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Nr. 170.

Erscheint täglich außer Montags. Abonnements Preis für Berlin  : Vierteljährlich 3,30 Mart, monats lich 1,10 Mart, wöchentlich 28 Pfg. frei in's Haus. Einzelne Nummer 5 Pfg. Sonntags- Nummer mit dem ,, Sonntags Blatt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mart pro Quartal. Unter Kreuzband  : Für Deutschlandu.Desterreich- Ungarn 2 Mart, für das übrige Ausland 3 Mark pro Monat. Eingetragen

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in der Post- Zeitungs- Preisliste

für 1891 unter Nr. 6469,

Vorwärts

8. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochen­tagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn­und Festtagen bis 9 Uhr Vor­mittags geöffnet.

Bernspredj- Anschluß: Amt VI, Nr. 4106.

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

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Freitag, den 24. Juli 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3.

Don der Thomas- Uhr ihrer Kaste, der Ausbeuterklique; sie halten sich alle im Unternehmermoral etwas enger ziehen, ausrotten läßt sich Grunde ihres Herzens für ganz anständige Menschen, das Uebel, dessen Symptome die Thomasuhr und das zum Schienenflicken. wandeln sie doch dahin in der Furcht vor Gott   und der Schienenflicken sind, nicht, ohne daß man der ganzen Aus­Obrigkeit und wenn sie auch sich um ihre eigenen Steuern beuterei ein Ende macht. So lange ein Wirthschafts­Es ist noch nicht gar so lange her in der Mitte herumdrücken und nicht ihren Nächsten lieben wie sich system herrscht, welches einer Unternehmerklasse die be­der siebziger Jahre war es da gellte ein Empörungs- selbst, so schimpfen sie doch dafür weidlich auf die Feinde ständige Verlockung vor die Augen hält, sich auf Kosten schrei durch Deutschland   und die ganze zivilisirte Welt, von Staat und Gesellschaft, welche so vermessen sind, der Tasche oder der Gesundheit oder des Lebens ihrer als die Kunde kam von der Bremerhavener   Explosion. dem altersgeheiligten Geschäftssystem gegenseitiger Bemo- Mitmenschen zu bereichern, so lange werden solche Ver­Eine Höllenmaschine, bestimmt auf der Mitte des Meeres gelung ein Ende machen zu wollen. Wird dann einer anstaltungen, wenn auch in stets raffinirterer Form ins ein Schiff zu versenken, um einem Frachtbesitzer den Ge- von diesen Profitraffern auf seinen Geschäftspraktiken er- Wert gesetzt werden. Geht's nicht mit der Thomasuhr, winnst einer hohen Versicherungssumme einzubringen, war tappt, so tröstet er sein eigenes Gewissen damit, daß ja so geht's mit dem Schienenflicken, um Geschäftskniffe und zu frühzeitig, beim Verladen, losgegangen. Eine ganze auch bei seinen Konkurrenten Fälschungen und Flickungen Beschönigungen für sie wird der findige Geist der speku­Anzahl Menschenleben waren so der Explosion zum Opfer überall mitlaufen und daß selbst die von Selbstgefälligkeit lirenden Ausbeuter nie verlegen sein. gefallen, und der Urheber dieses genialen Geschäftsunter- triefende Stadtverwaltung Berlins   finniges Fleisch als nehmens, Thomas, ein Amerikaner, hatte gethan, was" Volksnahrungsmittel" verkauft; die gutgesinnten Preß­feiner Zeit Graf Bismarck   vorgehabt zu haben erklärte, organe träufeln patriotischen Beschönigungsbalsam in

wenn das 66er Kriegsunternehmen schief gegangen wäre; ſein wundes Herz, und ſelbſt die landesheimische Göttin der Politische teberlicht.

er hatte sich eine Kugel durch den Kopf geschossen. Gerechtigkeit bindet schleunigst eine doppelte Binde über Ein Amerikaner war es, der die Scheußlichkeit ge- ihre Augen.

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Berlin  , 23. Juli.

plant; welchen Balsam goß es in das Herz der deutschen   Nicht das ist bezeichnend für ein Volk, eine Gesell- Zur Nachricht, daß dem Reichstag bei seinem Musterpatrioten, daß sie die Schandthat als Ausgeburt schaft, daß aus deren Mitte heraus irgend eine einzelne Busammentritt im Spätherbst bedeutende Mehrforderungen des zuchtlosen Freiheitstreibens eines wilden" Landes unthat geschieht, denn ein gewisser Prozentsatz rücksichts- für militärische Zwecke zugehen werden, bemerkt brandmarken konnten! Der Verherrlicher des neuen loser Selbstlinge findet sich in jeder menschlichen Gemein- die Nationalliberale Korrespondenz": Reiches der Gottesfurcht und guten Sitte trommelte einen schaft. Bezeichnend für eine Gesellschaft ist, wie sich in Entrüstungswirbel auf seiner zottigen Hochbruſt gleich jedem Einzelfalle ihr Urtheil, die sogenannte öffentliche einem tampfeswüähigen Gorilla und dankte laut seinem Meinung, verhält. Und wenn nun jetzt das Urtheil der Herrgott, daß er und die anderen Söhne Teuts nicht Geschäftswelt in Deutschland   und ihrer Wortführer in der seien, wie dieser Amerikaner da. doda Presse sich gegenüber dem Schienenflicken ganz anders

Es muß immer wieder daran erinnert werden, daß, wenn gegenüber im Allgemeinen sehr verschlossen ist, ganz besonders man regierungsseitig über beabsichtigte Borlagen der Presse feitens der Militärverwaltung nicht das Geringste über neue Pläne verlautbart wird, daß wir es also immer lediglich mit Vermuthungen einzelner Korrespondenten zu thun haben oder mit Schlußfolgerungen, welche aus Ministerreden früherer Seffionen gezogen werden.

In dieser Beziehung dürfte sich eine der letzten im Reichs­tage von dem Herrn Reichstanzler gehaltene Rede als besonders werthvoll erweisen. Herr v. Caprivi legte dar, daß wir jeden= falls mehr Geld nöthig haben würden für die Fortführung Der Alters- und Invalidenversicherung und für die Erhöhung der Beamtengehälter und mahnte, an eine Vermehrung der Reichseinnahmen zu denken, da der Amortisation der Reichsschuld eine größere Berücksichtigung zu Theil werden solle. Herr v. Caprivi theilte sodann mit, daß eine Novelle zum Militärpensions- Gesetz vor­gelegt werden würde, welche einige Millionen in An­spruch nähme. Dieses Gesetz sollte bereits in der vorigen Session erledigt werden und konnte nur wegen der dringenden Geschäftslage nicht mehr zur Vorlage kommen. Und der Herr Reichskanzler kündigte auch an, daß nach der natürlichen Ent­wickelung der Dinge" für die Etats der Marine und des Heeres in der nächsten Session mehr Geld gebraucht werden würde,"

So ertönte es aus allen Zeitungsspalten, an allen verhält wie gegenüber der Thomas- Uhr, damals fitt­Biertischen und dann stolz ob der bekundeten eigenen liche und patriotische Entrüstung, jetzt Beschönigung und Tugend ging ein jeglicher hin an sein Geschäft: mischte Vertuschung, und zwar auch aus Patriotismus"- so Schwerspath ins Mehl, goß Schwefelsäure in den Essig, liegt das daran, daß die landesübliche Moral der Ge­Glyzerin ins Bier, hackte finniges Fleisch in die Wurst oder schäftswelt zwar den Raubmord, den offenkundigen, un­flickte Schienen, wie es denn so seine von dem Glorien  - geschminkten, sei er gegen eine Person direkten Gewinnstes, scheine bürgerlicher Achtbarkeit umflossene Thätigkeit im jei er wie von Thomas indirekten Gewinnstes halber gegen Dienste des Götzen Profit gerade mit sich brachte. Und Hunderte geplant, verwirft, aber nichts an gewinnbringenden 10 ist es weiter gegangen bis auf den heutigen Tag. Veranstaltungen auszusehen hat, welche mit einer ent­Sie vergiften und meucheln stückweise, sie untergraben fernteren Möglichkeit der Gefährdung von Menschenleben oie Gesundheit Tausender durch ihre Nahrungsfälschungen, rechnen. Und doch liegt ein prinzipieller Unterschied fie ristiren schreckliche Unglücksfälle, die Zernichtung und zwischen den beiden Arten lebenbedrohender Geschäfts­Verstümmlung blühender Menschenleiber, durch ihre Ein- spekulation nicht vor. Vom Schienenflicken zur Thomas­schmuggelungen brüchigen Betriebsmaterials, aber sie be- Uhr ist nur ein Schritt, ein recht winziger obendrein. kunden ihren Abscheu dem ungeschminkten Raubmörder Wer das eine praktizirt, braucht vor der andern nicht zu oder gar dem Massenmörder aus Amerika  , der sich selbst scheuen. Es wäre ganz in der Ordnung, wenn die über die Schuftigkeit seiner Spekulation nicht im Schienenflicker und Nahrungsmittelfälscher ihrem Vorbilde, Die Nationalliberale Correspondenz" will mit dieser Unklaren ist. dem heiligen Thomas, als dem kühnsten Pfadfinder der sie zitirt, ist aber nichts weniger als beruhigend. Im Gegen­Notiz beruhigen. Die Rede des Herrn Caprivi, welche Und das ist nicht etwa Heuchelei-wenn's das nur Geschäftsspekulation demnächst auf dem Quai von Bremer- theil, fie rechtfertigt die schlimmsten Befürchtungen. Nach wäre, dann hätten wir es mit einer äußerlichen Krankheit, haven ein Denkmal setzten- aere perennius. der natürlichen Entwickelung der Dinge" muß der Milita einer individuellen Demoralisation zu thun! Nein, alle die Wenn es nun aber auch möglich ist, daß die rismus immer mehr auf die Spitze getrieben werden. Und Nahrungsfälscher und Schienenflicker handeln im Geiste Bochumer   Enthüllungen die Grenzen der landläufigen daß bei den geplanten Mehrforderungen die Alters­

Feuilleton.

Nachbruc verboten.)

Kapitän Lobe.

Von John Law.  

Autorisirte Uebersetzung aus dem Englischen von Regina Bernstein.

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Ich glaube, sie haben beide niemals mehr der Sache er wähnt, außer vielleicht, daß er ihr sagte, daß der Kompagnon des Geschäfts fortgegangen und Herr Pember jetzt in der Fabrik sei. Es ist wunderbar, daß wir nicht gemerkt hatten, was vorgegangen. Aber wir dachten mit teiner Silbe daran.

Dann pflegte sie seinen Hut zu bürsten oder ihm etwas zu werden, erinnern Sie sich, wie froh ich sein würde, sie unter holen, als wollte sie ihm zeigen, wie leid es ihr thue. Doch dem Schutze der Heilsarmee zu sehen." unser Herr fümmerte sich nicht darum. Wenn er es sah, Kapitän Lobe verfolgte seinen Weg weiter zum gab er sich den Anschein, als seien seine Augen wo anders. Herbergshaus, in Gedanken versunken über Ruths Mutter So ging es ein und ein halbes Jahr dann nahm und den schwachen Mann, der kein Verzeihen gekannt. sie Gott von uns. Vor ihrem Tode übergab sie Warum sollte auch Ruth nicht in die Armee eintreten? mir das kleine Mädchen und sagte: ,, Behüte fie, Täglich tam es vor, daß sich Mädchen dazu be­Esther, und lehre sie, sich meiner nicht zu schämen. rufen fühlten. Erst letzthin hatte er von einem Ich bin sehr unglücklich." Ich sagte ja" und ich habe Mädchen gehört, dem von seinem Vater tausend Pfund mein Versprechen gehalten. Das kleine Mädchen hält seine angeboten worden waren, wenn sie die Heilsarmee­Mutter für vollkommen, und das ist sie dort an dem Ort, Uniform nicht anzöge. Er kannte ein anderes, das wohin sie gegangen, auch sicherlich." soeben ihrer ganzen Familie Lebewohl gesagt hatte und Die Thränen rollten der alten Frau über die Wangen nach Indien   gegangen war, wohl wissend, daß sie England und fielen auf den Marktkorb an ihrer Seite. nicht wiedersehen, daß sie ihr ganzes Leben auf fremdem Bergab ihr Gatte ihr selbst vor dem Tode nicht?" Boden, im Dienste der Armee verbringen werde. Diese fragte der Kapitän. Höhlenretterinnen rekrutirten sich aus allen Klassen. Sie Die alte Frau schüttelte das Haupt. Es war niemals lebten von zehn Schillingen   die Woche und arbeiteten Tag Es war ein schlechter Mann, Kapitän. Ich wußte mehr derselbe Mann, seit jenem Abend. Die Leute pflegten und Nacht unter dem Auswurf Londons  . wohl, auch er hatte seine Geschichte, aber unglücklich sein zu sagen, er sehe unglücklich aus. Er hatte Grund dazu. Er hätte sich freuen sollen, daß wiederum ein Mädchen giebt Einem doch kein Recht, anderer Leute Glück zu zer- Er war einer jener Männer, die nicht vergeben können. bereit sei, solch Leben höchster Selbstaufopferung auf sich zu stören." Er nahm diesen Bember an Stelle des Kompagnons und nehmen. Und doch, wenn er an Ruth dachte, zögerte er. Die alte Frau hielt eine Minute an, dann fuhr überließ ihm die Führung des Geschäfts. Ich mag diesen Sie war vielleicht nicht einmal hübsch; aber ihre klare, fie fort: Pember nicht. Er ist nicht besser als jener Mann, weiße Stirn sah aus wie von Elfenbein, auf das die Zeit verführte, und ehe er " Sie tränkelte seitdem. Sie klagte über nichts im Be- der Ruths Mutter die kein falsches Wort, keinen schlimmen Gedanken, nichts als sonderen, doch sie konnte weder schlafen noch essen, und Fabrik aufgiebt, wird er dem Kinde alles Ueble Liebe dem Kinde alles Ueble Liebe und Vertrauen geschrieben hatte. Ihre grauen nichts wollte helfen. Sie ging ruhig im Hause umher, sah zufügen. Mein Herr war ein schwacher Mann, Augen waren furchtlos und ehrlich. ehrlich. Ihre Stimme. nach dem Herrn und dem Kind, besserte deren Kleider aus daß er sich von diesem Menschen so einnehmen ließ, war süß und ihr goldenes Haar umrahmte ihr und sorgte für das Wohl der Beiden. Aber mit ihrer und wie alle schwachen Leute, hat er es oft büßen müssen. Antlitz wie mit einem Heiligenschein. An all' dies mußte Gesundheit wurde es täglich schlimmer! Es hätte möglicher Ich muß hier hineingehen", unterbrach sich die alte Frau, der Kapitän denken, denn die Heilsarmee hat ihre Ueberlegen Sie Märtyrer, ihre Fanatiker und ihre Heiligen. weise anders werden können, wenn ihr Mann ihr vergeben und blieb vor einem Bäckerladen stehen. hätte. Ich habe sie oft einen Blick auf ihn richten sehen, sich das, was ich Ihnen gesagt habe, und wenn Ruth Ihnen Er hatte das Herbergshaus erreicht und ging hinein, ber zu sagen schien: Er wird mir niemals verzeihen." sagen sollte, daß sie entschlossen sei, Höhlenschwester zu um die Frau zu suchen, die auf der Armenfünderbank Play

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