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liebiiifttc« Gehorsam heischt: Ter Sultan   und der Zar. Und beide Allmächtigen sind auch die zwei Leute.in Europa  , die am meisten Angst haben und das elendeste Leben führe». Ter Sultan   schließt sich aus Furcht vor Mcnchel- mordern in seinen Palast ein, den er nur selten ver- läßt, und dann stets wohlbcwacht. Aehulich der Zar, der sich noch viel weniger unter Menschen wagt, und dann noch viel mehr Bewachung braucht als der Sultan  . Ueber den AufenthaltVäterchens" in Breslau   und Kiel   erzählten wir schon einiges. Heute liefern wir einen kleinen Nachtrag aus der Feder eines bürger- lichen Reporters, der die BrcslauerKaisertage" mitmachte. Er schreibt: Das russische Kaiserpaar bewohnte das in der Gartenstraße belegene Sländehaus, und dieses wurde selbstverständlich vor Ein- treffe» der hohen Gaste vom Fundament bis zum Dachfirst auf das Sorgfältig st e revidirt. Darauf wurden in dem Ständehause stark« Militärposten vertheilt und dasselbe gegen die Hinte  » anstoßenden Gärten durch eine regelrechte Postenkette völlig abgesperrt. Zahlreiche preußische und russische Polizeibeamte in Zivil hielten auöerdein die Residenz des Zarenpaares sowie die benachbarten Häuser und Straße» besetzt, so daß bvchstäblich es ivohl unmöglich war, daß irgend ein Fremder, der dort nicht hingehörte, sich in der Nähe hätte sehe» lasse» oder gar aushallen können. Wie weit die russische Polizei ihre Borsichtsmaßregelu ausgedehnt hatte, geht am beste» aus dem Umstände hervor, daß sogar der russische Staats- rarh Rakowski, der mit der Ueberivachuna der Nihilisten in Frankreich   betraut ist, mit einem hohe» französischen   Polizei- beamten, der ihm in seinem schwere» Amte assistirte, nach Breslau   bemdnt worden war. Die russischen Polizeibeamten waren sehr reichlich mit Geld versehe» und geizten damit nicht; sie benutzten es vielmehr in sehr splendider Weise, um sich die Portiers oder andere Bewohner der dem Ständehans nahe gelegenen Häuser zu Freunden zu machen, um von ihnen über sämmtliche Bewohner der Straße genaue Auskunst zu erhalten. Natürlich war der Zar. ebenso wie sein Vorgänger, von seiner tscherkessischen Leibwache begleitet, und während der Nacht zu ihm zu gelangen, wäre, da sie. die Hand an dein haarscharfen Handjer, vor seiner Thür die Wache dielten, nur über ihre Leiber möglich gewesen. Bei der Ankunft des Kaiserpaares bildeten Truppen drei Glieder tief Spalier. und hinter diesem w äffen starren den Echutzwall hatte die Polizei einen dichten Kordon gezogen. Aber auch unter der ungeheueren, viel- tausendküpsigen Mensche nniasse waren die russischen und die preußischen Geheim- Polizisten verstreut, und es hätte geradezu mit Satans- tünste» zugehe» müssen, wenn irgend was passtrt wäre. Und doch war die Polizei, trotz der wahrhaft rigorosen Ueberivachung des hohen Gastes unseres Kaiserhauses, in Breslau   in mancher Beziehnng toleranter als seiner Zeit bei dem Besuche des Kaisers Alexander III.   in Berlin  , bei dem bekanntlich kein Mensch in der Einzugsstraße sich an den offene» Fenster», auf Balkouen» Erkern und in der Hausthür sehen lassen durfte. Nun, der bitterste Feind muß dieses unglückliche Väterchen" bemitleiden. Tie russische» Spitzclmare», durch die die ei rapäischen Philisterschaaren in Aufregung versetzt werden s. II», erregen sogar bei der deutschen   Polizei Biißbehagen. D> s geht aus der folgenden, auf Polizei- Informationen fußenden Mittheilung hervor, die von einer hiesigen Lokal- korrespondenz an die Presse versandt wird. Die Notiz lautet: Alsgeschickte Mache" stellt sich die Notiz heraus, welche gelegentlich deS Kaiserbesnches in Breslau   fast durch sämmtliche deutsche und russisch« Blätter verbreitet wurde. Es handelt sich um die Notiz, wonach ein Nihilist in Breslau   um jeden Preis eine Wohnung in der Nähe deS Exerzierplatzes nahe dem Ständehause haben wollt« und versucht Halle, bei einer alten Frau ein Zimmer für dOO Mark zu miethen. Der Polizei ist es bis jetzt noch nicht möglich gewesen, die betreffende alte Dame, bei welcher ein derartiger Miethsversuch unternommen wurde, zu ermittel», vielmehr deuten ganz bestimmte Anhaltspunkte darauf hin, daß russische Feder», die wiederum in engster Beziehung zu dem russischen Polizei- Agenten Pierre de Rafchkowski stehen, die Mär vom Nihilisten geflissentlich SonnkttgsNlKudevei. Ein französischer Schriftsteller, der zu Studienzweckcn Deutsch la»d bereist hatte, schrieb über Berlin   de» merkwürdigen Sag nieder: die deutsche   Neichshauptstadt sei das Paradies für die Männerwelt. Ein gerütteltes Maß von Bosheit war in dieser Behauptung niedergelegt. Der Mann war nämlich als Seine Herrlichkeit, der Freibeuter, aufgefaßt, der in männischer Willkür und unbehindert auf das Weib Jagd machen könne. So «inseitig der Pariser   Autor hier die Beziehungen zivischen Mann und Weib ausfaßt, so dürftig seine Studien, die sich vielleicht auf Straßenerscheinungen beschränkt hatten, gewesen sein mochte», es war immerhin nicht uiiinteressant, wie sei»« Be> hauptung begründet.wurde. Je soldatischer, so hieß es, sich ein Boll entwickle, je ausschließlicher die Kriegerkaste und militärische Tugenden in der Werthschätznng steige», um so mehr sinke die Achtung vor der Frau. Ein Volk von Eroberern werde schließ- lich zum Lebensgrundsatz gelangen: Verachte daS Weib. Der Franzose, der in seinen Beobachtungen zugleich seiner inneren Antipathie wider Preußen-Deuifchland und denlsches Wesen Ausdruck gab, hatte wohl eigentlich nicht so sehr die Männerwelt Berlins   im umfassenden Sinn, als vielmehr die Herrenwelt", die Männer aus den herrschenden Gesellschafts- kreisen kennen gelernt; und er mußte auch zugebe», daß in seiner französischen Heimalh als Folge der Ergebnisse von IS70, die mit der Revancheidee eine überschwängliche Verzärtelung militärischen Wesens bei so vielen seiner Lanvesgenossen hervor- brachten, die alt« gallische Ritterlichkeit, die echteGalanterie" im öffentliche» Verkehr gleichfalls bedenklich abgenommen hätte. Für den Franzosen  , soweit er romantischen Begriffen zu« neigt, hat das Wort Galanterie»och immer fetnen besonderen Zauber. Für uns liegt in der geflissentlich betriebene» Galanterie eine innerlich verletzende Nichtachtung des Weibes. Man wirft denarmen, hilflosen und doch begehrenswerlhen Geschöpfen" ein Honigbrot zu, das sie in ihrer Ohnmacht tröste; und es ist kein Zufall, daß gerade dort, wo eine Kriegerkaste ihre Force, ihreSchneidigkett" am üppigsten entwickelt hat, die Angehörige» dieser Kaste ein völlige» System der süßen Galan» terie, die mit Frauen wie mit Pappen spielt, ausgebildet haben. In der Stadt min, die angeblich das Paradies der Herren- welt ist, lagt heute ein internationaler Frauenkougreß. In die Köpfe unserer dumpfen Bürgerschaft scheint jetzt in Frauenfragen doch wohl ein bischen mehr Licht gedrungen zu sein. Wenn noch vor wenigen Jahren von einem internationalen Frauen- kongreß zu Berlin   die Rede gewesen wäre, mit Halloh»nd stumpfsinnigem Gelächter wäre man ihm begegnet und der niedrigst« Witzbold hätte mit seinen frohen Kalauern wie«in Geistesheld geglänzt. Das wohlfeile Banausenspäßlein wagt sich heute nicht mehr so dreist hervor. Vor einem Jahrzehnt noch wurde die kämpfende Frau auf deutscher   Bühne summarisch wie eine verdrehte Schraube behandelt, und Theater- stück- Fabrikanten. die die schmählichsten Liebediener aller Pöbclhaftigkeit waren, kounten demonstrativen Jubel« ge« miß sein, wenn st» das strebende Weib in den Aschen- zuerst in deutsche Blätter lanzirt haben. Zum Ver- sländuiß der Leser sei noch bemerkt, daß Herr de R., der sich seinerzeit in Breslau   befand, sonst ständig in Paris  stationirt ist und über ei» großes Einkommen verfügt, den Zaren auf alle» seinen Reisen begleiten muß. Im übrigen herrscht in den leitenden Kreisen unserer Polizei die begründete Ansicht, daß die letzte» vor kurzem entdeckten Bonlbenverfertiger ein Attentat auf den Zaren nicht planten. Auch hier ist es charakteristisch, daß die e r st e M i t t h e i l u u g, ein Attentat auf den Zaren sei in Paris   geplant gewesen, wiederum von russischen Journalisten ausgegangen ist, welche enge Fühlung mit der russischen Geheimpolizei in Paris   haben. Was sagen dazu diepatriotischen" Blätter vom Schlage des Stöcker'schenVolk" und derNeuesten Nach- richten", die denVorwärts", weil wir sofort die russischen Spitzelschwindeleien in beiden Fällen durchschauten und brandmarkten, der Theilnahme für die angeblichen Attentäter bezichtigten? Vielleicht wird es ihnen als Trost dienen, daß sie sich für ihre Leichtgläubigkeit die Anerkennung des Barons Pierre de Rafchkowski(wohl Zivillingsbruder des Bombcnbarviis) verdient haben. Ueber die Melville'schen Entdeckungen selbst liegen keine weiteren Nachrichten vor. Die Polizei ist merkwürdig schweigsam geworden. Dagegen von anderer Seite mehrere Nachrichten, die Herrn Melville und seinen Leuten nicht gefallen werden. Zunächst wird von sehr zuverlässiger und kompetenter Seite versichert, daß der verhafteteTynan" ein ganz harmloses Jildividuum sei und nicht die fürchterliche Nummer Eins", die übrigens eine mythische Person ge wesen zu sein scheint. Ferner erfahren wir, daß der Nihilist" Nonachowitz oder Rabinowitsch oder wie er sonst genannt wird der die Bombenfabrikation in New-Uork gelehrt haben soll, gar nicht existirt, und daß die einzige Person, an welche der Urheber der Ente gedacht zu haben scheint, seit vielen Fahren todt ist. Aus London   wird telegraphirt: London  , 19. September. DasEcho" konstatirt die Thalsache, daß sofort»ach der Verhaftung der Verschwörer in Rotterdam  , Glasgow   und Voulogne sur mer alle Blätter von einem Komplott gegen den Zaren berichteten, während heute, nachdem die Entdeckungen in Rotterdam   und Antwerpen   die Existenz dieses Komplottes erwiesen haben, sowohl in England als in Frankreich   die Idee eines Komplottes entschieden b e st r i t t e n wird. Die englische Regierung hat auch noch gar keinen Antrag auf Auslieferung Tynan's gestellt. Inzwischen ist die erwartete Polizeihatz auf Verdächti in Paris   wirklich losgegangen. Und so war dasKomplott" also nicht ganz umsonst entdeckt worden. Auf de»» nationallibcrale» Parteitage werden Bennigsen und H a m m a ch e r nicht erscheinen. Ein nationalliberales Blatt bemerkt dazu schmerzerfüllt: Das ist als wenn man Hamlet   aufführen will ohne den Dänen prinzen! Na, ein so tragisches Schauspiel wie Hamlet   ist die Komödie eines nationallibcralen Parteitages nicht. Wir würden, was die Personen anbetrifft, auch den Vergleich mit dem alten Polonius für zutreffender gehalten haben. Denn selbst ein Polonius erscheint immer noch wie ein Riese an Geist unter den Rosenkranz und Güldensternen der nationalliberalen Partei. Der Gegensatz zwischen England und Nuftla»,d tritt in der orientalischen Frage wieder schärfer als seit längerer Zeit zu tage. Und zwar ist dies durch den unbe- sonnenen Versuch englischer Geschäslschristen bewirkt wor- den, welche die englische Regierung zu einem t h ä t i g e n Eingreifen zu gunsten der Armenier bestimmen wollea Armenische Greuel" das paßt in den Kram Ruß- lands, aber den Armeniern helfen das geht nicht. Für die Armenier giebt es nach russischem Rezept nur eine Hilfe: von Rußland   verspeist zu werden. Und kouimen die Engländer als Retter der Ar- menier, dann würde das Verspeisen seine Schwierig- keilen haben. So knurrt denn die russische Regierungs- winket, an den Kochherd verwiesen. Di« wackersten Pfahlbürger, die verdienstreichsten Berherrlicher preußisch- deutscher   Gloire. haben aber in unseren Zeiten nicht selten erfahre» müsse», daß ihre» eigenen Töchtern der Kochherd ungeheizt blieb. Man soll nicht zu viel auf einmal verlangen und ernste Nachdenklichkeit wird freilich niemand von unseren würdigen Pfahlbürger», wie von linsen» Künstlern der Schneidigkeit erwarten. Aber das Krelingelächter ist ihnen vergangen. Der militaristischen frauen» verachlenden Idee stellt sich«ine hart« soziale Roth entgegen. Unbarmherzig deckt sie den Widersinn inännischen Hochmuths auf und vor ihr muß endlich das trivialste Weisheitssprüchlein der Philister verstummen: Eine Jede kann heule Versorgung in der Ehe gewinnen, wenn sie nur will und nicht mäkelt. Und wenn man sich zu spartanische» Grundsätzen bekennen würde, »nd wenn man das klassische Beispiel militaristischer Verachtung der selbständigen Frau befolgen wollte, daS einstmals der Preußen- könig, der Verehrer der langen Kerle gab, als er em hoch- gewachsenes stattliches Weib auffangen ließ und gewaltsam u einer Che mit et»«»» seiner Riesensoldaten zwang die oziale Roth bliebe trotz allem stärker. Der Jammer so vieler Frauen, die sich ehelich oder außerehelich prostituiren müssen. oder die das schlimmste Geschick ertragen, einsam« Proletarierinnen zu sein. Proletarierinnen ohne proletarisches Bewußtsein, das doch Kampfeslust gewährt, ein Ziel, des Kampfes würdig, Vertrauen auf eine kommend« Befreiung, wäre darum nicht beseitigt und nicht gemildert. I» der meist militaristischen Stadt der Erde  «in Frauen- kongreß i Dieser seltsame Kontrast allein ist es, der dem inter  - nanonalen Frauentag ein besonderes Merkmal aufprägt. Das Geschehnitz a» sich ist bemerkenSwerth, wenn vielleicht auch die Anregungen, die m der bunt zusammengewürfelten Versammlung austauchen könnten, nur spärlich fließen»verde». Wer das Ge« bahren der bürgerlichen Vorkämpferinnen für Frauenrechte heutzutage verfolgt, der wird gemeinhin an das Wort des Lessing'schen Nathans gemahnt, daß andächtig schwärmen leichter als gut handeln sei. von welchen Mitielchen wird da Großes erwartet; und»velche großklingenden Wahr- prüche und Proteste»verde» losgelassen ohne die geringsten Mitielchen. Welche Zaghaftigkeit im Vorwärtsdringen, wie viel rückständige Anschaunnngen nach allerivärts! Als ständen sie in hypnotischem Bann, so starren die einzelnen je nach ihrem Allheil- mittel und können die vielfach verwickelte» Lebensverhältnisse nicht überschauen. Von ein paar WohllhätigkeitS- Reformen werden herrliche Wunder erwartet. Aus einigen Mädchenlyceen oll ungeahnter Segen erblühen; und wenn man vollends in eierlicher Prozesston mit Frau Sutlner als Borbeterin aufzieht, um den männermordenden Krieg zu beschwören, da empfindet man bereits jene süße Seligkeit, als hätte man in der That grausam« Gewalten niedergeschlagen. Steckenpferde und Liebhabereien übergenug, am Vermögen fehlt es,«in Ganze? zusammenzufassen. Für das weibliche Proletariat, das zu gemeinschaftlichem Kanipse des gesammten Proletariats entschlossen ist, wird darum tt Berliner   international« Frauentag von sekundärem Belang presse jetzt gegen England ähnlich wie ein Köter, der vor einem fetten Knochen sitzt, einen andern Hund, der in die Nähe kommt, anknurrt. Diearmenischen Greuel" müssen noch einige Zeit dauern, und der Sultan   noch einige Zeit sich der russischen Freund- und Bundesgenoffenschaft er- freuen, ehe die Birne reif ist und den Russen in den Schooß fällt.- Die Befugnisse des a»nerikanischen Präsidenten. In einer Notiz über Bryan hatten wir neulich gesagt, der amerikanische   Präsident habe auf die Bundesregierung sehr ivenig Einfluß. Hiergegen wendet sich einDeutsch« Amerikaner", der uns schreibt: Der Präsident ernennt nicht nur dir Minister(Sekretäre), sondern auch fast sämmtliche andere höhere Beamte der Bundes« regierung, kann sie auchnachBelieben absetzen. SeineMinister bleiben auch im Amte, wenn die Mehrheit beider Häuser des Kongresses sich gegen sie erklärt. Er ist Oberkommandeur der BundeSarmee und auch der Staatsmilize», wenn sie inden Bundesdienst berufen werden. Freilich kann er bei Unruhen m den Einzelstaaten erst ein- schreiten,»venn sie gegen die Bundesregierung gerichtet sind oder die Staatsbehörden sich zu ihrer Unterdrückung für unfähig erklären und Bundeshilfe in Anspruch nehmen. Aber da Streiks der Eisenbahnangestellten(diejenigen, von»velchen bei dem angeblichen Abkommen zwischen Bryan und den Arbeiterführern die Rede ist) stets zur Unterbrechung der Postverbindung führen und die Bundesregierung das Recht in Anspruch nimmt, aus diesem Grunde dagegen einzuschreiten, so hat jenes Abkommen doch eine sehr reelle Grundlage. Im übrigen sind die Sozialisten in Amerika   gegen Bryan und die Silberbcwegung, weil sie sehr»vohl einsehen, daß die Verschlechterung des Geldes nicht im Interesse der Arbeiter liegen kann, weil es langwieriger und kostspieliger Kämpfe be- dürfen würde, um die Löhne in gleichem Verhältnisse mit der dadurch bedingten Vertheuerüng der Lebensmittel zu erhöhen. Chronik der Btajcstätsbeleidigungs- Prozesse. Am 15. d. Mts. verurtheilte die Konstanzer   Straskmnme. den SS Jahre alten Apollinar Weiß von Deilingen(Württemberg  ) wegen Majestätsbcleidignng zu drei Monaten Gefängniß. I» Radolfzell   hat ina» eine» Dieustbuben festgenommen, der in Moos eine Majestätsbeleidigung verübt haben soll. Und endlich ist gegen einen Theologie studirenden Banernsohn in Unter- Harmersbach eine Untersuchung wegen Beleidigung des Groß- Herzog? im Gange.   » Deutsches Reich  . -Uferlose Pläne. Im Widerspruch mit den Er- klärnnge» desReichs- Anzeigers" wird über die Marinepläne demHann. Cour." aüs Berlin   geschrieben, eS sei der Name deS Kontre« Admiral Tirpitz mit dem neuen Flottenplan schon im Januar dieses Jahres in Verbindung gebracht worden. In der letzten Januarwoche verbreitete sich da? Gerücht, Staatssekretär Hollmann habe, iveil er N-uforderungen für die Marine nicht in der Höhe, wie ihm zugemuthet worden, vor den Reichstag bringe» wolle, sein Abschiedsgesuch eingereicht, der Kaiser aber habe dasselbe abgelehnt. Diese Nachricht ward damals allgemein geglaubt. Im Anschluß hieran ward sodann erzählt, das Oberkommando der Marine sei mit der Ausarbeitung einer Denkschrift" oder wie man sich sonst ausdrücken»vill, daS Wort ist hier Nebensache betraut worden, und im Oberkommando sei dem Kontre-Admiral Tirpitz diese Rufgabe zugefallen. Es kann auch nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, daß dieseDenk- schrift" die Grundzüge der späler vom Staatssekretär des Reichs- Marineamtes für den Reichstag   auszuarbeitenden, von de»» Herren Frhr» v. Marschall   und Hollmann am 7. Februar und 3. März in der Budgetkommisston angekündigten Vorlage, über die aber derReichs-Auzeiger" am 12 September zur Tages- ordnung übergegangen ist, enthalten sollte. Kontre-Admlral Tirpitz sei unmittelbar darauf nach Ostaflen versetzt worden. Die Tirpitz'sche Denkschrift soll den Neubau von drei Panzer- schiffen erster Klasse(als Ersatzbauten für ältere Schiffe) und von sieben Kreuzern verschiedener Klaffen(zum theil gleichfalls nur Ersatzbauteu) vorgeschlagen und dafür im ganzen rund 150 Millionen Mark, die auf 3. höchstens 4 Jahre vertheilt werden sollten, gefordert haben. Nach der Cr» klärung desReichs-Anzeigers" vom 12. September bleibe nur die Annahme übrig. daß dieser Plan verworfen sei. Vielleicht würden aber die Tirpitz'schen Vorschläge im Rahmen des nächst- jährigen Elatsentivurfs in die Erscheinung treten. Die Ursachen aber, welche zum vorläufigen Fallenlassen des neuen Flottenplans sein; abgesehen davon, daß ,. B. in der proletarischen Ehe in der Praxis manche Sorgen wegfallen, die den bürgerlichen Streiterinnen nn» Frauenrechte noch den Kopf bedrücken. Gemeinsames Arbeitschaffen führt naturgemäß zu größerer. gemeinsamer Gleichheit, auch»venn dies« nicht staatsgesetzlich verbrieft ist. Sehr wohl kann aber der Kongreß manchen anregenden Funken in die deutsche bürgerlich« Frauenwelt schleudern; für sie, die arg zurückgeblieben ist. wenn man ihr geistiges Niveau mit dem anderer Nationen vergleicht, kann der Kongreß, wenn ihn ein Zug ins Große beseelt, eine Art Vorschule bilden. Noch giebt eS eine» Schwärm von Frauen in Deutschland  , die für beides zugleich schwärmen möchten, für Vergangenheit»md Zukunft. Sie möchten den alten Frauenkult nicht missen und wenn es ginge, die Zeiten heraufbeschwören, da selbst die erobernde Kirch«, »m rauhes germanisches Heidenthum innerlich zu überwinden. dasewig Weibliche" i» mystische Verklärung rückte; und da die vieledlen Ritter nach sieghaft durchgeführten Kämpfen verzückt sich vor ihren Frauen niederbeugte» und da einFrauenlob" seine köstlichen Galanterien lebte und sang. Andererseits wollen sie sich als moderne selbständige Wesen geberden, die nicht mehr im Reich der Träumereien leben und ohne Zärteleien auf eigene Füße sich stellen können. Ans diese ewigen Halbschläferinnen, die zwischen Traum und Wachen energielos hin- und herschwanken, könnte der inter  » nationale Franenkongreß einwirken. Dieser widerspruchsvollen Schicht der weiblichen Gesellschaft könnte er aufklärend begegnen. Ein kräftiges Gelächter über jene, dt« gegen Bedrückung ich auflehne», weil sie«igenkräftig und selbstbewußt genug sind und die dennoch wie verliebte Kätzchen im Märzen  - inondscbein einherschleichen und im bekümmerten Herzchen nach alter Galanterie, nach altem Frauenkult lechzen! Die völlig kumpf gewordenen Frauenmaffen, die ihr LebenSglück darin preisen, wenn sie im häuslichen Harem nur monopolisirt wallen, wird kein Gelächter aufrütteln und kein flehentliches Bitten wird ihr« geistige Trägheit stören. �Ixlu». Vunpt und MHVnenfihtztft. Zum Thalia- Theater ist also daS frühere Adolph Ernst- Thealer, die lieblich duftende Bläthe nach dem Geschmack deS Berlinischen Kleinbürgers, wie er sich nach 1870 entwickelt hat. verwandelt worden. Nicht mehr soll in der Dresdenerstraße da? hohe Lied mit dem ewigen und ewig schönen Refrain;Uns kann k e e n e r" gepflegt werden, nicht mehr sollen bunt uni- sormirt« Frauengruppen bald Infanterie- bald Kavallerietruppen in verherrlichendem Tableau darstellen und so mit edlem Doppelsinn nützlichen Patriotismus mit pikanter Augenweide bieten. Herr Haasemann, früher am Wallner- Theater, wird mit der alten Tradition brechen, zumal sie in den jüngsten Jahren sogar nicht profitabel war und Herrn Ernst, ehe er sich als Voll- Millionär zurückzog, noch so manchen schweren Batzen kostete. Herr Haasemann will vorzugsweise daS französische   Liederspiel. die Pariser Burlesk« im Thalia-Theater vorführen,«m Freitag