Berliner

Volks- Tribune.

Social- Politisches Wochenblatt.

Die Berliner Volks- Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh.

-

-

Einzelne Nummer 15 Pfg.

Abonnements- Preis für Berlin monatlich 50 Pfg. pränumerando( frei ins Haus). Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Preis viertelfährlich 1 Mt. 50 Pfg.; eingetragen unter Nr. 850 der Zeitungspreisliste für das Jahr 1888.) Redaktion und Expedition:

S.O.( 26). Oranien- Straße 23.

. 21.

drückten.

-

Inserate werden die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Naum mit 20 Pfg. berechnet.- Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Pfg. Injeraten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.

-

Sonnabend, den 26. Mai 1888.

Ausgabe für Spediteure: Merkur" Zimmer- Straße 54..

II. Jahrgang.

Zum Berliner Schuhmacherstreik. Die die Zahl der Ausständigen über die Tausend geht, dann kommens übrig und es mag zugestanden werden, daß dafür geprellten Arbeiter. Waffen der Unter- ist solch Verbändchen vollständig machtlos und nichtig. an Kleidung, Möbeln und ähnlichem mehr eingekauft In kleinen Gewerkschaften können die. Verbände frei- werden kann, als vor 40 Jahren. Aber das wiegt nicht Kapitalistische Brandstifter. Clemenceau und die französischen Radi- lich auch heute noch sehr nüßlich wirken, besonders wenn einmal den Zuwachs an laufenden, größeren Ausgaben, talen. II.- Napoleon I. und seine Stellung ihnen noch eine gute freie Organisation zur Seite steht. nicht einmal an der Miethe, auf. Noch viel weniger ist zu Kirche und Schule. Die Berliner Schuhmacher, die ohne Frage stark ver- es ein Ersatz für den Minderantheil am Produkt. Die Arbeitslosigkeit von Emile Zola. fumpft waren, sind durch diesen Ausstand mächtig aufge- Die Rechnung läßt sich auch auf andere Weise machen. Ein Blumenstrauß.- Novelle von Otto- rüttelt, sie haben gesehen, daß sie doch so ganz machtlos Vor 40 Jahren gab es noch wenig oder gar keine( Mark-) Walster. III.- Geheime Verbindung und nicht sind, wie sie in ihrer Muthlosigkeit oft annahmen. Millionäre im Land; heute giebt es tausende. Eine Klasse Der Leipziger Steinmetzenprozeß. Ist das Wir hoffen, sie werden nun kräftig ihren Fach- von reichen Leuten ist entstanden, während notorisch und Sinten des Zinsfußes gleichbedeutend mit verein fördern, häufig große Versammlungen abhalten, sichtbar die Masse der Besißlofen zunimmt. Jeder Pfennig einer Besserung der Arbeiterlage? Ein sich einen Generalfonds sammeln, damit bei passender Ge- von jenem Vermögen ist aber das Produkt der Arbeit, amerikanischer Wippchen über die Berliner legenheit die noch fehlenden 10 bis 15 Prozent Lohnauf das den produzirenden Klassen vorenthalten wird. Und Sozialistenverhaftungen. besserung und besonders eine gründliche Abkürzung der die von jenen Millionären ausgeplünderten Arbeiter sollten da noch jubeln blos weil sie von ihrem Mehrprodukt Politische Nachrichten.- Gewerkschaftliches Arbeitszeit nachgeholt werden kann. und Arbeiterversicherung. Mögen sie bei diesem Leisten", den sie so schön ge- auch ein paar Pfennige erhalten haben. funden haben, bleiben. Wir wünschen ihnen, mit Anerken- Die Statistik weist ferner nach, daß die nicht- pro­nung ihres Ermannens, herzliches Glück. buktive Bevölkerung erstaunlich rasch und viel stärker als Und nun frisch an die Arbeit, so lange das Eisen die produktive wächst. Das heißt, die Reichen können sich noch heiß ist!

Versammlungen.

-

Vereine und

Beim bevorstehenden Monatswechsel

bitten wir alle Freunde unseres Blattes, recht eifrig für die weitere Verbreitung der

einzutreten.

,, Berliner Volks- Tribüne"

Die Berliner Bolfstribüne" erscheint jeden Sonnabend früh in Berlin und sucht in gründlichster Weise alle auftauchenden politischen und wirthschaftlichen Fragen vom

sozialistischen Standpunkte

aus zu beleuchten.

Bei Bestellungen in Berlin wende man sich stets direkt an

die Spediteure. Dieselben liefern die Berliner Bolts- Tribüne" für 50 Pfennige monatlich jeden Sonnabend Morgen frei in's Haus. Der Verlag der Berliner Volks- Tribüne". Berlin S. O., Oranienstr. 23.

Die geprellten Arbeiter.

mehr Lakaien, Dichter, Künstler, Advokaten, Schauspieler, Maitressen 2c. halten und trotzdem weiteren Besit affu­muliren. Es geht also mehr auf die eine Seite der Drohnen als auf die der Arbeiter.

Der Saß, daß die Reichen reicher werden, bedarf Die kapitalistische Heßpresse lügt ihren Lesern uner- keines Beweises. Jedermann hat die Wahrheit desselben müdlich vor, die Arbeiter hätten keinen Grund, sich als vor Augen. Wodurch es möglich und allein möglich ist, Enterbte zu beklagen. Vielfach seien die Löhne gestie haben wir bereits gesagt: den Armen muß immer gen und wo sie nicht gestiegen seien, habe der Preis der mehr abgenommen worden sein. Alles Kapital ist Waaren eine Herabsetzung erfahren, sodaß der Prole- die Frucht fremder Arbeit. Es kann auf keine andere tarier für dasselbe Geld sich viel mehr Genüsse ver- Weise erworben werden. Wenn ein Kapitalist den andern im Handel über das Ohr haut, so nimmt er ihm nur ab, Gerade heute, wo das Vereinsleben der Arbeiter gänzlich schaffen könne wie, früher. Betrachten wir diese Behauptungen einmal einen was schon da ist. Es ist lediglich ein Wechsel von Person darniederliegt, erscheint uns ein Wochenblatt, wie das unsrige als Augenblick näher. zu Person, nicht die Schaffung eines neuen Werthes. ein unentbehrliches Aufklärungsmittel des Volkes. Zunächst taucht da eine Frage auf, um welche die Den neuen Werth schafft nur die Arbeit. Raßen um den heißen Brei: wird das etwaige Steigen des also die Arbeiterfrage noch lange nicht abgethan. Es kapitalistischen Schönfärber immer herumgehen wie die Mit der Erringung eines kleinen Lohnzuwachses ist Wochen- oder Affordlohnes nicht meist bereits wieder ver- bleibt dann immer noch die Ungerechtigkeit, daß die Ar­schlungen durch die von Jahr zu Jahr wachsende Arbeiter, wenn sie ein Viertel mehr bekommen, drei beitslosigkeit? Wenn die Arbeiter eines Berufes früher Viertel mehr abtreten müssen, sodaß immer das Ver­vollbeschäftigt waren, jezt aber oft Wochen lang feiern und hältniß von Armuth und Reichthum sich zu Ungunsten Monate lang kurze Zeit arbeiten müssen, was bleibt ihnen der Armuth verschiebt. dann noch von dem ganzen Gewinn" einer scheinbaren Und nur nach diesem Verhältniß der Gesellschafts­Lohnerhöhung? klassen zu einander ist die Lage der Massen zu beurtheilen. Aber selbst wenn die Lohnerhöhung mehr ist wie Zum Beispiel: die Eskimos sind nach unseren Auschau­bloßer Schein, so bleiben alle Klagen über die Benach- ungen, und indem wir die landesüblichen Verhältnisse dabei theiligung im Wirthschaftsgetriebe voll und ganz berechtigt. zum Maaßstab nehmen, ein blutarmes Völkchen. Ihnen Einen Ausstand von mehreren Tausend Personen zu Wenn die Arbeiter früher in einem Gewerbe vielleicht 10 felber dagegen fehlt der Vergleich, da sie keinen Krösus unterstüßen, dazu reicht keine in Deutschland mög- Millionen produzirten und davon 5 Millionen als Lohn unter sich haben, und sie können sich daher nicht arm liche Organisation aus. Die Behörden würden eine bekamen, so war ihre soziale Stellung, ihr Verhältniß zu fühlen, trotzdem sie wenig besißen. Es kommt also auf so starke Arbeiterorganisation nie leben lassen, denn die anderen Gesellschaftsklassen zweifellos günstiger und würden Abstand zwischen dem Vermögen( und Einkommen) Hydra des Aufruhrs" u. f. w.- unsere Leser kennen diger, als wenn sie heute- bei dem allgemeinen Auf- an, über das Auseinandergehen oder Zusammenrücken, diese Redensarten ja. Einzig der Buchdruckerverein nimmt schwung der Technik 24 Millionen produziren und etwa welches entscheidend für die Beantwortung der Frage ist. hier eine gewisse Ausnahmestellung ein; seine Vergangen- 8 Millionen erhalten. Damals hätten sie die Hälfte des Absolut ärmer brauchen die arbeitenden Klassen nicht heit sichert ihm dieselbe, in der Gegenwart würde er nationalen Einkommens ihr eigen genannt, heute würden zu werden. Ihr Einkommen steigt vielleicht, sie können auch nicht mehr emporkommen. sie nur ein Drittel desselben beziehen. Damals mußten sich Dinge beschaffen, welche ihren Ahnen unerreichbar waren.

Der Schuhmacherstreik in Berlin

ist beendet und sein kurzer erfolgreicher Verlauf hat wieder einmal gezeigt, daß Berliner Verhältnisse mit ganz anderem Maaß gemessen werden müssen als klein­städtische.

Dafür ist es aber in Berlin viel leichter als anderswo, sie die Hälfte ihres Produktes an bevorrechtete Faullenzer Aber verhältnißmäßig werden sie hilfloser und es sich zwei bis drei Wochen, so wie man zu sagen pflegt, abtreten; heute zwei Drittel. Und das müßten sie sich besteht die Tendenz, die Kluft zwischen reich und arm zu durchzuschlagen, und dann sind mitunter auch die Unter- auch noch ruhig gefallen lassen, als wenn es ganz selbstvergrößern, sodaß selbst die etwas gemilderte Armuth nehmer weit weniger widerstandsfähig als anderswo. Zu verständlich wäre, daß die Fleißigen blos schuften und quälender erscheint wie die frühere und schlimmere. viele davon sind bei der schlimmer als anderwärts wüthen- die Faulen blos genießen? Die heutigen Lohnkämpfe nüßen der Arbeit meist sehr

den Geschäftskonkurrenz selbst so arme Teufel, daß sie den Und was profitirt der Arbeiter denn als Konsument wenig: dafür sorgt schon Herr von Puttkammer. Aber Ausstand noch weniger aushalten können, als manche Arbeiter, von den niedrigen Preisen einiger Artikel? So gut wie selbst wenn sie etwas freier und erfolgreicher geführt da bei ihnen Miethen, Abgaben und andere nicht zu ver- nichts. Denn gerade die Bedarfsartikel der arbeitenden werden könnten, so bliebe die Frage voll und ganz be­schiebende Bedürfnisse sehr fühlbar auftreten, außerdem in Massen sind nicht entsprechend im Preise gesunken, son- rechtigt: wie verhindern wir, daß die Arbeit überhaupt Berlin die Kundschaft ganz anders drängt, als in Pro- dern haben sich sogar theilweise noch vertheuert. vinzialstädten. Der ärmere Meister, mag er Bauunter- Die Masse der Arbeiter giebt- nach einer auslän- von ihrem Ertrag an das Kapital etwas abtreten muß? Diese Frage zu erörtern, hütet sich natürlich die ka­nehmer oder Schuster sein, fißt sofort vor dem Untergange, dischen Untersuchung, die aber annähernd auch für unsere pitalistische Presse schön. Nun, wir werden sie weiter zur wenn in der ihm günstigen Jahreszeit die Arbeit einge- Verhältnisse zutreffen wird etwa 62 Prozent ihres Diskussion stellen. stellt wird. Er bewilligt deshalb vielfach überraschend Einkommens blos für Nahrnngsmittel aus. Von diesen schnell die Forderungen der Arbeiter und die dicken Meister sind sehr viele innerhalb einer Generation im Preise be­müssen dann folgen, oder gegen sie kann mit gutem Er- deutend gestiegen, andere gefallen, aber keineswegs, um folg eine Arbeitssperre unternommen werden. den Verlust am Antheil des Produktes wettzumachen.

-

Der Schuhmacherausstand hat ferner gezeigt, daß für Weitere 20 bis 25 Prozent werden für Miethe ausge­Gewerke, die an einem Drte viele Tausende von Arbeitern geben. Diese ist allenthalben und häufig sehr bedeutend zählen, Zentralverbände bei dem Schein leben, das gestiegen.

sie heute führen, keine größere Bedeutung haben. Sowie Es bleibt somit noch beiläufig ein Fünftel des Ein­

Waffen der Unterdrückten.

Es ist in diesem Blatte schon öfter gezeigt worden, daß die Negerbevölkerung in den Vereinigten Staaten , welche notorisch jetzt viel mehr produzirt als vor einer Generation, nahezu so arm geblieben ist, wie sie zur Zeit