Nachbarschaft war Klinkmüllers Geschäft des Morgens das Der Angstschweiß stieg dem Grübelnden auf die So dürfen wir uns kaum wundern, wenn die Zu­erste, das geöffnet wurde. Dadurch allein erwarb man Stirn und ein heftiger Schauder ergriff ihn. Dieser sammenstellung in II. und III. schon offenbar anormale, eine Anzahl neuer Kunden. Im Sommer bildeten die Gedanke war für ihn so furchtbar, daß er den Budiker krankhafte Verhältnisse zeigt. Summiren wir II. und Maurer, welche von außerhalb nach Berlin auf Arbeit bis in den Grund seiner Seele erschütterte. Anstatt zu III., so ergiebt sich, daß von 167 im Alter von 16 bis kamen, des Klinkmüller'schen Ehepaars beste Kundschaft. sparen, wie bisher, sollte er selbst an sein Kapital, seine 20 Jahren stehenden Fabrikarbeiterinnen auf Nähmaschinen Es war ihrer ein volles Dußend, die bei dem Budiker Freude, seinen Stolz, die Hoffnung seiner alten Tage, nur 52 eine völlig normale weibliche Entwickelung dar­logirten und ihr Abendbrot bei ihm einnahmen. Diese Hand anlegen? Nimmermehr! boten, also kaum der dritte Theil sich gesund ent­

Leute machten nicht viel Ansprüche und wenn sie auch nicht Während der ganzen Woche, welche auf die Mit- wickelt zeigte. viel Geld hatten, so konnte doch im Herbst immer ein theilung des beabsichtigten Hausverkaufes folgte, kam kein In Zusammenstellung IV. und V.( also von 20 bis ganz stattliches Sümmchen auf die Sparkasse getragen Lächeln auf seine Lippen, ging kein fröhliches Wort aus 24 Jahren) zeigen sich die Zahlen günstiger, so daß also werden. Für die Schlafstelle allein gaben die Maurer seinem Munde. im Alter von 20-24 Jahren durchschnittlich mehr als die Hälfte der Näherinnen normale körperliche Verhältnisse darbot. Es verdient indeß berücksichtigt zu werden, daß die letzteren relativ günstigen Zahlenverhältnisse zum Theil auch folgenden Umständen ihre Entstehung mit zu ver= danken haben:

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jede Woche zehn Silbergroschen und auch bei dem Abend- Am achten Tage hielt er des Abends nach Geschäfts­brot, das der Mann mit fünfzehn Pfennigen täglich beschluß eine große Berathung mit seiner Frau ab, ohne zahlte und das abwechselnd aus Pellkartoffeln mit Hering die er weder im Großen noch im Kleinen etwas unter und Pellkartoffeln mit Frieben" bestand, blieb ein ganz nahm. Die Besprechung endete mit dem Beschluß, das annehmbarer Verdienst übrig. Haus selbst zu kaufen. Aber Mutter", hatte der Budiker Mit den Jahren wurden die Einnahmen noch größer ängstlich eingewandt, als sie zuerst diese Idee zur Sprache und die Spargroschen noch reichlicher. Der Ruf der gebracht, det kann man nich so uff die leichte Achsel guten Weißen", welche Vater Klinkmüller schänkte und nehmen, bedenke die Sorgen! Wenn wir die Zinsen von des guten Happens, den Mutter Klinkmüller vorseßte, ver die Hypothek mal nich prompt zahlen können!" breitete sich in der ganzen Landsbergerstraße. Der Keller ,, Unfinn, Vater, wir werden sie ihr schon zahlen. konnte schließlich die sich stetig vergrößernde Schaar der' N bischen de Ohren steif halten un et wird schon jehn." Gäste, besonders an den Sonnabenden und Sonntagen, Das Haus wurde gekauft und Klinkmüller's hielten nicht mehr fassen und Klinkmüller siedelte kurz entschlossen die Ohren steif und sparten und knauferten noch mehr als nach dem gegenüberliegenden Hause über, in dem er den früher. Die Bezahlung der Hypothekenzinsen bereitete Parterreladen gemiethet hatte. ihnen wenig Schwierigkeiten. Sie legten vielmehr wie

1. Hat in dieser Zeit schon eine Reihe von Arbeiterinnen, welche die schädlichen Einwirkungen der Maschinenarbeit längere Jahre ertragen hatte, die Fabrik verlassen und geheirathet.

2. Eine große Anzahl hat gemäß eigener besserer Erkennt­niß oder auf ärztliche Empfehlung hin die Maschinen ver­lassen und sich entweder einer anderen Fabrikarbeit zu­gewandt, oder ist in häusliche Dienste getreten.

3. Muß zugestanden werden, daß ein gewisser, wenn auch fleiner Prozentjaz sich an die schädlichen Einflüsse der Näh­maschinenarbeit so gewöhnt, daß die Folgen weniger zu Tage treten.

Jedenfalls dürfte sich aus obiger Zusammenstellung Die Ausgaben waren nun zwar wesentlich größer, früher jedes Jahr noch ein hübsches Sümmchen bei Seite um so mehr, als sich der Storch zweimal in dem unan- und lösten nach und nach die Hypotheken ab, bis auf ohne Zweifel ergeben, daß die anhaltende Thätigkeit auf der Nähmaschine besonders im jugendlichen Alter von sehnlichen Budikerkeller eingestellt und den Klinkmüller's einen kleinen Betrag, der zur ersten Stelle stehen blieb. zuerst ein Knäblein, dann ein Mägdlein bescheert hatte, Die neue Würde als Hausbefizer veranlaßte den 16-20 Jahren auf die für spätere Zeit, resp. für den aber das Ehepaar wußte durch um so angestrengtere Budiker nicht im Geringsten, in seiner Lebensweise etwas Beruf als Frau so eminent wichtige geschlechtliche Ent­Thätigkeit und knauferische Sparsamkeit das Plus der zu ändern. Den einzigen Lurus erlaubte er sich bei der wickelung höchst ungünstig einwirkt. Haushaltungskosten mehr als einzubringen. Erziehung seines Sohnes, den er das Gymnasium besuchen Die angeführten statistischen Erhebungen legen die Das Sparen, anfangs eine Nothwendigkeit, war ließ. Mit siebenzehn Jahren trat der junge Klinkmüller, Schlußfolgerung überaus nahe, daß Blutarmuth und ihnen mit den Jahren zur zweiten Natur geworden. Sie nachdem er das einjährige Zeugniß erhalten, als Lehrling Bleichsucht häufige Krankheiten bei den Arbeiterinnen sparten, weil es ihnen Vergnügen bereitete, weil sie ihrem in eine Eisenhandlung ein. Damit aber glaubte der der Nähmaschinen sein müssen. Und in der That sind die ganzen Wesen nach nicht anders konnten. Das Sparen Budifer seiner Vaterpflicht mehr als genügt zu haben. Klagen derselben über permanente Müdigkeit und Ab­schien ihr Lebenszweck geworden zu sein. Sie sparten, Von nun an mußte der junge Mann sich selbst erhalten geschlagenheit der Glieder, über Schwindel, Ohrensausen wie sie athmeten, unwillkürlich. Das Sparen war von und als er sich zehn Jahre später etablirte, stand ihm und Kopfschmerz, sowie Herzklopfen so alltägliche, daß fast ihnen zu einer förmlichen Kunst ausgebildet, die sie ohne nichts, als was er sich selbst erspart hatte, zur Verfügung. Die dritte ärztliche Verordnung in der Darreichung von Unterlaß übten, täglich, stündlich. Als er im ersten Jahre seinen Vater einmal bat, ihm Eisenpräparaten besteht. Auch zeigt die Erfahrung, daß

Klinkmüller wußte immer die billigsten Quellen für ein paar tausend Thaler ins Geschäft zu geben, damit er fräftige, vollblütige Mädchen, wie sie in Dr. Hensgen's seine Einkäufe zu finden und er ließ sich einen stunden- eine sich ihm bietende günstige Gelegenheit zu größeren Wirkungskreise besonders aus dem benachbarten west­langen Weg nicht verdrießen, konnte er eine Waare ein Einkäufen ausnüßen könne, da kam er bei dem vorsichtigen fälischen Sauerlande zuwandern, nach 1-2 jähriger Arbeit paar Groschen billiger haben. Dienstpersonal Dienstpersonal hielt er Alten schön an. Zu Spekulationen gebe er sein mühsam erblassen und allmählich ihr früheres gesundes Aussehen nicht, alle Arbeit verrichtete er und seine Frau selbst. Er erworbenes Geld nicht her. Der Sohn möge warten, bis machte des Morgens den Laden rein, fegte die Straße er selbst soviel zusammengespart habe, als er zur Aus- Arbeiterinnen Krankheiten des Magens. Sei es, daß Mit der Blutarmuth kompliziren sich häufig bei den und bediente seine Gäste bis zum späten Abend selbst. dehnung seines Geschäfts benöthige. Er denke, für seine Er denke, für seine

einbüßen.

Den ganzen Tag über konnte man ihn in Hemds- Kinder genug gethan zu haben. Sein Vater habe ihm deren Entstehung auf mangelhafte Blutbildung zu be­ärmeln, eine blaue Schürze vorgebunden und auf dem nicht einen rothen Heller gegeben. Aber nun habe es ziehen, oder als Folge der Zirkulationsstörung, veranlaßt Kopfe ein schmieriges Käppchen, hinter dem Ladentisch auch bei ihm geschnappt". Wenn er einmal die Augen durch Druck auf das Organ beim Sißen und Vornüber­erblicken. Auch in der Art, wie die Wirthschaft und der zugemacht haben werde, dann könne man mit seinem Gelde beugen des Oberkörpers, aufzufassen ist, sicher steht fest, Haushalt geführt wurde, verrieth sich der hochentwickelte anfangen was man wolle, aber so lange er noch lebe, daß der akute und chronische( zeitweilige und dauernde) Sparsamkeitsfinn des Klinkmüller'schen Ehepaars. Nichts rücke er keinen Pfennig mehr heraus. Damit war die Magentatarrh eine auffallend häufige Krankheit bei den gab es, woraus der Budiker nicht noch einen Nußen zu Angelegenheit ein für allemal erledigt und der Sohn Maschinenarbeiterinnen ist, die gewöhnlich bei zeitweiligem oder dauerndem Verlassen der Arbeit eine Besserung ziehen verstanden hätte. Sogar die Kartoffelschalen, welche wagte nicht weiter auf seiner Forderung zu bestehen. erfährt.

in ziemlichen Quantitäten sich täglich aufstapelten, mußten noch etwas einbringen, indem sie dem Milchmann gegen

( Schluß folgt.)

In Zusammenhang mit dem chronischen Magentatarrh steht das häufige Vorkommen von Blutungen des

ein kleines Quantum Milch zum Viehfutter überlassen Nähmaschinenarbeit und Untergrabung der Magens in Folge von Geschwürsbildung desselben. wurden. Nicht genug damit. Auch seine Gäste erzog Klinkmüller zur Sparsamkeit. Nichts konnte ihn mehr in Harnisch bringen, als mußlose Verschwendung. Jeder Gegenstand, der Geld gekostet hatte, und war es auch noch so wenig, war ihm etwas Heiliges, das so sehr als möglich geschont werden mußte. Bis auf die Schwefel­

Gesundheit.

II. ( Schluß.)

Wenden wir uns

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fährt Dr. Hens gen in seinem

lation.

Das sogenannte runde Magengeschwür, welches man ja überhaupt auch häufig bei Blutarmen antrifft, hat Dr. Hensgen sehr oft bei diesen Arbeiterinnen zu konstatiren Gelegenheit gehabt, so daß, dasselbe wohl als Folgefrank­heit der anhaltenden ſizenden Arbeitsthätigkeit aufzu= faffen ist.

hölzer hinab erstreckte sich seine ökonomische Schonung. lehrreichen Vortrage fort der Frage zu, welche Krank- Als Folge der Blutstockung kommen endlich sehr Sobald am Abend die Lampen brannten, durfte kein heitsformen speziell es sind, die wesentlich bei den Näh - häufig Anschwellungen der unteren Extremitäten vor. Zündholz mehr verbraucht werden und den leichtsinnigen maschinenarbeiterinnen zu Tage treten, so müssen wir in Es erübrigt noch, den Einfluß der Maschinenarbeit Gast, der in der Absicht, die Pfeife oder Zigarre anzu- erster Linie hervorheben Störungen der Blutzirku- auf das Nervensystem zu schildern. zünden, die Hand nach der Streichholzschachtel ausstreckte, Eine gewisse, bis zur Hysterie gesteigerte Nervosität packte er am Arme. Dafür gab es Fidibusse, die kosteten Theoretisch betrachtet, liegt es ja ziemlich auf der tann man bei den Arbeiterinnen der Nähmaschinen sehr Hand, daß bei 10-13 stündigem Sigen pro Tag und häufig fonstatiren. Es wirken hier auch wiederum die Nachdem der Budiker etwa fünfzehn Jahre in dem namentlich in Folge der durch dauerndes Treten der oben geschilderten Verhältnisse der mangelhaften Blut­Parterrelokal gearbeitet und gespart hatte, trat ein Er- Bebale nothwendig werdenden, fast ständigen Muskel- bildung und der Blutstockungen, welche gelegentlich auch eigniß ein, das in dem Leben der Klinkmüller's einen zusammenziehung und Anspannung der Unterextremitäten das Nervensystem in einen frankhaften Zustand versezen wichtigen Abschnitt bezeichnete. Der Besizer des Hauses eine Behinderung der Zirkulation des, Blutes mit Stockung können, so daß die Affektionen des Nervensystems dann starb und die Erben theilten dem erschreckenden Budiker desselben in gewissen Bezirken des körperlichen Ernährungs- Folgezustände der ungenügenden Blutversorgung des Ge­mit, daß sie das ererbte Grundstück zu verkaufen wünschten. gebietes eintreten muß. Nun wird aber, wie die Erfahrung hirns und Rückenmarks find

nichts.

Klinkmüller fühlte sich von tiefem Entfeßen ergriffen. zeigt, auch die Bildung des Blutes in Folge einer dauernden Bezüglich Erkrankungen der Athmungsorgane will Wenn man ihn nun ausmiethete, oder der neue Besißer Behinderung der normalen Bewegung eine mangelhafte; Dr. Hensgen nicht behaupten, daß die Arbeiterinnen der irgend etwas anderes mit dem Laden im Sinne hätte? und so müssen wir auch demgemäß bei Nähmaschinen- Nähmaschine ernstlichen Störungen derselben in höherem Würde er an einem anderen Plage dasselbe Glück, den- arbeiterinnen Erscheinungen mangelhafter Blutbildung, also Grade ausgesetzt wären, als die anderen Arbeiter der Blutarmuth und Bleichsucht vorfinden. Erhebungen, die Textilbranche; namentlich kam er nicht zu der Ueber­selben Zuspruch haben wie hier? Wenn mit dem Lokal Blutarmuth und Bleichsucht vorfinden. auch sein Geschäftsglück wechselte? Er und seine Gäfte Dr. Hensgen seit 3 Jahren darüber anstellte, beſtätigen zeugung, daß dieselben häufiger an Lungentuberkulose er­dies in vollstem Maße. frankten. Meine ärztliche Erfahrung ging vielmehr dahin, Es ergab sich nun Folgendes. Die Menstruation daß ein" Theil derselben der Schwindsucht leichter in

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im Alter von bei I. 14-16 Jahren II. 16-18

bei

bei

späteren Jahren anheimfällt, wo sie die Fabrik verlassen regelmäßig unregelmäßig noch nicht erfolgt und in den Ehestand getreten sind. Rasch aufeinander

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folgende Wochenbette verzehren dann häufig den ohnehin schon geschwächten Körper. Hierzu kommt weiter als un­günstiges Moment vielfach, daß bei dieser Art von Ar­beiterfrauen, die ihre Thätigkeit auf der Maschine in unserem Industriebezirke, wo eine bedeutende Haus= industrie sich entwickelt hat, häufig noch im eigenen Hause fortseßen, das letztere selbst in hygienischer Be=

hatten sich an die alten räucherigen Wände so gewöhnt, daß der Gedanke an eine Veränderung Alle mit dem war: höchsten Unbehagen erfüllte. Er wußte, wie zähe der Berliner an seiner Stammkneipe festhält, wie ihn nur ganz außerordentliche Umstände veranlassen können, dem liebgewordenen Stammtisch treulos zu werden. Hatten doch im Laufe der Jahre wohl ein Dugend Konkurrenten III. 18-20 in der Nachbarschaft sich festzuseßen und ihm die Kunden V. 22-24 abspenstig zu machen versucht. Aber einer nach dem VI. 24-30 andern hatte schon nach kurzer Zeit den Kampf aufgegeben; VII. 30-35 neben ihm hatte Niemand aufkommen können. Wenn es nun einem seiner Konkurrenten auf irgend eine Weise Die Zusammenstellung von 1. hat nichts besonders ziehung höchst unvortheilhaft und womöglich noch un= gelang, ihn bei dem neuen Befißer auszustechen, was Auffallendes: in dem Alter von 14-16 Jahren ist die günstiger sich gestaltet, als die Fabrik: Mangel an würde dann aus seinem Geschäft werden? In der Nähe weibliche Entwickelung bei einer großen Zahl von Mädchen Reinlichkeit, fehlende Ventilation der oft ungesunden Wohn­würde er kaum ein passendes Lokal finden. Er könnte noch nicht bis zur Pubertät( geschlechtlichen Reife) vorge- räume, unzweckmäßig zubereitete Nahrung, Sorge für eine dann irgend wo anders hingehen und noch einmal von schritten. Bedenkliche Folgen aber kann es mit sich bringen, große Kinderschaar sind schwächende Momente, die häufig vorn anfangen. Die Zeiten aber hatten sich inzwischen wenn in dieser Zeitperiode der Entwickelung hemmende der Tuberkulose( Lungenschwindsucht) den Boden vor­geändert, der geschäftliche Wettbewerb war ein schärferer Momente einwirken, wie man als solche ein anhaltendes bereiten."

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geworden. Wenn er mit einem neuen Geschäft Unglück Sißen und namentlich Treten auf der Nähmaschine bei" Ich darf nicht unerwähnt lassen, daß bestimmte Er­hatte, wenn er genöthigt war, das sauer Erworbene an- häufigem Mangel von frischer Luft in überfüllten Fabrik- krankungen der ersten Luftwege( nämlich die katarrhalische zugreifen und vom Baaren zu leben? räumen bezeichnen muß. Angina( Luftröhrenentzündung), der Rachenkartarrh und