Berliner
Volks- Tribüne
Social- Politisches Wochenblatt.
Die Berliner Volks- Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh.
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Einzelne Nummer 15 Pfg.
Abonnements- Preis für Berlin monatlich 50 Pfg. pränumerando( frei ins Haus). Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Preis vierteljährlich 1 Mt. 50 Pfg.; eingetragen unter Nr. 850 der Zeitungspreisliste für das Jahr 1888.)
Redaktion und Expedition:
S.O.( 26). Oranien- Straße 23.
№ 34.
Auf zur Wahl! Armenwesen.
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Inserate werden die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Naum mit 20 Pfg. berechnet.- Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Bfg. Inseraten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.
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Sonnabend, den 25. August 1888.
Arbeiterversicherung und
Die wichtigsten Bestimmungen aus dem Reichswahlgefek
Der Sozialismus und die Streiks.
Das Kleinhandwerk und der Sozialismus.
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Lassalle's letzte Tage. Waarenpreise im Detailverkauf. Austritt aus den Zwangskassen.
Politische Nachrichten. Kleine Mittheilungen. Gewerkschaftliches. Vereine und Versammlungen.
Aufforderung zum Abonnement.
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Die„ Berliner Volkstribüne" erscheint jeden Sonnabend früh in Berlin und sucht in gründlichster Weise alle auftauchenden politischen und wirthschaftlichen Fragen vom
aus zu beleuchten.
Gerade heute, wo das Vereinsleben der Arbeiter gänzlich darniederliegt, erscheint uns ein Wochenblatt, wie das unsrige als ein unentbehrliches Aufklärungsmittel des Volkes. Wir bitten alle Freunde unseres Blattes, recht eifrig für die weitere Verbreitung der
einzutreten.
,, Berliner Volks- Tribüne"
Bei Bestellungen in Berlin wende man sich stets direkt an die Spediteure. Dieselben liefern die„ Berliner Volks- Tribüne" für 50 Pfennige monatlich jeden Sonnabend Morgen frei in's Haus. Der Verlag der Berliner Volks- Tribüne ."
Berlin S. O., Oranienstr. 23.
Arbeiter, Handwerker, Bürger! Am 2. August wurde von einer tausendköpfigen Menge
in der Wählerversammlung in der Tonhalle
Schriftsteller Wilhelm Liebknecht in Borsdorf bei Leipzig zum alleinigen Kandidaten der Sozialdemokratie bei der Nachwahl für den 6. Berliner Reichstagswahlkreis
proklamirt.
In derselben Versammlung wurde ein fünfgliedriges Arbeiter- Wahlkomitee gewählt.
schrieben und die Bezeichnung des letzteren so genau sein, daß die Person des Gewählten unzweifelhaft zu er kennen ist.
Geldleuten beeinflussen!
Wähler für den Reichstag ist jeder Deutsche , welcher Laht euch nicht von Unternehmern und das 25. Jahr zurückgelegt hat, wenn er seinen Wohnsitz in Berlin hat. Es ist also ganz gleich, ob er selbständig ist oder nicht, ob er eigene Wohnung hat oder nur bei anderen einwohnt, ob er in Lohn und Brot eines Anderen steht.
Einladungen werden nicht versandt, jeder über 25 Jahr Alte muß uneingeladen nach seinem Wahllokal tommen.
Jeder muß in dem Wahllokal wählen, welches für den Bezirk bestimmt ist, in dem seine Wohnung am 20. Juni( bei Aufstellung der Wählerlisten) lag.
Die Bezirke mit den Wahllokalen sind am Wahltag an allen Plakat- Säulen angeschlagen.
Die Wahlhandlung beginnt um 10 Uhr Vormittags und wird um 6 Uhr Nachmittags geschlossen. Nach 6 Uhr dürfen keine Stimmzettel mehr angenommen werden.
Die Paragraphen 107 und 109 des Reichsstrafgesetzbuches lauten: Wer einen Deutschen durch Gewalt § 107. oder durch Bedrohung mit einer strafbaren Handlung verhindert, in Ausübung seiner staatsbürgerlichen Rechte zu wählen oder zu stimmen, wird mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten, oder mit Festungshaft bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.
§ 109. Wer in einer öffentlichen Angelegenheit eine Wahlstimme kauft oder verkauft, wird mit Gefängniß von einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.
Die Wahl ist eine geheime. Niemand hat das Die Stimmzettel sind außerhalb des Wahllokals Recht, zu fragen, wen man wählen wolle oder wen man mit dem Namen des Kandidaten, welchem der Wähler gewählt habe. Deshalb darf auch Niemand Furcht haben seine Stimme geben will, geschrieben oder gedruckt, zuvor seinem sogenannten Brotherrn. versehen. Es ist Pflicht beszelnen Wählers, jede ungesetz
Der Wähler, welcher seine Stimme abgeben will, tritt liche Wahlbeeinflussung der Wahlkomitee mitzutheilen. an den Tisch, an welchem der Wahlvorstand sizt, nennt feinen Namen und giebt seine Wohnung, Straße und Hausnummer, an.
Sozialdemokratische Stimmzettel dürfen
nicht konfiszirt werden.
Nach einem Erlaß des Ministers des Innern an die
Es ist stets gut, eine Legitimation mit in das Wahllokal zu bringen. Der Wähler übergiebt, sobald der Protokollführer Regierungs- Präsidenten 2c. vom 15. Oktober 1884 sollen feinen Namen in der Wählerliste aufgefunden hat, seinen Stimmzettel für öffentliche Wahlen, welche im Wege der Stimmzettel dem Wahlvorsteher oder dessen Vertreter, Vervielfältigung hergestellt sind und nur die Bezeichnung welcher denselben uneröffnet in das auf dem Tische der zu wählenden Personen enthalten, nicht als Druckstehende Gefäß legt. schriften im Sinne der Reichs- und Landesgefeße zu gelten Der Stimmzettel muß derart zusammengefaltet sein, haben.„ Schon aus diesem Grunde würde nunmehr," heißt es in dem Erlaß, eine Beschlagnahme von Stimmdaß der auf ihm verzeichnete Name verdeckt ist. Die Wahl ist eine geheime. Niemand hat das zetteln mit dem Namen eines sozialdemokratischen KandiRecht, zu fragen, wen man wählen wolle oder wen man baten nach§ 11 des Gesetzes vom 21. Oktober 1878, wie gewählt habe. solche bei den letzten Reichstagswahlen von einzelnen Ein Abdruck aller Wahlbestimmungen( Wahlgesetz und Behörden verfügt worden sind, für unzulässig zu erDieses Komitee hat die Aufgabe, unter allen Um Reglement) ist im Wahllokale auszulegen. Jeder achten sein." ständen der Kandidatur Liebknecht's zum Siege zu verhelfen also, der aus irgend einem Grunde zurückgewiesen wird, und dafür zu sorgen, daß sich möglichst viele Stimmen kann sich sofort überzeugen, ob das gesetzlich berechtigt war! auf seinen Namen vereinigen. Von jedem Uebergriff ist sofort dem Wahlkomitee der Das ist aber nur möglich, wenn jeder sozialdemo- Partei Mittheilung zu machen. kratische Wähler uns hilfreiche Hand leistet. Die Das Sizen im Wahllokal und das Notiren der AbWahl steht vor der Thür! Jeder thue seine Schuldigkeit stimmenden darf Niemand untersagt werden. Das Wahlrecht muß stets in Person ausgeübt für den Ausgang einer Wahl, oft eriparen hundert werden, niemand kann sich vertreten lassen. Stimmen eine Stichwahl, welche Unsummen verschlingt, - darum scheue man vor und bei der Wahl keine Mühe, alle gesinnungsverwandten Wähler an die Urne zu bringen. Zeit und Mühe werden reichlich belohnt.
nach Kräften.
Dft sind weniger wie hundert Stimmen entscheidend
Wer vor und bei der Wahl mit thätig sein will, wende sich an die Mitglieder des unterzeichneten Wahlkomitees! Jeder, der kann, stelle sich in den Dienst der gerechten Sache!
Hilfsmannschaften haben sich zu melden:
1. Schönhauser Vorstadt bei J. Hartmann, Anklamerstraße 25, II.;
2. Rosenthaler Vorstadt bei A. Hinze, Demminerstraße 8, H. I. I.;
3. Wedding und Oranienburger Vorstadt bei A. Jacobey, Kolbergerstraße 32;
4. Gesundbrunnen bei W. Reinicke, Grünthalerstr. 66, im Keller;
5. Moabit bei K. Pfarr, Stromstraße 32, v. III. An die genannten Personen sind auch alle Anfragen, Sendungen 2c. zu richten. Das Arbeiter- Wahlkomitee.
Näheres über die Stimmzettel. Ungiltig sind:
1. Stin.mzettel, welche nicht von weißem Papier, oder welche mit einem äußeren Kennzeichen versehen find.
2. Stimmzettel, welche keinen lesbaren Namen enthalten.
3. Stimmzettel, aus welchen die Person des Gewählten nicht unzweifelhaft zu erkennen ist.
4. Stimmzettel, auf welchen mehr als ein Name verzeichnet ist.
5. Stimmzettel, welche einen Protest oder Vorbehalt enthalten.
Merkwürdig!
artikel, der sich in hohen Worten gegen die gewissenlosen Das Kanzlerblatt brachte neulich einen langen Leitversicherung nichts als eine Reform des Armen= Agitatoren wandte, die in der geplanten Arbeiter=
wesens erblicken wollten eine gute.
vielleicht nicht einmal
Es hieß da unter anderem: " Bestenfalls eine verbesserte Armenpflege" so lautet das Urtheil Derjenigen über den Gesezentwurf für die Alters- und Invalidenversicherung der Arbeiter, welche sich verpflichtet halten, zwar anzuerkennen, daß die gemachten Vorschläge allerdings eine Verbesserung(?) der sozialen Lage der arbeitenden Klassen bieten, welche aber, vielleicht gerade wegen dieses Umstandes, eine möglichst wegwerfende Kritik desselben in ihrem Interesse liegend erachten.
Diese Unterschiede zwischen Armenpflege und Sozial fürsorge sind derartig einschneidender Natur, daß wirklich mehr als ein unabsichtliches Verkennen beider in ihrem Wesen dazu gehört, fie in Vergleich stellen und davon reden zu wollen, die geplante Alters- und Invalidenversicherung sei nichts Besseres als eine verbesserte Armenpflege.
Also mehr wie ,, unabsichtliches Verkennen" der AbWird dem Wähler etwa von einem Vorgesetzten oder sichten der Sozialreform gehört dazu, leßtere mit dem sonstwie ein Stimmzettel aufgenöthigt, so kann er sich da- Armenwesen überhaupt in Vergleich stellen" und als durch helfen, daß er den darauf gedruckten Namen veränderte Armenpflege" bezeichnen zu wollen! Wir sind über diese Zurechtweisung sehr zerknirscht, durchstreicht und einen anderen darauf schreibt. Solche
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Zettel haben nach einem Beschluß der Wahlprüfungs- möchten aber bitten, sie auch noch anderen zu theil werden kommission des Reichtstages volle Gültigkeit. Selbst zu lassen, die nicht zu den sozialdemokratischen Hezaposteln verständlich muß der Name des zu Wählenden deutlich ge- gehören.