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Berliner

Volks- Tribüne

Social- Politisches Wochenblatt.

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Ausgabe für Spediteure: " Merkur" Zimmer- Straße 54.

№o. 24.

Inhalt:

Buttkamer's Entlassung.

tamer.

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Sonnabend, den 16. Juni 1888.

II. Jahrgang.

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rasch wieder vor dem Lufthauch der rauhen Wirklichkeit Verbesserung der Wahlchancen. Ein Bravourstück war zerstieben. Sturz des Bismarck  'schen Regiments, Aufhebung die Beseitigung nach der ganzen Stellung des Ministers Herr v. Putt: des Sozialistengesetzes  - alle Wünsche steht man mit nicht mehr, und Herr Richter hat nur insofern geschickt Haftpflicht und Unfallversicherung einem Male erfüllt, als wenn Herr v. Puttkamer   der operirt, als er nicht nur Herrn v. Buttkamer, sondern zu­in Frankreich  . Die Aufhebung der Sklaverei Angelpunkt der ganzen Reaktion in Preußen- Deutschland   gleich und fast noch mehr die Nationalliberalen bloß­in Brasilien  . Zur Frage der Gewerbe- gewesen wäre. Todte Männer soll man ja rühmen, aber stellte, die seinerzeit, als eine Kanzlerkrisis auszubrechen schiedsgerichte. hier thut man einem Leichnam doch zu viel Ehre an und drohte, sich mit den Schlieben und Reptilien um die Wette Sims, Eine Nacht in einer Londoner die bittersten Enttäuschungen werden nicht ausbleiben, an der Kaiserheße betheiligt hatten. Damit verhinderte Penne. Die realistische Poesie.- Arbeiter wenn man nicht von selber wieder zur alten Nüchternheit der Freifinn, daß die Nationalliberalen als der eigentliche finder und die New- Yorker Braueraussper- zurückkehrt. gewinnende Theil aus dem Streite hervorgingen. Wir rung.- Unternehmerthum und Sozialreform. Was ist denn eigentlich Besonderes in Preußen ge- werden, trotz aller schönen Versicherungen, in Deutschland  - Sinkende Preise und bessere Lebenshaltung schehen? noch auf lange hinaus die Wahlfreiheit nur mit dem Der Arbeiter? Herr v. Puttkamer   saß schon seit langer Zeit nicht allzu Galgen daneben" haben, aber der Freifinn hat allerdings ficher mehr im Sattel. Eigentliche Sympathien hatte er verhindert, daß bei den bevorstehenden Landtagswahlen Politische Nachrichten.- Gewerkschaftliches. sicher mehr im Sattel. sich niemals und bei keiner Partei zu erwerben gewußt, der Galgen auch für ihn errichtet ist. Kleine Mittheilungen. Vereine und vielmehr hatte er es glücklich fertig bekommen, daß er Versammlungen. Das sind gewiß Erfolge, aber doch nur Erfolge für selbst dem linken Flügel der Kartellbrüderschaft im Stillen den Augenblick. Schon ein abermaliger Regierungs­ein Dorn im Auge war. Bennigsen's Aeußerungen über wechsel könnte hier alles wieder zunichte machen, und in ihn sind bekannt, und Blätter, wie die Nationalzeitung" die größte Verlegenheit würde der Freifinn gar dann forderten gleich beim feierlichen Abschluß des Kartells un kommen, wenn er wirklich einmal zur Regierung berufen würde. Er hätte dann nur die Wahl, sich auf das verhohlen die Entlassung gerade dieses Ministers. Seit diesen Tagen wußte man, gegen wen sich die rascheste unmöglich zu machen oder sein altes Oppositions­erste Minifterentthronung richten würde und viele munderten programm aufzugeben und nur dem Namen nach noch fich nur, daß sie so lange auf sich warten ließ. freisinnig zu bleiben.

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Die Berliner Volkstribüne" erscheint jeden Sonnabend frith in Berlin   und sucht in gründlichster Weise alle auftauchenden politischen und wirthschaftlichen Fragen von sozialistischen   Standpunkte

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Zur Lage.

Bei anderen Nationen bildet der-

Es kam dann die Walderseeversammlung zu Ehren des Herrn Stöcker und seiner Stadtmission. Herr v. Putt- aber noch in seiner Oppositionsstellung hat er in edlem Der Freifinn hat dereinst den Militarismus bekämpft, famer wohnte diesem weihevollen Alt nicht nur bei, sondern Wettstreit mit den nationalen" Parteien unsere eherne erwies sich als ein Hauptgönner der Stöcker'schen Gründung. Rüstung vermehren helfen und er wird es weiter thun. Das mochte für die fernere Zukunft des Mannes, der in jedem Sumpfe schwimmt", ganz nützlich scheinen. Der Freisinn hat die indirekten Steuern bekämpft, Diese Zukunft rückte aber in größere Ferne hinaus, als aber er würde von einem Sturme des Unwillens in der man anfangs glaubte; und als die Thronänderung sich Bourgeoisie hinweggefegt werden, wenn er sich vermessen in anderer Weise vollzog, als unsere reaktionären Heiß- wollte, die enormen Lasten, die er selber mit hat schaffen sporne annahmen, war es ziemlich wahrscheinlich, daß helfen, durch direkte Steuern zu decken. Die Freihandelskämpen würden es sich mehrere Male Buttfamer für seinen Uebereifer zu büßen haben werde.

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Er schien das auch selber zu fühlen. Wenigstens sah überlegen, ehe sie das bestehende Schutzzollsystem beseitigten, man eine Bestätigung darin, daß der Minister nach dem denn es ist Thatsache, daß es in ländlichen wie industriellen Herzen der Kreuzzeitung, als er dem Landtage den Tod des Kreisen gleich festgewurzelt ist, weil es dem herrschenden alten Herrschers zu verkünden hatte, jeden Hinweis auf und auch für den Freisinn maßgebenden Großbesit recht den Thronfolger unterließ. Als er nach diesem Zwischen- erklecklich die Taschen füllt. falle dennoch blieb, erregte dies bereits vielfach Er- Der Staatssozialismus  , wie er sich in Deutschland  staunen. entwickelt hat, liegt ebenfalls im wohlverstandenen Interesse Dazu kam, daß er auch im Parlament immer öfter Unglück unserer Bourgeoisie und auch hier würde die bürgerliche Wer in den legten Tagen die Preßäußerungen ver­folgte, die sich an die endliche Beseitigung des preußischen in seinem Wirken hatte. Besonders führte die Reichstags- Opposition zusammenknicken wie ein schwaches Rohr, wenn Spigelministers anschlossen, der konnte nicht ohne ein debatte über das Sozialistengesetz für ihn zu einer Bloß sie gezwungen wäre, etwas Positives zu leisten. Gefühl tiefer Beschämung wahrnehmen, wie weit wir in stellung und Niederlage, die es jedem weniger hart ge= Und daß eine bürgerliche Partei jemals in Deutsch­der politischen Reife noch hinter anderen Völkern zurück sind. fottenen Staatsmann nahegelegt haben würde, eine Zeit land der Sozialdemokratie wieder den alten, freien Spiel­freiwillige oder lang, fern von den Geschäften der Regierung, stille Ein- raum gewähren sollte das glaube, wer da noch Luft erzwungene Rücktritt eines Ministers nicht den geringsten kehr zu halten. Die Wahlprüfungsdebatten im Abgeord- hat, sich blauen Dunst vormachen zu lassen; wir müssen erst die Thaten sehen, und wenn sie wirklich den oft Anlaß, irgendwie die alte Ruhe und Besonnenheit zu ver- netenhause schlugen dann dem Fasse den Boden aus. Man war also fast einig, daß Herr v. Puttkamer   gehörten schönen Worten entsprechen, so soll natürlich lieren. Man weiß, daß ein Minister zu gehen hat, wenn endlich geschah, ist unsere Ueberraschung um so angenehmer sein. Vorläufig seine Handlungsweise nicht in Einklang steht mit den An- gehen werde, und nun es schauungen der Volksvertretung. Man weiß aber auch man schier sprachlos vor Staunen über die ungeheuerliche halten wir es für wichtiger, uns vor Enttäuschungen zu hüten. Die freisinnigen Wähler haben im Februar vorigen weiter aus vielfacher Erfahrung, daß Ministerwechsel an Umwälzung! Freilich wirkt dabei noch der Eindruck mit, wie Herr Jahres zur Genüge bewiesen, daß sie selbst bei ganz sich recht harmlose Ereignisse sind und an politischen lieber reaktionär wie Systemen noch lange nichts ändern, weil Systeme nicht v. Buttkamer beseitigt worden ist nämlich durch einen ungefährlichen Entscheidungen Dabei wird die Wählerschaft in einzelnen maßgebenden Persönlichkeiten, sondern in Vorstoß von unten, noch dazu unter deutsch  - freisin- sozialistenfreundlich sind. Verhältnissen von ganz anderer Macht und Widerstands niger Führung. Das ist allerdings neu in unserem bleiben und Führer sind bekanntlich niemals demokratischer kraft wurzeln; in Berhältnissen, die ganz außerhalb des politischen Leben, denn wenn auch unter der Präsidentschaft wie die Massen, von denen sie geschoben werden. Die Arbeiter würden daher vom Freisinn selbst dann Bereiches irgend eines noch so hochgestellten Mannes liegen Bismarcks über zwei Dußend Minister verbraucht worden und die daher weiter gleichförmig ihre alte Wirkung aus- find, so blieb es doch altpreußische Tradition, daß Minister, kaum etwas zu hoffen gehabt haben, wenn ihm ein üben, auch wenn die unmittelbar Betheiligten noch so oft welche das Mißfallen der Volksvertretung erregt hatten, größerer Einfluß auf die Regierung beschieden gewesen und rasch sich ändern. In Ländern, welche seit längerer nicht zu gehen hätten. Minister dürften wohl gerommelt, wäre. Dem Freisinn sind und bleiben die Hände da­Zeit schon ein reges politisches Leben befißen, hat man aber nicht gerichtert werden und daß es jetzt zum ersten durch gebunden, daß er eine bürgerliche Partei ist, sich daher allgemein daran gewöhnt, keinerlei Illusionen Male geschah, noch dazu gegen den sonst allmächtigen und daß es die bürgerlichen Interessen heute verlangen, hinsichtlich der Bedeutung eines Personenwechsels zu hegen Willen Bismarcks geschah, ist allerdings ein unbestreit den politischen und wirthschaftlichen Einfluß des Proletariates barer Erfolg der Deutschfreisinnigen, der bei den zu beschneiden. Nach den Ereignissen der letzten Tage und zu wecken. Wie ganz anders bei uns mit unserer politischen Be- nächsten Landtagswahlen seinen Eindruck nicht ver- wird letzteres aber natürlich doppelt Ursache haben, weiter in der alten Weise an seiner Aufklärung und scheidenheit! Der Sturz eines staatlichen Würdenträgers fehlen wird. Damit ist aber unseres Erachtens auch die ganze Organisation zu arbeiten, um so zu einer Macht zu werden, durch den Einfluß des Parlamentes erscheint uns etwas welche sich die Beachtung erzwingt, welche keine Geldsack­derartig Außergewöhnliches, daß wir im ersten Augenblick Bedeutung der Vorgänge der letzten Wochen erschöpft. alle Fassung verlieren. Selbst Männer, die sonst ruhig Herr v. Buttkamer war der ausgesprochenste Neaf- partei freiwillig ihr zu Theil werden läßt. und klar blicken, gerathen ganz aus dem Häuschen und tionär, der in dem amtlichen Eintreten für Kreuzzeitungs­ergehen sich in umwälzenden Spekulationen und Träumereien, und Meichsboten- Kandidaten eine seiner Hauptaufgaben die zwar meistens ganz erbaulicher und herzerquickender bei den Wahlen sah. Ihn noch zur rechten Zeit stumm Art sind, die aber natürlich wie alle bunten Seifenblasen zu machen, bedeutete für den Liberalismus eine wesentliche

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