Nr. 6

31. Mai 1925

Blick in die Bücherwelt

Philosophische Politit.

Leonard Nelson  : System der philosophischen Rechts lehre und Politit. Leipzig   1924. Berlag Der neue Geift, Peter Reinhold. 680 S. Preis 16 M.

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Der Göttinger   Hochschullehrer Leonard Nelson   versucht seit fechzehn Jahren in Universitätsvorlesungen das Problem der Politik dadurch auf eine neue Grundlage zu stellen, daß er vorerst unter Ausschaltung der verschiedenen Erfahrungstatsachen der Ge schichte allgemein verbindliche Gesetze der Politik rein gedant lich abzuleiten unternimmt und erst, bis er auf diesem Wege zu brauchbaren Ergebnissen gelangt ist, die gefundenen Erkenntnisse an der Wirklichkeit mißt. Diese reinliche Scheidung der formalen und der materiellen d. h. durch die Wirklichkeit bedingten Politik scheint ihm deshalb notwendig, weil eine vorzeitige Bermengung der beiden Methoden entweder zum Dottrinarismus oder zum Utopismus führen muß: der Doktrinär nämlich faßt etwas als allge meingültig auf, was tatsächlich an die Zufälligkeit gewiffer Um­stände geknüpft ist; und der Utopist wieder hält sich einseitig an eine einzige Konsequenz eines Brinzips und verzerrt so das Leben. Der philosophische Polititer aber, wie Nelson ihn heraufführen möchte, darf erst das gedanklich klar Erfaßte und folgerichtig zu Ende Ge­dachte auf seine praktische Anwendbarkeit hin prüfen.

Die Politik als praktische und zielfegende Wissenschaft gilt nicht Die Politik als praktische und zieljegende Wissenschaft gilt nicht dem einzelnen, sondern einer durch einen Zwed verbundenen Biel­heit von Menschen, der Gesellschaft, und seht ihre Ziele im Rahmen des Staates durch. Nur faßt Nelson den Begriff des Staates mög lichst weit und nennt so jede Form der Gesellschaft, die sich durch einen mit Zwangsgewalt versehenen Willen bestimmt. An und für fich kann jeder Zwed mehrere zur Gesellschaft und, wenn eine wollende Zwangsgewalt hinter diesen Zwed tritt, zum Staat ver­einen. Aber ein Staat im ethisch unanfechtbaren Sinne fommt nur zustande, wenn man den unanfechtbaren Oberjazz Es gibt ein Rechtsideal" mit dem aus den Naturgefeßen ableitbaren interfaß verbindet, daß, um Zwecke durchzufezen, eine Gewalt notwendig ist, die alle anderen in der Gesellschaft wirkenden Gestalten an Stärfe übertrifft. Indem sich diese überlegene Gewalt in den Dienst des Rechtsideals stellt, fommt das Ideal des Staates zustande. Träger der Gewalt im Staat ist die Regierung. Sie muß politisch unbe schränkt sein, weil sie sonst nicht die allem überlegene Macht wäre, aber sie muß gebunden sein durch das Rechtsideal, mit dem fie steht und fällt. Das Heil der Zukunft erblickt Nelson in dem Durchbruch der Einsicht, daß zwischen der Forderung, die Regierung habe unter dem Gesez des Rechtes zu stehen, und der anderen, fte habe trotzdem die höchste, durch teine andere Macht beschränkte Gewalt der Gesell­schaft zu sein, tein innerer Widerspruch obwalte. Weder was einer, noch was mehrere, noch auch was alle in der Gesellschaft wollen, hat im Staate zu geschehen, sondern allein das, wovon das Gefeß, die fittliche Einsicht gebietet, daß es Recht sei. Diese Einsicht ist bei den Weiseften und Gebildetften zu hoffen, ihnen gebührt daher die Regierung und jene Gewalt, die fie befähigt, bas als Recht Ertannte auch durchzusehen. Sache der Wissenschaft ist es, zu entscheiden, was das Recht objektiv gebietet und wer zur Ausübung des Nachdem Nelson so, hier an Hegel  , dort an Blato erinnernd, die formalen Grundlagen der philosophischen Staatspolitit entwickelt hat, geht er daran, sie auf die materielien Gegebenheiten der tat fächlich existierenden Gesellschaft anzuwenden. In den drei Haupt: abschnitten Sozialpolitit", Kulturpolitit" und Kriminalpolitit prüft er die innerstaatlichen Brobleme. Den zwischenstaatlichen Fragen( Staatenbund, Völkerrecht, Krieg und Frieben, Gebietsver. teilung) gilt das Kapitel Staatenpolitik und in der Abhandlung Parteipolitif" unternimmt er, das Parteiwesen in den Dienst der Idee vom Rechtsstaat zu stellen. Höchster Zwed der Partei muß sein, eine Gewalt im Staate zu ermöglichen, die das Recht als Gesetz durchzusetzen vermag, höchstes Ziel der Sozialpolitit, jedem Mitglied der Gesellschaft soviel Wohlstand zu verschaffen, als für ein menschen würdiges Leben hinreichend und notwendig ist.

Diefe materielle Staatspolitit", deren Hauptthemen hier an gegeben wurden, ist zweifellos des Buches schwächerer Teil, weil ihre gutgemeinten und fortschrittfrohen Konstruktionen doch allzu

erdfern anmuten. Defto interessanter und beachtenswerter sind die prinzipiellen Auseinandersetzungen der formalen Rechtslehre und Staatspolitit. Begenüber den von der Erfahrung ausgehenden Rechts, Staats- und Wirtschaftstheorien entwideln fie abfolute, allge mein gültige Geseze und bieten so etwas wie den ersten Rompaß. um sich im Meere der widerstreitenden Meinungen philosophisch­fritisch zurecht zu finden. Sich auf sich selbst zu befinnen und jen­seits der drängenden Tagesfragen Entwidlungsziele und fittliche 3wede flar zu sehen, muß einen verantwortungsbewußten Bolitifer locken, und dazu regt Nelson zweifellos an. Die Klarheit, mit welcher er feine fomplizierten und tiefgreifenden Schlüffe aus den einfachsten Boraussetzungen entwickelt, ist musterhaft und in der durch einen wissenschaftlichen Jargon besonders arg verseuchten philosophisch­ethischen Literatur außerordentlich selten, der fittliche Ernst, der aus jedem Worte spricht, ebenso hochstehend wie wohltuend. Wir be fizen heute leider nur ganz wenige Hochschullehrer, die so frei, vor. nehm und vorurteilslos den gesellschaftlichen Rämpfen gegenüber. Dr. Alfred Kleinberg. stehen.

Bildungsfragen.

Felix Behrendt: Die 3utunft des deutschen   höheren Schulmesens. Berlag Hirt, Breslau  . Georg Wihmann: Probleme des Bildungswefens im Lichte thüringischer Kulturpolitit. Berlag Ber­thes, Gotha  .

Victor Belohoubet: Die österreichischen Bundes. erziehungsanstalten. Biener Literarische Anstalt, Wien  . Felix Behrendt geht von der richtigen Ansicht aus, daß ge­rade in unserer Zeit der politischen Schwankungen eine wirklich Dauer versprechende Schulreform nur gemacht werden fönne, menn man nicht von jeweiligen mehr oder weniger begründeten 3med fegungen, sondern gleichsam in der Art des naturwissenschaftlichen Forschers vorgehe. Deswegen müffe man erst einmal genauer Prüfung standhaltende Grunnlagen für eine neue Schulgestal tung gewinnen, müsse affat immanenten Tendenzen der Schul­entwicklung und die realen ächte, die sie vormärts treiben, genau feststellen, müsse auf dieser Bafis volle Freiheit für einzelne Ber fuche geben, deren Erfahrungen dann die haltbare Unterlage für eine wirklich notwendige uib richtige Umgestaltung des Schulmesens gäben.

So geht er auch vor. Er beginnt mit ber Stritif ber beiben großen Schulreformen der legten Jahre, der thüringischen und der preaglichen. Mit Recht hebt er hervor, daß hinter der in Thüringen  geplanten Zerschlagung der bisherigen Schultypen und der rein horizontalen Gliederung in Unter-, Mittel- und Oberschulen nur ein gemi michtiger planwirtschaftlicher Gedante stede, der aber in seinem Schematismus zu einem Widerspruch gegen den Ge­

banten der Bildung führe. Denn diese werbe hier rein quanfi­tativ mißverstanden. Ein Mehr oder Weniger an Stoff unterscheide die Schulreformen und entscheide über die Berechtigungen, die man in diefem System erlangen tönne. Wenn demgegenüber die preußi­sche Schulreform 4 Schultypen unter stärtster Konzentration ber für fie in Frage fommenden Bildungsgüter herausgearbeitet habe, fo habe sie abgesehen von anderen Einwänden, die gegen sie erhoben werden und eigentlich faktisch schon zu ihrer Zurüdnahme geführt haben, eben auch nicht begriffen, daß der Gegensah der früher ver langten allseitigen Stoffbildung nicht die einseitige Stoffbildung, sondern die allfeitige Kräftebilbung sei. Demgemäß fordert er in lebereinstimmung mit den Leitfäßen des deutschen   Philologen. verbandes einen dreijährigen gemeinsamen Unterbau aller höheren Schulen, eine sprachliche Differenzierung( alte oder neue Sprache), aber sonst gemeinsamen Rernunterricht auf der Mittelschule und eine fünffache, jedoch nicht starre Differenzierung auf der Ober­stufe. Die Kardinalfehler dieser ganzen ungemein flugen Er­örterung liegen in der Behandlung dieser Fragen der höheren Schule, losgelöft von dem Gesamtproblem der einheitlichen Schule überhaupt und in der Orientierung allein nach objet. tipen Gesichtspunkten. Bom Standpunti des Gesamtproblems aus ist eine mindestens fiebenjährige einheitliche Schule mit innerer Differenzierung zu verlangen, für die die Frage der fremden Sprache nebenfächlich ist, von dem jugendpsychologischen Gesichts. punft aus eine Beweglichkeit des Lehrplans, die sich auf der Mittel­und Unterstufe den engen Fachbindungen und Fachtrennungen ent­zieht und auf der Oberstufe eine Orientierung nach Berufseignungen und Berufsneigungen ermöglicht.

Gegenüber Behrendts Schrift fann die Arbeit von Bigmann im wesentlichen nur psychologisches Intereffe beanspruchen: Wie spiegelt sich die radikale Schulreform Thüringens   im Kopfe der Bürger, die fich ihr fügen mußten? Er flagt über die staats liche Zentralisierung, die das Gegenteil der vertündeten Demokrati fierung darstelle, über den unhistorischen Formalismus und Schema­tismus, vor allem über ihren Mangel an innerem Gehalt, worunter er dann im wesentlichen den Mangel an religiöser Gesinnung ver fteht. Daß er dem von ihm mißverstandenen Grundsatz Bom Kinde aus abholb ist, daß er die follegiale Schulvermaltung ebenso wie die neuen Versuchsschulen mit der falschen Behauptung abtut, daß fie in der Braris gescheitert feien, versteht sich von selbst. Aber Arbeitsunterrichts und die Notwendigkeit staatsbürgerlicher Er­interessant ist, daß auch er nicht mehr gegen den Grundsatz des ziehung, die beiden Fundamente einer demokratischen Schule, an zugeben magt, menn er auch milde vor Mißverständnissen warnt. feinerlei originelle Gebanten; überall verteidigt der Berfasser höchstens eine vermittelnde Lösung wie etwa bei der drängenden Frage der Lehrerbildung, wo er für den preußischen Borschlag be onderer Lehrerbildungsafademien gegenüber dem einzig möglichen in Thüringen   gegangenen Weg der Universitätsbildung fich ein jetzt.

Da weht doch ein ganz anderer Geift durch die fleine Schrift Don Belohou bet. In Desterreich ist man den von Behrendt empfohlenen Beg des großzügigen, der allgemeinen Schulreform Richtung gebenden Verfuchs gegangen. Mit tühnem Zugriff hat die damalige sozialistische Regierung, in der unser Genosse Glödel das Unterrichtsmejen leitete, die Radettenanstalten mit ihren großen räumlichen Möglichkeiten für schulreformerische Versuche größten Stils an fich genommen. Sechs folche Anstalten, 4 für Knaben, 2 für Mädchen, hat man eingerichtet und in ihnen alle die Gedanken eines wahrhaft modernen Arbeitsunterrichts, einer neuen Gemeinschafts­erziehung, die fich im weitesten Ausmaß auf Selbstverantwortung der Schulgemeinde gründet, ebenso ausprobiert wie einen neuen Schulaufbau, der den Vorteil haben soll, die Entscheidung über den besonderen Bildungsweg innerhalb der höheren Schule bis ins neunte Schuljahr zu verlegen. Sind auch die Erkenntniffe, bie man dort gesammelt hat, in dem fleinen Büchlein nur an gedeutet, so geht doch daraus hervor, daß eine reiche Ausbeute für eine wirkliche Jugendtunde von dieser Arbeit zu erwarten ist. Die Jugend ebenso wie die pädagogische Wissenschaft wird darum stets dieser sozialistischen   Kulturpolitik verpflichtet sein, die mit so Diel Umficht wirklich Dauerndes geschaffen hat.

Frig Karfen

Geschichtsphilosophie.

Baul Natorp: Rantüber Rrieg und Frieden. Ein ge­fchichtsphilosophischer Essay. Erlangen  , Berlag der Philosophischen Akademie. 56 S.

Dem Schriftchen des grelsen, humanitär gefinnten Marburger Gelehrten wäre eine weite Berbreitung zu wünschen. Bon den ein­leitenden Bemerkungen abgesehen, in benen er von den grundlegen den Gesichtspunkten des Kantschen Systems spricht, find die weiteren Ausführungen über Kants   Stellung zur Friedensfrage allgemein verständlich.

Das Problem des Bölferfriedens hat den großen Philosophen fchon in jungen Jahren beschäftigt. Den Anstoß gab ihm die be­rumte Schrift des Abbé Saint Pierre   über den ewigen Frieden, deren Spuren sich in der ganzen Aufklärungsphilosophie des 18. Jahrhunderts verfolgen laffen. Aber fein anderer hat mit solchem Ernst und solcher Energie des Dentens sich in diese Frage versenkt wie eben Rant. Daß die Vernunft und Ethit wie das Gattungsinters effe der Menschheit ein Aufhören der Kriege gebieterisch verlangen, darüber besteht für ihn von vornherein fein Zweifel. Aber ebenso gemiß ist ihm, daß der Appell an solche Einsicht für fich allein ohn­mächtig wäre, an dem Gegebenen etwas zu ändern. Macht weicht nur stärkerer Macht und stärkerem 3wange. Soll das Ideal eines Friedenszustandes, in dem die Staaten Glieder eines Staatenbundes find, die sich bei Streitigkeiten dem Schiedsspruch der Bundesgewalt friedlich unterwerfen, für mehr als einen schönen Traum gelten, so nuß die denkende Betrachtung in der wirklichen Geschichte selbst die Herausbildung von Berhältnissen und Tendenzen nachweisen tönnen, deren fortschreitende Entfaltung die Staaten schließlich zwangsläufig zur Konstituierung eines solchen Bundes treiben wird. Das ist der Standpunkt, den Kant in den Mittelpunkt seiner pazififti­fchen Ueberlegungen rüdt.

Beilage des Vorwärts

Rant meint ferner: die Bölter selber in ihren breiten Massen, auf denen doch lezthin der Drud des Krieges und der Kriegsrüstung am schwersten laftet, müßten, wenn sie nur die Entscheidung darüber hätten, notwendig immer für den Frieden sein. Darum sieht er in einer republikanischen Verfassung", die dem Volte das Bestim­mungsrecht in dieser Frage sichert, eine der wesentlichsten Borbedin= gungen für das Zustandekommen eines Friedensbundes der Nationen. Aber fast tann es scheinen, als habe er bei dieser seiner so einleuch­tenden Rechnung auf die pazifistischen Wirkungen republikanischer Staatsverfassungen die menschliche Natur noch immer überschätzt. Die immense Gefolgschaft, die auch heute noch, unmittelbar nach den Schrecken des Weltkrieges, die nationalistisch- militaristischen Barteien in den europäischen   Staaten finden, ist ein beschämendes Zeichen. Doch diefer Unverstand, hinter dem, was die große Maffe anbelangt, doch reine Phantome der Einbildung und nicht reale Interessen stehen, fann eben darum auf die Dauer nicht unbesiegbar sein. So wenig wie der Unverstand der Massen, die heute noch, in offenem Wider. ( pruch zu ihren Interessen, das Bollwerk kapitalistischer Klaſſenherr­schaft bilden, unbesieglich sein wird.

Bergleicht man( worauf Ratorps gedrängte Darstellung nicht näher eingeht) Rants Geschichtsauffaffung, wie sie der Denter in feinem fleinen wunderbar genialen Auffaz: Idee zu einer Philo jephie der Geschichte in weltbürgerlicher Absicht" formuliert hat, mit der Margischen, so fpringen bei allen tiefgreifenden Unterschieden auch gewisse gemeinsame Berührungspunkte frappierend in die Wie für Marr der Sozialismus, so gilt für Rant Augen. einer Dollkommenen die Herstellung bürgerlichen Rechts­ordnung( die als Ergänzung den Völkerfriedensbund voraus­fett) als Ziel, dem die geschichtliche Bewegung schließlich zustrebt. Beide sind der Ueberzeugung, daß die Geschichte kein bloßes finnloses Geschehen sei, daß sich in ihr eine Aufwärts- und Empor­entwicklung der Menschengattung durchsetzt. Und in beiden ver. bindet sich dieser Idealismus mit einem Realismus, der, klaren Auges den Kampf und Widerstreit der Interessen als eine Haupttriebſeder der geschichtlichen Bewegung erkennend, mun die Bedingungen zu ergründen sucht, unter denen jener Widerstreit, in immer neuen, fort. geschritteneren Formen des Gesellschaftslebens fich miederholend, die Menschen am Ende zu einer vernünftigen Regelung ihres gesellschaft­lichen Daseins treiben wird. Wenn jenem oft zitierten Borte Engels', daß der Sozialismus auch die deutsche klassische Philosophie zu feinen Vorläufern zählen darf, Geltung zutommt, fo vor allem auf Grund jener organischen Berbindung von Idealismus und Realis. mus, deren Möglichkeit in der Geschichtsauffassung von Kant zuerst Conrad Schmidt  . im allgemeinften Umrisse gesehen wurde.

Finanzpolitik.

Albert Hahn  : Gelb und Krebit, Gesammelte Auffäße Berfag 3. C. B. Mohr, Tübingen  . 146 S.

Nach dem Rüdtritt und baldigen Tode des Reichsbantpräsidenten Havenstein tam neben Dr. Hjalmar Schacht   als ernsthafter Kandidat für die Leitung der Reichsbant nur noch Dr. Alb. Hahn in Frage, der Berfaffer dieser Auffäße. Der Grund dafür lag wesentlich in der frühzeitigen, gründlichen und zutreffenden Kritif, die dieser praktische Bantmann und schöpferische Forscher an den damals herrschenden vulgärökonomischen Meinungen über die Zusammenhänge von Zahlungsbilanz und Wechselturs und besonders an der tredit­inflationistischen Distontpolitik der Reichsbant ſeit 1922 übte.

Die wichtigsten dieser fritischen Arbeiten, die in der Mehrzahl por dem endgültigen Währungszusammenbruch im Herbst 1923 geschrieben wurden, sind in dem vorliegenden Bande zusammengefaßt Schlechthin befriedigend ist der schlüffige Beweis, daß auch in Inflationsverhältnissen es nie zu einer passiven Zahlungs. bilang fommen fann, sowie der Nachweis der positiven mit schuld der Reichsbant an der Währungszerstörung, deren Tempo, Ausmaß und Unausweichlichkeit erft die Folge jener industriellen Privatinflation seit 1922 war, welche die Reichsbank zu eigener Verantwortung neben die Staatsinflation feste.

Charakteristisch für Hahn war immer, daß er nie den Bersailler Bertrag, sondern die unzulänglichkeit der deutschen   Finanz- und Banfpolitiker für das Schicksal der Währung verantwortlich machte. Weniger befriedigend find die rein theoretischen Bemühungen Hahns. Er übersicht vollkommen, daß das Wesen der Staatsinfía­tion darin liegt, daß der Staat durch seine unfundierten Noten­schulden das eherne Gefüge der normalen Preis- und Ertrags­ausgleichung lockert und schließlich die Privatinflation direkt veranlaßt, wenn die Wirtschaft durch autonome Goldrechnung und Goldkonditionen den Kampf gegen die Mart- ist- Mart"-Fiktion des Staates eröffnen muß. Diese Unzulänglichkeit der Hahnschen Bemühungen ist aber feine Spezialität Hahns, sondern fennzeichnet die österreichischen Kredit- und Kapitaltheoretifer überhaupt, auf denen Hahn weiterbaut.

Dr. Werner Spohr: Die Neugestaltung der Deutschen Reichsbant. Berlag von Ferd. Ente, Stuttgart  . 1925. 96 S. Breis 5,40 m.

Die Schrift ist in dem darstellenden und dem fritischen Teile von ganz verschiedenem Wert. Im darstellenden Teil von der Art einer fleißigen Doktorarbeit, ist sie in den kritischen Teilen erstens ziemlich unfritisch, weil sie troß der Versicherung im Borwort, feine Bartei"(!) politit zu treiben, die Empörung des Bulgärpatrioten über den Zusammenhang der Reichsbankneuordnung mit der Lösung der Reparationsfrage an feiner Stelle unterdrüden kann, und zweitens ist sie von geld- und kredittheoretischer Sachkenntnis nicht allzu sehr getrübt. Passive Zahlungsbilanz als notwendige Folge einer passiven Handelsbilanz, ganz naive quantitätstheoretische Bor­stellungen bei der Behandlung des Transferproblems, es wird feiner 3entralnotenbank möglich sein, ihre Währung stabil zu erhalten, wenn sich das wirtschaftliche Leben in einer Krisis befindet oder der Staat banterott macht"( S. 92). Außer der inländischen Inflation durch Noten. gibt es eine Inflation(!!), die durch Veränderung des Wertverhältnisses der Baluten zueinander entsteht"( S. 93), ähnliche Naivitäten und lingereimfheiten finden sich gehäuft. Es wäre vor­teilhafter gewesen, der Verfasser hätte sich auf die Darstellung der Neuorganisation der Reichsbant beschränkt. Jedenfalls tann man fich des Eindruds nicht ermehren, daß die politische Interessiertheit bes Brivatmannes die fritische Leistung des wissenschaftlichen Bubli­G. Klingelhöfer.

Gute Bücher

Er nimmt die Menschen, wie er sie in der Geschichte findet, als Wesen, die, auf die Gesellschaft angewiesen, nicht nach Leitmotiven des Bernünftigen und des allgemein gesellschaftlichen Wohles, sondern iſten hat zu kurz kommen laſſen. vorherrschend von Trieben ihres eigenen Interesses, ihrer Selbstfucht in Bewegung gesezt werden. Mit der fortschreitenden Zivilisation aber werden die Kriege, und vor allen Dingen die Kriegs zurüftungen( der Unterhalt von stehenden Armeen) notwendigerweise für die miteinander tonfurrierenden Staaten zu einer immer uner. träglicheren Laft. So muß, meint er, der Trieb der Selbsterhaltung die Staaten schließlich zu dem Abschluß eines solchen Friedensbundes drängen und ihnen feinen anderen Ausmeg übrig lassen. Der Welt frieg, der, um nichtiger Interessenkonflikte entstanden, ganz Europa  , Sieger und Besiegte, an den Rand des Abgrunds führte, hat die warnende Vorausfage des Philosophen mit blutigem Ernst bestätigt.

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