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WAS DIE WOCHE BRACHTE
An unsere Leser!
Seit dem Antritt der neuen Regierung, der sogenannten ,, nationalen Konzentration", ist der„ Vorwärts" bereits zweimal verboten worden: zunächst auf drei Tage wegen des Aufrufs des Parteivorstandes an die Wähler. In dem Aufruf sollte angeblich eine Aufforderung zum Hochverrat enthalten sein. Das andere Mal betraf uns ein Verbot auf eine Woche wegen unserer Berichte über die blutigen Vorgänge in Eisleben .
Beide Verbote sind nachträglich aufgehoben worden. Das erste durch das Reichsgericht, das ausdrücklich bestätigte, von Hochverrat könnte in dem Aufruf des Parteivorstandes keine Rede sein. Auch der Oberreichsanwalt hat ein Verfahren gegen den verantwortlichen Redakteur des Vorwärts ausdrücklich abgelehnt.
Das zweite Verbot mußte von dem kommissarischen Innenminister in Preußen, dem nationalsozialistischen Abgeordneten Göring , selbst aufgehoben werden, weil in seinem Ministerium versäumt worden war, die gegen das Verbot eingelegte Beschwerde der Vorschrift der Notverordnung entsprechend innerhalb fünf Tagen an das Reichsministerium des Innern weiterzuleiten. Die Selbstaufhebung des Verbotes wurde dem Vorwärts" jedoch erst zugestellt, als die Verbotsfrist ohnehin schon abgelaufen war.
Während dieser Zeit haben auch die Leser der Sonntagsausgabe ihr Blatt nicht erhalten können. Wir hoffen jedoch, daß ihre bewährte Treue dem Vorwärts", als dem Kampfblatt des Berliner schaffenden Volkes, auch weiter erhalten bleibt und daß die Verbotspraxis sie veranlassen wird, auch für die Zukunft neue Leser für den Vorwärts" zu werben. Die erste Gelegenheit, die Antwort auf Zeitungs- und Versammlungsverbote zu geben, bieten die Wahlen am 5. und 12. März. Kein Leser des Vorwärts" wird dabei fehlen wollen!
Noch nicht genug!
Die Presseerlasse Görings
Der Reichskommissar für das preußische Innenministerium, Reichsminister Göring , hat einen neuen Erlaß über die Anwendung der Notverordnung vom 4. Februar 1933 gegen die Presse herausgegeben. Der Reichskommissar findet, daß nicht mit der nötigen Schärfe und Unnachsichtlichkeit gegen die Presse, gegen Flugschriften und Blafate vorgegangen werde. Er fordert von den Beamten mehr Diensteifer im Verbieten, fonft Disziplinarverfahren!
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Gemessen an der Vorstellung vom Umfang der Anwendung der Preffenotverordnung, die der Reichskommissar Göring befißt, hat fich also der polizeiliche Apparat als nicht Leistungsfähig oder als organisatorisch unzu länglich erwiesen. Der neueste Erlaß des Reichskommissars Göring setzt zu seiner Durchführung nun eine doppelte Or ganisation voraus. Erstens behördliche Organe, die die Presse auf das peinlichste beobachten und Maßregeln gegen die Presse anordnen, zweitens Organe, die ebenfalls die Bresse beobachten noch peinlicher beobachten! Mit der noch peinlicheren Beobachtung der Breffe aber ist die Aufgabe dieser zweiten Art von Organen noch nicht erschöpft! Sie müssen mit der gleichen Beinlichkeit die Behörden der Pressepolizei beobachten und darüber urteilen, ob nach ihrem Ermessen diese Behörden peinlich genug gelesen und gesucht haben. Erstens die Kontrolle der Presse, zweitens die Kontrolle der Pressepolizei! Wer die zweite Funktion ausüben soll, wissen mir nicht, über die Kräfte des Reichstommiffars allein dürfte sie hinausgehen.
Ueber der Presse hängt demnach nicht nur das Schwert. das die bekannten preffepolizeilichen Behörden Behörden in Händen haben, sondern auch noch das Urteil und der ille einer zweiten fontrollierenden Instanz, einer unbekannten Behörde. Ueber den pressepolizeilichen Behörden hängt die Drohung Der Disziplinierung, wenn die fon
Schmalz 20 Pro teurer Arbeitslosigkeit
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in der ersten februarhälfte 33000 gestiegen! Brandstiftung in Großbeeren Verbote
Versammlungssprengungen
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Eine sehr weltliche Schule, in der praktischer Anschauungsunterricht erteilt wird.
Aufruf: An alle!
Prangert den nationalkonzentrierten Schwindel an!
In Bremen haben die Nazis wieder den gefälschten Aufruf der Volksbeauftragten verbreitet. Unsere Genossen haben ihn als Fälschung gebrandmarkt Darauf haben die Schwindler behauptet, er sei echt, weil niemand von den Boltsbeauftragten selber die Echtheit bestritten habe. Um auch den islegten Ausreden die Spize abzubrechen, erlasjen die beiden ehemaligen Volksbeauf tragten Dittmann und Scheide. mann folgende Erklärung:
Der von den Nationalsozialisten verbreitete angebliche Aufruf des Rates der Boltsbeauftragten, der mit den Worten An alle" beginnt und mit dem Ausruf Es lebe die Weltrevolution!" fchließt, ist eine plumpe Fälschung", wie das Reichsinnenministerium schon früher festgestellt hat.
Der angebliche Aufruf ist vom 9. November
sondern daß viel zu viel ver boten wird. Sie steht mit dieser Meinung feineswegs allein, sie kann sich auf das Reichsgericht berufen. Tatsache ist, daß vom Reichsgericht 3eitungsverbote ferienweise aufgehoben worden find. Tatsache ist aber auch, daß die Einengung der Wahlfreiheit, die jedes Verbot bedeutet, durch eine nachträgliche Aufhebung eines Verhotes durch das Reichsgericht nicht wiedergutgemacht werden kann. Es bleibt der Presse nur der Weg der Schadenersatzklage. Aber einen Schadenersatz für entgangene Freiheit, für ideelles Unrecht gibt es nicht.
Die Stellung des einzelnen Beamten in der. Pressepolizei ist also so: er hat zu beachten die Notverordnung, die die Durch= führungsbestimmungen, den Erlaß über die Notwendigkeit der Strenge, die Rechtsprechung des Reichsge gerichts und nun neuerdings auch noch die Rechtsprechung der Diszipli nargerichte und des Reichsdisziplinargerichtshofs in Fällen nicht genügender Strenge, wofür allerdings noch kein Präzedenzfall vorliegt. Diese Situation scheint uns rechtlich und verwaltungsmäßig reichlich kompliziert zu sein!
In der Geschichte der Preffe und der Pressefreiheit aber werden die Gröningschen Erlasse einst einen besonderen Platz einnehmen!
1918 datiert. Dabei wurde der Rat der Bolksbeauftragten erst am 10. November 1918 gebildet Schon daraus ergibt sich die Fälschung.
Niemals ist vom Rat der Volksbeauftragten dieser oder ein ähnlicher Aufruf veröffentlicht worden.
Unser wirklicher Aufruf stammt vom 12. November 1918. Jn ihm haben wir den BeLagerungszustand, die Zenfur und die Gesinde ordnungen beseitigt, de Arbeiterschutzgesetze wieder in Kraft gefeht, die Erwerbslosenunterffügung erstmalig in Deutschland eingeführt, an Stelle des 10- und 11- Stunden- Tages den 8- Stunden- Tag und das freie Wahlrecht für alle in Reich, Ländern und Gemeinden defretiert. Zu diesen„ Novemberverbrechen" bekennen wir uns mit Stolz!
Mandschutuo nicht anzuertennen, es merden zur Mitarbeit an der Lösung des Konflikts in Ostasien Sowjetrußland und die Vereinigten Staaten von Amerika eingeladen. Durch die Annahme des Lytton- Berichts hat der Völkerbund den japanischen Raubfrieg grundsätzlich wie feine barbarische Durchführung endlich verurteilt.
Die japanische Abordnung hat nach dem Beschluß unter Proteft die Versammlung verlassen. Es heißt, daß Japan den Bölferbund nun wirtlich von seiner Mitgliedschaft befreien will. Einstweilen ist von einer urteilsgemäßen Strafe gegen Japan feine Rede.
Inzwischen aber häuft Japan immer neue Gewalttaten auf die schon eingeheimste Beute. Da die Zerstörung vieler Ortschaften an der Großen Mauer burch Granaten und Fliegerbomben die Verteidigungsarmee an der Grenze der Provinz Jehol nicht erschüttern konnte, hat man diese Provinz einfach zu einem Teil Mandschutuos erklärt", um die Chinatruppen als Freibeuter behandeln und die Gefangenen rechtens" morden zu können. Japa nische Kriegsschiffe sind wieder in Schanghai und Amon eingelaufen, um neuen Erpressungen on
China donnernben und verheerenden Nachdruck aus Schiffsgeschüßen zu geben.
Aus dem Rathaus
Protest im Stadtgemeindeausschuß
trollierende Instanz mit ihnen nicht zufrieden Japanische Entscheidung Beurlaubung ihres Leiters, des Oberstudien
ist. Es ist selbstverständlich, daß die Leidtragende dabei in erster Linie die Bresse ist!
Sie ist nämlich im Gegensatz zum Reichstommissar der Meinung, daß nicht zu wenig,
Die Vollversammlung des Bölterbundes hat jezt den Ausschußantrag gegen Japans Gewaltpolitit in China zum Beschluß des Völkerbundes erhoben. Nunmehr sind alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, den Talmiftaat
Der Kommissar des Reiches für das preußische Unterrichtsministerium Rust hat die Umorganifation der Karl Marg Schule und die direktors Dr. Rarjen, angeordnet. Die legte Sigung des Stadtgemeindeausschusses, der jetzt als Erfah" für die aufgelöste Stadtverordnetenversammlung fungiert, wurde von den Sozialdemokraten benutzt, um scharfstens gegen die Maßnahmen bes nationaliozialistischen Rom
missars Ruft zu protestieren. Der Stadtgemeindeausschuß nahm mit den Stimmen der Kons munisten und Sozialdemokraten bei Stimmenthaltung der Razis einen sozialdemokratischen Antrag an, der den Oberbürgermeister ersucht, die Preußenregierung aufzufordern, die Karl- MartSchule in ihrer Eigenart und Organisation zu erhalten und den ohne Benehmen mit den zuständigen Selbstverwaltungskörperschaften beurlaubten Oberstudiendirektor Karsen wieder in sein Amt zurückzuberufen.- In einer Anfrage forderten die sozialdemokratischen Vertreter vom Oberbürgermeister Aufklärung wegen der An= fündigung des Reichskommissars, die Sammelschulen aufzulösen und an den Berufs jowie Fachschulen den Religionsunter. richt als ordentliches Lehrfach einzuführen. Der Oberbürgermeister soll Auskunft geben, ob bereits Besprechungen über die geplanten Maß nahmen stattgefunden haben und ob er als Ber treter der Stadt darauf hingewiesen habe, daß die Einführung des Religionsunterrichts an den Berufs- und Fachschulen die Stadt mit neuen Ausgaben belasten würde, ohne daß die berufliche oder fachliche Ausbildung der Schüler eine Förderung erfahren fönnte,
Die Regierung Hundseid ist durch das Mißtrauensvotum der Venstre - Partei( Linke), das von der Regierungspartei unterstützt wurde, mit 80 gegen 67 Stimmen gestürzt worden. Heute vormittag mird Hundseid dem König das Rüd trittsgesuch vorlegen. Darauf wird der Führer der Benstre- Partei, Mominfel, berufen werden. um die neue Regierung zu bilden. Entgegen der bisherigen Annahme, daß wahrscheinlich ein reines Benstre- Kabinett gebildet würde. verlautet jetzt. daß wahrscheinlich auch Mitglieder der Arbeiter partei in die neue Regierung eintreten werden.
Bunte Chronik
Nachrichten aus aller Welt
Auf dem Schienenweg der Hamburger Bahn in der Nähe von Nauen wurde von einem Streckenläufer die Leiche eines jungen Mannes gefunden, die außer einer Schußver. legung auch zahlreiche Wunden aufwies. Db Mord oder Selbstmord vorliegt, tonnte nicht aufgeffärt werden.
Ein Teil der Metallwerfe Julius und Albert. Hirsch in Ludenwalde i. d. M wurde durch Großfeuer eingeäschert.
Der Polizeipräsident von Berlin , der Nationalfazialist v. Levezom, hat die Berliner republi bis tanische Wochenzeitschrift Alarm" 31. März verboten.
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Als der Berliner D- 3ug den Bahnhof Deutsch Eyla u in Ostpreußen verlassen hatte. brach der Lokomotivführer infolge eines Herz. schlags auf der Maschine tot zusammen. Dem Heizer gelang es, den Zug in langfamer Fahrt nach Osterode weiterzuführen.
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An der dalmatinischen Küste in Jugo. flawien wüten schwere Schneeftürme. Im Ge birge liegt der Schnee bis zu 4 Meter hoch Im Banat Wrbas murde unter Schneemassen verschüttet die Leiche eines 26jährigen arbeitslosen deutschen Wanderers Gerhard Groner ge funden.
Norditalien ist von einem ungeheuren Schneefall heimgesucht worden. Zwischen Florenz und Bologna haben sich Schneehöhen von über 2 Meter ergeben. Die großen Nachtschnellzüge von Rom nach Venedig , Trieft und Mailand blieben in Florenz liegen.
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Ein portugiesisches Kanonenboot versentte an der portugiesischen Küste den[ panischen Fischdampfer, Segunda", der unerlaubter meife in den portugiesischen Gewässern gefischt hatte. Der Spanier hatte versucht, ein von dem portugiesischen Kriegsschiff ausgefeßtes Boot zu rammen, worauf das Feuer eröffnet und der Spanier verfenft wurde.
In der Nähe des Hafens Rentiavit ( Island ) wurde ein isländisches Fischerboot sox dem deutschen Fischbampfer Brigitte Sturm" überranni. Das Boot fant sofort; 9 Mann er tranten, 8 wurden gerettet.
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