faubt, den Dingen etwas tiefer auf den Grund zu gehen. Bielleicht ist es in diefen Tagen, in denen sich der Todestag von Karl Marg zum fünfzigsten Male jährt, immer noch erlaubt, etwas genauer nachzuforschen, mas denn das eigentlich ift: ber Margismus und ein Margift.
Und da, meine lieben Genoffinnen und Genoffen. gestatten Sie mir ein persönliches Befenntnis. Als ich noch ein junger Mensch mar, da nannte ich mich wohl mit Stolz einen Sozial demokraten. Aber einen Margisten nannte ich mich nicht.
Ich meinte nämlich damals: Wer sich einen Marristen, einen Schüler des Riesengeiftes Rari Marg nennt, der müßte eine unendlich größere Fülle philosophischer, historischer und nationalökonomischer Kenntnisse besigen, als ich sie mir selber zutraute.
Ich bin auch heute noch der Meinung, daß man, um ein wirklicher Marrist zu sein, ungeheuer viel wiffen muß.
Aber eins habe ich inzwischen hinzugelernt:
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dazu
Um ein Anti margist zu sein braucht man gar nichts zu wissen!
( Stürmische Seiterfeit und tofsender Beifall.)
Hier erfolgte die Auflösung!
Im ersten Augenblid mußte niemand recht, marum die Bersammlung aufgelöst mar. Mer mar beleidigt, mer war, angegriffen? Dann erhoben sich die Tausende, um immer und immer wieder in die Rufe Freiheit" und Berlin bleibt rot" auszubrechen. Franz Künstler verschafft sich das Wort: ,, Genofsinnen und Genossen! Hört auf mich, euren Vertrauensmann und Führer, der auch auf euch hört. Seid ruhig, seid besonnen. 3eigt euch als mahre Kämpfer. Last euch nicht pro00 3ieren." Gemeinsam bringen Stampfer und Künstler den Freiheitsruf aus, der sich dann immer wiederholt, immer wiederholt, immer wiederholt. Die Massen meichen, langsam und sich immer mieder ummenbend und Freiheit, Freiheit, Freiheit rufend. Und auf den Straßen setzt sich der Freiheitsruf fort. Bolt in Not, aber ein Bolt, das sich der Freiheit zugeschworen hat, Volt, das kämpfen und siegen wird! Trotz alledem!
Was Stampfer noch sagen wollte:
Wir lassen hier den weiteren Tegt. der Rede, die Genoffe Stampfer halten wollte, in feinem vollen Wortlaut folgen:
Karl Mary war am 5. Mai 1818 als Sohn eines Advokaten in Trier geboren. Er stammte also aus einem gutbürgerlichen Hause. Und da der Mafel des Judentums nach den Begriffen der da= maligen Zeit durch die Taufe ausgeglichen war, stand einer glänzenden Karriere des hochbegabten jungen Mannes nichts im Wege. Als Schwager eines echten preußischen Junter, der später sogar Minister des Innern wurde, hätte Karl Mary alles mögliche werden können: Professor der Nationalökonomie an der Universität oder föniglicher Bolizeipräsident in Berlin .
Aber der junge Marg wollte das alles nicht. Es zog ihn nicht nach jenen Sphären der Gesellschaft, die sich selber als die oberen" bezeichnen. Es zog ihn zu den Massen der Tiefe, zu den armen verachteten, rechtlosen, unwissenden, hilflosen Proletariern seiner Zeit.
Ilm ihnen zu helfen, bewaffnete er sich mit einer glänzenden Rüstung aus den geistigen Waffenfammern aller Jahrhunderte. Er erforschte die Besetze, nach denen die Wirtschafts- und Gesellschaftsformen der Menschheit entstehen und vergehen. Er studierte die Kämpfe, die die verschiedenen Gesellschaftsschichten vergangener Zeiten gegeneinander geführt hatten und erkannte, daß
alle Geschichte eine Geschichte von Klaffenfämpfen
ist. Er zeigte die Gefeße auf, nach denen sich in der tapitalistischen Gesellschaft die Produktionsmittel in der Hand einer fleinen Minderheit vereinigen und nach denen im 3nflus der tapitalistischen Produktion immer neue Stockungen entstehen, Wirtschaftstrifen,
immer tapi
Später erfolgen Rückschläge. Die Arbeiterklasse, durch innere Kämpfe zerrissen, wird von der Macht zurückgedrängt. Der bürgerliche Einfluß steigt. Dann kommen auch die feinen Leute wieder, und die Arbeiter werden wieder behandelt wie in früheren Zeiten. Löhne und Sozialunter stützungen sinken rapide und die Rechtlosigkeit wächst.
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Wer, der das alles miterlebt hat und noch miterlebt, will noch leugnen, daß die Geschichte unserer Zeit eine Geschichte von Klassenfämpfrn ist?
Wie aber könnten wir das Andenken von Karl Marg besser ehren als dadurch, daß wir den Kampf aufnehmen und ihn mit eiserner Ent schlossenheit durchführen! Und daß das, was jetzt ist, nicht ewig dauern wird und daß der Sieg schließlich unser sein wird, das wissen wir heute schon!
Man kann in Deutschland den Marrismus nicht vernichten, ohne die deutsche Arbeiterklasse zu ver nichten. Und man kann die deutsche Arbeiterklasse nicht vernichten, ohne Deutschland zu vernichten! Man fann uns aber auch nichts anhaben, weil die Idee marschiert, wenn auch einzelne ihrer Anhänger fallen.
Es muß für Karl Marg ein beglüdendes Gefühl gewesen sein, als er den berühmten Satz niederschrieb:
Die Proletarier haben nichts zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.
Hat der Kampf eine gewisse Höhe gewonnen, dann wird einem frei und leicht. Was fann uns denn geschehen?
Die Macht der Gewerkschaften
Tarifvertrag in der Textilindustrie für 600 000
Uns wird mitgeteilt: Die Mitglieder des Arbeitgeberberbandes der deutschen Textilindustrie e. V. einerseits und der Deutsche Textilarbeiterverband, der Zentralverband der christlichen Tegtilarbeiter Deutschlands , der Gewerkverein der beut. schen Textilarbeiter( Hirsch- Dunder) und der Zentralverband der Maschinisten und Heizer andererseits haben sich unter Zurückstellung beiderseitiger Wünsche im Interesse einer ruhigen Fortentwicklung der Wirtschaft entschlossen, eine Sta bilisierung der derzeitigen Arbeitsbedingungen für einen län geren Zeitraum vorzunehmen. In der ge= troffenen Vereinbarung werden die Lohntarifverträge mit einer Min best lauszeit bis zum 31. Januar 1934, die Mantelverträge und Mehrarbeitszeitabkommen bis zum 30. April 1934 verlängert. In den zur Zeit tariflosen Bezirken
Leben wir, so wollen wir unserer heiligen, großen Sache leben. Sterben wir, so nüßen wir ihr durch unseren Tod vielleicht noch mehr als durch unser Leben!
Ich grüße unseren tapferen Genossen Kurt Löwenstein und beglückwünsche ihn zu seiner Rettung. Die Wählerinnen und Wähler Berlins sollen wissen, daß er am 5. März wieder unser Reichstagskandidat ist. Sie werden gegen diese ungeheuerlichen Zustände am besten protestieren, indem sie die Liste wählen, auf der er steht.
Ich gedenke der vielen Toten, die für das Prole= tariat und den Sozialismus gefallen sind, mit Ehrfurcht und Dankbarkeit. Und
ich rufe die Lebenden,
ich rufe sie, in dieser Zeit der wichtigsten Lehre von Karl Marg eingebent zu sein.
Zeigt nicht jeder neue Zag mit neuer Deutlichkeit, daß Spaltung der Arbeiter= flasse Wahnsinn und Verbrechen ist? Daft diese Spaltung die Arbeiterklasse lähmt und dem Gegner nüht? Und daß nur Einigkeit Kraft verleiht und zum Siege führt?
Es ist keine Zeit mehr zu verlieren! Die ihr von uns gegangen feib, well thr meintet, einen besseren Weg zu wissen, tommt zu uns und reicht uns die Sand! Proletarier aller Länder und vor allem thr
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talistischen Gesellschaft selbst in Frage stellen. Er zeigte die
Notwendigkeit der proletarischen Solidarität im Kampf gegen die Brutalität der fapitalistischen Ausbeutung und er verkündete das Ende der Klassenkämpfe durch den Sieg des Sozialismus und die Entstehung einer Maffenlosen Gesellschaft. Karl Mary war einer der größten Geister aller Zeiten. Seine Lehre unternahm einen Siegeszug um die ganze Welt. Es ist eine große
daß dieser Mann ein Deutscher war. Aber es ist eine blutige Schande für das reaktionäre Deutschland des 19. Jahrhunderts, daß es diesen Mann hinausjagte, steckbrieflich verfolgte, im Ausland hungern und sterben ließ.
Heute bekennen sich Millionen und aber Mill'onen zu ihm. Und jetzt, wo der Marrismus geheizt und verfolgt und mit Ausrottung bedroht ist,
nennen wir uns alle mit Stolz Margiften. Alles was wir erleben, ist eine Bestätigung der marristischen Lehre: die Konzentration des Rapitals, die zunehmende Wucht der Wirtschaftskrisen, die wachsende Proletarisierung des ganzen Boltes, die Verschärfung der Klassenfämpfe lann das alles noch leugnen, in dieser Zeit! Was wir heute von denen erleben, die den Klaffenkampf leugnen was ist er denn anderes als Klaffenkampf?
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wer
Laffen Sie mich in dieser Stunde nur von einem reden. Sie brauchen nur eine Liste der deutschen Regierungen jeit Bismard anzusehen, um zu studieren, wie sich Klassenfämpfe an der Spiße abspielen.
Sie sehen dann, daß Deutschland in der Kaiserzeit von Fürsten , Grafen und Baronen regiert war. Spärliche bürgerliche Namen zeigen ihnen die Schwäche des deutschen Bürgertums.
Sie sehen dann, wie nach dem 9. November als Folge des sogenannten Novemberverbrechens auch Männer aus dem Arbeiterstande bis zur Spize des Staates emporsteigen. Damals, als die feinen Leute in alle Schlupfwinkel verschmanden, da waren bie marristisch geschulten Sattler, Coffer, Tischler und Buchdrucker gut genug, die gröbste Arbeit zu machen. So beginnt die Arbeiterflasse, vorsichtig das Terrain abtastend, die Rommandohöhen der Politik zu befehen.
Amtlich wird mitgeteilt: In der Montagsfihung des Reichsfabinells wurde der Entwurf einer Berordnung gegen Berrat am deutschen Volk und hochverräferische Umiriebe verabschiedet. In diesem Entwurf ift eine wesentliche Verschärfung der bisherigen Strafbestimmungen für Landesverrat sowie eine Erleichterung der Berfolgung und des Strafverfahrens vorgesehen. Die Strafbestimmungen beziehen sich auch auf Nachrichten, die im Ausland verbreitet werden.
Ferner verabschiedete das Reichstabinett eine Verordnung über die Bezüge der Vor standsmitglieder und leitenden Beamten in den vom Reiche fubventionierten Betrieben, durch die die Möglichkeit für eine Herabsetzung unverantwortlich hoher Gehälter und Bergütungen gefchaffen wird. Hierbei ist der Begriff der finanziellen Beihilfe des Reiches sehr weit gefaßt worden.
Weiterhin beschloß das Reichstabinett die Aufhebung des Beschlusses vom 15. August 1932, monach den Beamten außerdienstlich das Tragen von Dienstkleidung bei politischen Veranstaltungen verboten war.
Schließlich wurde eine Aenderung des Milchgefeges beschlossen, die sich auf die Neuregelung
Todesstrafe, zum Teil lebenslängliches Zuchthaus vor.
Der Verordnungsentwurf enthält weitere Vorschriften gegen Ianbesverräterische Fäl schungen. In den bisherigen Strafbestim mungen ist insofern eine Verschärfung eingetreten, als bei Berrat militärischer Geheimnisse jetzt auf Todesstrafe anstatt auf Zuchthaus erkannt wer den kann. Was die Verbreitung von Falschmeldungen im Auslande angeht, so wendet sich die entsprechende Verordnung besonders gegen die jenigen, die bestimmte Nachrichten in der Auslandspresse veranlassen und dort in fleiner Aufmachung erscheinen lassen, um sie dann wieder in großer Aufmachung nach Deutschland zurückbringen.
3ersehungshochperrat, der sich gegen den Bestand des Staates richtet, wird in Zukunft anstatt mit Festung mit 3uchthaus geahndet. Wer in Druckschriften zum gewaltsamen Kampf gegen die Staatsgewalt auffordert oder anreizt, oder wer aus politischen Beweggründen zum Streit in einem lebenswichtigen Betrieb auffordert oder anreizt, wird mit Gefängnis bestraft.
der Handelsspannen für Trinkmilch mit Ausnahme Erfolgreiche Gemeindewah!
von Martenmilch und Vorzugsmilch bezieht.
Todesstrafe auf Landesverrat Die Telegraphen- Union teilt mit:
Der vom Kabinett perabschiedete Entwurf einer Berordnung gegen Berrat am deutschen Wolfe und hochverräterische Umtriebe fieht in den Fällen, in denen es sich um schweren Berrat militärischer Geheimnisse handelt, aum Teil die
Eigener Bericht des ,, Vorwärts" Dresden , 27. Februar.
Ju Hermsdorf bei Dresden fand am Sonnfag eine Gemeindeverordnetenwahl ffatt, die notwendig geworden war, weil die lehte Wahl vom 13. November vorigen Jahres wegen Formfehler für ungültig erklärt worden war. Die Wahl endete mit einem schönen Erfolg der SPD . Sie erhielt 261 Stimmen gegenüber 236 am 13. No
werden die jetzt gültigen Arbeitsbedingun gen zum Tarifvertrag erhoben. Diese Vereinbarung regelt die Arbeitsbedin gungen von etwa 600 000 Arbeits nehmern."
Man kann wohl sagen, daß der Abschluß diefes Abkommens gerade in der Textilindustrie und gerade in diesem Augenblid wie eine Sensation ersten Ranges wirken muß. Die Textilindustriellen sind als Scharf macher und Lohndrücker bekannt. Wenn sie jetzt, wo gemisse schwankende Gestalten schon die gelben Sumpfpflänzchen, die im Schatten der Unternehmer tümmerlich vegetieren, als die kommenden Organisationen der Arbeiterschaft betrachten, dieses Abkommen treffen, so zeigen die Unternehmer damit, die die tatsächliche Macht der Ge werkschaften aus jahrzehntelangen Kämpfen fennen, wie sie die Unfenrufe und das Geschrei gewiffer Leute einschäßen. Die Macht der Gewertschaften das mögen sich gewisse Leute gesagt sein lassen fein laffen ist ungebrochen!
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vember 1932. Die Stimmen der PD. fanfen von 180 auf 151. Die NSDAP . erhielt 243( 203) Stimmen auf Kosten der Bürgerlichen , die auf 61( 96) Stimmen zurüdgingen. Die Mandatsverfeilung iff ziemlich unverändert geblieben. SPD. und PD. erhielten je 3 Mandate, ebenso die NSDAP . 3 gegenüber 2. Dafür haben die Bür gerlichen ihr bisheriges Mandat verloren.
Verboten!
Bundesorgan des Reichsbanners, Reichsbanner", drei Monate.
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„ Das
Die Metallarbeiter 3eitung", Organ des Deutschen Metallarbeiter- Berbandes, bis zum 15. März.
Der Aufwärts", Berliner Gewerkschaftsblaff, bis zum 31. März. ..Bolfszeitung"-Dortmund
mit zwölf Nebenausgaben auf drei Tage. „ Bolfsblatt"-Spandau ( SPD .) bis zum 2. März. ., Barnimer Tageblatt"( SPD .) bis zum 2. März. ,, Königsberger Bolkszeitung"( SPD .) bis zum 5. März.
Freie Preffe" Elbing ( SPD .) bis zum 5. März. in Kreiszeitung Heidelberg- Gutstadt( 3.) bis zum 1. März.
Die Straßburger Neuesten Rachrichten" find von der Reichsregierung bis zum 31. Mai für ganz Deutschland verboten worden. Die Zeitung hatte Die Terroratte der Nazis scharf fritisiert und die demokratischen Ideen verteidigt.
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Die sozialdemokratische Münchener Bost" ist für vier Tage einschließlich 2. März verboten worden. Der Reichsinnenminister hatte ein achttägiges Berbot verlangt.
In Bayern wurden ferner verboten die Organe der Bayerischen Volkspartei „ Bamberger Boltsblatt". Liebfrauenbote" in Altötting ,„ Der Fränfifche Bauer" in Würzburg und schließlich das christliche Gewerkschaftsblatt ,, Der Arbeiter". Alle Berbote erfolgten wegen angeblicher Verächtlichmachung der gegenwärtigen Reichsregierung.
SA.- Polizei in Braunschweig Eigener Bericht des„ Vorwärts" Braunschweig , 27. Februar. In Braunschweig foll jegt ebenfalls nach preu Bischem Muster eine ili s polizei aus den Reihen der S., SS und des Stahlhelm tätig werden. Die Auswahl der tauglichen Leute aus den genannten Formationen hat bereits begonnen. Allein in der Stadt Braunschweig beabfichtigt man rund 200 Hilfspolizisten einzustellen. Wie es heißt, werden sie ihren Dienst bereits am nächsten Sonntag aufnehmen.
Höre Hugenberg!
Zwei Zeitungen genügen für Berlin
Am letzten Freitag sprachen im Sportpalast der Hohenzollernsproß August Wilhelm und Goebbels . Dieser sagte u. a.:
Die Sozialdemokraten fragen nach unserem Brogramm. Sie sollen froh sein, daß sie es noch nicht fennengelernt haben... Es gibt viel zu viel Zeitungen in Berlin ! 3wei genügen: Der Angriff" und der Völkische Beobachter!"
Gute Nacht, Herr Hugenberg! Gute Nacht Lokal- Anzeiger"." Tag"," Nachtausgabe"! Gute Nacht„ DA3."," Deutsche Zeitung", Reichsbote", Zeitung" ,,, Reichsbote", ,, Berliner Börsenzeitung"!
Ja, fäme es mirklich so, sie hätten es vers dient!