, das die Fesseln der Knechtschaft abgestreift hat und nicht Not noch Barbarei mehr kennt, das als eine einzige große Gesellschaft den Erdball umspannt, eine heilige Gemeinschaft, die alle Menschen umfaßt und tief im Herzen jedes einzelnen murzelt. Dann ist der Mensch frei, gesund und start an Leib und Seele, und frei ist die Arbeit seiner Hände. Jeder schafft an seinem Blazz freudig und stolz am Werte der Gesamtheit, und seine Arbeit ist gefegnet mit reichen Früchten. Alle wirken zusammen und füreinander in sinnvoller, vernunfterfüllter Ordnung; sie schaffen Brot und Schönheit, schaffen Licht und Freude. Die Arbeit wird zum erhabenen Lieb des Lebens, und die Kunst rankt sich daraus empor in blütenhafter Frische und flicht Kränze aus Schönheit und Duft um die erhobenen Stirnen der Schaffenden. Dann werden die wahren Sonntage geboren, Sonnentage, in unendliches Leuchten getaucht; denn es werden Feiern sein für alle, Feiern in vollendeter Harmonie. Keiner steht abseits in Not oder Schmerz; der Mensch reicht dem Menschen die Bruderhand, aller Hände finden sich, halten sich im jubelnden, fraftströmenden Tanz um rotlodernde Feuer des Friedens und der Liebe... ,, Einmal auf Stempelfarte, Fräulein!"- Ich size an der Kasse, bin Kassiererin, nichts weiter. Einmal 1. Platz, zweimal 2. Plazz, einmal Stempelfarte, Stempelfarte, Stempelfarte..
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Günther Bittenfeld schildert in feiner Erzählung Die Botschaft des unbetann. ten" das Schicksal einer zerrütteten Ehe, die durch den Rundfunkvortrag eines Dichters eine feltsame Wendung erfährt. Ein Miethaus in einer jener Städte des rheinisch- westfälischen Industriereviers, die von dem Lärm der Fabriken wiedertönen. Frau Elsbeth Soelte wartet mit ihrem Söhnchen Herbert auf die Rückkehr ihres Mannes aus den Sollios merken. Gereizt und zerschlagen tehrt Herr Soelle heim. Sein Lospoltern gegen die Frau, fein barsches Auftreten gegen den Sohn lassen erkennen, in dieser Che ist nicht alles fo, wie es sein soll. Beim Abende effen wird fein Wort gewechselt. Nach der Mahlzeit schaltet Frau Soelte das Radio ein: der Dichter Distel lieft aus seinen Gedichten vor. Frau Soelke wird feltfam gebannt durch diese Worte, diese Stimme. Herr Goelfe fann das Gefafel" nicht anhören. Zusammenstoß von Mann und Frau. Herr Goelte zieht sich ohne Gutenachtgruß zurück. Frau Soelte grübelt über ihre The nach. Plöglich kommt ihr der Einfall, dem Dichter Distel ihr Herz auszuschütten. Sie schreibt ihm einen Brief und sinkt tod müde aufs Lager. Der Weder raffelt am nächsten Morgen. Erschroden fährt Serbert aus dem Schlaf. Hört die Mutter denn nicht? Die Mutter schläft meiter! ,, Se, Modder! Modderte! Romm boch hoch! Der Badder..!" ruft der Kleine.
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( 2. Fortsegung.)
Ech sach dir,
Mit einemmal und indem die Tränen über seine Wangen rollen, bemerkt Herbert unter dem Kopftissen die Spize eines Briefes hervorlugen. Ohne jedes Besinnen, nur beherrscht von der tief eingewöhnten Furcht vor dem Vater, tappt der Junge in die Wohnstube und verbirgt den Brief auf dem Grunde seiner Spielkiste. Nänä", mummelt er dabei in der Art eines alten Mannes, ,, bat soll der Badder nich kriegen, woll. Dat is so'n Jeheimnis vom Modderte. Herbert, janz jewiß is dat so!" Nachdem er all seine Ristchen und Hölzer sorgsam über dem Brief aufgeschichtet hat, beginnt er eindringlich im rechten Ohr zu bohren. Er denkt nach. Und gelangt zu dem Ergebnis, daß die Mutter heimlich an den Herrn Kaplan oder an den Bürgermeister geschrieben hat, damit die mal kommen und dem Badder den Kopf zurechtrücken. Und von dem vielen Schreiben ist die Mutter mun sehr müde und muß sich ordentlich ausschlafen.
Der fleine Ritter der vielen Spielstunden mit der Mutter droben auf der Burg weiß sofort und genau, was er nun für sein ,, Prinzeßken" zu tun hat. Er geht in die Kammer und wedt den Bater, indem er ihn nicht eben sanft in den breiten Rücken pufft. Und wie der Vater schimpfend in die Küche kommt, beherrscht der Kleine tapfer bas Zittern an allen Gliedern und in der Stimme und magt die Lüge, daß die Mutter fo böses Kopfmeh habe und einfach wieder ins Kissen zurückgefallen fei. Und der Bater möchte sie doch nur ja schlafen lassen. Er wolle auch ganz schnell laufen und die Milch und Wecken holen. Bielleicht könnte der Vater derweil Feuer anlegen und den Kaffee mahlen...?
Was jetzt geschieht, erschrect den Jungen faſt noch mehr als vorhin des Vaters Gefchelte: der
sics
Bater, schräg von oben auf die Schlafende blickend, jagt nur turz und sehr gedämpft:„ Schon recht. Lauf nur!"
Herbert eilt an seiner Spielkiste vorbei, reißt den Brief hervor, steckt ihn unter die Joppe und stürmt die Treppe hinunter. Drunten, am Ende der Straße, fligt der Brief in den Kasten. Herbert belobt sich selbst mit drolligen Redensarten.
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Karl wäscht sich behutsam über dem Spültisch und vermeilt dann abermals lange vor der Schlummernden. Wie blaß, wie elend sie aussieht! Vielleicht wird sie.. niemals wieder aufstehn? Wie roh, wie gehässig war er zu ihr gewesen! War das nun zuviel geworden für ihr Herz, für ihr zartes und sehr empfindsames Herz? Mein Gott..., sie wird mir doch nicht sterben?.... Ja, was soll denn dann aus Herbert werden und aus mir?... Diese lezte Angst um Elsbeth, die den Mann dem Weinen nahebringt, läßt ihn immer quälender bewußt werden, wie herzlos er zu ihr seit langem schon ist- zu ihr, die immer sanft blieb und klaglos jebe Not wie all seine schlimmen Launen erduldete - zu ihr, die sich die Finger mund nähte und unermüdlich um ihn und um ihren Boze besorgt war.
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Und da schämt man sich nicht, wie?, ihr die einzige Freude nach dem harten Tagewerk zu vergällen? Hatten die Gedichte ihn denn gestört? I mo, er hatte ja gar nicht hingehört, hatte in seiner Zeitung gelesen. Was ist das mur für eine teuflische Lust, mit der du diese arme Frau zu Tode folterst? Wie? Ja, eine richtige teuflische Lust ist das! Es macht dir Spaß, sie zu quälen! Ueberall sonst mußt du tuschen. Und an ihr, der Unschuldigen, läßt du dann deine Wut aus! Pfui!
Zum erstenmal seit Jahren hat Karl nachgedacht und zu Ende gedacht. Nun steht er mit abbittenden Händen vor der erschöpft schlummernden Frau und nennt sie ,, mein Modelchen" und fleht sie an, thm zu vergeben er wolle auch wieder der Karl von einst, der luftige Karl von der Bonner Straße sein... und fleht sie an, bei ihm und bei ihrem Bozze zu bleiben.
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Wenn Karl jetzt nicht so völlig geblendet von Angst und betäubt von Reue wäre, so müßte er erfennen, daß es ein anderes, ein verwandeltes Gesicht ist, zu dem er da nieberfleht, eine frembe meiße Blüte, die dereinst neben ihm rantte und ihm allein gehörte, dann aber, achtlos von ihm getnickt und fortgeworfen, nun schon weit auf einem unbetannten Strom von dannen treibt. Der Mann jedoch wähnt, feine Herzensblume wieder in seinen Händen zu halten wie einft in glücklichen Tagen.
Dem Jungen, der teuchend mit Milchtanne und Bedenbeutel eintritt, fährt er lobend über den
Operellenspiegel
Kurzbericht der lelzten Woche
Die bösen Rotters find zwar fort, ihr liebstes Pflegekind jedoch, die Operette, blüht und gedeiht. Ja, mehr als das, es hat den Anschein, als nähme diese Kunstform" jenen Ausschwung, der heute allem Geftrigen gesichert ist: und der ist nicht gering.
Zunächst die jüngste Großtat deutscher Bühne, im Theater des Westens zu bestaunen: ,, Der Page des Königs." Dem Inhalt und der Machart nach ein Gruß aus UrgroßpäterTagen: Versailles , Rofofo, hod; geborene Hof= gesellschaft, Berkleidungs- und VerwechslungsSzenen, das übliche Intrigenspiel mit gutem Ausgang-die Herren Rheinberg und Felig haben sich nicht angestrengt. Ebensowenig übrigens der Komponist, ein schlichter Mann des Schlagerhandwerks, Goeße ist sein Name. Die Aufführung hat Moffee inszeniert, sauber und gut inszeniert. Karl Jöfen singt, Edith Scholl wer sieht gut aus; Olly Gebauer , der luftige Teil des luftigen Paares( ihr Partner Hallan ist ein Trauerspiel) gibt sich als hemmungslose Barsony- Verehrerin zu erkennen, ist aber nicht unbegabt; und hat den vorläufig noch unbeherrschten Theaterteufel im Leib.
Der Komischen Oper wollen wir es hoch
anrechnen, daß sie ein musikalisches Luftspiel zeigt,
in dem nicht eine einzige Herzogin zu sehen ist, nicht einmal ein Fürst, sondern ganz schlichte Leute, so wie du und ich... Mein Friseur" heißt es, der Theaterzettel behauptet, es sei pon Rudolf Lothar ; wer fann das wissen, wer wird das aber auch alles so genau nehmen Es ist ganz nett, ein bißchen langweilig am Anfang, dann plätschert es munter so fort: ein Wasserwellenspezialist( Mar Schipper mimt ihn unoriginell, aber charmant) mird von einem
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Bühnenautor in üble Berwidlungen gebracht, eine Berichtsverhandlung flärt alles auf. Liedertegte und Musik von Marbot und Reisfeld: prima Konfektionsware, nicht mehr, aber auch nicht weniger; von der Aufführung gilt das gleiche.
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Im Metropol Theater ist jetzt die Hesterberg Eine Frau, die weiß. was sie will" und wenn dem schwer ringenden Schauspielerfollettin das Ausfeilen der Aufführung auch nicht ganz glückt, wenn selbst die Hesterberg die Massary nicht vergessen machen tann, es ist schon zu Bergleichszmeden sehr gut, daß diese beste, geschmack und gehaltvollste Operette der Saison nicht in der Versenkung verschwindet, aus der soviel unmögliches Zeug auftaucht.
Zum Schluß ein Operettenfilm, eine Filmoperette, im Marmorhaus zu sehen: Reinen Tag ohn bich" mit Lee Barry und Ostar Karlweiß. Eine sehr moralische, schleierumwehte, myrtenumduftete Liebesgeschichte zwischen einem liebreizenden Nähmaschinenmädchen und einem überaus waderen Schornsteinfeger. Eine jener dummbreisten und verloge= nen Apotheosen des fleinen Mannes, die die Filmproduzenten am Ende gar für sozial halten. Nicht gut gemacht; Gott sei Dank! jagt man in solchem Fall
In allen Fällen aber ist es gar nicht so interessant, was da auf der Bühne vorgeht: das aufregend Seltsame, das Märchenhafte ist das Publikum, das sich aufrichtig und hingegeben freut. Ein Publikum, das gierig nach falschen Ideologien und stolz auf seine falschen Propheten ist, nur um die Wahrheit dieser Zeit sich nicht in die Ohren gellen zu lassen.
W.
Schettel: Woll, bist mein braver Boze!" Herbert bestaunt den Vater wie ein Fabeltier Und wenn dieser sonst so böse Badder beim Fortgehen sagt, daß man ja nicht vergessen soll, der Mutter zu bestellen, daß sie heute abend einen Bund Maiglödchen bekommt: nein, da tann man wohl nur noch den Kopf schütteln und greisenhaft Nänä" murmeln.
Elsbeth wird vom Erschrecken wie von Fieberschauern geschüttelt, da sie am frühen Mittag er Sie wacht und.. den Brief vergeblich sucht. fann ja nichts anderes vermuten, als daß Karl ihn gefunden hat. Nun ist sie in seiner Gewalt, nun hat sie ihn ein für allemal ins Recht gesetzt, nun darf er mit ihr nach Belieben verfahren!
Herbertchen tommt zu ihrem Bett und rebet und lobt sich sehr. Und zuletzt muß er schreien. Dann endlich versteht die Mutter, daß der Brief längst im Kasten liegt und nun schon auf dem Wege zur Rundfunkgesellschaft ist, die ihn weiter. leiten soll an den Dichter Distel.
Die Mutter streichelt und füßt ihren Boze. Und natürlich soll er noch heute die längst versprochene Schreckschußpistole bekommen. Herbertchen tanzt aus der Küche wie ein trumphierender Indianer. Jetzt sollen die Trapper noch einmal wagen, ihn beim„ Goldfuchen" in der„ Sandkaul“ zu überfallen!
Die Frau setzt sich über ihre Näherei und wird immer nachdenklicher. War es nun gut getan, daß der Brief wirklich an den Dichter abgeschicht wurde? Sie selbst hätte es heute, in der Nüchternheit des hellen Tages, nicht mehr über sich vermocht. Geschämt hätte sie sich, arg geschämt. Und nachträglich überkommt sie jetzt ein Gefühl, als hätte sie sich nacend gezeigt vor diesem Unbekann ten. Aber nun ist der Brief fort, Herbertchen hat ihn einfach eingesteckt. Die Frau muß an ein altes Wort denken: Kindeshand führt Gotteshand." Sie nicht und lächelt ergeben. Und geht nieder in die Stadt zu ihrem geliebten Bilde ,, Maria hat geholfen".
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Die Perlen des Rosenkranzes gleiten durch ihre Finger, als wären sie Blüten, die vielen, feusch getönten und mild duftenden Maiblüten ringsumher. Elsbeth bittet um Vergebung für Karl und bittet auch darum, daß nichts unrein gewesen fein möge bei ihrem Geständnis an den fremden Mann. Die Madonna scheint freundlich die Stirn zu neigen.
Auf dem Heimwege fauft Elsbeth die Pistole und Knallpfropfen. Wie sie zu Hause ankommt, ist Karl schon da. Er ist brummelig und wortfarg wie stets. Und auf Herbertchens Bange find fchon wieder rote Streifen zu sehen. Das alles tennt man ja gut und lange man muß schon dankbar sein, wenn Karl nicht losbrüllt und mit der Faust auf den Tisch schlägt. Aber das tut er heute nicht. Nein, eher schon ist ihm eine Unruhe, ja, eine Verlegenheit anzumerken. Immer wieder lugt er im Schuße der Zeitung in das stille Antlig seiner Frau-, manchmal scheint es auch so, als ob er etwas sagen möchte. Dann aber verschärfen die Falten über der Nasenwurzel sich wieder und die Augen tehren zur Zeitung zurüď.
Herbert wird aus dem Vater schon gar nicht mehr flug Nun gemiß, er hatte zwar völlig vergeffen, der Mutter das mit den Maiglöckchen zu bestellen. Das war dumm von ihm gewesen und rechtfertigte vielleicht die Ohrfeige. Aber deshalb brauchte der Bater die Blumen doch nicht gleich in die Spülung zu werfen? Die armen, schönen Maiglöckchen! Wie sehr hätten sie die Mutter erfreut! Und weshalb ist der Vater jetzt gar nicht mehr so freundlich wie am Morgen?
Ja, Herbertchen ist eben doch noch ein Kind. Er weiß nicht, daß der Vater im Wert wieder Berdruß gehabt hat, daß er wieder einmal etwas stillschweigend einstecken mußte. Hinzu kam der Aerger über die Bergeßlichkeit des Jungen. Man wollte so recht schnell auf Elsbeth zugehen und ihr die Blumen mit einem Kuß in die Hand brücken. Aber nun war Elsbeth nicht dagewesen. Jezt mußte mit Geduld und in einem günstigen Augenblick versucht werden, was der Schwung der Ueberraschung sogleich und ohne jede Hemmung erreicht hätte. Dergleichen ist quälend, besonders für einen Mann, der verarbeitet aus der achtstündigen Strapaze eines Walzwerfs tommt und der weder über die taktische Findigkeit, noch über die leichte Rede und über die spielerhafte Ausbauer verfügt, die dem geistigen Menschen in der gleichen Lage so bedeutende Hilfe leisten.
An diesem Abend bringt Karl tein Wort mehr hervor. Der Aerger über sich selbst wie über die andern wandelt sich zum Gefühl der Beschämung, der Unterlegenheit. Zulegt tröstet er sich mit jener trügerischen Hoffnung auf den nächsten Tag, von der man heute schon im Innern weiß, daß man auch morgen und niemals das lösende Wort finden wird. Elsbeth nimmt es ohne Verwunderung hin, daß Karl den Lautsprecher duldet und ihr zum
Alle Arbeiter und Angestellte haben das Recht auf Befreiung von der Mitgliedschaft bel einer Pflichtkrankenkasse($ 517RVO.) durch Ubertritt zur
Kranken- u. Sterbekasse für das Deutsche Reich