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Morgen- Ausgabe

Nr. 95 A 40 50. Jahrg.

Rebattion and Berlag Berlin   SW 68, Lindenstr. 3 Fermiprecher 7amt Donhoff 292 bis 207 Telegrammabreffe: Sozialbemotrat Berlin  

SONNABEND

25. Februar 1933

Vorwärts=

BERLINER

VOLKSBLATT

Jn Groß Berlin   10 Bf. Auswärts....... 15 Pf.

Bezuasberingungen und Anzeigenpreise fiehe am Schluß des rebuftionellen Teils

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

SA. als Hilfspolizei!

Erlaẞ über Einberufung von SA., SS. und Stahlhelm

Der Amtliche Preußische Pressedienst teilt mit: Ueber die Einberufung und Berwendung von Hilfspolizei ist unter dem 22. Februar 1933 vom kommissar des Reiches für das preußische Ministerium des Innern folgender Erlaß er­

gangen:

Die zunehmenden Ausschreitungen von links­radikaler, insbesondere kommunistischer

haben zu einer unerträglichen ständigen Be­drohung der öffentlichen Sicherheit wie des Lebens und Eigentums der staatsbewußten Bevölkerung geführt. Die vorhandenen Polizeikräfte, deren ausreichende Vermehrung zur Zeit nicht angängig ist, werden seit langem über ihr Leistungsver­mögen beansprucht und durch die häufige Not­wendigkeit des Einfahes außerhalb der Dienstorte ihrem eigentlichen Tätigkeitsgebiet oft zur Unzeif entzogen. Auf die freiwillige Unterstützung ge­eigneter, als Hilfspolizeibeamte zu verwendender Helfer kann daher im Notfall nicht mehr ver­zichtet werden.

Aufgabe der nur unter Führung der ordentlichen Polizei einzusetzenden Hilfs polizei wird insbesondere sein:

1. Die Entlastung der ordentlichen Polizei a) durch Unterstützung bei dem Schuh politischer Versammlungen und

Aufzüge sowie b) bei der Sicherung von Lokalen und anderen Einrichtungen politischer Organisationen, c) bei Ab­sperrungen und Unterstützung der Land­jägereistreifen;

2. im Falle von Unruhen oder eines anderen polizeilichen Notstandes a) die allgemeine Unterstützung der ordent lichen Polizei, b) die Uebernahme des Schutes lebenswichtiger Betriebe sowie wichtiger, im öffentlichen Eigentum stehender oder dem öffentlichen Nuken dienender Gebäude, Einrichtungen und Anlagen."

Ergänzend fei noch bemerkt, daß zu Hilfs­polizeibeamten nur ehrenhafte, wahlberechtigte, auf nationalem Boden stehende Deutsche verpflichtet werden dürfen. Die Hilfspolizei­beamten führen einen polizeilichen Ausweis und tragen

an ihrer eigenen Kleidung, die auch die Uniform von Berbän den sein kann, als Abzeichen eine weiße, amtlich gestempelte Urmbinde mit dem Aufdruck Hilfspolizei. Sie stehen unter Führung von Polizeioffizieren und haben während der Dauer ihres Dienstes die Befugnisse und Pflichten von planmäßigen Polizei- und Landjägereibeamten.

Genfer   Urteil ohne Bollstreckung?

Chinesischer Hilferuf unbeantwortet

Eigener Bericht des Vorwärts"

Genf  , 24. Februar. Die Vollversammlung des Völ kerbundes stimmte am Freitag dem Bericht der Neunzehner- Kommission mit der Verurteilung Japans   wegen der Vorgänge in der Mandschurei   zu. Nur Japan   stimmte mit Nein. Siam ent­hielt sich der Stimme.

Nach der Abstimmung erinnerte Präsident Hymans die Parteien an die Pflicht, innerhalb drei Monaten nicht zum Kriege fchreiten zu dürfen. Die Anwendung von Gewalt tönne den Konflikt nie lösen. Alle Staaten würden sich meiter einsetzen für die beschlossene gerechte Lösung. Der Völkerbund   werde fortfahren, in­mitten des Aufruhrs der Leidenschaften an der Erfüllung seiner Mission zu arbeiten.

Matsuoka  - Japan   verlas dann eine Erklärung der japanischen Regierung, wonach Japan   in der chinesisch- japanischen Streitfache

nicht mehr mit dem Bölkerbund zusammen­arbeiten

könne. Die gesamte japanische Delegation ver ließ daraufhin geschlossen die Sizung.

Am Nachmittag richtete der chinesische Vertreter Wellington Roo einen erschütternden Appell an die Versammlung zum

fofortigen Handeln gegen den neuen Angriff Japans  

auf die chinesische Provinz 3 ehol. Eine furcht­bare Schlacht sei bereits seit Tagen im Gange. Das Verhandlungsfomitee für die Durchführung der Lösung des Mandschureikonfliktes müsse sich fofort mit den nötigen Maßnahmen befassen. In der Versammlung blieb es auf diesen Anruf still. Beschlossen wurde die Einsegung eines Konsultatio Romitees für die Durch­führung des Mandschureiberichts. Es setzt sich zu­sammen aus den Mitgliedern des Neunzehner­Komitees zuzüglich Kanada   und Holland   Das Komitee wird Rußland   und Amerita zur Mit­

arbeit auffordern und im Bedarfsfall Be­richte und Vorschläge an den Bölkerbund und alle an der Lösung beteiligten Staaten erstatten. Der Präsident fann die Vollversammlung jederzeit für Entscheidungen einberufen.

Im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bölkerbundes gegen Japan   hat der japanische Untergeneralsekretär Sugimura seinen Rüd­tritt eingereicht.

Japans   Austrittserklärung

Genf  , 24. Februar. In maßgebenden englischen, französischen, deut schen und Sekretariatstreifen ist die Auffassung verbreitet, daß die japanische   Regierung auf diplo­matischem Wege oder telegraphisch im Laufe der nächsten acht Tage, möglicherweise am Montag, ihren Austritt aus dem Völker­bund ankündigen wird. Die Austrittserklärung soll erst nach der Abreise Matfuofas am Sonn­abendabend erfolgen.

Aber weitere Mitwirkung an der ,, Abrüstung"?

Tofio, 24. Februar. Wie in gut unterrichteten Kreifen verlautet, hat die japanische Delegation in Genf   beschlossen, sich an den Arbeiten der Abrüstungsfonferenz auch weiterhin zu beteiligen( Urd gleichzeitig gegen China   Krieg zu führen! Red.)

Levehow

Eine neue Rede

Der Berliner   Polizeipräsident von Levezom hat vor der Rechtspresse eine neue Rede gehalten: ,, Wir wollen dafür sorgen, daß wir Preußen unser Haupt wieder stolz vor der Welt erheben fönnen,

daß der Satansgeburtstag des 9. November von der Tafel der deutschen   Geschichte ge­löscht wird.

Sie werden es verstehen, wenn ich über diese

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Die Bestellung von Hilfspolizeibeamten bedarf mit Ausnahme von Berlin  , wo der Minister des Innern entscheidet- der Bestätigung des Regierungspräsidenten.

Eine Erinnerung

Am 13. April 1932 nach dem Verbot der SA. stellte der Bürgermeister Worch in Langewiesen   in Thüringen   zwei Leute vor das Rathaus, verpflichtete sie als Hilfspolizisten und bewaffnete sie. Er trug ihnen Schutz und Bewachung des Rat­hauses auf. Die beiden Leute gehörten dem Reichsbanner an. Der Bürgermeister hatte von der Kreisdirektion Arnstadt   eine amtliche Warnung vor Putschgefahr erhalten.

Es erhob sich damals in der ,, nationalen Presse" ein Sturm, die Mücke wurde zum Elefanten gemacht, man fabrizierte Material über die Bewaffnung des Reichsbanners, man schrie zum Reichspräsidenten  - alles wegen der zwei Mann von Langewiesen  .

Der Bürgermeister Worch wurde vom Amt fuspendiert, Dienststrafverfahren und Straf­verfahren wurde gegen ihn eingeleitet.

Wie gesagt, das war im April 1932. Es ist noch kein Jahr her.

Dinge als after Soldat nicht allzu lange rede, denn das Motto des Soldaten heißt: Handeln!" Ganz besonders am Herzen liege hm die Be­kämpfung des Kulturbols chemismus", der deutsche Art bewußt zerstören und zersetzen molle. Mit erhobener Stimme fündigt der Polizei­präsident rücksichtsloses Borgehen gegen die Aus­wüchse an, die sich in Theatern, Kabaretts, bei Nadtveranstaltungen und der Prostitution breitmachen.

Unerbittliche Bekämpfung aber sagt er auch allen den verantwortungslosen Elementen der reichshauptstädtischen Presse an, die das Schlagwort vom ,, Berufsverbrecher" erfunden hat. Es gebe keinen Verbrecherberuf, der Ver­brecher sei ein Feind der staatlichen Ordnung, ein Geschwür, das ausgebrannt werden müsse.

Die Preußenklage Entscheidung erst nach dem 5. März Entscheidung erst nach dem 5. März

Eine Entscheidung des Staats. gerichtshofs über die neue Klage Preußens gegen das Reich wird nach einer Mitteilung des Reichsgerichtspräsidenten Bumfe nicht vor dem 5. März, also na ch den Reichs- und Landtagswahlen, gefällt.

Nahspiel

Beamte unter dem neuen System

Zu der Störung der Stuttgarter   Rundfunkrede des Reichskanzlers am 15. Februar teilt das Reichspostministerium amtlich mit: Die Unter­fuchung hat ergeben, daß die Maßnahmen des Telegraphenbauamts Stuttgart   zur Sicherung der Rundfunkübertragungsleitung nicht ausgereicht haben. Das beteiligte Personal des Bauamts ist zurechtgewiesen und der verantwortliche Amtsvorsteher, Oberpoststdirektor Moessinger, aus dienstlichen Gründen auf ein anderes Amt versezt worden. Gegen den Referenten der Oberpostdirektion Stuttgart  , Postbaurat Feucht, und den technischen Betriebsleiter des Süd'unfs, Dr. Kofes, hat die Untersuchung nichts Belastendes ergeben Beide haben ihre Dienstgeschäfte wieder aufgenommen.

Wie lange?

Eine Frage,

die allgemein erörtert wird

Die Frage, wie lange das gegenwärtige Regiment in Deutschland   dauern wird, be­schäftigt naturgemäß alle Gemüter. Die neuen Minister bemühen sich, ihren Anhän­gern die beruhigende Zuversicht zu geben, daß es von jetzt ab immer so bleiben wird oder wenigstens noch eine sehr, sehr lange Zeit.

Daran ist an sich nichts Außerordentliches; jede Regierung beginnt mit dem Borsaz, recht lange zu bleiben. Mit diesem Vorsatz hatten auch Papen und Schleicher begonnen und alle ihre Vorgänger auch.

Was die Erklärungen der neuen Minister so bemerkenswert macht, ist zweierlei. Erstens haben sie offenbar nicht den Sinn, daß die ganze Regierung, so wie sie jetzt ist, unter allen Umständen bleiben soll, und zweitens fällt die Art auf, wie diese Erklärungen in unser lebendiges Verfassungsleben hineingestellt sind, hier zeigt sich nämlich hineingestellt sind, eine so große Menge gordischer Knoten, daß vielleicht auch das Schwert Alexanders des Großen an ihnen stumpf geworden wäre.

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Wenn deutschnationale Redner erklären, die Regierung müsse unbedingt auch nach den Wahlen bleiben, so meinen sie damit die deutsch   nationalen Minister, die unter allen Umständen bleiben sollen. Auf das Ver­bleiben gerade dieser Herren wird bei den Nationalsozialisten weniger Gewicht gelegt. Dort denkt man daran, später den deutsch­nationalen Partner seines Weges ziehen zu lassen und mit dem Zentrum gemeinsame Sache zu machen. Im Lager der Kampffront Schwarzweißrot merkt man die Absicht und wird verstimmt. Mehr noch, man nimmt das Recht zu bleiben mit verstärkter Berbissenheit für sich in Anspruch.

Hier spricht mancherlei für das Bevorstehen dramatischer Zuspizungen.

Das zweite, was den unbedingten Bleibe­anspruch der neuen Männer besonders inter­essant macht, ist sein Verhältnis zu dem leben­digen Verfassungsleben. Manche werden viel leicht glauben, daß jener Artikel der Reichs­verfassung, der das Bleiben einer Regierung von der Volksvertretung abhängig macht, nicht mehr lebendig, sondern schon tot jei. Es kommt uns in diesem Augenblick nicht darauf an, diese Frage zu vertiefen. Aber es gibt außerdem noch Rechte der Länder, die feineswegs schon abgestorben find, sondern die sich noch recht kräftig regen, und es gibt auch ein Recht des Reichs­Präsidenten Reichskanzler zu ernennen und zu entlassen.

Das Entlassungsrecht des Reichspräsidenten  ist keineswegs tot. Es ist im Gegenteil seit acht Monaten ein außerordentlich fräftiger Gebrauch Don ihm gemacht worden. Brüning ging und Papen ging, und Schleicher ging; sie alle gingen, wie es der Reichspräsident befahl.

Bon woher schöpfen also die neuen Männer den Glauben an ihre Unstürzbarkeit? Der Reichspräsident hat den Reichstag vom 6. November aufgelöst mit der Begründung, es solle dem Volke Gelegenheit gegeben wer­den, zur neuen Regierung Stellung zu neh­men. Diese Aufforderung zur Stellungnahme hätte ja überhaupt feinen Sinn, wenn der Reichspräsident die Absicht hätte, das Kabinett, wie es ist, unter allen Umständen beizubehalten. Die unbedingte Zuversicht der neuen Herren fann sich also auf den Reichs­präsidenten nicht stüzen Auf wen oder was denn sonst?

Wir haben in früheren Zeiten oft den Ruf ,, Mehr dem Macht Reichspräsidenten  !" Der Ruf war

vernommen: